Riesige Supermärkte mit einer schier unüberschaubaren Vielfalt an Produkten prägen den Lebensmitteleinkauf vieler KonsumentInnen am Beginn des 21. Jahrhunderts. Gleichzeitig findet man vereinzelt noch kleine Greißlereien und Lebensmittelfachgeschäfte – auch in der Stadt Salzburg. Werfen wir einen Blick zurück! Wo kaufte man vor etwa 100 Jahren ein, welches Angebot an Waren gab es, und wie war der Lebensmittelhandel organisiert? Neben einer Einführung in die Situation der Nahrungsmittelversorgung im 19. Jahrhundert will dieser Beitrag Antworten auf diese Fragen bezogen auf die Stadt Salzburg geben.
Das Nahrungsmittelangebot wurde im 19. Jahrhundert zunehmend besser. Dafür waren einerseits Produktionssteigerungen und Reformen in Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie und andererseits die „Transportrevolution“ (Hochseeflotte, Eisenbahn), die den zunehmenden Import von Produkten aus osteuropäischen Agrarstaaten und überseeischen Gebieten ermöglichte, maßgeblich.[1013]
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war eine extreme Steigerung des Pro-Kopf-Verzehrs aller wichtigen Grundnahrungsmittel erreicht worden. Die Qualität der Lebensmittel verbesserte sich und ihre Preise sanken.[1014] Es kam in dieser Phase der Ernährungsgeschichte zu einer Verschiebung in der Zusammensetzung der Nahrung. Während vorher Hülsenfrüchte, Getreide und Kartoffeln bedeutende Komponenten der Ernährung gewesen waren, nahm nun der Konsum von Obst, Gemüse, Fleisch, Eiern, Fetten und Zucker zu. Der ärmere Teil der Bevölkerung musste sich jedoch oftmals mit „Surrogaten luxuriöser Nahrungs- und Genußmittel“ zufrieden geben.[1015] Zucker wurde nach dem Beginn der Rübenzuckerverarbeitung zunehmend billiger und zu einem bedeutenden Nahrungsbestandteil. Die Zunahme des Milchkonsums in den größeren Städten wurde durch die verbesserten Transportbedingungen des Eisenbahnverkehrs ermöglicht. Beim Getreide gewann im 19. Jahrhundert das Weizenmehl an Bedeutung, während andere Getreidesorten wie Roggen, Hafer und Gerste immer weniger zum Brotbacken verwendet wurden. Der Fleischverbrauch, vor allem von Schweinefleisch, nahm im 19. Jahrhundert zu. Betrachtet man den Konsum von Obst und Gemüse in diesem Zeitraum, so kann man feststellen, dass „frische und auch ausländische Gemüsearten“ an Bedeutung gewannen, und zum Teil den Konsum von Sauerkraut und Rüben ersetzten; auch beim Obstkonsum kam es zu Veränderungen in Zusammensetzung und Qualität.[1016]
Die Nahrungsmittelindustrie begann in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts „mit Volldampf zu erfinden, zu produzieren, zu vermarkten“.[1017] So entstanden durch neue Produktionsverfahren Schokoladen-, Speisefett-, Suppen- und Konservenindustrie.[1018] Der Butterersatz Margarine spielte besonders in der Ernährung der Arbeiter eine wichtige Rolle. Neben den alten Formen des Pökelns, Dörrens und Räucherns wurde eine „wissenschaftlich-fabrikatorische Nahrungsmittelkonservierung in Form des 'Liebigschen Fleischextraktes', die Konserven-, Teigwaren- und Marmeladeindustrie“ möglich.[1019] Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts gewann ein Produktionssystem an Bedeutung, das auf Rationalisierung und Massenproduktion beruhte.[1020]
Im 19. Jahrhundert kam es zur Ausweitung der Märkte. Dabei diente die Eisenbahn vorwiegend „nationalen“ und das Dampfschiff „globalen“ Märkten.[1021] Vor dem Ersten Weltkrieg wurde der Agrarmarkt der Monarchie gänzlich von Produkten aus Ungarn und den Sudetenländern beherrscht.[1022] Kolonialwaren gelangten aufgrund sinkender Preise immer mehr in den Handel.[1023] Die Ausweitung des Handels wirkte sich vor allem auf die Ernährung der Städter aus. Die Landbevölkerung war von Neuerungen vorerst weniger betroffen.[1024] Wirft man einen Blick auf die Werbung von Lebensmittelgeschäften bzw. auf das Inseratenwesen für bestimmte Produkte (vor allem Delikatessen), wird die vielfältige Herkunft von Nahrungs- und Genussmitteln deutlich. So konnte man in der Stadt Salzburg „feinste Veroneser und Ungarische Salami“, Prager Schinken, „ausländischen“ Käse, französische Bonbons und Schokolade, „hochfeines“ Olivenöl, „echten Jamaika-Rum“ und vieles andere erwerben.
Am Ende des 19. Jahrhunderts nahm die Werbewirtschaft einen großen Aufschwung. Während zuvor gelegentlich Geschäfte oder bestimmte Warenkontingente durch Anzeigen beworben wurden, brachte die Werbung um die Jahrhundertwende den Verbrauchern „die neuen, attraktiv verpackten Markenartikel“ nahe. Surrogate und Imitate sollten auch den weniger Begüterten „die Tür zur Welt der Konsumgüter“ öffnen.[1025]
Betrachtet man das Inseratenwesen in Salzburger Zeitungen um die Jahrhundertwende, so wird die Breite der angebotenen Produkte im Lebensmittelbereich, aber auch die Breite der potenziellen Käufer, deutlich. Während auf der einen Seite das Angebot „preiswerter, sättigender Nahrung“ (Suppen, Margarine, Konserven) minderbemittelte Kreise ansprechen sollte, wurde auch den Wünschen der Konsumenten nach „Luxus, Genuß, Wohlgeschmack und Erfüllung von Prestigewünschen“ Rechnung getragen.[1026] Neben häufig auftauchenden Werbeinseraten für Kaffeesurrogate und Delikatessen gab es in den Salzburger Zeitungen auch Anzeigen, die über neue Geschäfte und besondere Angebote informierten.
Das Angebot an Delikatessen und Kolonialwaren von Salzburger Geschäften um 1900 konnte auch hohen Ansprüchen (u. a. der Salzburg-Touristen) gerecht werden. Viele Salzburger jedoch mussten mit einem minimalen Haushaltsbudget auskommen. Die Arbeits- und Lebensbedingungen der städtischen Arbeiterschaft waren schlecht. Viele konnten es sich nicht leisten, einen eigenen Hausstand zu gründen bzw. eine Familie zu ernähren. Der Kontrast zum Lebensstil des Bürgertums war groß. Im Jahr 1893 wurde das Haushaltsbudget einer Arbeiterfamilie (Mann, Frau und 2 Kinder) für Lebensmittel von der Salzburger Handelskammer folgendermaßen berechnet:[1027]
Lebensmittel: kr[1028]
Milch (12 kr täglich): 84,00
Fleisch (¼ kg täglich): 112,00
Semmeln: 35,00
2 Laib Brot pro Woche: 40,00
½ kg Zucker: 20,00
Mehl, 2 kg: 28,00
Kaffee (10 dag): 20,00
Reis, Grieß, Gerste, Zwetschgen: 70,00
Gemüse, Kartoffeln: 50,00
Butter, Schweineschmalz: 40,00
Von den Jahresausgaben einer Arbeiterfamilie fiel meist mehr als die Hälfte des Budgets auf die Verköstigung.[1029]
Die Verpflegung in Gasthäusern und anderen Einrichtungen beeinflusste die Ausgaben für Lebensmittel. Hier spielten auch die Wohnverhältnisse eine Rolle. Ein alleinstehender Arbeiter, der als „Bettgeher“ seine Nächte verbrachte, war auf günstige Lokale wie „Ausspeisereien“ angewiesen. Außerdem gab es noch Handwerker, die in ein Kost und Logis-Wesen eingebunden waren.
Zu den Schwierigkeiten bei der Nahrungsversorgung von Arbeitern gehörte, dass sie – trotz kleinem Budget – oft am teuersten einkaufen mussten, weil sie nur kleine Mengen der Produkte kaufen konnten und außerdem oft „auf Borg“ lebten.[1030]Ob günstig eingekauft werden konnte, hing auch von der Nähe zu bestimmten Formen des Handels (z. B. Marktnähe) bzw. vom Zeitbudget ab. Eine ungünstige Auswahl von Produkten konnte die Qualität der Nahrung verschlechtern.
Zudem war die Nahrung der Stadtbewohner, da sie sich kaum selbst versorgen konnten, von wirtschaftlichen Schwankungen stark beeinflusst. In den Jahren 1903 bis 1913 kam es zu extremen Teuerungen bei Lebensmitteln. Nach der Jahrhundertwende standen vor allem die Preissteigerungen von Fleisch und Getreide im Mittelpunkt von Diskussionen. 1904 wurde befürchtet, dass bald „der Arbeiter nicht einmal mehr an einem Sonntag ein Stückchen Fleisch essen“ könne, da besonders die Preiserhöhung „minderer“ Fleischqualitäten den Fleischkonsum ärmerer Bevölkerungsschichten stark beeinträchtigte.[1031]
Durch die Urbanisierung nahm die Zahl der ländlichen Selbstversorger immer mehr ab. Es kam zunehmend zu einem Abhängigkeitsverhältnis von den Lebensmittelmärkten der Städte. Während die Selbstversorgung durch langfristiges Wirtschaften und Vorratshaltung gekennzeichnet war, wurde es in den Städten notwendig – und durch den freien Lebensmittelhandel möglich –, kurzfristiger zu planen.[1032] Unterschiedliche Arbeitszeiten und die zunehmende außerhäusliche Erwerbstätigkeit bei Männern und Frauen führten zu unterschiedlichen Ess- und Einkaufszeiten. Deswegen war es wichtig, „zu allen Tageszeiten und möglichst schnell in der allernächsten Umgebung kleine Nahrungsportionen einkaufen zu können“. Größere Lebensmittelvorräte konnten wegen der häufig beengten Wohnverhältnisse kaum mehr gehalten werden.[1033] Auch höhere Einkommen trugen zu einer größeren Nachfrage nach Konsumgütern bei.[1034]
Um den Bedürfnissen der Kunden entgegenzukommen, begann sich der Lebensmittelhandel Ende des 19. Jahrhunderts vermehrt zu spezialisieren. In den Lebensmittelfachgeschäften „trat die alte agrarisch-handwerkliche Herkunft der Lebensmittel ganz zurück, es ging nur noch um ein möglichst breites Angebot weniger, ausgewählter Lebens- und Genußmittel in möglichst vielen Preisklassen und Qualitäten“.[1035] Die städtischen Konsumenten bekamen Zugang zu neuen Produkten. In den Städten gab es um die Jahrhundertwende „die vielen Novationen der Lebensmittelindustrie und des feinen Lebens“ und „die Möglichkeit, an den Produkten des Weltmarktes teilzuhaben“.[1036] Städtische Konsumenten konnten ihre Kost abwechslungsreicher gestalten, was jedoch je nach Einkommen und Geschmack unterschiedlich aussah. Größere Auswahl und vermehrte Lebensmittelimporte ermöglichten es Verkäufern und Konsumenten, hohe Preise durch das Umsteigen auf günstigere Lebensmittel zu umgehen. Jahreszeitlich bedingte Preisschwankungen konnten durch neue Kühl- und Konservierungstechniken gemildert werden.[1037]
Was bei den Salzburger Städtern um 1900 auf den Tisch kam, hing von vielen Faktoren ab: von der finanziellen Situation der Konsumenten, vom Wohnort (Zentrumsnähe), von der Erreichbarkeit spezieller Formen des Lebensmittelhandels (Wochenmärkte etc.), von der Möglichkeit der Selbstversorgung (etwa mit Gemüse aus dem eigenen Garten), von der Empfänglichkeit für Werbekampagnen (z. B. für Markenprodukte), von der Größe des Haushaltes (vielen Arbeitern stand nur ein Bett in einem fremden Haushalt zur Verfügung) etc.
Beim Lebensmittelkauf waren Frauen die bedeutendste Kundengruppe. Nicht umsonst richtete sich die Werbung für Lebensmittel vorwiegend an sie. In bürgerlichen Haushalten übernahmen die Einkäufe oft Dienstboten, von denen über 90 % Frauen waren.[1038] Um die Jahrhundertwende war der Dienst in fremden Haushalten die häufigste Beschäftigungsform für Mädchen der städtischen Unterschicht und vom Land kommende Bauernmädchen. Schicken wir nun in Gedanken ein Salzburger Dienstmädchen der Jahrhundertwende mit ihrem Einkaufszettel auf den Weg.
Ein Handelskammerbericht aus dem Jahr 1893 ermöglicht einen Einblick in die Lage des Bäckergewerbes in Salzburg. Seit etwa 1891 hatte sich der Absatz durch gute Ernten, niedrigere Mehlpreise und den aufstrebenden Fremdenverkehr gebessert. Auch das „Saisongeschäft“ nahm an Bedeutung zu. Das Brotbacken wurde „theils von eigenen Schwarzbäckern der Stadt und in der Umgebung derselben, theils von den Landmühlen, theils von Weißbäckern, die auch schwarz backen“ betrieben. Die Bäckereierzeugnisse wurden vor allem in der Stadt Salzburg oder in unmittelbarer Nähe derselben abgesetzt, während die Gebirgsbevölkerung vor allem durch die Halleiner Bäcker versorgt wurde. Das „schwarze Mehl“ kam üblicherweise aus heimischen Mühlen, während für die „Weißbäckerei“ meist ungarische Mehle verwendet wurden, die von „hiesigen Agenten“ vertrieben wurden. In der Weihnachtszeit wurde zusätzlich zu den üblichen Brot- und Gebäcksorten ein „Früchtebrod“ angeboten. Konkurrenz für die städtischen Bäckereibetriebe waren einerseits die Landbäcker, andererseits ein reger Hausierhandel mit „minder guter Waare“.[1039]
Laut Angaben städtischer Bäcker hatten sich die Bäckereierzeugnisse seit der Mitte des Jahrhunderts qualitätsmäßig verbessert. Auch neue Brotsorten wie beispielsweise das „Milchbrod“ wurden eingeführt. Während die Mehlpreise durch die Fortschritte im Transportwesen und die Entstehung von Kunstmühlen gesunken waren, waren die Preise von Milch, Butter und Eiern sowie auch jene der Arbeitsräumlichkeiten erheblich gestiegen. Die Bäcker berichteten, dass die Preise der Waren „trotz der täglich vermehrten Arbeit, welche das feinere Gebäck erheische“ nicht höher geworden waren.[1040]
Unter den Bäckereiarbeitern gab es um 1900 besonders große Unzufriedenheit. Sie kämpften um bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen. Häufig diskutierte Punkte waren die Sonntagsruhe bzw. der Ersatzruhetag im Bäckergewerbe, die übermäßig langen Arbeitszeiten (durchschnittlich 13–14 Stunden täglich) sowie Wohn- und Arbeitsverhältnisse und Verpflegung der Bäckereiarbeiter.[1041]
In der Stadt Salzburg wurden im Berichtsjahr 1893 29 Bäckergewerbe mit ungefähr 82 Gehilfen und 35 Lehrlingen gezählt.[1042] Im Amtskalender des Jahres 1900 wurden 38 Bäcker angeführt.[1043] Der Verkauf von Backwaren wurde hauptsächlich von Frauen bewältigt.[1044]
Der Getreidehandel in der Stadt Salzburg wurde um die Jahrhundertwende bei der städtischen Schranne abgewickelt; dieses ehemalige Gerichtsgebäude wurde bereits im 15. Jahrhundert als städtisches Kornhaus genutzt. Um 1900 befand sich das weiterhin als „Schranne“ bezeichnete städtische Getreidemagazin neben der 1891 bis 1899 erbauten neuen Andräkirche, der Faberstraße und der Schrannengasse.[1045] Im Jahr 1818 war der Getreidemarkt dorthin verlegt worden.[1046]
Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts war es zu neuen Entwicklungen in der Mehlgewinnung gekommen, die „Hochmüllerei“ wurde eingeführt. Vorher hatten alle Mühlenbetriebe Salzburgs nach dem System der „Flachmüllerei“ gearbeitet. Noch 1874 hatte der Großteil der Salzburger Mühlen nur einen Mahlgang. Bei der „Hochmüllerei“ erfolgte die Mehlgewinnung stufenweise. Dadurch wurde es möglich, „schöne weiße Auszugsmehle zu erzeugen, die der gehobenen Lebensführung in der Stadt gerecht werden konnten“.[1047] 1874 waren die meisten der Mühlwerke im Lande Salzburg noch Hausmühlen, die drei größten befanden sich im Stadtgebiet von Salzburg.[1048] Das Handwerk der Müllerei war allerdings vielmehr ein ländliches als ein städtisches. Von den etwa 140 Mühlen, die es um 1900 im Handelskammerbezirk Salzburg-Land gab, befanden sich nur neun in der Stadt Salzburg.[1049] Eine der größten Mühlen in der Stadt Salzburg war die Mühle des Franz Fisslthaler, in der Ende des 19. Jahrhunderts mehrere Modernisierungen durchgeführt wurden. Die heutige „Rauch-Mühle“ wurde 1884 vergrößert und bekam einen eigenen Gleisanschluss zum so genannten „Fisslthaler-Bahnhof“, der auch von anderen genutzt wurde. 1890 wurde ein mit Torf betriebenes Dampfkraftwerk eingerichtet.
Während bei den Bäckern um die Jahrhundertwende noch Kleinbetriebe vorherrschten, hatte bei vielen Mühlenbetrieben bereits Ende des 19. Jahrhunderts eine „industrielle Organisations- und Produktionsweise“ eingesetzt. Große Handelsmühlen verdrängten die Wind- und Wassermühlen des Landes. Ein großes „Mühlensterben“ begann, das zu einem Rückgang von Mühlenbetrieben und der dort Beschäftigten führte.[1050] Auch Mehlhandlungen sowie größere Kaufleute und Greißler, die Mehl verkauften, stellten eine große Konkurrenz für die Müller dar. Außerdem hatte die Zahl von „Handlungsreisenden“ mit ungarischem Dampfmehl stark zugenommen.[1051]
Bis zur Industrialisierung war Zucker ein Luxusartikel, den sich nur Begüterte leisten konnten. Zucker musste bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts vorwiegend importiert werden. Als schließlich die Zuckerrübe den Kolonialzucker verdrängte (im zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts kam es zu einem schnellen Ausbau der Rübenzuckerindustrie), wurde das Angebot an Zucker größer, die Preise niedriger und zudem fiel ein Überschuss für den Export an.[1052] Der Zuckerverbrauch stieg von etwa 2,5 kg um die Jahrhundertmitte bis zu den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts auf 3,6 kg an. 1862 stellte in Wiener Neustadt die letzte Kolonialzuckerraffinerie des Landes ihren Betrieb ein. Zucker wurde zu einem bedeutenden Exportartikel der Monarchie und auch der Inlandsverbrauch stieg weiter.[1053] Zucker – „ein typisches Produkt der Stadt, der Industrialisierung und der steigenden Lebensansprüche“ – wurde nach der Jahrhundertwende zum Massenkonsumgut.[1054]
Auch die Erzeugnisse der Zuckerbäcker konnten sich bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts nur Wohlhabende leisten. Mit den sinkenden Zuckerpreisen stieg die Anzahl der Betriebe des Zuckerbäckerhandwerks. Konkurrenz für die Zuckerbäcker stellten die „Krapfenbacher“ dar, die um die Jahrhundertwende zahlenmäßig überwogen. Eine Besonderheit in der Süßbackwarenerzeugung waren Hohlhippen, die von eigenen Hohlhippenbäckern hergestellt und vermarktet wurden.[1055] Die Zahl der Lebzelter nahm ab, da der Lebkuchen zunehmend durch andere Süßwaren ersetzt wurde.[1056]
Die Salzburger Zuckerbäcker beklagten sich in einer Umfrage über einen ausgeprägten Zwischen- und Hausierhandel mit Zuckerbäckerwaren und über „die Handlungsreisenden von Canditenfabriken, welche ihre Artikel kistenweise mit sich bringen und verkaufen“.[1057] Die Zuckerbäcker behaupteten, dass die Qualität ihrer Erzeugnisse schon besser gewesen war. Als Grund dafür wurde angeführt, dass – außer bei Zucker – die Preise der Rohstoffe gestiegen, die der Gewerbeprodukte aber gefallen waren.[1058]
Im „Salzburger Amtskalender“ für das Jahr 1900 wurden für die Stadt Salzburg 6 Zuckerbäcker und 5 Lebzelter angeführt.[1059] Laut Berufsstatistik gab es im Jahr 1900 im Handelskammerbezirk Salzburg 112 Hauptberufstätige in der Sparte „Zucker- und Kuchenbäcker, Kanditenerzeuger und Lebzelter“, davon 82 Männer und 30 Frauen.[1060]
Bis zum Jahr 1860 bestanden in Salzburg öffentliche „Fleischbänke“. Erst nach der Einführung der neuen Gewerbeordnung war es den Fleischhauern erlaubt worden, mit Genehmigung der Gewerbebehörde, Verkaufsstätten in ihren eigenen Häusern zu errichten.[1061] Das Fleischer- und Selchergewerbe war in hohem Maße von der Landwirtschaft und den Bedingungen für den Viehabsatz abhängig. Als bedeutend wurde die Wursterzeugung Salzburgs genannt, welche in der Stadt von eigenen Selchern – und zum Teil auch von Fleischhauern – betrieben wurde.[1062]
„Die Selcher Salzburgs unterhalten einen lebhaften Handel, insbesonders mit Speck und luftgedörrten Würsten, nach dem Gebirgslande, wohin auch von Hallein viel Waaren abgesetzt wird. In neuerer Zeit haben dieselben sowohl in der Stadt als auch am Lande sehr mit der Grazer Concurrenz zu kämpfen, welche in den größeren Greislereien, die alle Selchwaaren führen, gute Abnehmer findet.“[1063]
Die Fleischselcher in Salzburg produzierten nicht alle zum Verkauf stehenden Waren selbst, ein großer Teil davon entfiel auf „die beliebten Prager Schinken, Prager Selchwaren, Salami usw.“ In einem Handelskammerprotokoll von 1907 wurde bemerkt, dass es in Salzburg nur eine kleine Zahl von eigentlichen Delikatessen- und Selchwarenhändlern gab, und „die überwiegende Anzahl der sogenannten Delikatessen und Selchwarenhändler in Wirklichkeit Gemischt=, Spezerei= und Kolonialwarenhändler, sowie Krämer sind, die auf Grund dieser Handelsberechtigung auch mit Delikatessen und Selchwaren handeln“. Fleischselcher und Wurstwarenerzeuger verkauften neben eigenen Produkten sehr viele andere, speziell den Delikatessen- und Gemischtwarenhändlern zuzuordnende Artikel.[1064] Die Fleischselcher, die sich auch „Charcutiers“ nannten, handelten vorwiegend mit „feinen Fleischwaren, Speck, Würsten und Selchwaren“. Es war üblich, den Verkauf nicht nur „über die Gasse“ zu betreiben, sondern den Kunden auch das Verzehren der gekauften Ware im Geschäftslokale zu erlauben. So hatten viele Fleischselcher in ihrem Verkaufslokal auch Tische bzw. Sitzmöglichkeiten geschaffen.[1065]
Um die Jahrhundertwende begann auch in den Fleischereibetrieben „eine den hygienischen Forderungen unserer Zeit entsprechende Ausgestaltung der Produktions- und Verkaufsstätten“.[1066] Gerade im Umgang mit Fleisch waren Kontrollen besonders wichtig. Das folgende Beispiel zeigt, dass sich nicht alle Fleischhauer an die Hygienevorschriften hielten.
„Am 11. d.M. vormittags, fand sich in der Fleischhauerei des Herrn Schwarzmeier, Glockengasse 4 (...), eine Commission ein, welche ein bedeutendes Quantum zum Wurstmachen fertiggestelltes Brat, darunter eine Partie Schweinsschwarten, die ein geradezu ekelerregendes Aussehen hatten, und zwei Stücke verdorbenes Fleisch, das für das Mittagessen der Gehilfen bestimmt war, confiscierte. Der Gehilfe Moser gab an, daß Schwarzmeier im städtischen Schlachthofe verdorbene Schweinsdarm und Kalbsgekröse aufkauft und dieselben zu Würsten verarbeiten läßt.“[1067]
Die Stadt Salzburg hatte eine wichtige Stellung als Viehhandelsplatz. Die Viehmärkte in Salzburg waren vor allem aufgrund ihrer Größe bedeutend. Von Bedeutung für die Viehwirtschaft war auch der städtische Schlachthof. Die städtischen Schlachträume befanden sich bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts in der Griesgasse, geschlachtet wurde aber auch an anderen Plätzen der Stadt Salzburg. 1873 wurde aufgrund von Platzmangel und hygienischen Problemen ein neuer Schlachthof weiter außerhalb der Stadt gebaut, der 1874 seinen Betrieb aufnahm. Dort fanden schließlich auch die Viehmärkte statt. Nach dem Ersten Weltkrieg musste auch dieses Gelände erweitert werden.[1068]
Im „Praktische[n] Salzburger Kochbuch für den sparsamen bürgerlichen und feineren Haushalt“ ist auch ein Kapitel dem Einkaufen auf dem Markt gewidmet:
„Eine gute Hausfrau thut jederzeit wohl daran, wenn sie auch nicht täglich auf den Markt geht, sich doch wenigstens an Markttagen von den Preisen der Waren selbst zu überzeugen. Der Korb oder die Tasche soll stets mit starkem, reinem Papier ausgelegt sein und extra noch einige Bogen davon mitgenommen werden zum Einwickeln der Butter oder sonstiger Dinge, da Papier auf dem Markt oft nicht einmal für Geld zu bekommen ist. Sich mit Kleingeld zu versehen ist sehr anzuraten, da das Wechseln auf dem Marktplatz oft Unbequemlichkeiten und Aufenthalt verursacht. Jederzeit überzeuge man sich selbst von dem Werte der Ware und lasse sich keine schlechte aufdrängen.“[1069]
Durch die steigende Siedlungsdichte nahm der private Gemüse- und Kräuteranbau in der Stadt Salzburg ab und vorher landwirtschaftlich genutzte Gebiete wurden mehr und mehr verbaut. Der Großteil der Stadtbewohner musste Gemüse und andere landwirtschaftliche Produkte zukaufen.[1070] Auch die sesshaften Obst- und Viktualienhändler bezogen einen Teil ihrer Ware vom städtischen Wochenmarkt.
Neben Märkten, die auf bestimmte Produkte spezialisiert waren (Getreidemarkt bei der städtischen Schranne, Fleischmarkt in der städtischen Bauhofkaserne, Fischmarkt in der Hofstallgasse, Geflügelmarkt auf dem Universitätsplatz, Markt für Kraut und Rüben auf dem heutigen Herbert-von-Karajan-Platz), gab es um die Jahrhundertwende in der Stadt Salzburg zwei größere Wochenmärkte auf dem Kollegien- bzw. Universitätsplatz und im rechten Stadtteil in der Franz-Josef-Straße. Ein dritter Wochenmarkt nahm kurz nach der Jahrhundertwende seinen Anfang. Ohne behördliche Genehmigung begann bei der städtischen Schranne ein Detailverkauf von Lebensmitteln.[1071] Die zur Schranne kommenden Getreidehändler und Boten brachten neben Getreide auch andere Landesprodukte mit und verkauften diese vor der Schranne.[1072] Der Platz vor der Schranne wurde erst 1906 offiziell zum Wochenmarktplatz für Landesprodukte bestimmt.[1073] Laut Handelskammerprotokoll gab es ähnliche ungesetzliche und ungeregelte Verkäufe von Lebensmitteln auch in anderen Straßen bzw. auf anderen Plätzen der Stadt; meistens bei Gasthöfen, in denen die Boten einkehrten.
Die Marktfahrer kamen hauptsächlich aus der Umgebung der Stadt Salzburg – etwa aus Liefering, Maxglan, Wals, Siezenheim, Viehhausen, Gois und Elsbethen. Als Transportmittel spielten „Hörndlwagen“, auch „Moarktgoarchen“ genannt, eine wichtige Rolle.[1074] Walser Grünzeugbäuerinnen brachten ihre Waren oft mit Karren in die Stadt. Was am Markt nicht verkauft werden konnte, versuchte man beim so genannten „Abpumbern“, also Hausieren, abzusetzen oder brachte es am nächsten Markttag noch einmal in die Stadt.[1075]
Die „Marktordnung für die Landeshauptstadt Salzburg“ aus dem Jahr 1903 ermöglicht einen Einblick in die Organisation der Salzburger Wochenmärkte kurz nach der Jahrhundertwende. Die Märkte konnten „von jedermann mit allen im Verkehre gestatteten Waren, soweit dieselben nach der Gattung des Marktes zum Verkehre auf demselben zugelassen sind, besucht werden.“ Konzessionspflichtige Waren durften nur von Gewerbsleuten mit Konzession verkauft werden.[1076] Als Gegenstände des Marktverkehres galten: „Lebensmittel und rohe Naturprodukte, Wirtschafts= und Ackergeräte, Erzeugnisse der landesüblichen Nebenbeschäftigungen der Landleute der Umgegend und gemeine Artikel des täglichen Verbrauches“.[1077] Die Wochenmärkte fanden (mit Ausnahmen) täglich statt. Im Sommer begannen die Wochenmärkte um sechs Uhr früh, in den übrigen Monaten um halb acht Uhr, sie dauerten bis ein Uhr mittags.[1078] Die Marktstände wurden von den Verantwortlichen des Marktamtes zugewiesen.[1079] Für die Überwachung des Marktbetriebes und die Kontrolle der Nahrungsmittel waren die Marktkommissäre zuständig.
Eine Sonderstellung bei den Marktwaren nahmen in verschiedener Hinsicht Südfrüchte ein, für die es eigene Bestimmungen und auch eigene Händler gab. Mehrere Salzburger Kaufleute beschwerten sich 1893 über einen unbefugten Handel mit Südfrüchten aller Art – „Orangen, Citronen, Limonien, Feigen, Rosinen, Pignoli, Kastanien, Datteln u.s.w.“ – am hiesigen Markt und über den Hausierhandel mit Südfrüchten.[1080]
Für die Versorgung der Stadt Salzburg war der bäuerliche Gemüsebau von Bedeutung. In Salzburg fanden sich Gemüsegärten und -anbauflächen vorwiegend in der Hauptstadt und Umgebung.[1081] Bereits um 1830 befand sich am Westrand der Stadt Salzburg das bedeutendste Anbaugebiet für Gemüse.[1082] Am Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Feldgemüsebau vor allem in Wals, Siezenheim, Maxglan und Liefering ausgeweitet, um dem durch die Bevölkerungszunahme steigenden Gemüsebedarf der Stadt Salzburg gerecht werden zu können. Es kam zu einer Verlagerung des Gemüseanbaus in den Außenbereich der Stadt, vor allem nach Wals-Siezenheim.[1083] In einer Arbeit über die landwirtschaftlichen Verhältnisse in Salzburg von 1881 wurde konstatiert:
„In der Nähe der Stadt, wie Viehausen [sic!], Wals, Siezenheim, Liefering, werden Gemüse, Kohl, Rüben, Möhren, Rettige, Sellerie etc. feldmässig gebaut und dieselben auf dem Grünmarkt in der Stadt gut abgesetzt.“[1084]
In einem Bericht der Handelskammer über die wirtschaftlichen Verhältnisse Salzburgs im Jahr 1893 wurde auf den Eier- und Fettwarenhandel in Salzburg eingegangen. Bei diesen Produkten war das Kronland damals auf Einfuhr, vor allem aus dem Innviertel, angewiesen. Die Gegend um Salzburg kam „für den Bezug des Handels gar nicht in Betracht“. Eier wurden in größeren Mengen unter anderem dort angeboten, wo die Bauern ihr Getreide ablieferten. Die Preise für Butter und Rindsschmalz waren um 1893 hoch. Rindsschmalz wurde aus dem Innviertel und aus der Steiermark bezogen, da die Salzburger Produktion die unmittelbare Nachfrage kaum überstieg.[1085]
An Milchprodukten war am Beginn des 20. Jahrhunderts neben dem nach wie vor viel konsumiertem Topfen das Angebot an Produkten groß. In einem Katalog der von der k. k. Landwirtschaftsgesellschaft im Jahr 1889 durchgeführten „landwirthschaftlichen Landes=Ausstellung“ wurden an Produkten im Bereich „Milch und Sennerei“ angeführt: „Schweizerkäse, Schachtelkäse, Tafelkäse, Ziegenkäse, Groier=Käse, Rahm=Butter, Verbrauch=Butter, Schotten, Molken=Zucker, Pinzgauerkäse, Radstädterkäse, Schnittkäse, Rahm, Sperrkäse, geläutertes Schmalz, Alpenbutter, Butterschmalz, Süßkasleibe, Emmenthaler, Bierkäse“.[1086] Der zunehmende Marktbedarf, hervorgerufen durch die Bevölkerungszunahme, hatte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einer Ausweitung der Milchwirtschaft geführt. Bei der Stadtbevölkerung nahm der Konsum von Frischmilch und Milchprodukten im Zuge der Fortschritte in Verkehrs- und Kühltechnik zu. Auch der Druck zunehmend schwierigerer Absatzverhältnisse bei Getreide führte zu einer allmählichen Kommerzialisierung von Milchprodukten.[1087] Neue Möglichkeiten der Sterilisierung und Vermarktung trugen ebenfalls dazu bei. Ein bedeutender Wandel bei der Vermarktung von Milch und Milchprodukten wurde durch den Zusammenschluss von milchproduzierenden Bauern durch Molkereien hervorgerufen. Am Ende des 19. Jahrhunderts entstanden erste genossenschaftliche Zusammenschlüsse.[1088] In den „Salzburger Landwirtschaftsblättern“ wurde allerdings auf die Rückständigkeit Salzburgs im Bereich der Milchwirtschaft hingewiesen. Genossenschaftliche Molkereien waren hier auch 1895 noch „gänzlich unbekannt“. Es wurde jedoch von ungefähr 60 kleinen Sammelmolkereien berichtet, „Käsereien“ genannt, die Milch von umliegenden Bauern kauften, und daraus neben Butter hauptsächlich „Groyer=Käse“ herstellten. Sie befanden sich im Flach- und Tennengau, vor allem in den Bezirken Salzburg, Neumarkt, Oberndorf, Hallein und Golling. In anderen Gebieten war es üblich, Topfen und Butter herzustellen; diese Produkte wurden zum Teil in Salzburg abgesetzt oder an „hausierende Aufkäufer“ abgegeben.[1089] Die Möglichkeit des Einsatzes von mechanischen Zentrifugen bei der Butter- und Rahmherstellung führte vor dem Ersten Weltkrieg und danach zu einer Kommerzialisierung der Butterwirtschaft.[1090]
Am Anfang des 19. Jahrhunderts wurde Milch auch von den Städtern noch hauptsächlich als Butter, Butterschmalz und Käse verbraucht. Frischmilch war zu dieser Zeit noch verhältnismäßig teuer, oft verunreinigt oder verfälscht und wurde daher noch wenig konsumiert.[1091] Durch das Anwachsen der Städte stieg der Bedarf an Milch; aber auch die Größe der Einzugsgebiete und die Lieferleistung der einzelnen Betriebe nahm zu. Nördlich der Stadt Salzburg hatte die steigende Zahl an Milchvieh noch einen anderen Grund. In der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Hartkäserei im Flachgau eingeführt. Die Käsereien des Flachgaus ermöglichten der Landwirtschaft im Stadtgebiet Salzburgs längere Zeit eine „Monopolstellung“ im Frischmilchabsatz.[1092]
Um die Mitte des 19. Jahrhunderts konnte die Stadtbevölkerung Salzburgs noch aus der Gemeinde mit Frischmilch versorgt werden, wobei die stadtnahen Meiereien vorwiegend städtischen Hofbesitzern gehörten.[1093] Alois Hölzl nahm 1932 an, dass sich die Größe des Frischmilcheinzugsgebietes bzw. ein Zubringungsradius von Milch von 2 bis 9 Kilometern seit mehr als 50 Jahren (etwa 1880) nicht wesentlich geändert hatte, da mit dem Bevölkerungswachstum der Stadt auch die Leistungsfähigkeit der Milchwirtschaftsbetriebe gestiegen war.[1094] Um 1900 waren für die Milchversorgung der Stadt Salzburg „mehr als 250 Milchlieferanten mit mindestens 500 beschäftigten Personen“ sowie 150 Pferde im Einsatz. Händler spielten beim Milchverkauf eine bedeutende Rolle. 1911 lag mehr als die Hälfte des Milchverkaufes in den Händen von Händlern. Sie kauften die Milch bei Bauern auf, und verkauften sie dann in der Stadt mit entsprechendem Zuschlag weiter. Viele Milchhändler waren damals im Stadtgebiet von Salzburg ansässig.[1095]
Die Milch wurde aber auch von Bauern selbst in die Stadt geliefert. Der Milchverkauf war beispielsweise ein wichtiges Standbein der Lieferinger Bauern:
„Die Bauern betrieben den Milchhandel in verschiedenen Formen. Einige Bauern hatten einerseits eine eigene Verkaufsstelle für die ortsansässige Bevölkerung eingerichtet, der Großteil der Milchmenge wurde jedoch direkt in der Stadt Salzburg abgesetzt. Dabei wurden die Milchkannen meist auf Zug- oder Handkarren in die Stadt transportiert und die entsprechende Milchmenge direkt dem Endverbraucher zugestellt. Die Bezahlung erfolgte entweder sofort an Ort und Stelle oder regelmäßig in gewissen Zeitabschnitten.“[1096]
Ein besonderer „Typus“ von Milchverkäufern waren die „Salzburger Milchmädchen“. Von ihnen wird berichtet:
„Die ‚Salzburger ‚Milchmädchen‘ kamen immer in Arbeitstracht aus den noch ländlichen Vororten meist mit einem leichten Handwagen, oder sogar mit einem Handgespann in die Stadt, um dort ihre Ware zu verkaufen. Die ‚Milchkreuzer‘, die bei dieser Arbeit erworben wurden, sparten die Bauerntöchter, um ihre Aussteuer zu vermehren. Diese Gepflogenheit hielt sich bis in die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg.“[1097]
Karl Robert berichtete in einem Buch über den Ort Elsbethen von „Konkurrenzkämpfe[n] zwischen den um die Stadt Salzburg gelegenen kleinen, aber vereinten Milchliefergenossenschaften und den nicht genossenschaftlich organisierten Bauern bzw. Milchhändlern, den ‚Millimoaren‘.“[1098] „Der Simonbauer, Weber, Lackner und die Blasnbäuerin waren die Elsbethener Millimoare. Sie kauften von anderen Landwirten die Milch zu, bis sie etwa 300 l beisammen hatten und fuhren sie dann auf Pferdewagen in die Stadt, wo sie mit Zimentln (Litermaß) in die Kannen der Hausfrauen abgefüllt wurden.“ [1099]
Im Amtskalender des Jahres 1908 wurden 10 Milchhändler und 1 Molkerei für das Stadtgebiet angeführt.[1100] 1910 waren es bereits 3 Molkereien.[1101]
Bemerkenswert war in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch in der Stadt Salzburg das Anwachsen der Zahl von „Klein- und Viktualienhandlungen“, gefördert durch höhere Einkommen und zunehmenden Konsum.[1102] Der Einzelhandel, vor allem der Gemischtwarenhandel, war tendenziell überbesetzt, da es viele „sich neu etablierende, meist kapitalschwache und unerfahrene Kleinhändler“ gab.[1103] Die hygienischen Zustände waren in manchen Salzburger Lebensmittelgeschäften nicht einwandfrei. Es wurde beispielsweise von einer schmutzigen und unhygienischen Krämerei berichtet, in der Mäuse in großer Anzahl vorhanden waren und sich „an verschiedenen Waren gütlich“ taten.[1104]
Es gab einerseits Geschäfte, die sich auf bestimmte Warengruppen spezialisierten: dazu gehörten beispielsweise der Gemüsehandel, der Obsthandel oder der „Milch-productenhandel“, der den Handel mit „Butter, Käse jeder Art, Molken, Quark, Rahm und Topfen“ umfasste.[1105] Im „Salzburgischen Geschäfts-, Volks- und Amtskalender für das Jahr 1900“ werden an solchen spezialisierten Geschäften unter anderem genannt: 4 Delikatessenhandlungen, 1 Essighändler, 2 Fischhändler, 3 Käsehändler, 13 Obst- und Südfrüchtenhändler, 6 Schmalzhändler, 1 Schwammhändler, 8 Weinhandlungen, 35 Bierverkäufer, 5 Zuckerbäckerwarenverschleißer und ein Feigenkaffee-Verschleißer.[1106]
Unter den übrigen Geschäften, die mit Lebensmitteln handelten, traf man je nach Warensortiment folgende Unterscheidungen:
Der „Marktvictualienhandel“ umfasste den Handel mit: „Eiern, Milch, Bäckerwaren, Zuckerwaren, Südfrüchten, Obst, Gemüse (Grünzeug, Grünspeis, Grünware), Milchproducten oder Artikeln, welche unter die drei letztgenannten Warengattungen subsumiert werden können.“ [1107]
Der „Victualienhandel“ handelte mit: „Bäckerwaren (schwarzes und weißes Gebäck, Kinderbackwerk), Brennholz, einschließlich Kein=, Wacholder= u. dgl. Zündhölzern, Eiern, Feld- und Gartenfrüchten (Kartoffeln, Gurken, Zwiebeln, Knoblauch, Kraut und Rüben, frisch und sauer, Paradeisäpfeln, Gemüsen aller Art, Paprika, Mohn, Kümmel, Majoran), Futterstoffen (Hafer, Hanf, Hirse, Wacholderbeeren, sonstigem Hühner= und Vogelfutter, Kürbissen und Plutzerkernen, Kleesamen), Hülsenfrüchten (Linsen, Bohnen, Erbsen), Mahlproducten (Mehl aller Art, Gries, Rollgerste, Kleie, Reis), Milchproducten (Butter, Käse, Milch, Topfen, Rahm), Obst jeder Art (frisch und gedörrt, einschließlich Powidl), Südfrüchten, Selcherwaren, Heu, Stroh, Häckerling, Kochsalz, Essig, Schuhwichse, Sand, Strohwischen, Sägespänen, Lein= und Rüböl, Kuttel= und Ziserlkraut, Haarlinsen, Schwefelfäden, Zinnkraut, Kerzen und Seifen“.[1108]
Die „Greißlerei“ (Fragnerei) schloss in sich den Handel mit: „den bei dem Victualienhandel angeführten Artikeln, Bürstenwaren (...), Erdproducten (Schreib= und Putzkreide, Kalk, Lehm, Schwefel u. dgl.), Häringen und Stockfischen, Holz=, Stroh= und Bastwaren (...), Kohlen, Seilerwaren, Zündwaren (...), Baumöl.“[1109] War das Warensortiment noch weiter erweitert, unterschied man auch noch zwischen Höcklerei, Krämerei und Gemischtwarenhandel.
Der „Spezerei= und Colonialwarenhandel“ handelte mit: „allen Spezerei= und Colonialwaren im engeren Sinne (d.i. mit Thee, Kaffee, Kaffeesurrogaten, Reis, Cacao, Chocolaten, Zucker und Zuckerwaren, Gewürzen aller Art, Safran, Vanille u. dgl.); Südfrüchten; Ölen, Fetten und Wachs; Fischen (gesalzenen, geräucherten oder marinierten) und Fischproducten (Caviar, Hausenblase u.[u. a.]); Hülsenfrüchten und Mahlproducten; Obst (frischem, gedörrtem und eingesottenem), Sämereien, Wurzeln und Kräutern; Farbhölzern, Erd= und chemischen Farben; Kerzen, Seifen und Waschpräparaten; sonstigen chemischen Producten (Soda, Ulaun [Alaun], Pottasche, Salz= und Schwefelsäure, Pech, Terpentin, Leim, Siegellack u.); Erdproducten, wie Kreide und Gips; Delicatessen u. dgl., Eßwaren wie Käse, Schinken, Pasteten, Bäckereien, Honig u.; Getränken, natürlichen Mineralwässern, gebrannten und geistigen Getränken und Weinen in versiegelten Flaschen ausschließlich der Biere; Zündwaren, Schreibrequisiten und Schwämmen (...)“.[1110]
Im Jahr 1890 gab es in der Stadt Salzburg laut einem Statistischen Bericht unter anderen 173 Krämer und Kleinhandelsleute, 8 „Vermischtwaarenhändler“, 7 Fragner und Greißler, 2 Delikatessenhändler, 101 Viktualienhändler und 10 Spezereiwarenhändler.[1111] Im „Salzburgischen Geschäfts-, Volks- und Amtskalender“ für das Jahr 1900 wurden kaum Unterscheidungen getroffen. Zur Kategorie „Krämer mit Viktualien und Kurzwaaren“ wurden 270 Betriebe gezählt, davon 14 in der Getreidegasse und 18 in der Linzergasse. Die Zahl der städtischen Spezereiwarenhändler betrug laut Amtskalender 20.[1112]
Im Bereich der Lebens- und Genussmittelerzeugung waren die Salzburger Betriebe einer großen Konkurrenz durch andere Fabriken und den Hausierhandel ausgesetzt. So verschlechterte sich beispielsweise die Lage der Salzburger Teigwarenerzeuger, die ihre Produkte bis dahin nicht nur in der Stadt und Umgebung, sondern auch „in das Gebirge bis gegen Innsbruck hinein“ gut absetzen konnten.[1113] Auch im Braugewerbe kam es im 19. Jahrhundert zu einem Strukturwandel, der sich auf kleinere Brauereien negativ auswirkte. Schon die Einführung des Dampfbetriebes war für kleine Betriebe extrem kostspielig gewesen. Auch der durch den Bahntransport und andere Betriebe hervorgerufenen Konkurrenz konnten viele kleinere Betriebe nicht standhalten.[1114] Ende des 19. Jahrhunderts kam es zu technischen Neuerungen wie der Flaschenbierabfüllung und dem Reinigen und Wiederverwenden der Flaschen, die sich ebenfalls nur größere Betriebe leisten konnten. Sie eroberten den Markt und verdrängten kleinere Brauereien.[1115] In der Stadt Salzburg gab es im Jahr 1900 zwei Feigenkaffeefabriken (Hofer und Würtenberger), die auch Schokolade erzeugten.[1116] Bei der Firma „Andre Hofer“ handelte es sich um ein seit 1759 bestehendes Unternehmen, das mehrere Standbeine hatte: u. a. ein großes Warenhaus und eine Feigenkaffee- und Schokoladefabrik in Parsch und eine Feigenkaffeefabrik in Freilassing.[1117]
Eine andere Möglichkeit, Lebensmittel zu beziehen – und damit auch Konkurrenz für die Lebensmittelhändler –, stellten Konsumvereine und Lebensmittelmagazine dar. Bis 1910 nahm deren Anzahl stark zu. Die Arbeiterschaft spielte dabei eine wichtige Rolle; diese suchte in den Konsumgenossenschaften ihre politischen Anschauungen zu verwirklichen.[1118]
Die ersten Konsumvereine in Salzburg waren Werkskonsume. 1875 wurde von Arbeitern und Angestellten der k. u. k. Saline in Hallein ein „Salinenkonsum“ gegründet.[1119] Im Juli 1893 kam es in den Räumlichkeiten des Bahnhofes Salzburg zur Gründung eines Lebensmittelmagazins für die Bediensteten der k. u. k. Staatsbahnen.[1120] Die Lebensmittelversorgung der Eisenbahner war besonders problematisch, weil diese oft auf den Bahnstrecken, weit weg von den Lebensmittelgeschäften wohnten und auch ungünstige Preise akzeptieren mussten. Aufgrund von Krediten gerieten sie häufig in Verschuldung.[1121]
Schließlich wurde im Dezember 1904 in der Stadt Salzburg der Konsumverein „Vorwärts“ gegründet, der die erste Konsumgenossenschaft im Lande Salzburg auf der Grundlage der „Rochdaler[1122] darstellte.[1123] Ziel war es, Lebensmittel in großer Menge zu beziehen und durch Ausschaltung des Zwischenhandels billig abgeben zu können. Jeder, der eine „Anteilseinlage“ entrichtete, konnte Vereinsmitglied werden und Waren des Konsumvereines kaufen. Am 16. Jänner 1905 wurde der Verkauf des Konsumvereines im Geschäftslokal, Griesgasse 29, begonnen. Schon im Juli desselben Jahres wurde noch eine weitere Filiale im rechtsseitigen Stadtteil eröffnet.[1124] Das Geschäft des Konsumvereines war von 8 Uhr früh bis 7 Uhr abends geöffnet. Für den Beitritt zum Konsumverein mussten eine Einschreibegebühr und eine Anteilseinlage, die auch in Raten angenommen wurde, bezahlt werden. Bereits nach der ersten Rate war das Einkaufsrecht gesichert. Die Anteilseinlage wurde beim Austritt wieder zurückerstattet. Jedes Mitglied war Teilhaber des Geschäftes und nahm am Reingewinn teil.[1125] Im Konsumverein wurde ein „Rollmarkensystem“ eingeführt. Für jede Zahlung bekam man vom Verkäufer Marken, die fortlaufend nummeriert waren. Der Kassier und die Verkäufer konnten so bei der Abrechnung genau feststellen, wie viele Marken am Tag von jeder Sorte abgerissen und an die Konsumenten ausgegeben worden waren. Die abgetrennten Marken mussten mit dem Barbestand übereinstimmen. Für die Konsumenten war es dann möglich, die Marken gegen „20 Kronen-Dividendenscheine umzutauschen, um die Abrechnung über den gesamten Umsatz der Mitglieder am Ende des Jahres zu erleichtern“.[1126]
Ein Leserbrief einer Kundin an die „Salzburger Wacht“ vom Oktober 1905 gibt Einblick in „[d]ie Vorteile des Einkaufs beim Kaufmann und im Konsumverein“[1127]:
„Löbliche Redaktion! Im Interesse aller Frauen ersuche ich um Aufnahme folgender Zeilen: Das Prinzip der Dividenden=Auszahlung, das ist die Verteilung des Reingewinnes eines Konsumvereins oder Lebensmittelmagazins an seine Mitglieder hat die Kaufleute zu einem Gegenmittel geführt und das ist die Rabattvergütung an ihre Kunden. Manche oberflächlich denkende Hausfrau wird je das als einen Vorteil ansehen und vielleicht auch aus Bequemlichkeit des Kreditkaufes wegen, lieber zum Kaufmann gehen, als zum Konsumverein. Eine sparsame Hausfrau jedoch, welche die Preise beim Kaufmann und im Konsumverein vergleicht, wird sofort einsehen müssen, daß sie trotz des anscheinend hohen Rabattsatzes im Konsumverein billiger kauft. Ich kaufte z.B. bis vor kurzem bei einem Kaufmann ein, welcher seinen Kunden 5 Prozent Rabatt nach Jahresschluß gewährt. Zur selben Zeit, als ich vom Kaufmanne einen Preiskurent erhielt, bekam ich auch einen vom Allgemeinen Konsumverein Vorwärts. Ich verglich die Preise und sah, daß ich trotz des Rabattes, den ich beim Kaufmann genieße, die Ware teuerer bezahlen muß. Ich ließ mich nun, trotzdem mir meine Nachbarinnen die falsche Tatsache vorspiegelten: der Verein sei nur für Arbeiter und nicht für Beamte da, im Allgemeinen Konsumverein Vorwärts einschreiben. Beim ersten Einkauf konstatierte ich, daß die Ware gleich gut ist und auch dieselbe aufmerksame Bedienung ist, wie beim Kaufmann (...).“[1128]
Es wurden auch eigene Produkte wie der „Konsum-Malzkaffee“ und der „Konsum-Feigenkaffee“ in den Handel gebracht.[1129]
In einem Handelskammer-Protokoll des Jahres 1888 wurde das „Gesetz betreffend den Hausierhandel“ erläutert. Man definierte diese Form des Handels als „das Feilbieten von Waren im Umherziehen von Ort zu Ort und von Haus zu Haus ohne feste Verkaufsstätte“.[1130] Hausierer benötigten eine Bewilligung, die für ein Jahr ausgestellt wurde. Dabei wurde ihnen ein mit dem Namen versehenes Hausierbuch ausgehändigt, in dem die Verwaltungsgebiete angeführt waren, auf die sich die Bewilligung bezog. Dieses musste der Hausierer immer bei sich tragen, um es auf Verlangen den zuständigen Behörden vorweisen zu können. Wer eine Hausierbewilligung bekommen wollte, durfte nicht gleichzeitig „Marktfierantie“ betreiben oder in einem „stabilen Handelsgewerbe“ tätig sein.[1131] Im Lebensmittelbereich waren vom Hausierhandel ausgeschlossen: „Rohes Fleisch, Zucker, Zuckerwaaren, Chocolade, Lebkuchen und überhaupt alle Delikatessen; dann alle als Getränk oder zur Speisebereitung dienenden Flüssigkeiten“ sowie alle „Gegenstände, deren Vertrieb in stabilen Geschäften, sei es auf Grund des Pressgesetzes oder von Sicherheits=, Sanitäts= oder Gewerbe=Vorschriften, an eine besondere Bewilligung gebunden“waren.[1132]
In einer Sitzung der Handels- und Gewerbekammer des Jahres 1893 kam eine gewünschte Abschaffung des Hausierhandels zur Sprache. Die Stadtgemeinde-Vorstehung begründete das beabsichtigte Hausierverbot mit der Stellung Salzburgs als Saisonstadt und dem ausreichenden Versorgungsangebot für Salzburger und Fremde durch „stabile Geschäftsleute“. Zahlreiche Geschäftsleute hatten sich bereits über den Hausierhandel beschwert.[1133] Der Hausierhandel konnte dadurch jedoch nicht völlig eingestellt werden. 1897 wurde bemerkt, „daß namentlich in den äußeren Stadttheilen der Hausirhandel nach wie vor in ausgedehntem Maße betrieben werde“. Es wurde um strengere Überwachung und Handhabung dieses Verbotes ersucht.[1134]
Die Zahl der Hausierer mit landwirtschaftlichen Produkten muss damals hoch gewesen sein.[1135] „Jedes Dorf der Umgebung Salzburgs und des angrenzenden Oberösterreichs beherberge 6 bis 8 Personen, die, ohne eine Handelsberechtigung zu besitzen, bei den Landleuten Viktualien zusammenkaufen oder Schwämme selbst sammeln, um diese Produkte dann zur Stadt zu bringen, und nur der kleinste Teil solcher Leute besuche den Markt.“[1136]
Es gab nicht nur „reine“ Hausierer, sondern auch Händler oder Produzenten, die Bestellungen erledigten oder Märkte besuchten und ihre übrig gebliebene Ware durch Hausieren abzusetzen versuchten. Außerdem kamen auch „Leute mit Lebensmitteln nach Salzburg, deren Quantum oder Wert die Beziehung des Marktes nicht lohnt, oder treffen zu Tageszeiten ein, wo der Markt zu Ende ist oder doch nicht mehr stärker frequentiert wird“.[1137] Für den Hausierhandel sprach, dass auch jene KonsumentInnen, die einen weiteren Weg zum Wochenmarkt hatten, auf diesem Weg mit frischen Lebensmitteln versorgt werden konnten.
„Da ist es gewiß nicht nur eine Unbequemlichkeit, sondern geradeso eine wirtschaftliche Schädigung, wenn die entfernter wohnende Frau des Minderbemittelten, die ihren Haushalt und die Wartung ihrer Kinder selbst besorgen muß, Stunden opfern soll, um ihren Hausbedarf auf dem Markte einkaufen zu können, wie wenn sie gezwungen wird, das Erforderliche tel quel beim kleinen Viktualienhändler zu nehmen.“[1138]
Bezüglich des unbefugten Hausierhandels mit Südfrüchten wurde in einem Handelskammerprotokoll bemerkt, dass es sich dabei meist um Händler handelte, die auch Obst und andere Viktualien mitführten, für die der Verkauf von Haus zu Haus erlaubt war. Die Kontrolle des Hausierens mit Südfrüchten gestaltete sich problematisch, „da ja doch nicht in jedem Weib oder Kinde, das mit einem verdeckten Marktkorbe in ein Privathaus gehend angetroffen wird, von den behördlichen Organen ein Hausierer erblickt werden“ konnte.[1139]
Anders als heute konnte man die meisten Nahrungsmittel auch sonntags erwerben. Die Öffnungszeiten von Geschäften am Sonntag waren bis zum Ersten Weltkrieg immer wieder Gegenstand von Konflikten. Hier stießen unterschiedliche Interessen aufeinander. Während die Geschäftsinhaber an bisherigen Sonntagsverkaufszeiten festhalten wollten (sie argumentierten mit der Notwendigkeit dieser Sonntagseinkaufszeiten für die in die Stadt kommenden Bauern und Fremden), kämpften die Handelsangestellten für ihr Recht auf Sonntagsruhe.[1140]
Für das Handelsgewerbe wurde im Allgemeinen eine „volle Sonntagsruhe“ angestrebt, der Lebensmittelhandel galt als Ausnahme.[1141] Für die Warengruppen im Lebensmittelbereich galten jedoch unterschiedliche Bestimmungen bezüglich Sonntags-Verkauf, so dass es schwierig war, diese aufeinander abzustimmen. Viele Geschäftsleute führten nämlich mehrere Warengruppen gleichzeitig. Manche Händler führten bauliche Veränderungen in ihren Geschäften durch, um jene Lebensmittel die für den Sonntagsverkauf zulässig waren, von anderen Warengruppen zu trennen. So gab es etwa für Südfrüchte eine eigene Regelung: „Den Obst- und Viktualienhändlern soll der Verkauf an Sonntagen durch 8 Stunden gestattet sein, doch dürfen dieselben andere Waren, insbesondere – außer Orangen und Zitronen – Südfrüchte, also Datteln, Mandeln, Feigen, Malagatrauben, Krachmandeln und Haselnüsse nicht feilhalten.[1142]
Die „Sonntagsruhebewegung“ führte auch dazu, dass Dienstboten am Sonntag Freizeit bekamen und in den meisten Haushalten ein kaltes Nachtmahl eingeführt wurde.[1143]
Im Jahr 1905 war den Bäckern am Sonntag der Verkauf ganztägig möglich, Fleischhauer und Wursterzeuger konnten am Sonntag in den Monaten Mai bis Oktober von 7–12 und ½ 7 bis ½ 9 (18.30 bis 20.30) Uhr, in den anderen Monaten von 7–12 und von 6–8 (18.00 bis 20.00) Uhr ihre Waren anbieten. Die Verkaufszeiten von Molkereien, Milchmeiern und Milchverschleißern waren von 6–10 und von 5–7 (17.00 bis 19.00) Uhr.[1144]
[1013] Vgl. [Tolksdorf 2001].
[1014] Vgl. [Teuteberg 1986a], S. 309.
[1015] Vgl. [Teuteberg 1986b], S. 353.
[1016] Vgl. [Mühlpeck 1979].
[1017] Vgl. [Mollenhauer 1995], S. 197.
[1018] Vgl. [Mollenhauer 1995], S. 199f.
[1019] Vgl. [Teuteberg 1972], S. 47.
[1020] Vgl. [KönigW 2000], S. 33.
[1021] Vgl. [KönigW 2000], S. 91.
[1022] Vgl. [Sandgruber 1978], S. 131.
[1023] Vgl. [KönigW 2000], S. 424.
[1024] Vgl. [Wiegelmann 1972], S. 232.
[1025] Vgl. [KönigW 2000], S. 10.
[1026] Vgl. [Mollenhauer 1995], S. 207.
[1027] [Sandgruber 1982b], S. 261.
[1028] Erst ab 1. Jänner 1900 galt ausschließlich die Kronenwährung. Man bezahlte dann mit Kronen (K) und Heller (h). Vorher waren Gulden (fl) und Kreuzer (kr) im Einsatz.
[1029] Vgl. [Sandgruber 1982], S. 262.
[1030] Vgl. [Sandgruber 1982], S. 263.
[1031] [Salzburger Wacht] vom 10. Juni 1904, S. 2f.
[1032] Vgl. [Wiegelmann 1986], S. 364.
[1033] Vgl. [Teuteberg 1987], S. 20.
[1034] Vgl. [KönigW 2000], S. 91.
[1035] Vgl. [Teuteberg 1987], S. 13.
[1036] Vgl. [Wiegelmann 1972], S. 315.
[1037] Vgl. [Teuteberg 1987], S. 21.
[1038] Vgl. [Dopsch/HoffmannR 1996], S. 448.
[1039] Vgl. [Bericht über die wirthschaftlichen Verhältnisse 1894], S. 121f.
[1040] Vgl. [Bericht über die wirthschaftlichen Verhältnisse 1894], S. LXII.
[1041] Vgl. [Salzburger Wacht], vom 29. April 1904, S. 4.
[1042] Vgl. [Bericht über die wirthschaftlichen Verhältnisse 1894], S. 121f.
[1043] Vgl. Salzburger Geschäfts-, Volks- und Amts=Kalender [„“] für das Jahr 1900, S. 76.
[1044] Vgl. [Resch 1994], S. 60f.
[1046] Vgl. [Plasser 2000], S. 209.
[1047] Vgl. [Chronik des Handwerks 1953], S. 126.
[1048] Vgl. [MüllerG 1971], S. 97.
[1049] Vgl. [Resch 1994], S. 66.
[1050] Vgl. [Resch 1994], S. 65ff.
[1051] Vgl. [Landesausschuss Bericht Gewerbewesen 1882], S. LIX.
[1052] Vgl. [Sandgruber 1986], S. 187.
[1053] Vgl. [Sandgruber 1986], S. 177.
[1054] Vgl. [Sandgruber 1986], S. 187.
[1055] Vgl. [Chronik des Handwerks 1953], S. 184.
[1056] Vgl. [Resch 1994], S. 62.
[1057] Vgl. [Landesausschuss Bericht Gewerbewesen 1882], S. LIX.
[1058] Vgl. [Landesausschuss Bericht Gewerbewesen 1882], S. LXII.
[1059] Vgl. Salzburgischer Geschäfts-, Volks- und Amts=Kalender für das Jahr 1900, S. 85ff.
[1060] [Berufsstatistik 1900], S. 104.
[1061] Vgl. [Chronik des Handwerks 1953], S. 65.
[1062] Vgl. [Bericht über die wirthschaftlichen Verhältnisse 1894], S. 126ff.
[1064] Vgl. Sitzungsprotokoll der Salzburger Handels- und Gewerbekammer vom 25. Oktober 1907, S. 207ff.
[1065] Vgl. Sitzungsprotokoll der Salzburger Handels- und Gewerbekammer vom 17. Oktober 1902, S. 113f.
[1066] Vgl. [Chronik des Handwerks 1953], S. 65.
[1067] [Salzburger Wacht], vom 20. September 1901, S. 3.
[1068] Vgl. [MüllerG 1971], S. 201.
[1069] [Neuwirth 1898], S. 178
[1071] Vgl. [Kramml 1999], V2.
[1073] Vgl. [Kramml 1999], V2.
[1075] Vgl. [MüllerF 1968], S. 35.
[1076] Vgl. Marktordnung für die Landeshauptstadt Salzburg. Salzburg 1903, S. 4.
[1077] Vgl. Marktordnung für die Landeshauptstadt Salzburg. Salzburg 1903, S. 5.
[1078] Vgl. Marktordnung für die Landeshauptstadt Salzburg. Salzburg 1903, S. 4.
[1079] Vgl. Marktordnung für die Landeshauptstadt Salzburg. Salzburg 1903, S. 23.
[1080] Vgl. Sitzungsprotokoll der Salzburger Handels- und Gewerbekammer vom 7. Februar 1893, S. 17.
[1081] Vgl. [Cäsar 1993], S. 63.
[1082] Vgl. [MüllerG 1971], S. 187.
[1083] Vgl. [Cäsar 1993], S. 63.
[1084] Zit. n. [Cäsar 1993], S. 64.
[1085] Vgl. [Bericht über die wirthschaftlichen Verhältnisse 1894], S. 32f.
[1087] Vgl. [Sandgruber 1982b], S. 171.
[1088] Vgl. [Sandgruber 1982b], S. 179f.
[1089] Vgl. [Salzburger Landwirtschafts-Blätter], Nr. 19, 1895, S. 90.
[1090] Vgl. [Sandgruber 1982], S. 176.
[1091] Vgl. [Mühlpeck 1979], S. 658.
[1092] Vgl. [MüllerG 1971], S. 195.
[1093] Vgl. [MüllerG 1971], S. 196.
[1094] Vgl. [HölzlA 1932], S. 119.
[1095] Vgl. [MüllerG 1971], S. 196.
[1097] [Walder-Gottsbacher 1990], S. 138.
[1100] Vgl. Salzburgischer Geschäfts-, Volks- und Amtskalender für das Jahr 1908, S. 132.
[1101] Vgl. Salzburgischer Geschäfts-, Volks- und Amtskalender für das Jahr 1910, S. 146.
[1102] Vgl. [Hoffmann 1990b], S. 167.
[1103] Vgl. [Brazda 1996], S. 21ff.
[1104] Vgl. [Salzburger Wacht], vom 5. Mai 1911, S. 5.
[1105] Vgl. [Verzeichnis der Gewerbe 1900], S. 65.
[1106] Vgl. Salzburgischer Geschäfts-, Volks- und AmtsKalender für das Jahr 1900, S. 76ff.
[1107] [Verzeichnis der Gewerbe 1900], S. 67.
[1108] [Verzeichnis der Gewerbe 1900], S. 67.
[1109] [Verzeichnis der Gewerbe 1900], S. 67.
[1110] [Verzeichnis der Gewerbe 1900], S. 66.
[1111] Vgl. [Statistischer Bericht 1886/90], S. 78ff.
[1112] Vgl. Salzburgischer Geschäfts-, Volks- und Amtskalender für das Jahr 1900, S. 76ff.
[1113] Vgl. [Bericht über die wirthschaftlichen Verhältnisse 1894], S. 123f.
[1114] Vgl. [Müller/Stelzl 1981], S. 530.
[1115] Vgl. [Resch 1994], S. 65f.
[1116] Vgl. Salzburgischer Geschäfts-, Volks- und Amtskalender für das Jahr 1900, S. 79f.
[1117] Vgl. [Klehr 1989], S. 65.
[1118] Vgl. [Blaich 1995], S. 39.
[1119] Vgl. [Kernmayr 1951], S. 354.
[1120] Vgl. [Brazda 1996], S. 197.
[1121] Vgl. [Brazda 1996], S. 187ff.
[1122] In Rochdale wurde eine frühe und bedeutende Genossenschaft von Arbeitern gegründet.
[1123] Vgl. [Kernmayr 1951], S. 354.
[1124] Vgl. [Salzburger Wacht], vom 30. Juni 1905, S. 6.
[1125] Vgl. [Salzburger Wacht], vom 3. Februar 1905, S. 4.
[1126] Vgl. [Salzburger Wacht], vom 10. März 1905, S. 5.
[1127] Vgl. „[Salzburger Wacht], vom 20. Oktober 1905, S. 3.
[1128] [Salzburger Wacht], vom 20. Oktober 1905, S. 3f.
[1129] Vgl. [Salzburger Wacht], vom 20. Oktober 1905, S. 7.
[1130] Vgl. Sitzungsprotokoll der Salzburger Handels- und Gewerbekammer vom 17. Jänner 1888, S. 1.
[1131] Vgl. Sitzungsprotokoll der Salzburger Handels- und Gewerbekammer vom 17. Jänner 1888, S. 2.
[1132] Vgl. Sitzungsprotokoll der Salzburger Handels- und Gewerbekammer vom 17. Jänner 1888, S. 3.
[1133] Vgl. Sitzungsprotokoll der Salzburger Handels- und Gewerbekammer vom 20. Juni 1893, S. 68.
[1134] Vgl. Sitzungsprotokoll der Salzburger Handels- und Gewerbekammer vom 17. December 1897.
[1135] Vgl. Sitzungsprotokoll der Salzburger Handels- und Gewerbekammer vom 3. April 1903, S. 57.
[1136] Sitzungsprotokoll der Salzburger Handels- und Gewerbekammer vom 3. April 1903, S. 57.
[1137] Vgl. Sitzungsprotokoll der Salzburger Handels- und Gewerbekammer vom 3. April 1903, S. 58.
[1138] Sitzungsprotokoll der Salzburger Handels- und Gewerbekammer vom 3. April 1903, S. 59.
[1139] Vgl. Sitzungsprotokoll der Salzburger Handels- und Gewerbekammer vom 2. Mai 1893, S. 48.
[1140] Vgl. [Hanisch/Fleischer 1986], S. 53.
[1141] Vgl. Sitzungsprotokoll der Salzburger Handels- und Gewerbekammer vom 19. Mai 1900, S. 59f.
[1142] Sitzungsprotokoll der Salzburger Handels- und Gewerbekammer vom 15. Jänner 1907, S. 14.
[1143] Vgl. Sitzungsprotokoll der Salzburger Handels- und Gewerbekammer vom 25. Oktober 1907, S. 207.
[1144] Vgl. Sitzungsprotokoll der Salzburger Handels- und Gewerbekammer vom 28. Oktober 1905, S. 111.