Klicken Sie bitte HIER, um zur Langtext-Version dieses Beitrags zu gelangen.
Beim Kartenspielen handelt es sich um ein Kunstwerk der Aktionskunst mit mehr oder minder festgelegtem Handlungsrahmen (Spielregeln). Zufall und persönliches Geschick bestimmen, wie die einzelnen „Akteure“ (Spieler) ihre Rolle konkret ausfüllen, sodass jeder jede Rolle immer wieder in unterschiedlichen Varianten zu spielen hat – die Schauspielkunst steht dabei hoch im Kurs.
Die eigentlich bestimmenden Elemente des Kartenspielens, die die Verteilung und Gestaltung der einzelnen Rollen vorgeben und auch die Zahl und Ausstattung der Spielkarten bestimmen, sind die Spielregeln. David Parlett hat 1990 den Versuch unternommen, global die verschiedenen Typen von Kartenspielen historisch und systematisch zu reihen. John McLeod hat nach dessen Vorgaben die reichhaltigste Sammlung an Kartenspielen auf der Webseite www.pagat.com zusammengetragen.
In Österreich ist das Bundesland Tirol relativ gut erforscht. Auch für das Land Salzburg gibt es Fachliteratur über die regionalen Spielkarten. Der Zweck des Beitrags von Remigius Geiser („Mehr zum Thema“) ist es, eine systematische Übersicht über die Kartenspiele und ihre Regeln, die im Land Salzburg heute noch üblich sind, aufzustellen sowie einen Vergleich mit den anderen österreichischen Bundesländern anzustellen.
Die gesellschaftliche Einbindung des Kartenspielens stellt sich im Bundesland Salzburg kaum anders dar als in den übrigen Gebieten Österreichs oder auch Mitteleuropas. Es sind alle sozialen Schichten, alle Altersklassen und beide Geschlechter beteiligt, wobei die Spielleidenschaft eher individuell ausgeprägt ist und keiner besonderen sozialen Gruppe zugeordnet werden kann.
Neben den privat organisierten Spielrunden finden auch regelmäßig öffentliche Turniere statt. Erfreulich ist dabei, dass auch das Tarock-Spiel turnierfähig wurde und dass auch im Salzburgischen mittlerweile Tarock-Preisveranstaltungen stattfinden. Besonderer Erwähnung bedarf das Bridge-Spiel, das clubmäßig organisiert regelmäßig in eigens dafür vorbereiteten Räumlichkeiten auf zahlreichen Tischen durchgeführt wird. Und natürlich gibt es auch die echten (teils professionellen, teils pathologischen) „Zocker“, die in Salzburg immer wieder ihre „heimlichen“ Spielstätten finden. In den letzten zehn Jahren sind besonders die amerikanischen Poker-Casinos oder die so genannten „Wettbüros“ in Mode gekommen.
Das Kartenspiel hat gegenüber den neu aufgekommenen Möglichkeiten der Unterhaltungselektronik immer noch sehr „gute Karten“ – ein hoher Grad an seelischem Austausch, an menschlicher Geselligkeit und Gemütlichkeit ist für viele leidenschaftliche Spieler unentbehrlich.
Über die Spielkartenfabrikation in Salzburg und über die Entwicklung der klassischen Salzburger (Karten-)Bilder von 1570 bis heute liegt zum Glück ausführliche Literatur vor. Die Bevölkerung des Landes Salzburg hat jedoch ihre eigenen, landestypischen, einfachdeutschen Salzburger Spielkarten längst weggelegt zugunsten der doppeldeutschen, „schweizerdeutschen“ Tell-Karten aus Ostösterreich bzw. Ungarn.
Die eigentliche Hochburg der einfachdeutschen Salzburger Spielkarten ist heute Südtirol, die italienische Provinz Bozen/Südtirol, von wo ihre Verwendung auch noch weit ins Trentino hinausstrahlt.
Paradoxerweise werden die Salzburger Spielkarten heute innerhalb Österreichs nur noch von einem einzigen Produzenten hergestellt und der ist nicht in Salzburg, sondern in Wien (Piatnik) – mit drei verschiedenen Rückseiten (Nr. 1831, 1832 und 1837). In Italien gibt es jedoch fünf Produzenten, die heute noch „Salzburger“ herstellen. Interessanterweise umfassen alle italienischen Ausgaben nicht nur 36, sondern 40 Blatt, indem die Fünfer hinzutreten. Piatnik ist heute tatsächlich der einzige Produzent, der seine einfachdeutschen Salzburger noch ohne Fünfer ausgibt, denn auch die deutsche Spielkartenfabrik ASS („Altenburg-Stralsunder Spielkartenfabrik“) produziert ihre „Salzburger“ (Nr. 7339/8) mit den Fünfern.
Die Darstellung der im Bundesland Salzburg üblichen Kartenspiele bildet den Hauptteil der Abhandlung unter „Mehr zum Thema“. Die mit Abstand reichhaltigste Quelle für die österreichischen Kartenspiele, ihre Namen und ihre örtliche Verbreitung liefert die Umfrage, die 1972/73 im Rahmen der Erstellung des „Österreichischen Volkskundeatlasses“ durchgeführt wurde. Leider werden in dieser Umfrage nur die Namen der Kartenspiele angeführt. Welches Spiel sich hinter dem jeweiligen Namen verbirgt, ist oftmals erst durch aufwändige Recherchen unter ortsansässigen Kartenspielern der älteren Generation zu ermitteln, was in manchen Fällen nicht mehr möglich ist (Forschungsdefizit).
Die einzelnen Kartenspiele des Landes Salzburg werden in diesem Text nach der Systematik aufgereiht, die der international führende Experte John McLeod entwickelt hat und die auf seiner konkurrenzlosen Website als „Index of Card Games by Type“ abrufbar ist.
Folgende Spiele in ihren Varianten werden behandelt: „Stichspiele ohne Trümpfe“, „Endstich-Spiele“, „Karnöffel-Spiele“, „Rams-Spiele“, „Hombre-Spiele“, „Boston-Spiele“, „Tarock-Spiele“, „Trappola-Spiele“, „Alle-Vier-Spiele“, „Ass-Zehn-Spiele“, „Mariage-Spiele“, „Schafkopf-Spiele“, „Jass-Spiele“, „Tressette-Spiele“, „Negativ-Spiele“, „Schlag-Spiele“, „Halt-Spiele“, „Mau-Mau-Spiele“, „Kartendomino-Spiele“, „Krieg-Spiele“, „Einfache Rummy-Spiele“, „Canasta-Spiele“, „Handel-Spiele“, „Kuckuck-Spiele“, „Quartett-Spiele“, „Zupf-Spiele“, „Steigerungs-Spiele“, „Bankhalter-Spiele“, „Patience-Spiele“.
[467] Kurztextseite von Ilona Holzbauer. Für Spiel- und Tanzverbote im Erzbistum Salzburg (17. und 18. Jahrhundert) siehe den gleich lautenden Beitrag der beiden Historikerinnen Gerda Dohle und Andrea Weiß in: Vom Frühling bis zum Herbst (= Bräuche im Salzburger Land. Zeitgeist – Lebenskonzepte – Rituale – Trends – Alternativen. CD-ROM 2) Hrsg. v. Lucia Luidold und Ulrike Kammerhofer-Aggermann, Redaktion: Melanie Lanterdinger. (= Salzburger Beiträge zur Volkskunde 14) Salzburg 2003.