Was sind die Vorbilder des Bauernherbstes?
Wir haben als Touristiker den Bauernherbst vor ca. neun (Stand 2003) Jahren geplant, und zwar mit der Zielsetzung: Wir wollen unseren Gästen im Herbst auch noch etwas bieten. Allerdings war das Problem, dass die Tourismusverbände im Flachgau nicht so viel Geld hatten, so große Events zu bezahlen und so haben wir uns gedacht, versuchen wir es umgekehrt: Versuchen wir etwas zu initiieren, das den Einheimischen im Herbst Spaß macht und gleichzeitig unseren touristischen Gästen etwas bringt.
Dann haben wir natürlich ein bisschen über die Grenzen geschaut, wo es schon solche Aktionen, die im Herbst erfolgreich und da sind, gibt. Dabei sind uns zwei Dinge besonders aufgefallen: das Törggelen in Südtirol und das Oktoberfest in München. Das Törggelen in Südtirol hat uns besonders wegen der heimischen Spezialitäten und der schönen Landschaft fasziniert; am Oktoberfest hat uns der Gedanke fasziniert, dass es im Herbst gefeiert wird. Das war einfach die Suche nach Erfolgsrezepten anderer erfolgreicher Herbstveranstaltungen, aber man kann sicher sehen, dass wir uns von beiden stark unterscheiden, indem wir den Rummel vom Oktoberfest weggelassen und das „Nur“-Essen und -Trinken von Törggelen noch mit Kultur gewürzt haben. Wir wollten nicht abschreiben, sondern etwas Eigenständiges kreieren mit den Parametern: heimisches Essen und Trinken, Brauchtum, Kultur – dörfliche und bäuerliche Kultur – und die Oktoberfest-Idee des Feierns. Wobei das Feiern im Herbst ja nicht die Münchner erfunden haben, sondern es ist eine uralte Tradition, dass der Bauer dem lieben Gott für die Ernte dankt, sich freut und dass es anschließend an den kirchlichen Dank und an die Prozession, die damit verbunden ist, ein weltliches Fest gibt.
Diese Tradition ist damals im Salzburger Land allerdings nur mehr punktuell vorhanden gewesen, dass man den Herbst weltlich feiert und so haben wir geschaut, wo es noch solche Feiern gibt. Da fiel mir in meiner Umgebung gleich das Ruperti-Marktfest in Neumarkt auf – damals war das noch viel ländlicher als heute – und der Michaeli-Markt in Straßwalchen. Dann war die Idee, wenn es in Neumarkt und in Straßwalchen mit einem schönen Herbstfest klappt, warum sollte das nicht im ganzen Land Salzburg auch klappen. So hat es dann im Flachgau – das erste Mal vor sieben Jahren – den ersten Bauernherbst gegeben und wir haben dann gleichzeitig in 15 Orten begonnen, den Bauernherbst unter dem Motto: „Feiern, Verkosten, dörfliche/bäuerliche Kultur“ zu bewerben, was gleich von Anfang an sehr gut eingeschlagen hat, mit dem Erfolg, dass inzwischen 80 Orte des Salzburger Landes dabei sind und wunderschöne Veranstaltungen entstehen.
Die Bauernherbstinitiative im Land Salzburg gilt als großer Erfolg für den Tourismus. In welcher Form werden Einheimische eingebunden?
Die Einheimischen sind eigentlich das Rückgrat des Bauernherbstes. Wir Touristiker haben den Hintergedanken gehabt, dass wir für die Gäste etwas Attraktives im Herbst schaffen wollen, damit neue hinzukommen und denjenigen, die sowieso da sind, etwas Unterhaltung zu bieten und zwar Unterhaltung, die sie gerne wollen. Wir haben aus der Marktforschung herausgelesen, dass die Gäste Kontakt zu Land und Leuten wollen, einheimische Spezialitäten verkosten möchten und das nahmen wir dann als Grundparameter und kamen zum Schluss, dass die Salzburger/innen auch gerne ihre heimischen Produkte essen, dass sie mit ihrer Kultur verwurzelt sind und dass sie sich freuen würden, wenn so manches Alte wieder belebt werden würde, aber auch so manches Neue an dörflicher und bäuerlicher Kultur entsteht.
Unsere Zielrichtung war, zu analysieren, was den Einheimischen gefällt, um dann den nächsten Schritt vorzubereiten: Wie animieren wir die Salzburger Bevölkerung, für sich selbst Veranstaltungen im Bauernherbst zu organisieren? Wir Touristiker haben dann das fertige Produkt genommen und gesagt: „Liebe Gäste, Ihr seid herzlich willkommen, mit den Salzburgern mitzufeiern.“ Das Rückgrat des Bauernherbstes ist nicht der alleinige Wunsch der Touristen, sondern das Rückgrat ist das Wollen der Salzburger/innen, sonst wäre es auch nicht möglich, innerhalb von etwa zehn Wochen jährlich über 300.000 Gäste zu mobilisieren, wobei in etwa zwei Drittel Einheimische sind und der Rest Touristen.
Das Mobilisieren der Einheimischen funktioniert in mühevoller Kleinarbeit: Begonnen haben wir mit den Organisationen, die zum Bauernherbst verwandt sind und haben uns zusammengesetzt: Das ist auf der einen Seite in der Landesregierung die Abteilung Volkskultur mit ihren Drähten zu den Vereinen, auf der anderen Seite die Wirtschaftskammer mit den Drähten zu den Wirten und die Landwirtschaftskammer mit den Drähten zu den Bauern.
Der Transport zu den Salzburgerinnen und Salzburgern ist über diese Organisationen gegangen, natürlich auch in zweiter Linie über die allgemeinen Medien und über die Tourismusverbände, wo in Sitzungen vor Ort die Interessenten zusammengeholt wurden – vom Pfarrer bis zum Bürgermeister – und gefragt wurde, ob sie den Bauernherbst machen wollen. So ist die Kunde weitergetragen worden und nichts ist erfolgreicher als der Erfolg: Wenn es gut geht und auch Geld dabei verdient wird – das wollen wir nicht verschweigen: Alle, die mitmachen, sollen dabei etwas verdienen –, dann gibt es natürlich auch andere Interessenten, die sagen: „Das probieren wir nächstes Jahr auch einmal aus.“
Der Bauernherbst wurde zwar von Touristikern initiiert, ist aber genau das Gegenteil von einem Heimatabend. Wir wollen beim Bauernherbst versuchen, die Einheimischengruppen zu animieren, gemeinsam etwas zu veranstalten (auch etwas zu verdienen). Wir wollten gleich von Anfang den kommerziellen Gedanken integrieren, dass das Ganze auch langlebig stehen bleibt – keine Touristenschau, sondern etwas Echtes aus der Salzburger Bevölkerung. Es tauchen immer wieder Fragen auf wie „Was hat der Bauer davon?“ Antwort: „Eine höhere Wertschätzung, den Ab-Hof-Verkauf an Touristen“. Bei den Bauernherbstwirten gilt das Motto: „Ausg‘steckt is“: Heu und Holz werden draußen aufgehängt, wenn der Wirt ein Bauernherbstwirt ist. Täglich werden fünf Gerichte – Spezialitäten aus Salzburger Produkten – angeboten.
Ist der Bauernherbst Tradition oder moderner Event?
Beides. Wir wollen die Tradition sicherlich als Rückgrat beibehalten, wollen aber nicht die Türen verschließen vor der Gegenwart. Der gekachelte Käsereiraum des Bauern ist genauso Bauernherbst wie das Abdruschfest mit dem Abdruschtanz der Volkstanzgruppe – die beiden tun sich auch nicht weh, sondern ergänzen sich. Die heutige Kultur der Bauern soll nicht weggewischt werden, wir wollen nicht nur in Nostalgie vergehen. Der Traktor gehört zum Bauernherbst genauso dazu wie die aufgeputzten Kühe beim Almabtrieb – beides hat nebeneinander sehr gut Platz.
Was kommt nach dem Bauernherbst?
Vom Tourismus her gesehen, verschiedenste Projekte, wobei allerdings die meisten touristischen Projekte nicht so sehr in die Breite der Bevölkerung gehen. Zum Beispiel, wenn wir sagen, dass wir unseren Skifahrern etwas bieten wollen, müssen wir schauen, dass die Pisten gut präpariert sind, dass wir Lifte bauen und das über das Marketing bekannt machen; während wir beim Bauernherbst erst einmal einen ganz anderen Ansatz gewagt haben, es ist momentan nichts anderes Artähnliches in Planung.