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Siebenbürgen, das Herkunftsland der Siebenbürger Sachsen, ist Teil einer jahrhundertealten Kulturlandschaft in Südosteuropa und hat nichts mit dem Siebengebirge oder Sibirien zu tun. Im Karpatenbogen gelegen gehört Siebenbürgen heute zum Staatsgebiet von Rumänien. Mit einer Größe von ca. 55.000 qm ist Siebenbürgen etwa so groß wie die Schweiz. Bewohnt wird dieser Landesteil von ca. 3,5 Millionen Rumänen, 2 Millionen Ungarn, ca. 800.000 Roma und ca. 16.000 (von ehemals 250.000) deutschsprachigen Siebenbürger Sachsen, die das Land durch ihre Dörfer und Städte unverwechselbar mit westeuropäischer Kultur prägten.
Die Bezeichnung Siebenbürger Sachsen sagt nichts über die ursprüngliche Herkunft der deutschsprachigen Siedler vor über 850 Jahren aus. Von den Ungarn, den damaligen Landesherren von Siebenbürgen, wurde den Siedlern im 13. Jahrhundert die Bezeichnung „Saxones“ verliehen. Die ersten Siedler, Bauern und Handwerker kamen aus dem Rheinland um Maas und Mosel, Franken sowie Flandern. Eine weitere große Besiedelung erfolgte vor ungefähr 250 Jahren durch zwangsumgesiedelte evangelische Protestanten aus Oberösterreich, Kärnten und der Steiermark, den so genannten Landlern.
In den Kriegswirren des Jahres 1944 wurde Siebenbürgen zum Kriegsschauplatz. Die deutschsprachige Bevölkerung vorwiegend Nordsiebenbürgens wurde von der sich zurückziehenden deutschen Wehrmacht evakuiert. Im September des Jahres 1944 wurden die Bewohner unzähliger Dörfer aufgefordert, binnen weniger Tage, ja teils sogar weniger Stunden zu packen und sich meist mit Fuhrwerken auf den Weg in Richtung Westen zu machen. In zusammengestellten Wagenkolonnen, die teilweise mehrere Kilometer Länge aufwiesen, machte man sich auf den Weg in Richtung Grenze nach Österreich.
Nach einer entbehrungsreichen Flucht über ca. 1.200 km, gezeichnet von Hunger, Krankheit und auch Bombenangriffen, erreichten viele Siebenbürger Sachsen nach zwei Monaten das Salzburger Land. Neben Tausenden Flüchtlingen, welche sich zu dieser Zeit in Österreich befanden, wurden auch die Siebenbürger in Salzburg aufgenommen. Der Stadt Salzburg und den Flachgauer Gemeinden Anthering und Faistenau wurden große Teile der Flüchtlinge aus Siebenbürgen zugeteilt.
Die Unterbringung erfolgte großteils bei der heimischen Bevölkerung auf Bauernhöfen sowie in vorhandenen oder eigens errichteten Barackenlagern. Auf Grund der großen Entbehrungen jedes Einzelnen während der Kriegsjahre bedeutete die Einquartierung von Flüchtlingen meist eine Störung und erhebliche Belastung der Einheimischen. Die Normalisierung eines Zusammenlebens sowie die Stabilisierung des Verhältnisses von Einheimischen zu Flüchtlingen bzw. Zuwanderern bedurfte die gesamte Zeitspanne bis zu den frühen 1950er-Jahren.
In den Wirren des Zweiten Weltkrieges wurden rund 40.000 Siebenbürger Sachsen im Herbst 1944, vorwiegend aus dem ungarischen Teil Siebenbürgens, evakuiert und traten die Flucht in Richtung Westen an. Die Flucht der Siebenbürger Sachsen stellt eine rühmliche Ausnahme der von Hass, Zerstörung und Rache erfüllten Vertreibung deutschsprachiger Menschen aus anderen osteuropäischen Ländern dar. Der lange Weg in Richtung Westen endete für viele, wenn auch für manche nur vorübergehend, im Land Salzburg.
Von den ca. 20.000 Siebenbürger Sachsen, welche in Österreich sesshaft wurden, siedelten sich ungefähr 2.300 Personen in Salzburg an. Nach dem anfänglichen Flüchtlingsdasein unter Millionen anderer Staatenloser in den ersten Jahren nach dem Krieg und den Schwierigkeiten eines Neuanfanges wurden bereits ab dem Jahre 1950 siebenbürgische Siedlungen in Österreich gegründet. Siedlungsgebiete in der Stadt Salzburg sind die Eichethofsiedlung, die Siedlung Gneis, die Stadtteile Taxham und Liefering und die Siedlungen zu beiden Seiten der Alpenstraße. Im Land Salzburg erfolgte eine Ansiedlung von Siebenbürger Sachsen in Bergheim und in Bürmoos, aber auch im Raum Zell am See und Gastein. In diesen Gemeinden wurden später unter Mithilfe der Siebenbürger evangelische Kirchen errichtet. Das größte geschlossene Siedlungsgebiet entstand im Flachgau in der Gemeinde Elixhausen. Viele Familien, großteils aus der Siebenbürgischen Gemeinde Botsch stammend, gründeten hier die Siedlung Sachsenheim.[477]
Durch die Mitarbeit am wirtschaftlichen und kulturellen Aufschwung in Österreich gewannen die Siebenbürger an Anerkennung. Bald begann man sich zu integrieren, behielt jedoch einen eigenen Platz in der Gesellschaft.
Die Siebenbürger fanden Mitte der 1950erJahren wieder mehr Zeit, sich der eigenen Herkunft zu besinnen, an die Geselligkeit zu denken, die Bräuche und Traditionen aus Siebenbürgen wieder aufleben zu lassen. Es wurde ihnen ein Bedürfnis, unter anderem mit ihren schönen Trachten, die österreichische Kulturlandschaft zu bereichern. Sowohl zum Zwecke der gegenseitigen Unterstützung als auch um in gewisser Weise organisiert in der Öffentlichkeit auftreten zu können und zur Wiederbelebung der eigenen Kultur und Tradition wurden im Jahre 1954 der „Österreichische Verein der Siebenbürger Sachsen in Salzburg“ und im Jahre 1958 der „Verein Nachbarschaft Sachsenheim“ gegründet.
Heute, 60 Jahre nach der Ankunft der ersten Siebenbürger Sachsen in Österreich, also bereits zwei Generation nach der Erlebnisgeneration, wird in den Vereinen die Tradition Siebenbürgens gepflegt. Aus Siebenbürger Sachsen in Österreich sind österreichische Siebenbürger bzw. Österreicher geworden. Viele der mittlerweile schon zweiten und dritten Generation der „österreichischen“ Siebenbürger Sachsen, hegen großes Interesse an der Herkunft der Vorfahren.
Zusätzlich zur Traditionspflege sowie dem geselligen und gemeinschaftlichen Aspekt zählen das Kontakthalten und die Hilfe nach Siebenbürgen zu den wichtigen Zielen der Vereine. Nach einem Besuch vor Ort sind vielen das Land Siebenbürgen und dessen Menschen ans Herz gewachsen. Neben der Unterstützung von Sozialeinrichtungen sowie der Hilfe für alte Menschen in Siebenbürgen werden auch für die Erhaltung und Förderung von Kulturgütern und Baudenkmälern (Kirche in Botsch) Aktivitäten gesetzt. Die finanziellen Mittel für diese Hilfsaktionen werden bei Flohmärkten, Bazaren sowie über Spendenaufrufe im Verein, aber auch von vielen privaten Sponsoren aufgebracht. Unterstützt werden diese Bemühungen für die Hilfe nach Rumänien seit Anfang der 1990er-Jahre von Stadt und Land Salzburg.
[476] Kurzfassung von Roland Meburger und Melanie Lanterdinger – Der Artikel basiert auf folgender Literatur: [Petri 2001] – [Acker-Sutter 1991].
[477] Vgl. den Beitrag von [Engler/Engler/Engler 1991] Anhand der Chronik der Siedlung Sachsenheim in Elixhausen wird die Entwicklung und die Eingliederung der Siebenbürger Sachsen im Land Salzburg gezeigt. Der Einsatz und die wertvollen Beiträge für das gesellschaftliche Leben über fünf Jahrzehnte werden eindrucksvoll dargestellt.