Sie haben persönlich mit Bräuchen und kulturellen Inhalten zu tun. Wie hat sich das ergeben?
„Traditionelles muss man pflegen und in die Zukunft tragen.“ Getreu diesem Motto lasse ich in der Stieglbrauerei heimisches Brauchtum immer wieder aufleben. Die Brauerei wurde ja bereits 1492, in dem Jahr, in dem auch Columbus Amerika entdeckte, gegründet. Unsere über 500-jährige Tradition „verpflichtet“ geradezu, das Brauchtum zu fördern. Unsere 500-Jahr-Feier im Jahr 1992 stellten wir daher unter das Motto „Die Zukunft hat Tradition“. So brauen wir unsere Stiegl-Spezialitäten auch heute noch streng nach dem Reinheitsgebot von 1516: Hopfen, Wasser und Malz! Und sonst nichts! Der Konsument kann sich auf die hohe Qualität unserer Biere verlassen. Dafür garantiere ich selbst.
Auch was die Auslieferung – zumindest in den Salzburger Stadtteilen Maxglan, Riedenburg und Aiglhof sowie die Nachbargemeinde Wals-Siezenheim betrifft, halten wir die Tradition hoch. In diesen Gegenden liefern wir unser Stiegl-Bier – seit der Gründung im Jahr 1492 – noch heute mit dem Pferdewagen aus. Paul Loibichler und unsere zwei Kutscher, die bei uns für unsere Noriker verantwortlich sind, sind besonders stolz auf die prächtigen Tigernoriker: Wenzel, Jank, Gustl und Aaron fehlt es bei uns an nichts. Im Rochushof haben wir großzügige Laufställe eingerichtet und auf der Brauereiwiese gibt eine große Koppel. Während der Festspielzeit ziehen sie jedes Jahr den Wagen des Salzburger Straßentheaters. Und beim Rupertikirtag, bei der Dult und anderen Festen, beim Bierwagengeschicklichkeitsfahren und bei den Internationalen Alpenländischen Fuhrmannstagen sind wir auch dabei. Dann wird auch das Festgeschirr, handgefertigtes und reichlich geschmücktes Kummet angelegt. Damit verkörpert der Noriker ein traditionsreiches Bild, das an längst vergangene Zeiten erinnert, als Pferde- und Ochsengespanne die einzige Möglichkeit des Biertransportes waren.
Bei uns in der Stieglbrauerei wird Brauchtum nicht nur „gelebt“, sondern auch weiterentwickelt. Deshalb stellen wir Stiegl’s Brauwelt gerne für das heimische Brauchtum als Veranstaltungsort zur Verfügung. Neben unseren eigenen Aktivitäten, wie etwa dem traditionellen Maibaum-Aufstellen, dem Ruperti- und Josefisingen, arbeiten wir auch mit der Salzburger Volkskultur und dem Salzburger Heimatwerk zusammen, sind Partner des „Salzburger Adventsingens“ im Festspielhaus und unterstützen den „Salzburger Bauernherbst“.
Verstehen Sie sich eher als Hüter, Bewahrer, Weiterentwickler oder Neubegründer von Bräuchen, oder spielen – je nachdem – alle diese möglichen Zugänge bei Ihnen eine Rolle?
Ich bin davon überzeugt, dass sich Bräuche weiterentwickeln müssen bzw. dies immer getan haben. Auch wenn dieser Vorgang mit Gefühl und vor allem Sachverständnis passieren muss. Denn Bräuche entwickeln sich weiter, weil auch wir uns weiterentwickeln. Das ausschließliche Festhalten trägt die Gefahr in sich, dass Bräuche ihre Lebendigkeit verlieren, denn Brauchtum ist für mich gelebte Volkskultur. Alt und Jung sollen gleichermaßen an der Pflege und Weiterentwicklung Freude haben und sich einbringen.
Was bedeutet die Weihnachtszeit für Ihr Unternehmen? Welche Auswirkungen hat sie?
An und für sich ist die Adventzeit da zum Innehalten. Zu dieser Zeit herrscht aber in unserer Branche „Hochsaison“ und somit bleibt nicht viel Zeit und Ruhe in der „stillsten Zeit“. Umso mehr genieße ich dann den Heiligen Abend im Kreis meiner Familie. Für mein Unternehmen bedeutet diese Zeit meist Vorbereitungsarbeiten für die kommende Wintersaison, weil in dieser Zeit sehr viele Kunden in unseren Wintersportgebieten wieder aufsperren. Ein Fixpunkt ist unsere traditionelle Weihnachtsfeier Anfang Dezember, in der wir im heimeligen Rahmen unseres Braugewölbes Rückschau halten.
Können Sie uns etwas zur Bedeutung des Weihnachtsbockes sagen?
Bei uns gilt dem jährlichen Stieglbock die große Aufmerksamkeit unseres Braumeisters. Anfang November wird nach mehrmonatiger Zeit der Lagerung und Reife der Bock von mir gemeinsam mit unseren Brau- und Kellermeistern verkostet und dann zur Abfüllung freigegeben.
Unendlich viel Bier ist seit der „Entdeckung“ des Weihnachtsbockes durch durstige Kehlen geflossen. Wer es nun eigentlich erfunden hat, ist unklar. Man fand jedoch einen sumerischen Siegelabdruck um 3100 v. Chr., der zwei Männer beim Bierbrauen zeigt. Das vielgeschätzte Bockbier ist etwas jünger. Mit dem Bild des „strammen“ Bockes, der seit Generationen mit Bockbier verbunden wird, hat es bis auf die Stärke nicht viel auf sich. Tatsache ist, dass der Name von der Stadt Einbeck kommt und um etwa 1600 entstanden ist. Das Einbecker Bier, kurz „Einbock-Bier“, war damals so beliebt, dass es die bayerischen Kurfürsten für ihre Hofhaltung bezogen.
Andere Höfe, in denen Starkbier sehr geschätzt wurde, waren die Klöster. Die Geschichte des Biers und der Ablauf des Kirchenjahres waren schon lange verwoben, wie es eine Geschichte aus dem Innviertel erzählt. Zur Fastenzeit stärkten sich dort Bauern und Mönche mit dem stärkeren Gerstensaft und dies mit dem Segen des Vatikans. Aus einem Brief aus der damaligen Zeit geht hervor, dass „das Bier von so bitterer Art sei, das geradezu als Buße gelten darf“. Der berühmte Abt Ekkehard verordnete seinen Mönchen sogar täglich fünf Maß Bier zu trinken, was in etwa fünf Litern gleichkommt. Wer würde da nicht ein Leben als Klosterbruder führen wollen!
Wie verbringen Sie persönlich die Weihnachtszeit und Weihnachten?
Der Advent sollte eigentlich die Zeit des Innehaltens sein. Leider ist mir aber dieses Innehalten in der Vorweihnachtszeit kaum möglich. Umso mehr genieße ich den Heiligen Abend im Kreis meiner Familie in einem etwas abseits gelegenen alten Holzhaus.