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Das Gewerbe der Gerber hat eine sehr alte Tradition. Schon im Mittelalter waren mehrere Handwerke auf die Herstellung von Leder spezialisiert.[262] Diese gliedern sich hinsichtlich der Gerbverfahren in drei Gruppen:
die Rot- und Lohgerber,
die Weißgerber und
die Sämischgerber.
Auf den folgenden Kurztextseiten und unter „Mehr zum Thema“ werden die Geschichte der Ledererzeugung und ihre Präsentation im Museum (Museum in der Fronfeste, Neumarkt am Wallersee; Gerbereimuseum Tittmoning, Bayern) dargestellt.
Leder ist beinahe so alt wie die Menschheit selbst. Dabei war es zunächst ein Produkt des Zufalls. Erst im Laufe der Zeit entwickelten die Menschen verschiedene Methoden zu seiner Erzeugung. Die ersten steinzeitlichen Verfahren zur Konservierung der rohen Tierhaut waren das Trocknen und Räuchern am Feuer. Auch das Kauen der Haut[264] war üblich. Die mittelalterlichen Gerbereien erreichten oft eindrucksvolle Größen, da es kaum ein Handwerk gab, das ohne Leder auskam. Allerdings mussten sich die Gerber in eigene Stadtviertel zurückziehen, denn die Herstellung von Leder war ein „anrüchiges“ und schmutziges Gewerbe.
Um den Bedarf an verschiedenen Ledersorten decken zu können, teilten sich die Gerber in Rot-, Weiß- und Sämischgerber und konzentrierten sich damit auf die Herstellung einer bestimmten Lederart. Die lange Dauer des Gerbverfahrens kam zunehmend in Konflikt mit dem steigenden Lederbedarf. Seit dem 17. Jahrhundert wurde daher in „Versuch und Irrtum“ getestet, welcher Arbeitsschritt sich bei der Gerbung verkürzen ließ. Was die eigentliche Gerbung bewirkte, war bis dahin unbekannt. Erst im Jahr 1793 gelang es, die Gerbsäure zu isolieren und in weiteren Versuchen aus den Gerbstoffen ein hochwirksames Konzentrat herzustellen. Die Entwicklung der Schnellgerbung und der Einsatz von Maschinen und Gerbfässern verkürzten die Lederherstellung auf wenige Wochen und bereiteten den Weg für die industrielle Produktion.
Auf Grundlage der neuen Erkenntnisse entstanden bald erste Lederfabriken, die die kleinen Handwerksbetriebe zunehmend verdrängten. Heute verarbeiten einzelne Großunternehmen jährlich Millionen von Häuten zu Leder. Heute wird das meiste Leder in Billiglohnländern produziert, in denen es kaum Vorschriften für die bei der chemischen Gerbung entstehenden giftigen Abwässer gibt.
Aus den Häuten von Rind, Pferd, Hund und Schwein stellen die Rotgerber ein rotbraunes, strapazierfähiges, zug- und reißfestes Leder her. Dieses eignet sich hervorragend für die Erzeugung von Schuhen (Sohlen- und Oberleder), Riemen, Satteln, Bucheinbänden, Möbeln u. Ä.
Das Gerben mit pflanzlichen Mitteln (vegetabile Gerbung) ist seit der Bronzezeit (ca. 2000 v. Chr.) nachweisbar, wobei hauptsächlich die Rinde von Eichen und Buchen als Gerbmittel verwendet wurde. Diese so genannte Loh- oder Rotgerbung wurde traditionell im Mittelalter angewandt. Seit 1900 ist die Gerbung mit Chromsalzen (Chromgerbung) die wichtigste Gerbmethode, da sie eine kürzere Laufzeit hat als die Lohgerbung, die sich bis zu 15 Monaten hinziehen kann. Nach der Gerbung lässt sich anhand der Farbe des Leders die Gerbart erkennen: Durch die Lohgerbung erhält das Leder eine bräunliche Färbung, durch die Chromgerbung wird es silbergrau.
Vor allem im Mittelalter nahm die Lederherstellung eine Schlüsselposition ein. Die Gerber begannen, sich in Zünften zu organisieren. Die Hauptaufgabe der Zünfte bestand darin, die Konkurrenz auszuschalten und dafür zu sorgen, dass alle Mitglieder gleiches Einkommen aus ihrem Gewerbe hatten. Zudem regelte die Zunft die Zuteilung der Rohstoffe, die Anzahl der Produktionsmittel, die Verfahrenstechnik, die Arbeitszeiten, die Menge des Verkaufs und kontrollierte die Qualität der Produkte. Seit dem 16. Jahrhundert zählten die Gerber aufgrund ihrer wirtschaftlichen Macht zu den führenden Zünften. Sie hatten wichtige Ämter inne und genossen großes soziales Ansehen.
Das Rohmaterial, aus dem die Weiß- und Sämischgerber ihr Leder erzeugen, sind Wildhäute (Hirsch, Reh, Gämse ...), Kalbshäute, Lamm-, Schaf- und Ziegenfelle sowie die Häute aller jagdbaren Pelztiere.
Es gilt als sicher, dass die Fettgerbung (Sämischgerbung) schon in der Jungsteinzeit (6000 v. Chr.) angewendet wurde. Der wichtigste Gerbstoff ist der Fischtran, der von Walen und Dorschen gewonnen und in einem Oxidationsprozess in die Haut eingebracht wird. Wegen ihrer Geschmeidigkeit und Haltbarkeit werden die naturgelben Sämischleder bevorzugt für die Erzeugung von Lederbekleidung verwendet.
Auch die mineralische Gerbung mit Alaun (Weißgerbung) war früh bekannt. Über Jahrhunderte wurde zur Gerbung von Pelzfellen Alaunsalz verwendet, weil es einen schönen, weißen Untergrund ergibt. Mit dem im 19. Jahrhundert entwickelten Chromalaun konnten die weißgegerbten Felle auch wasserdicht gemacht werden. Seither erzeugen die Weißgerber auch feines, weiches Glacé- und Nappaleder, mit dem der Bekleidungsindustrie ein weites Betätigungsfeld erschlossen wurde.
Während die Schuster Stiefel und Schuhe, die Sattler Pferdegeschirre, die Handschuhmacher Handschuhe und die Buchbinder wertvolle Einbände aus Leder herstellen, werden in den Werkstätten der Säckler (Lederschneider) Kleidungsstücke erzeugt.
Eine der Hauptaufgaben der Säckler ist die Herstellung von Lederhosen. Diese erfreuen sich seit dem Rokoko zunehmender Beliebtheit. Am besten eignet sich dafür sämisch gegerbtes Hirsch- oder Gämsenleder, da dieses Leder besonders geschmeidig, elastisch und wasserfest ist. Das weichere Rehleder wird aufgrund seiner Größe nur für kurze Kniehosen (seit 1800 in Mode) verwendet. Aber auch Gegenstände des täglichen Gebrauchs werden kunstfertig gestaltet.
Zu den Tätigkeiten des Säcklers (Lederschneider) zählen die Kundenberatung, das Maßnehmen, die richtige Materialauswahl, das Schnitterstellen, der Zuschnitt sowie das Einrichten, das Besetzen, das Nähen der Bekleidungsstücke mit der Nähmaschine und die Handausfertigung. Dazu kommen das Entwerfen von Stickmustern bzw. Monogrammen sowie das aufwändige Besticken der Stücke. Bei der Handstickerei werden Stickvorlagen, welche zart vorgelocht sind, mit Kreide aufgepaust und mit Gummiarabicum und Federkiel nachgezeichnet. Beim Ausnähen mit der Maschine kann entweder das Papierstickbild auf die Innenseite verklebt und nachgesteppt oder auf der Innenseite mit der Kreide aufgepaust und nachgesteppt werden. Da Leder sehr fest ist, bedarf es zuweilen einer kleinen Zange, um die Nadel durchziehen zu können. Mit dem Loch- bzw. Stanzeisen werden auf der Bleiplatte Knopf- und Schnürlöcher geschlagen und diese mit der Hand ausgenäht. Auf Bügelbrett, Stiefel- oder Ärmelholz, Kragenstock sowie Bügelpolster werden die Werkstücke mit dem Wendspindel geklopft und vor der Auslieferung gebügelt.
Ein Blick in das so genannte „Werkstattl“ eines Säcklers, wie sie im Museum in der Fronfeste eingerichtet ist, zeigt uns die Vielfalt der Werkzeuge, die auf dem Arbeitstisch des Säcklers zu sehen sind: Maßband, Zuschneideschere, Beschneidschere, Zackenschere, Zeichenbein, Fingerring, Bienenwachs, Nadeln, Flachzange, Wendspindel, Pfriemen, Loch- bzw. Stanzeisen, Bügeleisen, Nähmaschine, Lineale, Stiefel- und Ärmelholz, Kragenstock und Bügelpolster. Als Hilfsmittel dienen dem Säckler Mehlpapp, Schulkreide, Schneiderkreide, Gummiarabicum, Federkiele, diverse Stickmuster und Nähfäden. Als Beleuchtung diente dem Säckler der so genannte „Lichtergalgen“.
Die Marktgemeinde Neumarkt am Wallersee kann auf eine lange Tradition der Gerberei und des Leder verarbeitenden Handwerks zurückblicken. So vermerkte Jakob Vogl im Neumarkter Heimatbuch für die Jahre 1618 bis 1875 dreizehn Weißgerber in Neumarkt. Heute zeugt nur noch das Ledererhaus unter der „Kirchleitn“ von dieser langen Tradition. Einige verfallene Färberbecken am Statzenbach erinnern an die in direkter Nachbarschaft zu den Gerbereien tätigen Färber (nachweisbar von 1607–1839).
Zu den Gerbern und Färbern am Statzenbach und in der „Kirchleitn“ gesellten sich auch zwei Lederwerkstätten, deren Betrieb erst um die Wende zum 20. Jahrhundert schloss. Auch Sattler, Täschner und Riemer übten von 1606 bis 1841 ihr Handwerk in Neumarkt aus. Ein Handschuhmacher-Betrieb, in dem später auch Lederhosen erzeugt wurden, war bis 1925 in einem Haus direkt an der Hauptstraße untergebracht.
Die Gerber mussten sich früher in eigene Stadtviertel zurückziehen, denn die Herstellung von Leder war ein „anrüchiges“ und schmutziges Gewerbe. Meist befanden sich mehrere Gerbereien an einem Flusslauf. Trotz der viel beklagten Geruchsbelästigung durch faulende Haut- und Fleischreste war man bestrebt, die Gerber in Stadtnähe zu behalten. Schließlich belebten die Gerbereien den Handel und förderten die Existenz anderer Gewerbetreibender. Das Sozialprestige des Gerbers entsprach im Mittelalter seiner Arbeit. Er war der „Stänkerer“ und wohnte „in der stinkenden Gass“. Mit steigendem Vermögen wuchs auch das Ansehen der Gerber. Der soziale Aufstieg ging nicht selten mit der Trennung von Wohnung (im Stadtkern) und Arbeit (im Gerberviertel) einher.
Die fast 400-jährige Tradition, die das Gerberhandwerk in der Gemeinde Neumarkt hat, ist Grund genug, im Museum der Gemeinde ein beinahe vergessenes Gewerbe wieder erleb- und spürbar werden zu lassen. Schon im Neumarkter Heimatbuch von Notar Jakob Vogl, Wien 1930, wird die Vielfalt der Handwerke aufgezählt: ephippiarius: Sattler, Taschner, Riemer; pellio: Kürschner, Weißgerber; curiarius, pellionarius: Lederer; tinctor: Färber.
Neben Exponaten aus der Umgebung bilden Gerätschaften der Sämischgerberei und Säcklerei der Salzburger Familie Jahn-Markl den Hauptteil der Lederabteilung im Museum in der Fronfeste. Die Gerbereimaschinen (Schleifmaschine, Entfleischmaschine und Zurichtmaschinen) sowie die Gerbfässer werden in der Freigerberei im Gefängnishof des Museums gezeigt.
Der Gerbereibetrieb der Salzburger Traditionsfirma Jahn-Markl musste im Herbst 1998 aus finanziellen Gründen aufgelassen werden. Während Säcklerei und Verkaufsgeschäft bis heute weitergeführt werden, erhielt das Museum in der Fronfeste wertvolle Objekte aus der Gerberei und Färberei im Nonntal als Dauerleihgabe. Dazu kamen Kostbarkeiten und Kuriositäten aus Leder, die der letzte Besitzer, Erwin Markl, Zeit seines Lebens sammelte und in einem kleinen Firmenmuseum in der Goldgasse in Salzburg zur Schau stellte.
Oftmals wurde lange Gesammeltes, für den Sammler von großer Wichtigkeit, dem Museum überantwortet, hinter Glas gestellt und bewahrt. Doch das Heimatmuseum, so auch das Museum in der Fronfeste in Neumarkt, braucht ein neues Gesicht. Das Museum in der Fronfeste veränderte sich zu einem Regionalmuseum mit vier Schwerpunktthemen (Postweg; Römer; Handwerk mit Hutmacherei, Gerberei, Freigerberei; Gerichtsbarkeit) und bekam neben seiner bewahrenden Funktion eine neue Komponente, das Prozesshafte. Es soll kultureller Anziehungspunkt sein, immer wieder Neues beitragen und sich entwickeln dürfen.
Das Gesamtkonzept sieht, in enger Zusammenarbeit mit Ingrid Weydemann (Kustodin), Dagmar Bittricher (Museumsreferentin, Salzburger Volkskultur), dem Museumsverein und mit FLEOS architektur (Architekten) eine Arbeit vor, die unter anderem auch das experimentelle Museum einbeziehen soll. Dem „Verstauben“ ist entgegenzuwirken! Es werden bewusst Gestaltungsmittel gewählt, die immer wieder neu einsetzbar sind und inhaltliche sowie räumliche Veränderung zulassen. Informationsträger, Vitrinen und Textfahnen sind flexibel erzeugt und nach Bedarf neu zu gruppieren. Durch das Setzen von unterschiedlich dichten Stoffschichten entstehen zusätzliche, temporäre Räume.
Diese Licht- und Schattenwände werden inszeniert. Transparente Befestigungssysteme für Exponate, die keinen Glasschutz brauchen, sorgen für Leichtigkeit in den kleinen Räumen und sind veränderbar. Unterschiedliche Raumeindrücke werden durch Ton, Licht und Farbe unterstützt. Sonderausstellungsräume sind in den Museumsrundgang integriert und bieten Raum für „Temporäres“. Der Besucher soll aktiv sein dürfen, ausprobieren, angreifen und dadurch begreifen, immer wieder kommen und Neues sehen.
Im Museum in der Fronfeste wird die Geschichte der Handwerke Gerberei, Säcklerei und Handschuhmacher durch traditionsreiche Exponate der Firma Jahn-Markl dokumentiert. Gezeigt werden Produktionsverfahren wie Federkiel- und Lederhosenstickerei, die Lederbeutelherstellung und nicht zuletzt die Handschuhmacherei.
Ein Programm für Besuchergruppen bietet die Möglichkeit, das Leder mit allen Sinnen zu BeGreifen. Interessante Workshops, wie unter anderem: „Von der Ledersandale, Geldbeutel bis zum Mühlespiel“ werden von den MuseumspädagogInnen im Museum angeboten.
Das Museum in der Fronfeste[274] ist in einem historischen Gebäude untergebracht, das der Marktrichter Michael Eisenhut bereits 1589 als Amtmann- und Gefängnishaus errichten ließ. Bis 1960 war es Gemeindekotter. Der rückwärtige Teil mit den sechs Gefängniszellen steht unter Denkmalschutz und wird unter anderem den Schwerpunkt „Gerichtsbarkeit“ beherbergen. Das architektonische Konzept[275] sieht vor, in den Bestand möglichst wenig einzugreifen und nur jene räumlichen Veränderungen durchzuführen, die zur Darstellung zusammenhängender Themen erforderlich sind.
Die Fronfeste beherbergt neben dem Museum im Obergeschoss auch einen Veranstaltungsraum sowie das Bürgerservice. Über eine schmale Treppe gelangt man nach oben ins Museum. Hier empfängt eine Leitwand die BesucherInnen mit Informationen über die Schwerpunkte des Regionalmuseums: Römer, Gerichtsbarkeit, Hutmacherei, Gerberei und Säcklerei. In diese Leitwand ist ein Terminal eingebaut, der eine interaktive Vernetzung mit dem Museum in Tittmoning (Gerben ohne Grenzen) bietet. Der anschließende Kassabereich mit dem kleinen Museumsshop bildet Beginn und Ende des Rundganges durch das Museum.
Im Museum in der Fronfeste ist der Vorraum zur Hutausstellung mit Hüten, die an Gummischnüren befestigt sind und zum Probieren einladen, bestückt. In der Hutmacherei werden die Kopfbedeckungen einzeln auf Haken und leicht beweglichen Stangen gezeigt. Außerdem können Hüte über Dampf geformt werden.
Der Bereich „Leder“, teils aus eigenen Beständen, zum größeren Teil aus der Nachlasssammlung des Lederbetriebs Jahn-Markl bestückt, zeigt die Entstehungsschritte von der gegerbten Tierhaut zum fertigen Produkt. Typische Lederbearbeitungswerkzeuge werden (an)greifbar dem Besucher nähergebracht. Sie hängen frei im Raum und der Besucher bekommt anhand von Beschreibungen samt Bildern eine Einführung in das Thema. Mittels Stanzeisen kann man selbst Hand anlegen.
Über die „Riechinsel“ und zahlreiche „Tierhäute“ erfährt der Interessierte in der Raumschleife Fakten über das Gerbwesen. In Spielform entdeckt man die unterschiedlichsten Oberflächen von Häuten und Fellen. Die Sinne „Riechen“, „Fühlen“, „Sehen“ werden hier angesprochen. Die Freigerberei ist im Freien situiert und beherbergt die teils voluminösen Maschinen.
Das Gerberhandwerk lässt sich in der Geschichte der Stadt Tittmoning weit zurückverfolgen. Schon im 16. Jahrhundert stellten hier drei Rot- und zwei Weißgerber Leder her. Angesiedelt waren die Gerbereien am Unterlauf des Ponlachbaches, der auch durch andere Handwerker intensiv genutzt wurde. Die Tittmoninger Gerber gehörten mit ihren Anwesen der sozialen Oberschicht an und besaßen Bürgerrechte. Dass die Weißgerber den Rotgerbern nicht gleich gestellt waren, zeigen ihre geringeren Abgaben an die Stadtkasse.
Einige Weißgerber betrieben zusätzlich zur Gerberei eine Landwirtschaft, eine Säcklerei oder einen Wollhandel. Aber auch die Rotgerber fanden im Hauthandel und durch die Veräußerung von Nebenprodukten eine zusätzliche Einnahmequelle. Heute sind alle Betriebe des einst für die Stadt so bedeutenden Wirtschaftszweiges geschlossen.
Die Ausbildung der Lehrlinge wurde lange durch die Gerberzunft geregelt. Nach vierjähriger Lehrzeit wurde der Lehrling zum Gesellen. Wer genügend Geld hatte, konnte anschließend die Meisterprüfung ablegen. Die harte körperliche Arbeit in der Gerberei wurde durch den Gestank der schwitzenden Häute, die Ungezieferplage, die ständige Feuchtigkeit, das Hantieren mit ätzenden Säuren und scharfen Werkzeugen erschwert. Zur Belastung durch die Arbeitsumgebung kam, dass der Beruf wenig Ansehen genoss. Dafür wurden die Arbeiter gut entlohnt. Im 18. Jahrhundert zählten die Gerbergesellen sogar zu den Spitzenverdienern.
Im räumlichen Wirkungsbereich der Stadt Neumarkt am Wallersee, Salzburg Umgebung und der Stadt Tittmoning, Landkreis Traunstein, Regierungsbezirk Oberbayern wurde das Projekt „Gerben ohne Grenzen. Von der Lederhaut zur Lederhose“ umgesetzt. Die Grundlage für das grenzüberschreitende Projekt der Museen in der Fronfeste und in der Burg Tittmoning stellen die ehemalige Gerberei und das Lederhaus Jahn-Markl (Stadt Salzburg) mit einer bedeutenden Sammlung, die über 400-jährige Tradition der Gerber in Neumarkt am Wallersee und das Gerberhandwerk in Tittmoning seit dem 16. Jahrhundert (mit der Familie Wandinger von 1870 bis 1950 dar.
Im Sinne der Vernetzung wird hier das Gerberei- und Säcklereihandwerk im historisch gewachsenen Kulturraum dokumentiert. Gemeinsamkeiten und lokalspezifische Unterschiede werden aufgezeigt und die Präsentationen im Museum in der Fronfeste[279] und im Gerbereimuseum – Burg Tittmoning laden zum „Schmökern“ ein.
Die gemeinsame wissenschaftliche und sich gegenseitig ergänzende didaktische Aufbereitung des Themas sowie die gemeinsame Vermarktung tragen zum Ziel einer kontinuierlichen aktiven Museumspartnerschaft bei. Die Stärkung der kulturellen Identität im Eu-Regio-Raum und die Stärkung des Kulturtourismus zeigen sich als grenzüberschreitender Effekt. Schon jetzt bringen viele Handwerker aus der Zunft der Gerber und Säckler ihr Wissen und auch diverse Exponate aus den aufgelassenen Werkstätten in die Präsentationen ein und bereichern immer wieder mit authentischem Material.
[260] Kurztextseite von Ingrid Weydemann
[261] Kurztextseite von Petra Aster
[262] [Bittricher 2003], S. 49–52.
[263] Kurztextseite von Petra Aster
[264] Das Kauen der Haut zur Lederkonservierung wird heute noch bei einigen Eskimostämmen praktiziert.
[265] Kurztextseite von Petra Aster
[266] Kurztextseite von Petra Aster
[267] Kurztextseite von Petra Aster
[268] Kurztextseite von Petra Aster
[269] Kurztextseite von Petra Aster
[270] Kurztextseite von Petra Aster
[271] Kurztextseite von Gudrun Fleischmann und Thomas Oswald
[272] Kurztextseite von Ingrid Weydemann
[273] Kurztextseite von Gudrun Fleischmann und Thomas Oswald
[274] Sonderausstellungen: 2000 „Von der Lederhaut zur Lederhose“; 2001 „‚Zeit der Noth‘ Armut gestern und heute, und was ist morgen?“; 2003 „Wasserwunder Wallersee“; 2004 Bauen „in aus nach Salzburg“ (Wanderausstellung); 2004 „Müll und Magie“ (Sonderausstellung)
[275] Konzepterstellung und Planungsbeginn: März 1999; Nettonutzfläche: 250 qm zuzüglich Freigerberei; Konzepterstellung und Ausstellungsgestaltung, Projektkoordination und Graphik: FLEOS architektur ZT-KEG
[276] Kurztextseite von Gudrun Fleischmann, Thomas Oswald
[277] Kurztextseite von Petra Aster
[278] Kurztextseite von Ingrid Weydemann
[279] Museum in der Fronfeste, 5202 Neumarkt a. Wallersee, Hauptstraße 27, Tel: +43/(0)6216-5704, Museumsleiterin: Ingrid Weydemann