Im „Museum in der Fronfeste“ und im „Gerbereimuseum Tittmoning“, Bayern, nimmt man sich der Geschichte der Gerber an. In Salzburg wird das Handwerk noch betrieben und die Zunft der Gerber und Säckler hat hier Tradition. In Bayern sucht man vergeblich, die Zunft wurde mangels Betriebe aufgelassen. Aus diesem Grund ist es besonders wichtig, dieses grenzüberschreitende Projekt auch in Zukunft voranzutreiben, um ein traditionsreiches Handwerk nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.
Im Sinne der Vernetzung wird das Gerber- und Säcklerhandwerk im historisch gewachsenen Kulturraum dokumentiert. Gemeinsamkeiten und lokalspezifische Unterschiede werden aufgezeigt. Im folgenden Beitrag geben die AutorInnen zum einen Einblick in das Handwerk der Gerber und zum anderen Ansätze einer anschaulichen und erlebnisreichen museumspädagogischen Umsetzung. Sie erhalten Informationen über die Weiß- und Sämischgerberung (Vorbereitung der Haut in der Wasserwerkstatt, Weiß- oder Sämischgerbung, Zurichtung), die Familie Jahn-Markl und die Ledersammlung im Museum in der Fronfeste. Weiters erfahren Sie einiges zum Thema „Vom Leder zum Schuh“ (ein museumspädagogisches Programm zum Handwerk der Gerber und Säckler im Museum in der Fronfeste). Abschließend wird Ihnen das Gerbereimuseum Tittmoning, Bayern, vorgestellt.
Durch das Gerben wird die tierische Haut konserviert und zu widerstandsfähigem Leder umgeformt. Während die unbehandelte Haut hart wird oder verfault, behält die gegerbte Haut all ihre wesentlichen Eigenschaften, wie Elastizität, Geschmeidigkeit, Wärmedämmung, Luftdurchlässigkeit, Strapazierfähigkeit usw., bei und bleibt unempfindlich gegen Feuchtigkeit, Hitze und Abrieb. Je nach verwendetem Gerbstoff werden unterschiedliche Materialeigenschaften der gegerbten Haut erreicht.
In der Weiß- und Sämischgerberung werden Tierhäute (Wild-, Schaf-, Ziegen-, Kalbshäute ...) in erster Linie zu Bekleidungsleder verarbeitet. Das Gerbverfahren umfasst unzählige Arbeitsschritte, die man in drei große Arbeitsbereiche gliedern kann:
Im Schlachthof wird die Haut vom Tier abgezogen, zugeschnitten und mit Salz konserviert. Die getrockneten und gesalzenen Häute werden in die Gerberei gebracht.
Um die Häute wieder so weich wie ursprünglich zu machen und um sie von Konservierungsmitteln und Schmutz zu befreien, legt der Gerber die Häute in eine Weiche. Dabei werden die Häute in Weichfässer mit zweiprozentiger Schwefelnatriumlösung gelegt oder im Walkfass gewalkt. Früher wurde das Weichen durch Einhängen der Häute in fließende Gewässer (Bäche, Flüsse) bewerkstelligt. Dabei sah mancher Gerber „seine Felle davon schwimmen“ – eine Redensart, die wir noch heute kennen.
Anschließend werden die Häute in Äschergruben oder Äscherfässer eingelegt, welche einen Brei aus Kalk und Schwefelnatron beinhalten. Dadurch schwillt die Haut, wird locker und das Haarkleid löst sich auf. Die für die Ledererzeugung störenden Hautschichten (Oberhaut, Unterhaut), Fleischreste und Haare können nun leichter entfernt werden. Heute werden für diesen Arbeitsgang eigene Entfleisch- und Enthaarmaschinen eingesetzt. Noch vor wenigen Jahrzehnten mussten die Gerber diese Arbeit mit Scherdegen und Putzmesser auf dem Gerberbaum verrichten.
Die nunmehr enthaarte Haut wird im Wasser ausgeschwemmt, in ein Bad aus schwachen Gerbstofflösungen oder verdünnten Säuren oder auch in Bäder aus Kleie, Kot und chemischen Stoffen getaucht und von den Laugenrückständen aus dem vorangegangenen Äscherprozess gereinigt. Die entkalkten und gebeizten Häute sind damit fertig zum Gerben und werden ab jetzt „Blößen“ genannt.
Die in der Sämischgerbung verwendeten tierischen Öle (Fischtran, Fischöl) gerben das Leder besonders weich und färben es gelblich. Sämisch gegerbtes Leder wird hauptsächlich als Bekleidungsleder (z. B.: Lederhose), Reitbesatz und Fensterleder verwendet.
Nach der Vorbereitungsarbeit in der Wasserwerkstatt werden die Blößen unter die Stempelpresse gebracht und hydraulisch ausgedrückt bis sie nicht mehr als 50 % Wasser enthalten. Dann gibt man sie mit etwas Fischtran in ein Walkfass. Nach einigen Stunden werden sie zum Trocknen herausgenommen. Dieser Vorgang wird über drei bis fünf Wochen wiederholt bis die Blößen gesättigt sind. Das überschüssige Öl wird unter der Presse herausgedrückt, und die Häute danach in lauwarmem Wasser erneut gewalkt, um sie zu entfetten.
Das Gerbmittel der Weißgerber ist Alaun (Alkalitonerde), welches in Nordafrika natürlich vorkommt. Mit Alaun wird das Leder fast weiß. Ab dem 19. Jahrhundert wurde Alaun verstärkt durch Chromsalze verdrängt, die das Leder zusätzlich wasserdicht machen. Verarbeitet wird weißgegerbtes Leder häufig zu Handschuhen, Taschen oder Oberleder für Schuhe. Die Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte Chromgerbung ist heute ein industriell verbreitetes Verfahren. Die Chromgerbung vollzieht sich ebenso wie die ältere Gerbung mit Alaun im Gerbfass. Da die Blößen durch die Lösungsmittel entfettet werden, sind bei der Chromgerbung für die nachträgliche Fettung des Leders besondere Öle und Fette nötig.
Bei der Zurichtung werden dem „garen“, getrockneten Leder die Eigenschaften verliehen, die für seinen vorbestimmten Verwendungszweck notwendig sind. Kleinere Leder wurden früher über den „Stollfuß“ gezogen, nach allen Seiten gereckt und gedehnt und auf diese Weise weich und geschmeidig gemacht. Größere Leder mussten in den „Zurichtschragen“ gespannt und mit dem „Handkrückel“ bearbeitet werden. Heute wird das Leder in der Stollmaschine weich gemacht. Danach wird es vorgeschliffen und gebimst. In der Falzmaschine wird das Leder zu einer gleichmäßig dicken Fläche ausgearbeitet.
Je nach Verwendungszweck kann das Leder nun weiterbearbeitet werden. Eine Möglichkeit ist die Färbung des Leders. Die durch die Gerbstoffe entstehende Färbung des Leders genügt den Ansprüchen der Leder verarbeitenden Betriebe (insbesondere hinsichtlich der sich wandelnden Mode) nur in den seltensten Fällen. Bereits vor mehreren tausend Jahren hat man begonnen, dem Leder künstlich die gewünschte Farbe zu verleihen. So war das Färben mit pflanzlichen und mineralischen Farbstoffen (Krapp, Indigo, Safflor, Farbhölzer ...) bereits in Ägypten bekannt. Rot gefärbte Schuhe wurden schon von den Römern – von Julius Cäsar – getragen. Im Mittelalter wurde die Herstellung farbigen Leders als Geheimnis über Generationen gehütet und nur gegen hohes Schweigegeld abgegeben. Erst vor rund 150 Jahren kamen Anilinfarbstoffe in den Handel. Es sind dies synthetische Farbstoffe, welche im Steinkohlenteer entdeckt wurden. Sie stellten durch ihre außerordentliche Schönheit und ihre ungewöhnlich lichtechte Färbungskraft die bis dahin benützten natürlichen Farbstoffe rasch in den Schatten. Daneben finden auch Deckfarben Verwendung, welche nicht mehr die Narbenfläche (das Porenbild der Oberseite) des Leders in jeder Einzelheit erkennen lassen, sondern eine mehr oder minder starke Deckwirkung aufweisen.
Die Methoden des Farbauftrags wechseln je nach Lederart und gewünschtem Resultat. Man unterscheidet die Bürstfärbung, die Tauchfärbung und das Färben mit der Spritzpistole.
Die Bürstfärbung wird angewendet, wenn nur eine Oberflächenfärbung erwünscht ist, die Fleischseite also ungefärbt bleibt (vorzugsweise bei Sämischleder).
Die Tauchfärbung färbt das Leder beidseitig. Das Färben des Leders in einer Farblösung (Farbflotte) wird in einer Mulde oder in einem Färbefass durchgeführt.
Das Färben mit der Spritzpistole ermöglicht einen gleichmäßigen Farbauftrag und verhindert bei dünnen Ledern das Durchschlagen des Farbstoffes.
Heute erfolgt der Farbauftrag auch durch Spritz-, Gieß- und Rollenauftragmaschinen.
Als Erzeuger tradtitionsverbundener Lederbekleidung ist die Firma Jahn-Markl noch heute weit über die Grenzen Salzburgs hinaus ein Begriff. Die Handwerksgeschichte der Familie lässt sich über fünf Generationen zurückverfolgen. Sie beginnt mit Georg Edlhard, der im Jahr 1831 als Lehrling des Weißgerbergewerbes seine Dienste beim Meister Peter Schweiger antrat. Vier Jahre später wurde Georg Edlhard in Ingolstadt von der Lehre freigesprochen und war damit Gerbergeselle. Seine Tochter Johanna ehelichte im Jahr 1890 Johann Nepomuk Jahn, den Sohn des Handschuhmachermeisters Johann Jahn aus Salzburg. Durch diese Verbindung wurden die vormals getrennten Berufszweige der Weißgerberung sowie der Handschuh- und Lederhosenfabrikation in der Familie Jahn vereint.
Reputation in höchsten Kreisen errang die Firma Jahn als Lieferantin für die k.u.k. Donaumonarchie. Ein Firmenstand auf der Kaiser-Jubiläums-Ausstellung in Salzburg (1908) wurde mit der Goldmedaille ausgezeichnet. Ein Jahr später ernannte Joseph Ferdinand den Betrieb sogar zum Erzherzoglichen Kammerlieferant. Speziell für Kaiser Franz Joseph I. entwickelte die Familie Jahn das so genannte „Salzburger Altschwarz“, welches die kurze Jagdlederne des Kaisers antik aussehen ließ. Während des Ersten Weltkrieges belieferte die Firma das Militär und erlebte damit einen rasanten Aufschwung. In dieser Zeit wurden über 100 Angestellte beschäftigt. Mit dem Ende des Krieges kam der wirtschaftliche Einbruch. Der Betrieb musste verkleinert werden.
Ab 1920 sorgten die Salzburger Festspiele für eine Reihe prominenter Auftraggeber, wie Max Reinhardt, Werner Krauss, Xavier Louis Vuitton u. v. a. Ende der 1930er-Jahre übernahm Karl Markl die durch eine Fehlspekulation fast verlorene Firma von seinem Schwiegervater Johann Nepomuk Jahn. Mit der Übersiedelung des Betriebes von der Steingasse in Salzburg in das historische Weißgerbergebäude des Jacob Wibmer im Nonntal gelang Karl Markl ein neuer Anfang. Durch seinen frühen Tod musste sein Sohn Erwin bereits 1948 die Leitung des Familienbetriebs übernehmen. In der Goldgasse, gleich um die Ecke zum Verkaufsgeschäft am Residenzplatz, richtete Erwin Markl später ein kleines Firmenmuseum ein. Im Herbst 1998 musste der Gerbereibetrieb der Firma Jahn-Markl aus finanziellen Gründen aufgelassen werden. Die Säcklerei und das Geschäft werden heute von der Tochter Eva Brunnauer weitergeführt.
Die Einrichtung und Werkzeuge der ehemaligen Sämischgerberei und Lederschneiderei von Erwin Jahn-Markl sowie Objekte des Ledermuseums in der Goldgasse wurden dem Museum Neumarkt zur Verfügung gestellt und bilden heute den Hauptteil der im Museum gezeigten Lederabteilung. Zu sehen sind neben den großen Gerätschaften in der Freigerberei (Walk- und Gerbfässer, Entfleischmaschine, Gerbbottiche, Trockenstangen, Äscherzangen usw.), Werkzeuge und Gerbstoffe (wie Scherdegen, Krispelholz, Schabbaum usw.), verschiedene Lederarten, gefärbtes Leder und die dazugehörigen Farbstoffe sowie Beispiele aus der Säcklerei und Handschuhmacherei (Stickmustervorlagen, Lederhosen, Jacken, Taschen, feinste Handschuhe, Figuren und Kuriositäten). Daneben bietet die Sammlung anhand von Lehrbriefen, Wanderbüchern, Rezeptbüchern, Zunftzeichen (Zunftfahne, Schilder, Krüge) und Fotodokumenten einen faszinierenden Einblick in die Geschichte des Gerberhandwerks im Land Salzburg.
Um sich ein Bild der Welt des Lederhandwerkes im Museum in der Fronfeste machen zu können, beginnt das museumspädagogische Programm mit einer kleinen Führung durch die interessanten Ausstellungstrakte: „Von der Lederhaut zur Lederhose“. Hier zeigt sich, dass sich das Thema „Leder“ wie ein roter Faden durch unser Leben zieht: Von den Schuhen, Hosen, Gürteln, Taschen, Jacken bis zum Hut und auch in der Technik (wie unter anderem für Riemen, die Maschinen antrieben, heute wird Leder für Treibriemen nicht mehr verwendet), spielt das Leder eine wichtige Rolle in unserem Leben. Auch die Nebenprodukte, die beim Zuschnitt der Rohhaut anfallenden Schwanzhaare, verwendete man als Matratzenfülle und die langen Haare der Rinderohren wurden an die Pinselfabrik verkauft. Aus den Körperhaaren stellte der Tuchmacher Filz her und die Rohhautreste verkochte die Leimfabrik zu Tischlerleim. Die vielfältigen Exponate zeugen von einer Handwerkstradition, die sicher auch einige Künstler hervorgebracht hat.
Weiter geht es im museumspädagogischen Programm zur Gerberei und Färberei, der Säcklerei mit den verschiedenen Lederhosen und den Grundsteinen des Handwerkes, um dann ein Werkstück herstellen zu können. Für die BesucherInnen bietet sich die Möglichkeit, die Sinne, vor allem den Tast- und Geruchssinn, im Sinnestunnel zu erproben. In kleinen Holzkästchen, die man möglichst nur kurz öffnet, riecht man die intensiven Eindrücke der Gerberei: vom Lebertran zu beißenden Gerbstofflösungen und angenehmen Ölen. Auch die verschiedenen Felle und Häute im Tunnel haben ihre eigenen Gerüche. Die Strukturen, die man ertastet, sind ein wahres Tasterlebnis. Vom Bocks-, Hasen- zum Kälbchenfell geht es durch einen Ledervorhang zu den Fisch-, Hirsch-, Stiernacken- und Gamshäuten.
In einem abgedunkelten Raum setzt man sich mit den Mühen eines Handwerkes in vergangenen Zeiten auseinander. Der Blick in das so genannte „Werkstattl“ eines Säcklers, das im Museum in der Fronfeste eingerichtet ist, zeigt die wichtigsten Arbeitsutensilien dieses Gewerbes im 19. Jahrhundert. Besonders auffallend ist der so genannte „Lichtgalgen“: Das Licht, welches von der aufgestellten Kerze oder Petroleumlampe durch die wassergefüllten Glaskugeln fällt, fächert sich auf und spendet eine verstärkte, sehr helle Beleuchtung. Diese war früher vor allem für die Arbeit in der Dämmerung oder während der Wintermonate von großer Bedeutung und zeigt, wie das Werk auf kleinem Raum bis spät in die Nacht für den Auftraggeber fertiggestellt wurde. Auf dem Arbeitstisch sind die Werkzeuge des Säcklers zu sehen. Über dem Handwerkstisch hängen die diversen Häute, wobei für den jeweiligen Verwendungszweck – Ärmel, Hosenbein, Kragen – das passende Stück direkt ausgewählt wurde.
Nachdem die BesucherInnen nun viele Informationen erhalten haben, bietet das museumspädagogische Programm die Herstellung eines Werkstückes aus Leder an. Jeder kann ein Stück Leder wählen, dabei spielen Form, Art, Größe und Farbe eine wichtige Rolle. In diesem Beispiel gehen wir auf einen kleinen Lederbeutel ein, der in kurzer Zeit bei jedem Museumsbesuch hergestellt werden kann.
Zuerst zeichnet man den Schnitt – einen Kreis (die Größe ist variabel) auf ein Papier. Mit einer Schneiderkreide wird der Umriss der Schablone auf das Leder übertragen.
Schon beim Ausschneiden mit der Lederschere erfährt man die Unterschiede der Beschaffenheit der Ledersorten. Das Lammleder ist sehr fein und weich und gut zu schneiden, wohingegen zum Beispiel Schweinsleder mit der Schere kaum noch zu bewältigen ist.
Der ausgeschnittene Lederkreis wird auf die Bleiplatte gelegt. Nun werden mit dem Stanzeisen und einem Säcklerhammer in einem Abstand von einem Zentimeter zum Rand kleine Löcher gestanzt. Der Randabstand muss unbedingt eingehalten werden, sonst reißen die Löcher beim Zuschnüren des Beutels aus.
Von einem geraden Stück Leder wird ein Band geschnitten und durch die Löcher unseres Kreises gezogen. Zusammenziehen und fertig ist der Lederbeutel. Kinder freuen sich über ihren neuen „Schatzbeutel“, Erwachsene verwenden ihn gerne als Schmucktäschchen.
Mit der Erfahrung, dass auch ein einfaches Werkstück Fingerfertigkeit, Präzision und Kraft und Zeit erfordert, kann man ein mit „eigenen Händen gefertigtes Lederwerkstück“ und viele Eindrücke mit nach Hause nehmen.
Die nachstehende Darstellung des Gerbereimuseums Tittmoning orientiert sich am Rundgang im Museum. Die Museumsinhalte werden anhand der didaktischen Umsetzung erläutert.
Ledereinblicke: Der Rundgang durch die Gerbereiausstellung beginnt mit einer sinnlichen Einstimmung auf das Thema Leder. Unterschiedliche Erlebnisstationen (Riechen – Riechstationen; Betrachten – Farbkugeln; Tasten/Begreifen – Drehmühle mit diversen Fellen und Häuten; Hören – Literaturzitate zur Gerberei; Sehen – Einblicke gibt ein Guckkasten mit Bildmaterial in Kleinbilddiaformat) wecken die Neugier auf das Produkt Leder.
Gerbstoffe in der Lohgerbung: Ein eigener Bereich widmet sich den Gerbstoffen in der Lohgerbung: ursprüngliche Gerbstoffe, Suche nach neuen Gerbstoffen, Erzeugung von Gerbstoffextrakten (19. Jahrhundert); Chromgerbung (Pflanzen mit Gerbwirkung, wie Edelkastanie, Fichte, Lungenflechte, Heidelbeere, Efeu, Rosmarin/Porst, Sumach, Thymian ...); Herstellung von Lohe (Lohemühlen, Loheschuppen).
Geschichte des Gerbens: Der erste inhaltliche Schwerpunkt im Museum, im Themenbereich „Geschichte der Gerberei“ liefert historische Grundlagen zur Ledererzeugung bzw. zur Gerbereigeschichte, wobei dem sich verändernden Arbeitsprozess vom Handwerk bis hin zur modernen Lederindustrie besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird. Im Mittelpunkt der Betrachtung steht die Rotgerbung. Andere Gerbmethoden werden, wo es von Interesse ist oder inhaltlich notwendig erscheint, erörtert.
Im Museum werden folgende Entwicklungsstufen dargestellt:
Die (eher zufällige) Entdeckung verschiedener Methoden der Haltbarmachung von Tierhäuten in der Frühzeit (rauchgegerbtes Leder; mineralische Gerbung (Alaun); vegetabile Gerbung (Fichte); Juchten- und Marocainleder)
Gerbmethoden und Neuerungen im Mittelalter
Innovationen gegen Ende des 18. bzw. Anfang 19. Jahrhunderts, wie die Entdeckung der Gerbextrakte, und die daraus resultierenden neuen Möglichkeiten der Schnellgerbung und Spaltmaschinen, brachten eine Veränderung des Arbeitsprozesses mit sich und führten zum Entstehen erster Lederfabriken
Moderne Lederindustrie (Massenproduktion in Billiglohnländern).
Im Themenbereich „Von der Haut zum Leder“ wird der komplexe Arbeitsprozess der Rotgerbung anschaulich und für den Besucher leicht nachvollziehbar in einzelnen Stationen dargestellt. Um das Verständnis zu erleichtern und die unzähligen Arbeitsschritte zu entwirren, werden diese auf das Wesentliche reduziert.
Am inszenierten „Hautband“ wird erklärt, was beim Gerbprozess eigentlich geschieht. Die Beschaffenheit der Haut vor und nach der Gerbung wird demonstriert. Gezeigt wird auch der Zusammenhang zwischen Felldichte und Hautstärke; der Einfluss, den die Wahl der Rohhaut und der gewählten Gerbmethode auf das Endprodukt hat; die Hautstruktur (welche Hautschicht wird zu Leder verarbeitet; welche Teile werden vor der Gerbung entfernt; welche Teile der Haut sind qualitativ am besten usw.).
In der Wasserwerkstatt wird einleitend die Geschichte der Gerberei Wandinger aufgegriffen, deren Werkstatt in diesem Bereich nachempfunden wird.
Drei Generationen lang erzeugte die Familie Wandinger in Tittmoning Leder. Anfang der 1950er-Jahre wurde die Produktion eingestellt. Die dankenswerterweise zur Verfügung gestellte, außergewöhnlich umfangreiche Werkstatteinrichtung ist das Kernstück des neuen Museums in den Räumen der Burg Tittmoning. Es übermittelt Eindrücke über ein in Tittmoning über viele Jahrhunderte ansässiges Gewerbe, das in diesem Zeitraum das Leben der Stadt mitgeprägt hat. Im Jahr 1878 erwarb der aus Vilsbiburg stammende Lederer Andreas Wandinger von der Witwe Felizitas Sareiter eine der ältesten Rotgerbereien (1605) der Stadt Tittmoning. In der Gerberei waren bis zu acht Personen beschäftigt. Nach dem tödlichen Arbeitsunfall des Vaters übernahm Karl Wandinger um 1900 den Betrieb. Zusätzlich zur Rotgerberei betrieb der Gerbermeister ab 1917 eine Lederhandlung und führte später die einzige Bank der Stadt. Mit dem neuen Museum konnte eine interessante Partnerschaft mit der Stadt Neumarkt am Wallersee und dem Museum in der Fronfeste geschlossen werden. Ermöglicht wurde das grenzüberschreitende Projekt durch die großzügige Förderung aus dem Europäischen Fonds für Regionalentwicklung, der Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen, der Bayerischen Landesstiftung, dem Bezirk Oberbayern, dem Landkreis Traunstein und der Stadt Tittmoning.
Konservierung: Eine gesalzene Hautpartie zeigt, wie die Häute konserviert werden. So gestapelt wurden die Häute gelagert und bei Bedarf in der Gerberei weiterverarbeitet.
Gerbung: Vorbereitung der Haut für die Gerbung (Weiche, Äschern, Enthaaren und Entfleischen; Vorgerbung). Der eigentliche Gerbprozess (von den Gerb- und Lohegruben, den Farbgang über das Gerbfass bis hin zur modernen Gerberei); im Mittelpunkt steht die Gerberei Wandinger mit ihren Gerbmethoden (Stand 20. Jahrhundert).
Erlebnisraum: Sinnliche Einstimmung durch transparente Betrachtungskugeln, gefüllt mit den unterschiedlichen Gerbmaterialien, einem einladenden alten Ledersofa, auf dem man den spannenden Literaturzitaten lauschen kann, Drehmühlen zum Tasten der vielfältigen Leder- und Fellarten, die diversen Koffer (vom Hutkoffer bis zum Reisekoffer) verbergen Rätsel in Form eines Quiz, das nicht nur Kindern Spaß macht. Aber auch der Hinweis der aufgeklebten Zunfthand an Stellen, an denen noch genauere Informationen zur Verfügung stehen, lädt zur Entdeckungsreise ein. So wird die Neugier zum Thema Leder beim Besucher geweckt.
Leicht zu erfassende Einheiten: Da die überwiegende Mehrheit der Besucher mit der Lederherstellung nicht vertraut ist, werden komplexe technische, historische und soziale Themen auf einfache, leicht zu erfassende Einheiten reduziert.
Kognitive und sensitive Wahrnehmung: Um eine Ermüdung der Besucher zu vermeiden, wechseln Bereiche der Wissensvermittlung mit solchen der sinnlichen Wahrnehmung.
Texte und Beschriftungen: Abteilungstitel machen auf einen Blick erkenntlich, welches Thema im Folgenden behandelt wird. Nähere Informationen liefern die jeweiligen Schwerpunkttexte, sowie Objektbeschriftungen.
Besucheraktivierung: Wo sich die Möglichkeit bietet, wird der Besucher dazu angehalten, selbst aktiv zu werden.
Audio-visuelle Vermittlung: Als Zusatzangebot zu den Texten und zur Verlebendigung der Präsentation werden Arbeitsprozesse in der Gerberei anhand von Guckkästen veranschaulicht. Im Bereich „Soziales“ unterstützen Tonaufnahmen von Zeitzeugen die Authentizität. Auch durch die Audiostation „Literaturzitate“ aus dem Leben der Gerber ermöglicht Einblicke in die schwierige Arbeitssituation der Gerber.
Führungen als zusätzliche Leistung für bestimmte Zielgruppen (Kindergarten, Schulen, Betriebsausflüge, Seniorenausflüge) und Ausarbeitung museumspädagogischer Programme, die auf die Interessen der verschiedenen Besuchergruppen abgestimmt sind.