Es begann Mitte der dreißiger Jahre in Graz, wo der Gründer dieses Unternehmens, Hans Freiherr von Jordis, mit großer Freude und Begeisterung alte Handdruckmodel zu sammeln anfing. Diese Idee, die althergebrachten Muster wieder auf ganz unterschiedlichen Stoffen für vielfältige Verwendungen auf den Markt zu bringen, brachte diesem Unternehmen einen stets steigenden Erfolg und ist heute im deutschsprachigen Alpenraum und darüber hinaus zu einem Begriff geworden. Die maßgeblichen Anregungen dafür hat der Gründer, der im Ersten Weltkrieg als Seeoffizier seinem Vaterland, der österreichisch-ungarischen Monarchie diente, und seit dem Zusammenbruch im Jahre 1918 „der Fisch am Trockenen“ war, von dem großen steirischen Volkskundler Prof. Viktor von Geramb Anfang der dreißiger Jahre bekommen. Er bot meinem Vater im Jahre 1934 die Leitung des von ihm gegründeten ersten Heimatwerkes in Österreich im steirischen Volkskundemuseum in Graz an. Er lehnte jedoch dankend ab, obwohl ihn diese Aufgabe ungemein interessiert hätte.
Als Hans Jordis einmal bei Freunden im Schloss Wald in Niederösterreich einen handbeduckten Leinenstoff sah, wurde er „vom Bazillus des Handdruck-Models infiziert“, wie er stets zu sagen pflegte, hat er doch bereits ein paar dieser Handdruckmodel anlässlich vieler Begegnungen mit Professor Geramb in Händen halten dürfen. Geramb war es auch, der damals vielen interessierten Menschen, die an die Zukunft Österreichs geglaubt haben, den übergroßen Wert der heimischen Volkskultur überzeugend näher gebracht hat. Er gilt heute in Österreich als „Vater der Volkskultur“. Hat doch in dieser Zeit eine große Resignation besonders in der Wirtschaft stattgefunden. Viele Werte sind von neuen Ideologien verdrängt worden oder wurden von diesen anders interpretiert.
Und mein Vater ging in dieser Zeit im ganzen Alpengebiet auf die Suche nach diesen vergessenen Werkzeugen. Er reiste damals als Vertreter einer bedeutenden Schirmerzeugung von Graz aus durch die Lande und stöberte auf vielen Dachböden und Kellerräumen nach diesen Schätzen. Er erwarb nur die Model, die ihm persönlich gefielen und musste zu seiner großen Enttäuschung oft und oft erfahren, dass viele dieser Model von deren Besitzern in den letzten Jahren weggeworfen wurden. So begegnete er zum Beispiel im Mühlviertel einer alten Bürgersfrau, von der er erfahren hat, dass sie noch einige Handdruckmodel hätte. Sie sagte ihm: „Jetzt kommen Sie daher! Vierzig Jahre haben wir die alten Modeln aufgehoben, kein Mensch hat sie mehr brauchen können. Letzten Winter haben wir sie alle verheizt!“ Man muss die Menschen verstehen, die sicher nicht böswillig diese Holzmodel verbrannt haben; aber wie geht es uns, wenn wir ein Werkzeug über vier Jahrzehnte nicht mehr brauchen und verwenden, dann entsorgen wir dieses wahrscheinlich schon viel früher! Und doch konnte in den folgenden Jahren eine beträchtliche Anzahl dieser handwerklichen Schätze gesammelt werden. Es war die Idee des Gründers und ist es die gleiche bei seinem Sohn, der in diesem Unternehmen bereits sein vierzigstes Lehrjahr beginnen konnte, „immer wieder die althergebrachten Muster neuen Verwendungen zuzuführen.“ Oder wie es aus dem Volksmund heißt und als ideologischer Leitsatz dem Unternehmen voransteht:
„Laßt uns am guten Alten
uns die Treue halten,
aber auf dem alten Grund
Neues wirken jede Stund’.
am kräftigen Neuen
uns laben und freuen!“
Es ist heute ein schier unerschöpfliches Reservoire an Mustervorlagen, die diesem Unternehmen zur Verfügung stehen und es werden nach wie vor ausschließlich diese traditionellen und klassisch zeitlosen Muster aus unserer Alpenregion als Vorlage für die vielfältigen Kollektionen verwendet. Hans Jordis gründete zusammen mit Alois Rumpf in Graz die „Steirische Zeugdruckerei“ und zeichnete als begeisterter Jäger für die Schutzmarke einen springenden Hirschen über sein Familienwappen. Die erste Ausstellung der exklusiven Produkte fand im Dezember 1937 im Keplerhaus in der Stempfergasse zu Graz statt.
Der Zweite Weltkrieg machte jedoch alles wieder zunichte. Viereinhalb Jahre diente Hans Jordis in der Deutschen Kriegsmarine als Korvettenkapitän. Nach dem Zusammenbruch ging er aber mit ungebrochenem Mut sofort wieder daran, sein Unternehmen neu aufzubauen, nachdem sich die Wege mit Alois Rumpf trennten und Hans Jordis in Oberösterreich, in Steinhaus bei Wels, seine neue Heimat fand. Er zeichnete drei Blüten, die wiederum neu aus dem Wappen sprießen, die heutige Schutzmarke des Familienunternehmens, und gründete 1947 zusammen mit Rüdiger Vonwiller seine neue Firma „Mühlviertler Handdrucke und Webwaren“. (Rüdiger Vonwiller schied bereits nach wenigen Jahren wieder aus dem Unternehmen aus.) Nach der Übersiedlung im Dezember 1956 nach Salzburg, dem heutigen Firmensitz, ist der Firmenname 1957 in „Salzburger Handdrucke“ geändert worden.
Nun, nach über 50 Jahren, hat dieses Unternehmen einen beachtlichen Umfang angenommen und besitzt einen Ruf, der weit über die Grenzen des Landes gedrungen ist. Dies ist vor allem dem zähen, unbeirrbaren Festhalten an dem Vorhaben zuzuschreiben, ausschließlich nur die schönen, alten Muster zu drucken, deren unvergleichliche Harmonie alle anspricht, die den Sinn für bodenständige Wohnlichkeit besitzen und Freude an heimatlicher Tracht haben. Einer der allerersten großen Aufträge für dieses, damals im Aufbau befindliche Unternehmen war die Ausstattung des für Salzburg so bedeutenden Hauses, des Hotels und Restaurants „Goldener Hirsch“. Die damalige Eigentümerin Gräfin Harriet Walderdorff ist wohl die Pionierin für ganz Österreich, der es nach harten Rückschlägen gelungen ist, das traditionell Bodenständige für die Gastronomie als die führende, exklusive Art im aufkommenden Tourismus der Nachkriegszeit zu erlangen. Nach wie vor dürfen wir uns zu den Lieferanten dieses Hauses zählen, das auch schon sein 50-Jahr-Jubiläum feiern konnte.
Bis Mitte der sechziger Jahre dieses Jahrhunderts wurde noch viel mit Handdruckmodeln gedruckt. Heute aber würden weder die Menge noch die Qualität des Modelhanddruckes den immer höher werdenden Anforderungen entsprechen. Der Firmenname deutet seit jeher auf die Wurzeln der alten, bodenständigen Muster hin. In zahlreichen Webereien wird die Rohware vom Batist bis zum schweren Leinen gewebt und in verschiedenen Druckereien exklusiv gedruckt, denn kaum eine einzige Weberei oder Druckerei ist für die Herstellung der unterschiedlichsten Druckverfahren eingerichtet, wie sie für das reichhaltige Sortiment vonnöten ist. Die technische Entwicklung ging ihren Weg, und so sehr man den alten Handwerksmethoden nachweinen könnte, mit den heute geschaffenen Technologien ist man in der Lage, Dinge zu verwirklichen, die seinerzeit nicht einmal Träume gewesen wären.
Der beachtliche Erfolg, auf den zurückgeblickt werden kann, wäre nicht möglich gewesen ohne die rastlose Mithilfe der bewährten, langjährigen Mitarbeiter, einem richtigen Team, das vom gleichen Geiste und Idealismus beseelt ist. Die Leitung dieses Unternehmens liegt nun seit über 30 Jahren in den Händen von Andreas Jordis, dem ältesten Sohn des Gründers Hans Jordis. Und die dritte Generation zeigt bereits großes Interesse in diesem Unternehmen mitarbeiten zu können.
Mit den Heimatwerken fühlt sich das Haus Jordis seit Anbeginn verbunden. Mit Stolz kann mittlerweile auf eine bereits jahrzehntelange und verständnisvolle Zusammenarbeit zurückgeblickt werden. Auch für die Zukunft sieht das Unternehmen seine Aufgabe darin, schöpferisch tätig zu sein. Es wird immer das Ziel bleiben, die schönen alten Dessins neuen Verwendungen zuzuführen und damit gleichzeitig einen kulturellen Beitrag für das Bodenständige im vielfältigen Europa der Regionen zu leisten. Großes Augenmerk muss den immer wachsenden Anforderungen an Material und Farbechtheit gewidmet werden. Die Erfahrung hat gelehrt, dass das Festhalten an dem Vorsatz, etwas Besonders zu erzeugen, auch in schwierigen Zeiten Erfolg gewährleistet.
Seinerzeit gab es einen eigenen Beruf, den Modelstecher. Ein Beruf, der im 20. Jahrhundert wohl auszusterben droht. So ein Modelstecher, der sich damals in Ruhe hinsetzte und ein Muster entwarf, war nicht getrieben wie die Menschen von heute. In mühsamer Handarbeit, ohne Besitz von maschinellem Arbeitszeug und modernen Messgeräten, fertigte er jeden einzelnen Model an. Mit dem besten Maß, das uns Menschen vom Schöpfer gegeben ist, nämlich dem Augenmaß, konnten diese Handwerker noch richtig umgehen. Seit mehr als 300 Jahren wurden diese Model aus hartem und sehr widerstandsfähigem Holz, meist Birnen-, Nuss- oder auch Buchsbaumholz geschnitzt, und später setzte man dann auch Messingstifte und Messingplättchen in dieses Holz, um auf diese Art auch ganz zarte Muster drucken zu können. Betrachtet man diese Model näher, so steht man heute bei jedem einzelnen von ihnen vor einem großen Kunstwerk. Besonders wenn es sich um mehrfärbige Muster handelte, bei denen für jede Farbe, die zu drucken war, ein eigener Model herzustellen war, musste mit allergrößter Genauigkeit gearbeitet werden, sodass die einzelnen Model genau musterpassend in den unterschiedlichen Farben übereinander gedruckt werden konnten.
Ein Modelstecher von damals ging auf die „Stör“, von einem Färber und Auftraggeber zum anderen und kam in seinem Leben für die damaligen Verkehrsmöglichkeiten oft sehr weit herum. So ist es auch zu erklären, dass ein und dasselbe Muster in oft weit voneinander entfernt liegenden Orten gefunden wurde. Heute haben wir weltweit einen ganz anderen Informationsfluss, und da kann es schon vorkommen, dass ein soeben in Europa erdachtes Dessin noch in der gleichen Stunde in Asien in Produktion gehen kann. Der Modelstecher nahm sich früher viel Zeit und ersann Muster, die eine Harmonie ausstrahlten, deren Zauber sich niemand entziehen kann. Solche Dessins sind eben zeitlos und werden immer wieder gesucht. In der heutigen Zeit gibt es viele Ateliers, deren Designer am Computer immer neue Muster entwerfen müssen. Im Gegensatz zu früher stehen diese Menschen ständig unter Zeitdruck, denn ihre Auftraggeber verlangen in immer rascherer Folge neue Dessins, die dadurch auch leider immer kurzlebiger werden. In unserem Unternehmen werden ausschließlich die althergebrachten Motive verwendet, wobei es immer wieder zu neuen Musterkombinationen kommt, die jedoch die Tradition niemals verleugnen werden. Den Gründer dieser Firma hat wohl diese grenzenlose Harmonie jedes einzelnen Musters fasziniert, dass er diese wieder neu den verschiedensten Verwendungen zuführte.
Es ist wohl ein starker Ausdruck unserer Kultur, in der wir leben und die wir leben, und es spricht für die absolute Zeitlosigkeit der Muster, wenn man die hier entstandene Vielfalt in den Druckformen, die in früheren Jahrhunderten bereits Verwendung gefunden haben, auch in der heutigen Zeit erfolgreich verbreiten kann. Diese einmaligen und traditionsreichen Muster spiegeln so den Geschmack und den Charakter des hier lebenden Menschen wider. Kultur ist eben etwas, das unser tägliches Leben nicht nur schöner und geschmackvoller, sondern auch inhaltsreicher und wertvoller macht. Wer will denn heute nicht in Harmonie und Frieden leben? Auch medizinische Wissenschaftler haben schon längst herausgefunden, dass der Mensch zufriedener und somit auch gesünder lebt, wenn er sich mit Dingen umgibt, die seinem persönlichen Geschmack entsprechen. Diese Muster sind vor einhundert, zweihundert oder dreihundert Jahren in Ruhe und Besonnenheit von Menschen geschaffen worden, die in ihrer inneren Zufriedenheit einen unglaublichen Sinn für das Schöne und Ausgeglichene gehabt haben. Nur wenigen Menschen ist es in der heute so rastlosen Zeit vergönnt, in dieser inneren Zufriedenheit zu leben.
Mitglieder adeliger Gesellschaften oder des bodenständigen Großbürgertums waren es und ziehen heute auch viele Menschen aus anderen Gesellschaftsschichten ganz bewusst in ihre adelige Gesinnung mit ein. Diese Leute tragen heute nicht nur zu festlichen Anlässen Tracht, sondern haben ihr Zuhause mit bodenständigen Möbeln und nicht nur zum Beispiel internationaler, modernster textiler Raumgestaltung, sondern ebenfalls mit heimischen Produkten ausgestattet und fühlen sich darinnen sehr wohl.
Es sind dies heute die Menschen, die für diese bodenständige Geschmacksrichtung die Vorbilder sind. Auch in früheren Zeiten waren es die gleichen Leute, die maßgeblich unsere Kultur beeinflussten. Bekanntlich werden heute von traditionsbewussten Konfektionsindustrien oder Einrichtungsherstellern immer wieder Vorbilder in der Volkskultur, Gesellschaft oder Kunst herangezogen, mit denen sich diese heimischen Produzenten identifizieren und ihre Produkte sehr erfolgreich nach diesen Vorbildern vermarkten; denke man nur an die Namen Habsburg oder Konrad Mautner.
Die Lebensart der heutigen Generationen verglichen mit jener der Vorväter hat sich ganz bedeutend geändert. Das Einkaufsverhalten zum Beispiel, das heute zu einem „Erlebnis“ werden muss! Oder wenn man glaubt, unbedingt nur einen richtigen Erholungswert einzukaufen, wenn man seinen Urlaub in heißen Gefilden mit allerlei Aktivitäten „genießen muss“. Richard Tauber, der seinerzeit im Sommer gerne im Salzkammergut weilte, sagte schon: „Ein Regentag hier bei uns gibt mir wesentlich mehr Erholungswert als 10 Tage Sonnenschein an der Riviera!“
Ist es nicht auch ein Zeichen der Zeit, wenn man zum Beispiel zum bevorstehenden Jahrhundert- und Jahrtausendwechsel keine Hütte mehr in den Bergen bekommt, denn jede ist bereits ausgebucht, da so viele Menschen dieses Ereignis draußen unter freiem Himmel verbringen wollen und nicht in einem lauten Kellerlokal? Der Mensch von heute hat die Möglichkeit, sehr viel mehr naturverbundener zu leben. Es ist ihm vergönnt, unsere herrliche Welt „hautnah“ zu erleben, aber er muss wieder vieles neu lernen, was in Vergessenheit geraten ist.