Eine Sichtung[346] der Weihnachtsnummern von 19 Salzburger Zeitungen von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zur NS-Zeit auf Beiträge zum Weihnachtsfest diente sowohl den Autorinnen/Autoren des Gesamtprojektes „Bräuche im Salzburger Land“ wie den Studierenden des Seminars „Das Weihnachtsfest im gesellschaftlichen Wandel seit 1800“ von Herrn Univ.-Prof. Dr. Robert Hoffmann als Quellenmaterial und Ausgangspunkt für weitere Recherchen.
Die „Salzburger Chronik“ liegt für den Zeitraum von 1865 bis 1938 vor. Für eine Stichwortsuche wurden die Mikrofilme der Salzburger Universitätsbibliothek – soweit sie noch nicht beschädigt waren – durchgesehen. Als Leseproben werden im Langtext aus den Beständen der „Salzburger Chronik“ zeittypische Ausschnitte präsentiert.
In allen Nummern kommen u. a. Anzeigen der Kinderkrippe um Unterstützung, Werbungen und Inserate, Aufrufe für Enthebungskarten etc. vor. Daneben erschienen Artikel über Salzburger Bräuche, Weihnachtsgeschichten und -gedichte. Im Langtext werden stichprobenartig Beispiele aus den Zeitungen wiedergegeben, welche die mediale Darstellung des Festes für den angegebenen Zeitraum charakterisieren.
Diese Zeitungsrecherche in den Weihnachtsnummern aller 19 in der Universitätsbibliothek Salzburg für den Zeitraum von 1880 bis 1912 erhaltenen Salzburger Zeitungen zählt nicht zu den studentischen Arbeiten, sie wurde als Vorerhebung für das gesamte Projekt von Frau Mag. Kerstin Klinger [d. i. Klostermann] im Rahmen eines Werkvertrages mit dem Salzburger Landesinstitut für Volkskunde durchgeführt und ist dort in einem umfangreichen Akt dokumentiert. Zudem wurde die Stichwortsuche nach den von Franz Schweinbach handschriftlich erstellten Stichwortlisten (aufgestellt für 27 verschiedene Zeitungen; Bände 1863–1914 und 1914–1925) ergänzt. Dieser Aktenbestand diente sowohl den Autorinnen/Autoren des Gesamtprojektes „Bräuche im Salzburger Land“ wie den Studentinnen/Studenten des Seminars „Das Weihnachtsfest im gesellschaftlichen Wandel seit 1800“ von Herrn Univ.-Prof. Dr. Robert Hoffmann als Quellenmaterial und Ausgangspunkt für weitere Recherchen. Im Folgenden werden aus den Beständen der „Salzburger Chronik“ zeittypische Ausschnitte präsentiert.
Durchgesehen wurden folgende Ausgaben auf Mikrofilm in der Universität Salzburg:
1867, 1894, 1. 1. 1897–30. 6. 1897, 1. 8. 1905–30. 12. 1905, 2. 12. 1907–31. 12. 1907, 2. 11. 1909–31. 12. 1909, 2. 11. 1910–31. 12. 1910, 2. 11. 1912–31. 12. 1912, 1. 10. 1915–31. 12. 1915, 2. 10. 1917–31. 12. 1917, 1. 7. 1918–30. 12. 1918, 1. 7. 1921–31. 12. 1921, 1. 7. 1923–31. 12. 1923, 1. 10. 1924–31. 12. 1924, 1. 10. 1925–31. 12. 1925.
Die Auswahl der Jahrgänge erfolgte nach dem Stichwortregister von Franz Schweinbach im Salzburger Landesarchiv. Durchgesehen wurde jeweils der ganze Film, soweit dies vom technischen Zustand des Filmes her noch möglich war. Viele Filme waren aber bereits beschädigt und konnten nicht mehr eingesehen werden.
In allen Nummern kommen u. a. die Anzeige der Kinderkrippe um Unterstützung, Werbungen und Inserate, Aufruf für Enthebungskarten etc. vor. Als Beispiel vergleiche besonders 1905. Daneben erschienen Artikel über Salzburger Bräuche, Weihnachtsgeschichten und -gedichte. Im Folgenden werden stichprobenartig Beispiele aus diesen Zeitungen wiedergegeben, welche die mediale Darstellung des Festes für den angegebenen Zeitraum charakterisieren.
Mikrofilm: 540 003 I, Film Nr. 2, Jahrgang 3, Nr. 1. 2. 1. 1867–151. 30. 12. 1867
In der Rubrik „Zur Landeskunde“, „Weihnachtsbräuche im Lungau“ in drei Teilen, Teil 1: (Anfang):
Mittwoch, 27. März 1867; Nr. 36
„Weihnachtsbräuche im Lungau Aus Lungau. Ist schon der hl. Abend durch seine hohe Bedeutung überaus lieblich und anziehend, so ist das Geheimnisvollste die Weihung, die Segnung der Häuser, welche der Hausvater an demselben in jedem echt christlichen Hause vollbringt. – Die Weiber haben das Haus gewaschen, es ist aller Schmutz hinausgefegt; abends nun geht der Hausvater, sprengend und rauchend, mit den Seinigen betend durch seine Behausung, die Theilnehmer sind tief gerührt. Wer erinnert sich nicht aus seiner Kindheit noch, daß ihm dieser Umgang im Vaterhause, Stiegen auf, Stiegen ab, unter Gebet und Segnungen, bis zur Stunde unvergeßlich geblieben; es hatte schon für das Kind etwas Geheimnisvolles; schon damals dämmerte ein leises Licht auf, daß man das Haus gegen den Einfluß des Erzbösen besprenge; der Hausvater mag wohl im Geiste auch um die höchste Gnade gefleht haben, es mögen die Herzen der Seinigen geweihet und dem Eingange des Bösen verschlossen sein. Am Vorabend des Beschneidungsfestes Jesu und der Erscheinung des Herrn wird dieser Weiheakt zum zweiten= und drittenmale vollbracht. Wie bedeutungsvoll!
Der Fluch der Sünde traf nicht bloß den Geist, die Seele des Menschen, sondern auch seinen Leib und die ganze Natur, der äußeren Schöpfung, von dem Einflusse der Finsternis wird durch die hl. Sakramente und die Sakramentalien bewirkt, die insgesamt ihre Heilkraft von Jesus Christus haben, welcher als neuer Adam und als neuer Stammvater von Gotteskindern zwischen Gott und der Menschheit hintrat. Wie höchst bedeutungsvoll ist demnach, des Hausvaters Weihung am heil. Abend, vor der Weihnacht, in welcher unsere Weihe, Jesus Christus geboren worden ist, an jenem Abende, dessen Tag mit dem ersten Adam anfängt und mit dem zweiten Adam schließt. Wie bedeutungsvoll ist diese Weihung an der Neige des alten und der Schwelle des neuen Jahres, welches wir am hl. Beschneidungsfeste mit Jesus beginnen, der Hausvater will weihend und segnend sein Haus und die Seinigen erneuern in der Kraft des hl. Namens Jesus.
Wie bedeutungsvoll am Vorabend vor der Erscheinung des Herrn, vor dem Feste der heil. Dreikönige! Der Hausvater will segnend opfern und wie die heil. Weisen mit seinem Hause anbetend glauben. O hl. Segnung an den drei Rauchabenden, welche nicht aus den christlichen Häusern, sonst verfallen die Wohnungen und ihre Bewohner dem Einflusse der Finsternis. Doch dankend und hoffend kann man den Blick erheben. Christi Geist schwebt noch über der Mehrzahl der Christenhäuser des Salzburger Landes […].“
In der Rubrik „Zur Landeskunde“, „Weihnachtsbräuche im Lungau“ in drei Teilen wurde Teil 2 der „Weihnachtsbräuche im Lungau“ erst am 29. März, Nr. 37 veröffentlicht und schließlich der 3. Teil am Montag, 1. April 1867; Nr. 38.
Mikrofilm: 540 003 I, Film Nr. 31, Jahrgang 30, Nr. 1., 2. 1. 1894–Nr. 1. 2. 1. 1894 – Nr. 297. 31. 12. 1894
Mittwoch, 5. Dezember; Nr. 278, Beilage zur „Salzburger Chronik“ Nr. 286:
„Aufruf an edle Kinder= und Schulfreunde! Wie alljährlich beabsichtigt der Volksschulverein der Stadt Salzburg auch heuer wieder seinen Schutzbefohlenen eine Christbaumfeier zu veranstalten.
Aus diesem Anlasse erlaubt sich daher die gefertigte Vereinsvorstehung an den anerkannten Wohlthätigkeitssinn der Bewohner Salzburgs zu appelliren und insbesonders an die vielen Freunde und Gönner des Vereines die Bitte zu richten, den Verein in seinem so schönen und edlen Werke bestmöglichst unterstützen zu wollen, umsomehr, da auch in diesem Jahre wieder seine Kinderzahl auf 140 gestiegen ist.
Jede, auch die geringste Gabe wird dankbarst angenommen im Vereinslokale: Wolf=Dietrich=Straße Nr. 1, ferner in den Wohnungen der Ausschußmitglieder: Marie Biebl, Albertine Fiala, Ernestine Spängler, Louise Spängler, Karl Adrian, Johann Ev. Engl, Eduard Haustein, Johann Horner, Emil Kofler, Franz Placheika, Ludwig Schaffler, Ludwig Schmued.
Die Namen und Spenden der edlen P. T. Wohlthäter werden seinerzeit im Jahresberichte veröffentlicht werden. Salzburg, im November 1894. Für die Vereinsleitung: Emil Kofler.“
Ähnlichen Inhaltes veröffentlichte derselbe Ausschuss schon am 4. Dezember 1881 (Nr. 145, 1. Jg.) eine Anzeige in der Probenummer der „Salzburger Nachrichten“ von 1881, die von Albert von Ernst, in der Paris Lodronstraße 18/1 herausgegeben wurde. Die Bezeichnung der Feier war „Christbaumfest“.
Als Beispiel für die typischen Werbeinserate, die allen Begüterten Weihnachtsgeschenke nahelegen sollten, kann folgendes Inserat fungieren.
Mikrofilm: 540 003 I, Film Nr. 52, Jahrgang 41, Nr. 172. 1. 8. 1905–Nr. 296. 30. 12. 1905: Samstag, 2. Dezember 1905; Nr. 275
Die große Kurzthaler Anzeige – Breite: ein Drittel der Seite – Länge: ganze Seite; in kursiven Schönschriften mit ornamentalen Leisten oben und unten – weist auch auf die exklusive Firma und ein zahlungskräftiges Publikum hin, das in der einfacheren Anzeige der Firma Kolb direkt angesprochen wird:
„Zur Weihnachtszeit empfehlen Gebrüder Kurzthaler / Großherz. Toscan. Hoflieferanten / Salzburg, Sigmund Haffnergasse Nr. 7, Pfarrgasse / En gros En detail / Ihr reichhaltiges Lager von: Immense Auswahl in schafwollenen Bettdecken Von der ordinärsten bis zur feinsten Qualität. Kneipp=Decken, Reform=Bettdecken, (sensationell)., Bettkuvert= u. Tischdecken, Sofa= u. Salon=Teppichen, Kirchen= und Kapellen=Teppichen, Sofa=Ueberwürfen und =kissen, Bettvorleger, Laufteppiche in Wolle und Jute, Kokosläufer, Chinamatten, Türabstreifer, Waschtisch=Vorleger, Schürzen von Wachstuch, Angora=Felle, Wagen=, Schlitten= und Reisedecken, Wachs= und Ledertuche, Echt englisch., Linoleum, Fenstervorhänge und Lambrequins, Möbelstoffe, Pferdedecken in jeder Art. Kotzen [Anm.: Decken].
Alles in größter Auswahl und zu den billigsten Preisen.“
„Für Weihnachten! Erlaube mir den hohen Adel und einem P. T. Publikum auf mein reichsortiertes Lager von Sonnen- und Regenschirmen aufmerksam zu machen. Führe nur die besten und dauerhaftesten Qualitäten bei sehr mäßigen Preisen. Halbseidenschirme von K 5,- aufwärts, Reinseidenschirme von K 10,- aufwärts Große Auswahl von den berühmten Romulus= und Remus=Schirmen, welche die besten und elegantesten Schirme der Gegenwart sind. Ferners großes Lager von En-tout-cas, Kinder- und Puppen-Schirmen. Hochachtend / Georg Kolb jun. / Rathausbogen.“
Dass Christbäume 1905 bereits übliche Handelsware in Salzburg waren, zeigt die folgende Kundmachung des Bürgermeisters:
„Zahl 54.538. / Kundmachung Betreffend den Verkauf von Christbäumen. Anläßlich der nahenden Weihnachtszeit wird hiemit bekanntgegeben, daß der Verkauf von Christbäumen nur jenen Personen, welche sich über den rechtmäßigen Besitz derselben durch ein gemeindeamtliches Ursprungs=Zertifikat, in welchem die Zahl der dem betreffenden Gemeindegebiete entnommenen Christbäume angegeben sein muß, auszuweisen vermögen, und nur auf dem Markte und auf dem Mirabellplatze gestattet ist. Gleichzeitig wird bemerkt, daß gegen jene Verkäufer, welche diesen Bestimmungen zuwiederhandeln, nebst der Konfiskation der Ware die Strafamtshandlung eingeleitet werden würde. Salzburg, am 10. November 1905. / Der Bürgermeister:/ Berger“
„Herzliche Bitte um eine Gabe zum Christbaum der Kaiser Franz-Josef-Kinderkrippe des St. Vinzenz-Vereins: Zu Bethlehem im armen Stalle Da lag der Heiland dieser Welt – Er, der herrsche: über alle, Hat sich die Krippe auserwählt. Und alle Jahr’ sich nun erneuert Des Gotteskindes Krippentag, Und Weihnacht jedes Herz erfreuet, Das noch zum Heiland kommen mag. Da strahlt der Baum in hundert Herzen, Und milde mahnt ihr heller Schein; O öffnet Alle eure Herzen Und laßt die Kleinen glücklich sein! Drum denkt der lieben Krippenkinder Und macht vor Freud ihr Herzchen warm, Ein jedes Euch recht kindlich bittet: ‚Ihr seid so reich – und wir sind arm!‘
Gütige Spenden von Geld u. f. w. zu der am 13. Dezember, 4 Uhr nachmittags, im neuen Saale des Stiftes St. Peter stattfindenden Christbaumfeier, sowie Spenden im Verlaufe des Jahres zur Erhaltung der Kaiser Franz Josef=Kinderkrippe werden dankbarst entgegengenommen: von der Krippenmutter, Frau Therese V[B?]oschacher (Judengasse 13), vom Krippenverwalter Herrn Franz Hahner (Lasserstraße 12) von den tätigen Mitgliedern des St. Vinzenz=Vereines und in der Kinderkrippe (Mülln, Bärengäßchen 6).“
Montag, 4. Dezember 1905; Nr. 276
„‚Die erste hl. Nacht.‘ Weihnachtsstimmung, Weihnachtszauber umgibt uns, das Christfest wirft seinen Schimmer voraus, den Menschen mit seiner Weihe wundersam ergreifend. Eine eigene Spannung, ein freudiges Erwarten liegt über diesen Wochen des Advents. Und diesem Gefühle Ausdruck zu verleihen, den weihevollen Nimbus der Weihnachtszeit in feste Gestalt zu kleiden, das ist des Weihnachtsspieles erhebendes Ziel.
Ein Weihnachtsspiel nun von seltener Schönheit und ergreifender Wirkung ist: ‚Die erste hl. Nacht‘ von Herrn Theologieprofessor Dr. Rieder. Es ist nichts Alltägliches, nichts Gewöhnliches, was uns da geboten wird. Zarte, reizvolle Poesie hat sich mit tiefen, sinnigen Motiven vereint und ein Werk geschaffen, das sich mit den Allerbesten seiner Art messen kann. In rührender Lieblichkeit baut es sich auf den erhabenen Ereignissen jener ersten Weihenacht auf und verflicht damit Bilder von tiefgehender Bedeutung in lebenswarmen Ton.
Der erste Akt zeigt uns das rege Treiben, das vor den Toren Betlehems aus Anlaß der Volkszählung sich abspielt. Karawanen erscheinen, zur Stadt Gottes ziehend, und schließlich auch Maria und Josef, die um eine Herberge sich bemühen, die Türen der Reichen verschlossen finden, von armen Hirten aber eine Höhle angewiesen erhalten. Im zweiten Akt werden uns die Hirten auf dem Felde vor Augen geführt, jene schlichten Leute, die Maria und Josef ein Obdach gewährt. Das eine ihrer Kinder ist blind. Sehnsuchtsvolle, bange Erwartung des Messias beseelt die gläubig fromme Familie, weil seine nahe Ankunft sie aus mancherlei Vorzeichen vermuten, in ihren Hoffnungen bestärkt durch die Mitteilung einer Seherin. Und plötzlich erscheint der Engel, der ihnen die frohe Botschaft bringt. Alle eilen, den Messias zu suchen, nur die blinde Noema bleibt zurück, in der Hast ist sie vergessen worden. Die Mutter sucht sie zwar alsbald wieder, allein vergebens. Erst vor der Krippe des Heilands im dritten Akte, der uns in die Geburtshöhle führt kehrt ihr auf Mariens Fürbitte an Engelshand das Kind zurück. Voll Freude und seligen Jubel beten die frommen Hirten den Heiland an, doch nicht alle. Einer zweifelt, die Höhle erscheint ihm zu ärmlich, um des Messias’ Wohnung zu sein; er will nicht glauben, ehe er ein Wunder gesehen. Da nun schon das Kind wunderbarer weise durch einen Engel der Mutter zugeführt worden, auf Fürbitte der himmlischen Mutter, ersteht in jener die Hoffnung, daß auch das Himmelskind die Bitte ihrer blinden Kleinen erhören könnte. Und der Hirten frommer Sinn wird gelohnt – die Nacht weicht von des Kindes Auge, Noema sieht!
Welch’ ein Jubel bei allen, auch der Zweifler sinkt anbetend in das Knie, und in innigem Danke und heilger Freude bringen sie dem Heiland ihre Huldigung dar. Dies in kurzen Zügen der Inhalt des Weihnachtsspieles, das gestern im Kloster der Schulschwestern in der Schwarzstraße unter der Leitung des Herrn Dompredigers Msgr. Obweger aufgeführt wurde. Die Darstellung war über jedes Lob erhaben, die Ausstattung kunstgerecht bis ins kleinste Detail, ein würdiger Rahmen für das herrliche Bild. Was da geleistet wurde in Diktion und Spiel, zwingt zu rückhaltloser Bewunderung, zeugt aber auch von vollendeter, umsichtiger Regie. Alle Rollen waren mit Fleiß und Präzision einstudiert und deren Trägerinnen, sämtliche Schülerinnen obiger Anstalt, mit Aufmerksamkeit und Liebe bei der Sache. Von ergreifender Schönheit war auch der gesangliche Teil, in welchem sich besonders die hervorragenderen Darstellung [...].“ (Die Seite mit dem Ende fehlt am Film).
Unter der Rubrik „Anzeiger“:
„‚Das Weihnachtsfest‘, ein Festspiel für Schulkinder, dessen gesanglicher Teil von dem bekannten Liederkomponisten Jul. Otto stammt und dessen Deklamationen von Friedrich Hofmann verfaßt sind, wird am 13. Dezember nachm. 4 Uhr im großen Kursaale von den Uebungsschülern und Lehramtszöglingen der f. f. Lehrerbildungsanstalt zur Aufführung gebracht. Der Christbaum, St. Nikolaus und Knecht Ruprecht, brave und böse Buben, der Nachtwächter, Künstler auf Kinderinstrumenten und dgl. werden die jugendlichen Besucher der Vorführung erfreuen, die hübschen Gesänge Jul. Ottos, von vielen fröhlichen Kinderstimmen gesungen, auf die Erwachsenen jene eigenartige, stimmungsvolle Wirkung ausüben, welche eben nur Kindergesang hervorzurufen vermag. Die Veranstaltung ist zugunsten des Unterstützungsvereines für mittellose Realschüler und Lehramtszöglinge geplant und wird alles übrige noch rechtzeitig bekannt gegeben werden.“
Montag, 11. Dezember 1905; Nr. 281
„Aufruf betreffend Weihnachts=Spenden für die Pfleglinge des städtischen Versorgungshauses. Die gefertigte Komission möchte den Versorgungshaus=Pfleglingen wie alljährlich zu Weihnachten eine besondere Spende zukommen lassen und bittet daher edle Menschenfreunde und Wohltäter, durch milde Gaben die gedachte Beteilung zu ermöglichen. Es wird ersucht, die diesbezüglichen Spenden ausschließlich nur in der Anmeldestelle für Friedhofangelegenheiten (Rathaus, ebenerdig) oder in der Kanzlei des Versorgungshauses gegen Empfangsbestätigung zu erlegen, beziehungsweise an diesen stellen die Adresse, behufs [Anm.: zum Zwecke] Abholung der Spenden, bekannt zu geben. Für die Komission des städt. Versorgungshauses: Karl Höller, Inspektor.“
Mittwoch, 13. Dezember 1905; Nr. 283
„Für Weihnachten empfiehlt die Firma Ludwig Nagy Inhaber: M. Schreinlechner, Salzburg, Linzergasse 32: ihre aus reinem Bienenhonig, mit den feinsten Gewürzen und frischen Südfrüchten erzeugten Lebkuchen und Christbaumbäckerei in größter Auswahl – Spezialität! Salzburger Pumpernickel – Spezialität! / Ferners Christbaumschmuck, Christbaumkerzchen und aus Bienenwachs erzeugte Heilige Nacht=Kerzen.“
Diese Anzeige führt uns mitten in die Normen und Konventionen jener Zeit. Die Weihnachts- bzw. Neujahrswunschkarte oder das Geschenk waren so verpflichtend, dass freiwillig nicht darauf verzichtet werden konnte – die Beleidigung der Übergangenen wäre folgenschwer gewesen. Erst die Bestätigung des Bürgermeisters, dass statt des teuren Billetts ein Akt der Nächstenliebe gesetzt worden war sowie die Veröffentlichung der Spender, befreite den Schreiber von dieser Pflicht.
Donnerstag, 14. Dezember 1905; Nr. 284
„Nr. 59.759. / Aufruf / zur Lösung von Neujahrwunsch-Enthebungskarten. Mit Rücksicht auf die rauhe Jahreszeit, welche für die ärmere Bevölkerung infolge des geringen Erwerbes einerseits und der gesteigerten Bedürfnisse andererseits viele Entbehrungen mit sich bringt, hat der Gemeinderat der Landeshauptstadt Salzburg in der Sitzung am 4. d. W. beschlossen, auch heuer an die P. T. Bewohner von Salzburg und auswärtige Gönner die Einladung zur Lösung von Neujahrwunsch Enthebungskarten zu richten und das erzielte Erträgnis zum Ankaufe von Brennholz für die Stadtarmen zu verwenden.
In Ausführung dieses Gemeinderats=Beschlusses und im Vertrauen auf den stets bewährten Wohltätigkeitssinn stellt demnach die gefertigte Stadtgemeinde=Vorstehung an die P. T. Bewohner der Stadt Salzburg und auswärtige Gönner die Bitte, sich recht zahlreich an der Lösung dieser Neujahrwunsch=Enthebungskarten zu beteiligen und so zur Linderung der Not ein Scherflein beizutragen.
Die bezüglichen Beträge werden bei der städtischen Gemeinde= und Stiftungen=Kassen=Verwaltung (Rathaus, 1. Stock) während der gewöhnlichen Amtsstunden in Empfang genommen, auf Verlangen besonders quittiert und die Namen der hochherzigen edlen Spender unter summarischer Angabe der milden Spenden in eigenen Verzeichnissen veröffentlicht. Stadtgemeinde-Vorstehung Salzburg / am 6. Dezember 1905. Der Bürgermeister: Berger.“
Dienstag, 19. Dezember 1905; Nr. 288
Eine Kurzgeschichte, die ins zweite Genre der Weihnachtsgeschichten (ab der Mitte des 19. Jahrhunderts) gehört, die bereits das Weihnachtsfest zum Inhalt haben und Emotionen, speziell Sozialverhalten hervorrufen:
„Großväterchens letzter heil. Abend. (Ein Stimmungsbild.) Sein Pfeifchen schmauchend, sitzt’s Großväterchen, in den Schlafrock gehüllt und sein Käppchen auf dem Haupte, am eichernen Tische in warmer Stube. Die beiden kleinen Enkelkinder, Midi und Fritz, sind mit ihrer Mutter ins Großelternheim gekommen, um mit ihnen Weihnachten und vor allem den hl. Abend zu feiern. Die Großmutter macht sich noch in der Küche zu schaffen – denn von früh bis spät zu arbeiten war sie gewohnt von Jugend auf – um ihre Lieben heute am hl. Abend mit Erzeugnissen ihrer Küchenkunst zu erfreuen. Die Mutter der beiden Kleinen hatte vollauf im Nebenzimmer zu tun, den Christbaum zu schmücken, während Midi und Fritz schon ungeduldig harrten, bis endlich die Türe sich öffne. ‚Wird wohl das Christkind die Puppe nicht vergessen haben, um die ich so schon geschrieben‘, fällt Midi Fritz in die Rede, der gerade wegen seines langersehnten Schaukelpferdes eine ähnliche Besorgnis ausgesprochen.
Endlich, endlich kommt auch’s Großmütterchen herein, nachdem sie noch das Haustor geschlossen, und nimmt auf ihrem patriarchalischen Ahnenstuhle Platz. ‚Draußen stürmt’s‘, so weiß sie zu melden, ‚und in wilder Hast treibt es die Schneeflocken bunt durch die Lüfte. Sind wir froh, daß wir in warmer Stube sind‘. Also sprach sie und der Großvater nickte ihr freundlich lächelnd Beifall. Ungeduldig sprangen die beiden Kleinen im Zimmer umher, zupften bald hier, bald dort, schmiegten sich dann wieder an’s Großväterchen und schauten mit ihren großen, treuen Augen zu ihm auf, wohl um zu erfahren, ob denn das Christkindelchen nicht bald kommen werde. Da auf einmal ein Glockenzeichen und es öffnete sich die Türe des Zimmers, in dem das Christkind seine Sachen für die beiden Kleinen zurückgelassen und in dessen Mitte ein Christbaum in hellstem Glanze strahlte. War das eine Freude für Midi und Fritz, als sie sahen, daß Christkindlein all’ ihre Wünsche erfüllt; denn da stand um den Baum ein Schaukelpferd, nebenbei lag Trommel, Helm und Säbel, alles nach Wunsch, und dort lag in zierlichem Puppenwägelchen eine herzallerliebste Puppe für Midi. Bald hätten die lieben Kleinen vor Freude vergessen, den Großeltern das Verschen aufzusagen, das ihnen die Mutter gelernt. Aber ein Wink genügte und so frisch und munter taten sie dies, daß Großvater und Großmutter vor Freude weinten. Sie teilten die Freude der Kinder und sahen mit sichtlicher Lust ihnen zu, wie sie nach und nach die Gaben musterten, die das Christkind ihnen geschenkt. Midi eilte in die Arme der Mutter und schmiegte sich dankend ihr an, denn die Mutter wohl hatte beim Christkind für sie diese Sachen erlangt.
Dann aber setzte man sich an den Tisch, und es krachten die Nüsse und so mancher rotwangige Apfel verschwand und Gebäck aus Großmütterchens Küche. Doch der Großvater war so ernst jetzt aufeinmal geworden, während am Baume die Lichter erloschen und die Tanne wieder im Dunkeln stand. Stille wurde es in der muntern Gesellschaft und forschend nach der Ursache der plötzlichen Aenderung faßte Großmutter die Hand ihres Lebensgefährten. Endlich entgegnete dieser, gedrängt von der liebenden Sorgfalt der Seinen: ‚Wie oft wohl werden wir Weihnachten noch mitsammen feiern können? Mir ist, als sollte ich zum letztenmale am heil. Abende in eurer Mitte sein; denn die letzte schwere Krankheit hat nur zu tiefe Spuren in mir zurückgelassen. [...] Und also war’s. Es eilte die Zeit und wiederum war es Advent und stürmte es in der Natur und vom bleigrauen Himmel trieb es in buntem Gewirre die Schneeflocken hernieder, nieder auch auf das Grab, das den lieben, guten Großvater barg. Und am hl. Abend sah man Midi und Fritz am Grabe und ein Christbäumchen pflanzten sie ein in den Schnee, gar bitterlich weinend. ‚Midi, sei still jetzt‘, ermahnte endlich Fritz seine Schwester, selbst erst trocknend die Tränen, ‚Großväterchen ist beim Christkind und sieht vom Himmel auf uns hernieder.‘“
Donnerstag, 21. Dezember 1905; Nr. 290
Der Schluss dieser Serie ist hier gegeben, der erste Teil dazu konnte in der Zeitung nicht eruiert werden, er ist vermutlich in der Film-Sammlung nicht erhalten.
„Salzburgische Volksbräuche in der Advents- und Weihnachtszeit. (Schluß.) Ein anderer Brauch, der aber ziemlich außer Uebung gekommen zu sein scheint, ist das Sternsingen: Es geschieht also: Bei Anbruch der Dunkelheit machen sich die Sternsinger auf den Weg. Ueber ihren gewöhnlichen Kleidern tragen sie ein langes, weißes Hemd, auf dem Kopfe eine Art Zilinder, der in seinem oberen Teile aus färbigen, durchsichtigen Papier besteht und mittels Kerzen beleuchtet wird. In den Händen tragen sie aus langen Stäben einen großen Stern, ebenfalls aus farbigen Papier, beleuchtet und mit mannigfarbigem Zierat geschmückt, welchen sie während des Gesanges drehen. Also wandern sie, wenn es stille geworden, auf Gassen und Straßen von Haus zu Haus, beten ein und beginnen ihre Lieder. Entbehren diese auch poetischer Feinheit und kunstvollen Baues, so spricht doch vielfach aus ihnen Wärme und religiöse Abfassung; Gegenstand der Lieder ist natürlich die Geburt Christi und die Ankunft der 3 Weisen bei der Krippe. Manchmal führen sie ihre Lieder auch bräuchlich auf. Bekannt ist ja das sogenannte Herberg=Spiel, eine dramatische Vorführung des Suchens nach einer Herberge von Josef und Maria. Ebenso liebt das Volk das Hirtenspiel, in welchem die 3 beliebten Hirten: Steffl, Morl und Riapö auftreten.
Am Schlusse ihres Spieles oder ihrer Lieder fügen sie dann gewöhnlich eine Bitte an um ein Geschenk. Vielfach waren die Sternsinger Schiffleute aus Oberndorf, welche in der Winterszeit, da sie jeglichen Einkommens entbehrten, wenigstens eine kleine Einnahme sich durch Sternsingen zu erwerben trachteten. Die Oberndorfer Sternsinger zogen aber auch in der ganzen weiten Umgebung Oberndorfs herum als gern gesehene Gäste. In Faistenau reiten Bauernburschen zu Pferde von Hof zu Hof und singen ihre Weihnachts= und Dreikönigslieder.
Auch im Pinzgau ist das Sternsingen in Uebung. Die Sänger sind maskiert, tragen einen Stern auf langem Stock, stellen sich im Kreise auf und beginnen ihre originellen Lieder. Mitunter bringen sie dann auch neckende Reime gegen einen oder den andern Hausbewohner vor. Zum Schlusse werden sie mit Obst, Zelten usw. beschenkt. Ein alter Pinzgauer Sternsingerspruch lautet: ‚Sternsinga, / Sternschwinga, / Ist so fei, / Ist so da Brauch / s’Land aus und ei.‘ Zum Schlusse sei noch das ‚Winter= und Sommerspiel‘ erwähnt, welches ebenfalls um Weihnachten herum aufgeführt wird. Es hat aber nicht eine biblische Tatsache zum Ausgangspunkt und erfreut sich auch nicht der Allgemeinheit dieser. In Oberndorf und Hallein ist dies Spiel hautsächlich zu Hause. Der Winter, in dicken, alten Pelzrock gehüllt, eine alte Pelzhaube über die Ohren gezogen, ein Paar grobe Fäustlinge an den Händen, streitet mit dem Sommer über seine Vorzüge. Der Sommer ist leicht gekleidet, trägt einen Strohhut auf dem Kopfe und ein kleines Fichtenbäumchen in den Händen, das mit flatternden Bändern geschmückt ist. Also entspinnt sich ein heftiger Streit, jeder kramt seine Vorzüge aus, bis sie schließlich ins Handgemenge kommen, bei welchem der schwerfällige Winter den Kürzeren ziehen muß. Doch reichen sie sich schließlich die Hand und scheiden versöhnt voneinander.
Dies wären einige Volksbräuche, wie sie in der Advents= und Weihnachtszeit in Uebung sind. Doch wie es eben zu gehen pflegt, die Zeit räumt auch mit diesen allmälig auf. So sehr das Aufhören so mancher Volksbräuche zu bedauern ist, weil sie die besten Zeugen sind von der Auffassung und Denkart unseres Volkes, ebenso sehr ist dies in anderer Hinsicht wiederum beinahe zu wünschen. Denn leider pflegt eben im Laufe der Zeit das Ideale und Schöne solcher Bräuche mehr zurückzutreten, indem das Unkraut den Weizen überwuchert, d. h. sehr viel Unfug getrieben wird. Wenn aber auch nach und nach diese Bräuche immer mehr erlöschen, so mögen doch die schönen altehrwürdigen Weihnachtslieder des Volkes der Vergessenheit entrissen werden. (Anmerkung der Redaktion: Siehe die Sammlung alter Weihnachtslieder: von Martin Hölzl, betitelt: ‚Grüß enk Gott, Leutl!‘, 39 alte Hirtenlieder oder Weihnachtsgesänge aus dem Volke und für das Volk. Preis 50 h.)“
Samstag 23. Dezember 1905; Nr. 292
„Fröhliche, gnadenreiche Weihnachten! wünscht allen Mitarbeitern, Abonnenten und Freunden der ‚Salzburger Chronik‘ die Redaktion.“
„Weihnachten!
Ein trautes Wort, das wohl jeden Christenmenschen in eine höhere, weihevolle Stimmung versetzt, sein Herz, mag es auch sonst vielfach von irdischen Sorgen bedrückt sein, in heller Freude aufjubeln läßt. Jene geweihte, heilige Nacht, deren Wiederkehr die Christenheit schon so oft gefeiert, hat uns ja doch den Heiland gebracht, den Erlöser der Welt.
Nacht, finstere, düstere Nacht war es der Natur nach, freilich erhellt durch wunderbaren himmlischen Glanz über Bethlehems Fluren, als zum erstenmal des Engels ‚Gloria‘ ertönte; und Nacht, düstere dunkle Nacht im geistigen Sinne lag bereits jetzt 4000 Jahren über der Welt, seit jener unglückseligen Stunde, da unsere Stammeltern dem Vater der Lüge mehr geglaubt, als der ewigen Wahrheit.
Nun kam der, der die Menschheit von den Fesseln der Sünde erlösen, sie wieder zu freien Kindern Gottes machen sollte. Mit welcher Freude, also möchte man meinen, hätte diese armselige Welt den verheißenen, durch die Propheten schon seit Jahrhunderten angekündigten, ja selbst von der Heidenwelt nach alten Ueberlieferungen erwarteten Erlöser aufnehmen sollen! Und in Wirklichkeit? ‚Er kam in sein Eigentum und die Seinigen nahmen ihn nicht auf.‘
Und wie die Bethlehemiten ihn als armes, schwaches Kindlein, als das er zur Welt kam, nicht aufgenommen haben, so nahm die Welt auch vielfach seine Lehre nicht auf, obwohl deren Göttlichkeit durch das Siegel seiner Wunder in so herrlicher Weise bekräftigt ist. Bei seiner Ankunft hier auf Erden waren es hauptsächlich Arme und Verlassene, Bedrängte und Bedrückte, die auf seine Stimme hörten, seine Lehre zuerst befolgten. Die Großen dieser Welt wollten davon nichts wissen; die Schriftgelehrten und Pharisäer waren seine erbittersten Feinde.
Und im Wesentlichen ist es wohl auch heute vielfach nicht anders. Wie viele irdische Machthaber glauben doch auch jetzt noch in ihrer Verblendung, ihre Gewalt und ihr Macht auf andere Fundamente bauen zu können, als auf den Grund und [?], auf den Gott die Weltordnung gesetzt wissen will. Vielleicht kommt man angesichts der Vorgänge der Gegenwart doch noch zur Ueberzeugung, daß nur die ‚Gewalt und Macht von Gottes Gnaden‘ den Elementen des Umsturzes siegreich standhalten kann.
Daß die Welt überreich ist an modernen Schriftgelehrten, die von Christus und seiner hl. Kirche nicht wissen wollen, das Wort ‚Dogma‘ mit Entrüstung zurückweisen, dabei aber ihre eigene Unfehlbarkeit zum Glaubenssatz erheben möchten, wer wollte dafür einen Beweis verlangen! Und daß das Geschlecht der Pharisäer nicht ausgestorben ist, wird auch niemand bestreiten wollen. Das Traurigste an der Sache ist wohl, daß von den modernen Schriftgelehrten und Pharisäern vielfach auch große Massen des Volks, geblendet von der Macht der Strafe, sich mitreißen lassen und so die traurige Lage noch verschlimmern helfen. Doch weg mit diesen traurigen Gedanken, wir haben Weihnachten! Bitten wir vielmehr das göttliche Kindlein, daß es auch unserem lieben Öesterreich seinen Friedensengel senden möge; bitten wir den Friedensfürsten in der Krippe, daß er allen die Gnade gebe, einzustimmen in den Jubelruf: ‚Ehre sei Gott in der Höhe und Friede den Menschen auf Erden!‘“
„Christian Andersens Weihnachtsgeschichte lebt fort.
Ein Christbaum im Himmel
Es war der Weihnachts=Vorabend des Jahres 1886. Die Straßen und Gassen der Millionenstadt Wien wurden immer öder. Groß und Klein zog sich nach Hause zurück, um in warmer Stube die Vorfeier des heil. Christfestes zu begehen. Die tausend und tausend Fenster der Stadt erhellten sich nach und nach, und durch sie schimmerte der Kerzenglanz der Christbäume in die Nacht hinaus. Es war aber eine gar stille Nacht, keine Wagen rasselten über die Steine, und die noch wandelnden Menschen gingen, in schützende Mäntel gehüllt, schweigend ihren Weg. Nur hie und da erscholl ein gedämpfter Freudenjubel aus den Häusern, von Kindern, die ihre Christgeschenke erhielten. Engel durchwanderten unsichtbar die Stadt, um frommen Familien den himmlischen Segen zu bringen. Sonst aber war es ringsum still und öde. Oben am Himmel glitzerten die Sterne wie tausend Engelaugen, die in himmlischer Verklärung niederschauten auf die Menschen.
Da kommt ein armes Kind durch die Straßen, mutterseelenallein. Es geht so still und sinnig dahin, und guckt mit den hellen, aber ernsten Augen in die erleuchteten Fenster. Sein Gesichtchen ist rot von der Kälte, und der Wind spielt mit den Haaren, die von seinem Mützchen bedeckt sind. Es haucht sich dann und wann in die kleinen Hände und reibt sich die Wangen, denn die Kälte ist grimmig. Das dünne Kleidchen schmiegte sich erbarmungsvoll an den kleinen Körper, als wollte es ihn gegen die kalte Dezembernacht schützen, aber vergebens. Das Kind ging immer weiter und wußte nicht recht wohin.
Ihm hatte kein Vater einen Weihnachtsbaum geschmückt, und keine Mutter ein Christgeschenk gegeben, denn es war eine arme Waise, die bei fremden Leuten um ein Stückchen Brot von früh bis abends arbeiten und Gänge durch die Stadt machen mußte. Heute, zum heiligen Abend, sollte das Kind noch recht weit zum Tore hinaus gehen, um etwas zu bestellen. Und weil es denn wußte, daß es eine Waise und heute heiliger Abend sei, an dem so viele Kinder sich freuen und Geschenke erhalten, und weil es so allein ging und verlassen war, mitten in der großen, lichtstrahlenden Stadt, da war es betrübt, und es wollten gar kleine Perlen aus den Äuglein rollen.
Hier stand das Schloß, wie strahlten die Fenster und verkündigten die Weihnachtsfreude, bis in den Prunkgemächern herrschte. Dort tönte lauter Jubel aus einem herrlichen Hause und wieder anderswo knieten Eltern und Kinder am hellen Christbaum und beteten den heiligen Rosenkranz. Gar wehmütig blickte das Kind hinein in diese Freude und wollte sich mit den Kindern freuen, aber es mußte weiter gehen, denn der Weg war noch weit. Der Wind wurde härter, die Kälte empfindlicher und das Waisenkind fror entsetzlich; schon starrten die kleinen Hände und Füße. Da kam es zur katholischen Kirche. Wie oft war es mit der seligen Mutter dorthin gegangen, sie hatten zusammen so andächtig gebetet. Aber die fremden Leute, bei denen sie jetzt wohnte, ließen es nicht viel in die Kirche gehen, weil das Beten nichts einbringe. – Sie hatten kein Christentum, es fehlte ihnen der lebendige Glaube, die innige Frömmigkeit des Herzens.
Und wie die Waise vor der Kirchentür stand, und an Jesus Christus im allerheiligsten Altarssakrament dachte, und so recht fühlte, daß sie nichts – nichts mehr habe auf dieser Welt, als nur den lieben Gott; da kniete sie auf die kalten steinernen Stufen hin, als wenn sie vor dem Stalle von Bethlehem kniete und das Jesukind in der Krippe anbetete. ‚Ach, liebes Jesukind‘, seufzte sie, das Köpfchen geneigt und die starren Hände ineinander gelegt, ‚hilf mir doch in meiner Verlassenheit, und nimm mich zu dir, wo meine Mutter ist! Es ist mir so bang, denn ich bin so ganz allein und habe niemand. Du hast ja schon tausend Kinder zu dir genommen; ach, rufe mich auch!‘
Und wie das Kind so da kniete vor der Tür der Kirche in der kalten Weihnachtsnacht, da rief ihm sanft der heilige Schutzengel zu: ‚Lasset die Kleinen zu mir kommen und wehret ihnen nicht, denn ihrer ist das Himmelreich!‘ Dabei schlief das Kind allmählich ein. Der Schlummer aber rief den Todesengel herbei, und er umfaßte schon das Kind mit seinen eisigen Armen. Da kam ein armer Mann und sah das arme Kind. Er rüttelte es und rief es, aber es schlief fest und war starr und kalt. ‚Daß Gott sich deiner erbarme‘, rief der Mann, ‚das Kind ist ja erfroren!‘ Da trat der Eisenbahnbeamte und der Wachmann herzu und rasch wurde ein Wagen herbeigeholt und das Kind in Decken gehüllt. ‚Zum Kloster der barmherzigen Brüder‘, rief der Mann dem Kutscher zu.
Der Wagen rollte hurtig durch die Straßen von Wien. Der Mann läutete an der Pforte und brachte das eingehüllte Kind als wundersame Weihnachtbescherung in das gastliche Haus. Bald lag das Kind in einem weichen und warmen Bett. Es schlief fest und sanft einen tiefen Schlaf, der nicht weit vom Tode entfernt war. Man rieb die erstarrten Glieder, das kleine Wesen regte sich nicht. Die Äuglein blieben geschlossen, nur die Wangen färbten sich mit einem zarten Rot und verhießen das Gelingen der Rettung. Nach einiger Zeit öffneten sich die geschlossenen Äuglein und schauten wie geblendet ringsumher in dem großen und hellerleuchteten Zimmer und blickten erstaunt zu dem Priester und den Brüdern auf. ‚Ich will zu dir, führe auch mich zum Jesukinde!‘ Dieser Ruf drang schneidend durch die Herzen der Umstehenden und trieb allen Tränen in die Augen. Mit Mühe wurde ihm etwas Tee eingegeben: bald schlief es wieder ein. Der Puls wurde schwächer und schwächer; gegen Mitternacht öffnete es nochmals die Augen, rief: ‚Mutter!‘ und ‚Jesukind, zu dir in den Himmel!‘ und hauchte die reine Seele aus, still und sanft. Die Engel kamen und führten es in den Himmel zur Mutter, zu Maria und zum Jesukinde.“
Samstag, 30. Dezember 1905; Nr. 296
„Viel Glück und Segen zum neuen Jahre allen Mitarbeitern, Abonnenten, Lesern und Freunden der ‚Salzburger Chronik‘! Die Redaktion.“
Eine Serie über das Weihnachtslied „Stille Nacht! Heilige Nacht!“ findet sich ebenfalls in dieser Ausgabe. Teil 2 wird in derselben Ausgabe abgedruckt, Teil 3 folgte auf dem Mikrofilm 54 003 I; Film Nr. 53; Jahrgang 42; Nr. 12. 2.1.1906–Nr. 198. 31.8.1906. Wir bringen hier eine Leseprobe und verweisen auf die wissenschaftlich fundierten Darstellungen der letzten Jahrzehnte.
„Wie das Weihnachtslied ‚Stille Nacht, heilige Nacht‘ entstanden!
Hochwürden Herr Franz Gruber, Pfarrchordirektor zu Meran, veröffentlicht im ‚Burggräfler‘ in ausführlicher Weise die Entstehungsgeschichte des Liedes und dessen Schicksale, sowie die Biographien des Komponisten und Dichters. Obwohl wir in unserem Blatte schon wiederholt diesbezügliche Artikel gebracht, so möchten wir, da in den Ausführungen des Enkels des Komponisten dieses weltbekannten Weihnachtsliedes viele neue Punkte enthalten sind, unseren Lesern wenigstens die ersten zwei Abschnitte bieten.
Die Entstehungsgeschichte des Liedes ‚Stille Nacht, heilige Nacht‘.
Einfach und bescheiden, wie das Liedlein selbst, ist die Geschichte seiner Entstehung. Diese zu erzählen, überlasse ich dem seligen Großvater selbst, da eine von seiner Hand geschriebene authentische Erklärung vorliegt.
Es war nämlich von der königlichen Hofkapelle in Berlin an den damaligen Thorinspektor von St. Peter in Salzburg, P. Ambrosius Breunsteiner, eine Anfrage gekommen, ob nicht etwa im Archiv des Stiftes das Original des Weihnachtsliedes ‚Stille Nacht, heilige Nacht‘ von Michael Haydn zu finden wäre. Man hielt also in Berlin dafür, das Lied sei eine Komposition M. Haydns und gab auch in Partitur und Stimmen eine Abschrift der dortigen Singweise bei. P. Ambros. wollte diese Singweise mit dem Original vergleichen. Der hochw. Herr Stiftschordirektor wußte nun jedoch schon von einem alten hochw. Herrn Konventualen aus dem Stifte Michaelbeurn, der Franz Gruber und Josef Mohr sehr gut kannte, daß das Lied nicht von Haydn, sondern von Mohr gedichtet und von Franz Gruber komponiert worden sei.
Mein Vater Felix Gruber war damals gerade, als die Anfrage von Berlin kam, Singknabe in St. Peter. P. Ambros. fragte ihn nun, ob er das Lied ferne kenne und wisse, von wem es sei. Freudig nannte nun Felix Gruber seinen lieben Vater, der ihm und seinen Geschwistern ja so oft schon erzählt habe, wie es bei Entstehung dieses kleinen Liedchens zugegangen. Felix Gruber bemerkte aber auch, daß das Lied in dem Berliner Exemplar nicht ganz so steht, wie es Franz Gruber geschrieben habe. Franz Gruber setzte es nämlich ursprünglich in D-dur mit 6/8-Taktvorzeichnung. In dem von Berlin gesandten Exemplare stand es nun in C-dur mit 8/2=Takt, vierstimmig ohne Begleitung und so wurde es in Berlin vom königl. Domchore gesungen. Herr P. Ambros. forderte nun den damals noch lebenden Vater Felix Grubers, also den Großvater des Schreibers, Franz Gruber, auf, die Entstehung dieses Liedes schriftlich abzugeben und eine Abschrift der Original=Komposition beizulegen. Diese Schriftstücke wurden nun nach Berlin gesendet. Das Konzept zu diesem Schriftstück befindet sich in meinem Besitze und kann von jedermann eingesehen werden. Es lautet: Authentische Veranlassung zur Komposition des Weihnachtsliedes ‚Stille Nacht, heilige Nacht!‘.
Es war am 24. Dezember des Jahres 1818, als der damalige Hilfspriester Herr Josef Mohr dem bei der errichteten Pfarre St. Nikola in Oberndorf dem Organistendienst vertretenden Franz Gruber (damals zugleich auch Schullehrer in Arnsdorf) ein Gedicht überbrachte mit dem Ansuchen, eine hierauf passende Melodie für zwei Solostimmen samt Chor und für eine Guitarre=Begleitung schreiben zu wollen. Letztgenannter überbrachte am nämlichen Abend noch diesem musikkundigen Geistlichen gemäß Verlangen seine einfache Komposition, welche sogleich in der hl. Nacht mit allem Beifall produziert wurde. Herr Josef Mohr, als Verfasser diese Gedichtes und mehrerer geistlicher Lieder, starb am 4. Dezember 1848 als würdiger Vikar zu Wagrain im Pongau. So lauten die authentischen Worte meines seligen Großvaters Franz Gruber, die er mit seiner Unterschrift versah.
An einem und demselben Tage also wurde unser Liedlein gedichtet, komponiert und aufgeführt. Auch über diese Erstaufführung in der nun wegen Baufälligkeit geschlossenen St. Nikolaus=Pfarrkirche in Oberndorf an der Salzach sind uns interessante Einzelheiten erhalten, die ich zu wiederholtenmale aus dem Munde meines Vaters Felix Gruber, wie auch von der letzten Tochter Franz Grubers, Elise Löschinger, gestorben 1902 zu Hallein, erzählen hörte. Die Orgel der Pfarrkirche Oberndorf war sehr schlecht und unbrauchbar. Deshalb wurde das Weihnachtslied zum erstenmale mit Guitarrebegleitung aufgeführt, gewiß ein kirchenmusikalisches Kuriosum. Ja, den guten Bauersleuten war selbst das Instrument (die Guitarre) unbekannt und sie hielten es anfänglich gar für eine ‚Schwaben-Falle‘ zur Verteilung des lästigen Küchenungeziefers. Als aber Herr Mohr zu spielen begann (und er soll es famos gekonnt haben) und dann seine schöne Tenorstimme im Duett mit dem Komponisten (Baß) erklingen ließ, da tat sich zum erstenmale die bezaubernde Wirkung des Liedes kund; die größte Stille herrschte und begeistert hörte die Menge die zarten Melodien, wohl nicht ahnend, daß sie der ‚Premiere‘ eines Weltliedes mit angewohnt hatten.
Als diese Entstehungsgeschichte in den Achtziger= und Neunziger=Jahren bekannt geworden, benützten viele Feuilletonisten, Dichter und Schriftsteller das gegebene Sujet und umwoben die Entstehung des Liedes mit allerlei romanhaften und sentimentalen Motiven. Einige gingen in ihrer dichterischen ‚Freiheit‘ soweit, den Text des Liedes zu mißbrauchen und dem Komponisten bräutliche Liebeständelei als treibende Kraft seiner gelungenen Melodie zu imputieren. Schreiber dieser Zeiten mußte schon einigemale in dieser Hinsicht der Wahrheit Zeugnis geben und der einfache (übrigens damals schon glücklich verheiratet) Komponist würde eine Anwendung des Textes auf andere als Gottesminne sich strengstens verbeten haben. So war denn das Lied entstanden aus verständnisinnigem Zusammenwirken zweier kindlich frommer, biederer Männer. Diesen Gedanken drückt sehr gelungen aus die Inschrift am Schulhause zu Arndorf, der Geburtsstätte des Liedes, indem sie sagt: ‚Stille Nacht, heilige Nacht! / Wer hat dich o Lied gemacht? / Mohr hat mich so schön erdacht / Gruber zu Gehör gebracht / Priester und Lehrer vereint. / Die Schicksale des Liedes. […]“
Mikrofilm 540 003 I, Film Nr. 63 , Jahrgang 45, Nr. 248. 2. 11. 1909–Nr. 297. 31. 12. 1909, Beilage Nr. 1.-52. 1909, Illustriertes Sonntagsblatt (Gratisbeilage der „Salzburger Chronik“); Nr. 1; 1909:
„Neujahr!
Im Himmel sprangen die Tore weit
Mit fühlendem Frohlocken,
Ein Engel schwebt im Flügelkleid
Durch dichte Sternenflocken
Und bringt der Welt die neue Zeit
Beim Klang der Mittnachtglocken.
Ich seh’ ihn einen Goldpokal
Mit seiner Hand umschließen,
Ans welchem Tropfen ohne Zahl
Notfunkelnd niederfließen,
Die weit das dunkle Erdental
Mit Lichtglanz übergießen.
Der Goldpokal ist bis zum Rand
Gefüllt mit Gottes Segen,
Der Blumen streut im Wüstensand
Und Glück auf allen Wegen.
Hat gläubig offen Herz und Hand,
Er kommt auch dir entgegen.“
Dass die „gute Bauernkost” ebenso wie „Großmutters Küche“ als Qualitätsmerkmale vielfach heutige Träume von einer unrealistischen Idylle sind, zeigt neben Kochbüchern und lebensgeschichtlichen Berichten auch das folgende Inserat eines Weihnachtsbackkurses.
Mikrofilm: 540 003 I, Film Nr. 75, Jahrgang 48, Nr. 249. 2. 11. 1912–Nr. 297 31. 12. 1912–1. 1. 1913
Mittwoch, 4. Dezember; Nr. 276
„Anzeige: Weihnachts-Backkurs.
Vom 16. bis 21. Dezember täglich zwischen 3 und 6 Uhr nachmittags. Anmeldungen werden entgegengenommen in der Koch= und Haushaltungsschule, Ernst Thunstr. 10, täglich zwischen 4 und 6 Uhr nachmittags. Zu zahlreichem Besuche ladet höflichst ein
der Salzburger Frauenerwerb-Verein.“
Mikrofilm: 540 003 I, Film Nr. 94, Jahrgang 54, Nr. 148. 1. 7. 1918–Nr. 299. 30. 12. 1918 Mittwoch, 18. Dezember; Nr. 291
Unter der Rubrik „Letzte Telegramme“ findet sich folgender Artikel, der mitten ins Kriegsgeschehen des Ersten Weltkrieges führt:
„Wilsons Weihnachtsaufenthalt in Trier. Genf, 18. Dezember. (Priv.=Tel.) Der Entschluß Wilsons, das Weihnachtsfest bei den amerikanischen Truppen in Trier zuzubringen, hat in einem Teile der französischen Presse unangenehmes Aufsehen erregt. Man fürchtet, daß Wilson, entgegen dem Willen der französischen Machthaber, dort Gelegenheit nehmen werde, mit der deutschen Bevölkerung Fühlung zu nehmen oder gar mit der deutschen Waffenstillstandskommission unter Erzberger in Verbindung zu treten.“
Freitag, 20. Dezember; Nr. 293
„Ein Weihnachtszuschuß für die Staatsangestellten.
Wien, 20. Dezember. Der Staatsangestelltenausschuß hielt gestern eine Beratung ab, in der Unterstaatssekretär Dr. Beck bekanntgab, daß zufolge eines Beschlusses des Kabinettsrates verfügt wurde, daß sämtlichen deutsch-österreichischen Staatsangestellten einschließlich der Arbeiter noch vor Weihnachten ein Zuschuß in der halben Höhe des am 1. Februar ausgezahlten Anschaffungsbeitrages gewährt wird. Sämtliche Kanzleioffizianten, Postoffizianten und Telegraphenadjunkten erhalten eine Teuerungszulage entsprechend ihren Jahresbezügen nach dem für die Staatsbeamten festgesetzten Ausmaß.“
Samstag, 21. Dezember; Nr. 294
In der Rubrik „Aus Salzburg Stadt und Land“: „Das Weihnachtsblasen, veranstaltet vom Vereine Heimatschutz, findet wie alljährlich am hl. Abend um halb 6 Uhr von der Bastion Katze aus, statt.“
Mikrofilm: 540 003 I, Film Nr. 104, Jahrgang 59, Nr. 146. 1. 7. 1923–Nr. 294. 31. 12. 1923, Unterhaltungsbeilage Nr. 1–46 1923
Dienstag, 25. Dezember 1923; Nr. 291
„Weihnacht. Salzburg, 24. Dezember.
Schlicht und lautlos fallen die Flocken zu Boden, eine wunderbare Fülle von kristallenem Geschmeide, das sich achtlos milliardenfach verstreut. Städte träumen unter der schneeigen Last, Dörfer und Häuser schmiegen sich wohlig unter dem winterlichen Flaum, Wälder stehen feierlich in regungsloser Ruhe, jeder Baum ist selig in seinem neuen Kleid, das dürrste Zweiglein hat irgend ein fröhliches Fähnlein aufgesteckt und weithin auf Aeckern und friedlichen Wiesen schichtet sich tief das blendende Weiß. Darunter aber ruht die heilige Erdscholle und deckt mütterlich unzähliges verborgenes Getier, Keimlinge und Samenkörner, und rüstet neue Kräfte künftigem Wachstum, und darüber geht, wenn sie zuweilen sichtbar wird, die Sonne gleich einem Lächeln Gottes und gießt ihre Herrlichkeit über das schimmernde Land, hat sich der Tag müde geglänzt in Schnee und Reif und Silbernebel, dann bricht das leuchtende Gold der Sterne aus allen Poren unsagbar stiller Nächte, wenn nicht vielleicht der Sturmwind, winterlichen Spieles froh, noch ungesättigt von des Tages wilder Luft, in seinem Wirbel jedes Leuchten löscht.
Das ist die Weihnacht der Natur. So schön sie ist, so lebt sie doch nur von der Gunst des Zufalls. Ein Luftstrom aus dem Süden vernichtet das strahlende Wunder oft genug an einem Tag, ganz so wie die einzelne Flocke, das zierliche Gebilde, jäh zerschmilzt unter der Blutwärme der Menschenhand.
Unantastbar aber der Gewalten der Natur, unbekümmert um Eis und Schnee, um Föhn und Sturm, blüht ein anderes Weihnachtsfest, die Familienweihnacht, die wie kein anderer Tag Mann und Weib, Eltern und Kind, Herrn und Gesinde, den, der Arbeit lohnt, und den, der Arbeit gibt, in geheiligter Traulichkeit zusammenführt. Sei die Erde weiß oder grün, der Himmel grau oder blau, klirre Frost oder schmeichle schon verfrühte Frühlingsluft, in jenem Heiligtum, das wir das Heim der Familie nennen, wo Wärme strahlt und Herz zu Herz, von Aug’ zu Aug’, von Hand zu Hand, Wärme, ohne die kein Mensch zu gedeihen vermag, dort wird die Weihnacht zum großen Fest der Liebe, das wie eine gütige Flamme so manchen Sorgentag im langen Jahr verklärt. Und wäre es wirklich nur dieses eine Mal die Zeit hindurch: der Mensch besinnt sich, wessen er sich besinnen soll, er vergißt, was er vergessen soll, wird gütig, mild und gebefreudig, weich, zärtlich und behutsam, achtsam, reuevoll und verzeihend, er sieht wieder einmal den treuen Glanz im Auge gegenüber, sieht vielleicht so manche Tränenspur, so manche Kummerfalte, an der er nicht ganz schuldlos ist, küßt dankbar die Hand, die sich für ihn geregt in Mühe und Arbeit, er ahnt das Herrliche, das immerzu ihm entgegenhorcht im verbündeten Herzen die Liebe, die wie ein Leuchtfeuer seinen Weg bestrahlt. Sinnige Gebräuche, mit verstohlener Zärtlichkeit gehegt, umstehen schirmend das trauliche Geschehnis und werden uns, denen sie schon die Kindheitstage umgoldeten, liebenswerter mit jedem Jahr.
Wärme strömt durch das Gemach, die Lichter brennen am Christbaum, der verschwenderisch seinen Harzduft durch das Zimmer sendet, Kinder jubeln und mit selig verschlungenen Händen stehen Mann und Frau. Das Fädengewirr zwischen den dunklen, grünen Aesten kann niemals so herrlich glitzern, wie, sähe man Unsichtbares in sinnfälliger Gestaltung, die goldenen Fäden glitzern müßten, die in so schönen Stunden sich vom Herz zum Herz schlingen. Stille Nacht!
Zur winterlichen Herrlichkeit der Natur, zum trauten Familienglück gesellt sich aber an diesem Tage ein Drittes, der Glaube, der in wunderbarster Ergänzung über alles, was er berührt und mit segnenden Händen erfaßt, eine Wolke heiliger Verklärung breitet: Stille Nacht, heilige Nacht. Urplötzlich reißt es den Menschen empor aus allem Harm der Welt, aus ihrer Enge und Bedrücktheit, empor in kosmische Welten, immer steiler schwirrt der Flug der Gedanken bis zur blauen Unendlichkeit, bis er selbst diese noch durchstößt, die letzte Schale, des armseligen Erdenmenschen Weihnachtsgedanke steht; erzitternd vom ungeheuren Lauf, vor Gott: ‚Auf vielgestaltige Art und Weise sprach Gott einst zu den Vätern durch die Propheten; zuletzt aber, in diesen Tagen, sprach er zu uns durch seinen Sohn.‘ Der selige Festesjubel taucht ein in ein noch seligeres Mysterium, in die geheimnisvolle Tiefe des Glaubens, nur daß diesmal sein Erschauern dieses Untertauchen in die Abgründe der Gottheit begleitet, denn ‚ein Kind ist uns geboren, ein Sohn uns geschenkt!‘
Wer der leuchtenden Spur des Christentums nachgeht und sie mit heilsbegierigem Herzen verfolgt, der trifft an ihrem Anbeginn auf Jesus Christus.
Der Gebildete greift dann wohl in so heiliger Weihnachtsstunde zum alten hellenischen Buch der Evangelien und liest; und aus den Zeichen dieser treubewahrten Worte klingt es ihm entgegen wie das ferne Brausen uralter Kulturen, wie ein verwehter Schrei von Völkern von einst, die näher als wir der Wiege der Menschheit standen, unendliche Zusammenhänge aus Geschichte und Kultur werden ihm lebendig, aus Lust und Leid vergangener Jahrtausende hört er es rauschen wie Sehnsucht, die einem fernen Erlöser entgegenweint, und plötzlich sieht er es aufschießen wie eine helle Garbe aus der Fülle der Zeiten, das Licht von Bethlehem, und überwältigt von der göttlichen Unruhe dieser Gedanken, die auf ihn einstürmen wie Heeresläuten, kniet er nieder an der Krippe, die ihm in ihrer rührenden einfachen Bildhaftigkeit den heiligen Sturm der Gedanken glättet – und dasselbe tut, schlicht, aber nicht weniger glücklich im engeren Umkreis gläubiger Erwägung, der Mann aus dem Volke und beide beten und bekennen vereint: Christ ist geboren, geborgen die Welt. Ueber der Torschwelle gläubiger Weihnacht steht eines der süßesten Worte, die die Sprache kennt: Friede.
Nichts ist gebrechlicher, nichts stärker als er. Er befruchtet den Schoß der Familie, er hegt die Liebe, pflanzt Generationen und Geschlechter, gründet und erhält Staaten und Reiche. Aber nur, wenn behutsame Hände ihn tragen, auf denen irgend ein Abglanz göttlichen Segens liegt, kann er gedeihen.
Wir heben die Augen empor und lesen es, das herrliche Wort, hinausleuchtend in alle Welt, hingeschrieben in goldflammenden Lettern von jener göttlichen Kinderhand, die sich uns entgegenstreckt von der Krippe aus, das herrliche Wort, nach dessen Erfüllung wir alle dürsten: Friede den Menschen auf Erden!“
Mikrofilm 540 003 I, Film Nr. 110, Jahrgang 61, Nr. 222. 1. 10. 1925–Nr. 296. 31. 12. 1925, Unterhaltungsbeilage 1–51 1925
Donnerstag, 24. Dezember 1925; Nr. 292
„Weihnachten der Kriegsopfer von Nationalrat Dr. Dregel.
Seit 1914 halte ich meine Weihnachtsfeier unter den Kriegsopfern. Sie unterscheiden sich von allen anderen. Während bei der Weihnachtsfeier in der Familie eine stille, ungetrübte Freude bei Groß und Klein herrscht, und insbesonders darauf geachtet wird, daß unter dem Christbaum alle Familienmitglieder, auch solche, die sonst weit in der Ferne leben, sich zusammenfinden, ist bei der Weihnachtsfeier der Kriegsopfer so manches Auge feucht. Drüben in Sibirien da fehlten Frau und Kinder und heute fehlt der Vater, der im Felde gefallen. Aber noch ein drückender Gedanke mag gerade um Weihnachten herum sich einstellen beim Schwerinvaliden, der durch eine schwere Verletzung für alle Zeit gehemmt ist in seiner vollen Arbeitsleistung und der mit einer kleinen Rente und einem kleinen Verdienste kaum Frau und Kinder erhalten kann und der in der Armut dieser Weihnachtsfeier gerade besonders sich bewußt wird, wie anders er seiner Familie eine Freude bereiten könnte, wenn er gesund, seine geraden Glieder hätte.
Bei den Weihnachtsfeiern unserer Kriegsopfer, da erkennt man heute noch scharf und deutlich die Folgen des Krieges: Herzleid, Armut und Elend und das drückende Bewußtsein aller Mitfühlenden, daß man hier niemals gut machen, sondern nur lindern kann.
Sowie aber die Weihnachtsfeier in der Gefangenschaft etwas ganz eigenartig Erhebendes hatte, ja daß wir sie heute noch nicht vergessen haben und gerne seine Stimmung im Geiste zurückrufen, so haben auch die Weihnachtsfeiern der Kriegswitwen und Waisen und der Invaliden etwas Eigenartiges. Die toten Väter sind unsichtbar in diesem Kreise, es sind ja Gläubige beisammen, die mit ihren toten Angehörigen sprechen können. Seitdem der Krieg vorbei ist, wurden viele Organisationen gegründet; manche von diesen nicht aus reiner Absicht und manche sind eben deshalb wieder zugrundegegangen. Neben einigen kleineren sind heute zwei große Organisationen, der Reichsbund der Kriegsopfer und der Zentralverband der Kriegsbeschädigten.
Der Reichsbund der Kriegsopfer ist unsere Organisation. Im letzten Jahre hat er einen ungeahnten Aufschwung genommen und man kann von ihm sagen, es ist sehr viel Arbeit im Weinberge, aber zu wenig Arbeiter. Es wäre daher ein herrlicher Weihnachtsentschluß unserer Kriegsinvaliden und der Kriegswitwen, wenn jetzt überall herum vorerst einzelne sich entschließen würden, für ihre Kameraden und Leidensgenossen sich einzusetzen, für sie ein paar Stunden im Monat und ein paar Gänge zu opfern und mitzuarbeiten an dem großen Werke, unseren Kriegsopfern möglichst zu helfen. Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen braucht der Reichsbund und so wäre ihm schon sehr viel geholfen, wenn überall sich eines der Kriegsopfer in den Dienst der Sache stellen würde und an die Zentrale des Reichsbundes der Kriegsopfer in Wien eine Karte schreiben würde: Ich bin bereit, in der Organisation unserer Kriegsopfer mitzuarbeiten.
Wenn alle möglichst mittun würden, dann würden wir bald den Vorteil einer starken Organisation merken; wir könnten auch viel mehr denjenigen, die besonders in Not sind, zuhilfe kommen; wir könnten deutlicher der ganzen Oeffentlichkeit gegenüber unsere Lage vertreten, und wir könnten insbesonders auch verhindern, das, was innerhalb anderer Invalidenorganisationen gefehlt wird. Der Reichsbund seht in einem aufgezwungenen scharfen Gegensatze zum Zentralverband und wir werden nicht ruhen, bis auch wir unser Recht haben. Der Zentralverband rückt immer mehr und mehr in das sozialdemokratische Lager ab und wie es wäre, wenn sie eine Alleinherrschaft hätten, davon kann man sich eine Vorstellung machen, wenn man von ganz schwer leidenden Invaliden, die im Rainer Spital in Wien Heilung suchten, sich erzählen läßt, wie unduldsam und ganz verhetzt dort, wo der Zentralverband hemmungslos sich ausleben kann, die Stimmung ist und wie religiöse Gefühle anderer verspottet werden. Allen Kriegsopfern segensvolle Weihnachten und ein glückliches Neues Jahr! Wenn wir zusammenhalten, können wir selbst stark Einfluß nehmen darauf, wie es uns gehen wird, und ganz im Sinne des Weihnachtsfestes wäre es, wenn viele Kriegsopfer ihren Beitritt zu unserem Reichsbunde melden würden.“
[346] Diese Recherche zählt nicht zu den studentischen Arbeiten, sie wurde als Vorerhebung für das gesamte Projekt „Bräuche im Salzburger Land“ von Frau Mag. Kerstin Klinger [d. i. Klostermann] im Rahmen eines Werkvertrages mit dem Salzburger Landesinstitut für Volkskunde (SLIVK) durchgeführt und ist dort in einem umfangreichen Akt dokumentiert.