„Mediation ist ein Verfahren, bei dem eine neutrale dritte Person die Beteiligten darin unterstützt, die zwischen ihnen bestehenden Konflikte durch Verhandlungen einvernehmlich zu lösen.“[521]
Mediation ist[522]
eine Kunst, Konflikte in einer konstruktiven Art und Weise zu deeskalieren und zu bearbeiten
eine informelle und außergerichtliche Konfliktbearbeitung durch Kommunikation
eine zivilisierte Streitkultur, wenn Streitende nicht weiterkommen
Gewaltprävention, bevor sich zunehmendes Misstrauen und Hass bildet
erlernbares Werkzeug für den Beruf und Privatleben
Mediation bedeutet Vermittlung im Konflikt
Die Mediation ist in Österreich seit 1. Jänner 2000 – mit der Scheidungsmediation – erstmals gesetzlich geregelt. Unter bestimmten Voraussetzungen hat nunmehr der Richter die Pflicht, den Parteien eines Scheidungsverfahrens die Mediation zu empfehlen. Damit wurde ein wichtiger Schritt gesetzt, die Mediation für die Befriedigung zwischenmenschlicher Konflikte in der Bevölkerung bekannt zu machen. Gleichzeitig bietet das Familienlastenausgleichsgesetz §39c mit einer Förderungsbestimmung einen Zugang zur Mediation.
Die Vorteile der Mediation sind zwar in den Fachkreisen (Juristen, Psychologen, Soziologen ...) unbestritten, doch bis dato hat die Mediation immer noch einen geringen Bekanntheitsgrad und dementsprechend oft wählen Betroffene für die Lösung ihrer Konflikte ein streitiges Verfahren. Mit 1. Mai 2004 ist das Zivil-Mediations-Gesetz in Kraft getreten, d. h. die Mediation als außergerichtliches Verfahren wird im gesamten Zivilbereich ähnlich der Familienmediation gesetzlich geregelt. Parallel zur gesetzlichen Regelung von Mediation bieten viele verschiedene Bildungsinstitute in Form von Seminaren Mediations-Ausbildungen an. Die Bezeichnung „Mediator/Mediatorin“ ist mit dem Zivilrechts-Mediations-Gesetz (29. Bundesgesetz vom 6. Juni 2003) gesetzlich geregelt. Der Beruf des/der „Mediators/Mediatorin“ ist dem Gewerbe der Lebens- und Sozialberatung gemäß § 127 Z. 20 GewO 1994 eingeschränkt auf Mediation angeschlossen.
Mediation ist ein außergerichtliches Verfahren, das die Eigenverantwortlichkeit und Selbstbestimmtheit der Konfliktparteien fördert. Mediation ist eine Errungenschaft des 20. Jahrhunderts, die letztlich als logische Weiterentwicklung der Ideen der Aufklärung, eines geänderten Menschenbildes und eines sich wandelnden Umgangs mit Konflikten zu verstehen ist. In der Mediation wird die Krise zur Chance erhoben.
Die Zunahme an Gewalt ist nicht nur in den Medien ein viel diskutiertes Thema, sondern konkret in der Gesellschaft spürbar, wobei Gewalt unterschiedliche Formen annimmt. Sie tritt in verbaler, physischer oder psychischer Gestalt auf. Je nach Alter, Sozialisation und Geschlecht sind Menschen mit Gewalt konfrontiert und die Gesellschaft klagt zunehmend über einen rauen Umgang. Oft ist es schwer nachvollziehbar, wie schnell ein einfacher Disput eskalieren kann. Aber nicht nur Worte und Schläge tun weh, auch die soziale Ausgrenzung und die Verbreitung böswilliger Gerüchte (z. B. in Form von Mobbing am Arbeitsplatz) können Konflikte bewusst eskalieren lassen. Die Gewalt in ihrer vielfältigen Form und Ausprägung gehört zum Alltag.
Ganz wesentlich scheint die Art und Weise zu sein, wie mit Konflikten konkret umgegangen wird. Menschen erleben Konflikte im Alltag häufig negativ, als Störung oder Belastung. Sie sehen zwar die Notwendigkeit, Konflikte auszutragen, eben nach Lösungen zu suchen, finden aber im hektischen Alltag oft nicht die notwendige Zeit. Es besteht permanenter Druck, es mangelt an Zeit und Raum für die notwendige Konfliktbearbeitung. Viele Menschen sind unzufrieden mit ihrem Verhalten (ihrer Konfliktlösung), da ihnen effektive Handlungsmöglichkeiten zur Intervention und Prävention fehlen. Oft ziehen sie sich auf scheinbare Machtpositionen zurück, fühlen sich dabei aber unwohl: Angedrohtes Machtverhalten greift kaum, was zu einem Gefühl der Hilflosigkeit und Frustration führt. Sie haben Angst vor Eskalation und Gesichtsverlust oder sogar davor, selbst bedroht bzw. verletzt zu werden. Es entstehen meist Lösungen nach dem Muster „Gewinner – Verlierer“.
All diese Umstände drängen nach einer Lösung in Form einer konstruktiven Konfliktkultur. Die Erfahrungen aus den angelsächsischen Ländern zeigen bereits in den 1970er-Jahren, dass Mediation eine Methode zur Konfliktbearbeitung bereitstellen kann, die kurzfristig wirksam zur Konfliktlösung eingesetzt wird, aber auch langfristig ein positives Element respektvollen sozialen Umgangs ermöglicht. In der Mediation sieht man den Konflikt als Chance. Menschen sollen Neues über sich selbst erfahren, dabei ihre eigenen Grenzen kennen lernen und soziale Kompetenz erwerben. Gemeinsame Konfliktbewältigung stärkt die Beziehung und fördert die Solidarität. Mediativ gelöste Konflikte setzen Energien frei und halten die Gesellschaft lebendig und bieten die Möglichkeit, Veränderungen prozessorientiert in Gang zu setzen. Die Gesellschaft ist aufgefordert, nicht in Problemen zu denken, sondern in Lösungen.[523]
Die Mediation ist eine Verhandlung zwischen Konfliktparteien unter Mithilfe einer oder mehrerer unabhängiger Personen. Die wesentlichste Forderung an die Konfliktparteien ist ihre Verhandlungsbereitschaft. Sie müssen in der Lage sein, Interessen und Bedürfnisse in das Verfahren einzubringen und Kompromisse einzugehen. Die Konfliktparteien müssen bereit sein, getroffene Vereinbarungen einzuhalten. Die Parteien müssen zudem den Mediationsprozess verstehen und die Rolle des Mediators/der Mediatorin von der eines Richters oder Psychotherapeuten unterscheiden können.
Mediation ist die Vermittlung in Konfliktsituationen durch unparteiische Dritte. Anders als bei der herkömmlichen Schlichtung hilft die Mediation den Konfliktparteien, die aufgrund ihrer gestörten Kommunikation nicht mehr in der Lage sind, ohne Hilfe von außen miteinander zu verhandeln. Mediation bezieht alle Konfliktparteien mit in die Lösung ein. Diese nehmen freiwillig an der Mediationssitzung teil. Die Mediation bleibt neutral und allparteilich. Sie wertet nicht das Verhalten oder die Gefühle der Streitenden, sondern hilft, über Akzeptanz und Toleranz, Interessen und individuelle Bedürfnisse in Lösungen einzubinden. MediatorInnen sind primär für den Verlauf des Konfliktgesprächs verantwortlich, erst in zweiter Linie für den Inhalt. Mediatoren fungieren als Kommunikationsbrücke und denken lösungsorientiert; d. h., das vorhandene Problem wird prospektiv aufgearbeitet, es wird nach einer fairen, realistischen und ausgewogenen Lösung für die Zukunft gesucht. Eine Grundannahme der Mediation ist, dass die Beteiligten sich eher an eine Abmachung halten, wenn diese in Eigenverantwortung erarbeitet wurde. Mediation ist besonders sinnvoll mit Streitenden, die ihre Beziehung weiterführen müssen wie z. B. Familienmitglieder, Nachbarn, Arbeitskollegen, SchülerInnen etc.; die gemeinsame Lösung soll beide zu Gewinnern machen (Win-win-Lösung). Dieses kann nur dann passieren, wenn nicht nach Positionen verhandelt wird, sondern nach unterschiedlichen Bedürfnissen und Interessen. Zum besseren Verständnis eine Metapher:
Zwei Schwestern streiten sich um eine Orange. Der Schlichter gibt jedem Kind genau die Hälfte. In der Mediation geht man einen Schritt weiter. Sie fragt nach den Wünschen (Interessen), die mit der Orange verknüpft sind. Es stellt sich heraus, dass die eine Schwester das Fruchtfleisch essen will, die andere aus den Schalen ein Segelschiffchen bauen will. Mit diesem Wissen ausgestattet, lässt sich leicht eine Lösung finden, die beide Seiten annehmen können. Der zu verteilende Kuchen wird größer. („Kuchenvergrößerungstechnik“)
Der Gedanke der Mediation ist grundsätzlich nichts Neues. Konflikte stellen seit Anbeginn der Menschheit einen Teil ihres Alltags, mit dem sie sich auseinandersetzen musste, dar. Situationen, in denen die Menschen nicht fähig waren, eine harmonische Lösung zu finden, führten zum Bruch. Diese Erfahrung brachte vielen Menschen dazu, ihre Konflikte auf dem Verhandlungswege zu lösen.
Der Gedanke, eine neutrale dritte Person einzuschalten, um Streitende bei der Konfliktlösung zu unterstützen, ist nicht neu. In vielen traditionellen Gesellschaften existieren Formen gerichtsunabhängiger Konfliktregelung. Geistige Vorbilder für die moderne amerikanische Mediationsbewegung waren sowohl traditionelle christliche Friedenskirchen als auch japanische und chinesische Philosophien. Der Hintergrund ihrer Konfliktregelung war einerseits ein gewisses Misstrauen in der Fähigkeit staatlicher Strukturen, faire Lösungen bereitzustellen, andererseits stellten sie den Anspruch, Menschen in ihren „Humanresources“ zu befähigen, eigene Belange selbst in die Hand zu nehmen. Inzwischen hat sich die Bewegung der „Alternative Dispute Resolution“ (ADR) in der amerikanischen Gesellschaft fest etabliert; Mediation wurde ein anerkanntes Verfahren zur konstruktiven Konfliktlösung in vielen Lebensbereichen.
In den 1980er-Jahren springt der Mediationsgedanke auf Europa über und findet heute in den Bereichen Nachbarschaft, Familie, Umwelt, Politik und Schule zentrale Anwendungsfelder. Effizienzstudien aus Amerika berichten, dass 85 Prozent der Mediationsfälle mit einer Einigung enden, wovon 90 Prozent sich als dauerhaft erweisen.[524] In den letzten Jahren haben berufsspezifische Ausbildungs- und Fortbildungsseminare wesentlich zur Verbreitung der Mediation in Österreich beigetragen. MediatorInnen aus verschiedenen Bereichen haben sich im „Bundesverband Mediation e.V.“ zusammengeschlossen. Ab 1. Mai 2004 führt das Bundesministerium für Justiz eine Liste der eingetragenen Mediatoren.
Das Mediationsverfahren aktiviert kreative und konstruktive Fähigkeiten bei Streitenden und unterstützt sie, einvernehmliche Lösungen zu finden oder einen Bearbeitungsprozess in Gang zu setzen.
Der Begriff „Konflikt“ gilt allgemein als negative Erscheinung im Zusammenwirken von Individuen. Das Wörterbuch der Psychologie definiert Konflikt als „gleichzeitiges Bestehen oder Anlaufen von mindestens zwei Verhaltenstendenzen“.[525] Dieses scheinbar einfach zu fassende Phänomen zeichnet sich durch eine hohe Dynamik und Komplexität aus. Philosophen unterschiedlicher Schulen haben sich mit dem Phänomen Konflikt auseinandergesetzt, haben mutige, teils nachvollziehbare Erklärungen gefunden, sie akribisch geprüft, ohne jedoch den Anspruch von Plausibilität zu liefern. Konflikte scheinen ein ambivalentes Phänomen zu sein, das sowohl eine Notwendigkeit als auch ein Übel darstellt.
Konflikte haben einerseits in ihrer Ursprünglichkeit eine psycho-biologische Funktion im Sinne eines sich stets anpassenden Lebens. Sie füllen unser Dasein mit Veränderung und Stärke und geben uns zugleich das Gefühl der Einzigartigkeit und Selbstbestimmung. Konfliktlosigkeit würde unserem Leben Herausforderung nehmen. Der Mensch wäre antriebs-, und freudlos; das Leben wäre stumpf, kurz gesagt: menschenunwürdig. Doch der Konflikt kennt andererseits auch die Kehrseite der Medaille. Disharmonien treiben Menschen in eine Situation der Belastung. Sie rufen dann nach Entscheidungen oder suchen selbst Lösungen. Nicht der Konflikt per se ist das Übel der Menschheit, sondern die Eskalation bzw. die Art der Austragung. Der Konflikt wird in einem psychologischen Verständnis auch als „Problem“ definiert, was die Einseitigkeit des Begriffs bereits relativiert. So heißt es bei Sir Karl Popper,[526] Probleme seien da, um gelöst zu werden („alles Leben ist Problemlösen“). Die Kognitive Psychologie greift dieses Wissen auf. Diese Forschung zeichnet sich durch ein zielgerichtetes Vorgehen aus, um einen definierten Zielzustand zu erreichen. Allgemeine Methoden der Problemlösung wie die Bildung von Algorithmen und Heuristiken[527] werden eingesetzt und einer kognitiven Lösung zugeführt. Mediation als ein alternatives Konfliktregelungsverfahren mit psychologischem und juristischem Anspruch stellt in Freiheit und Eigenverantwortung der handelnden Personen ein Instrument zur Konfliktlösung bereit.
Die Mediation soll keine Konkurrenz zur Arbeit der Richter und Anwälte sein, sondern ein Verfahren, das Gerichte entlastet, Rechtsanwälte unterstützt, aber vor allem Menschen hilft, gute Entscheidungen zu finden. Die Chance der Mediation liegt in der Eigenverantwortlichkeit, das Ergebnis in der Kompromissbereitschaft. Jede Mediation arbeitet in einem bestimmten rechtlichen Rahmen, den der Mediator/die Mediatorin in allen Phasen mitdenken muss.
Seit etwa zwanzig Jahren treten weltweit neue, außergerichtliche Methoden der Beilegung von Konflikten in den Vordergrund des Interesses. Sie befassen sich mit der eigenverantwortlichen Lösung von Konflikten, die ansonsten über Gerichtsverfahren ausgetragen werden müssten. In den USA, wo die Nachteile von Gerichtsverfahren besonders schwer wiegen, ist eine Bewegung namens „Alternative Dispute Resolution“ (ADR) entstanden. In aufwendigen Forschungsprojekten wurde die Alternative zum staatlichen Gericht gesucht und gefunden. Sie ruht auf drei Säulen. Eine davon – „Arbitration“ (Schiedsgericht) – ist altbekannt, die beiden anderen – „Negotiation“ (Verhandlung) und „Mediation“ (Vermittlung) sind neu. Dass Verhandlung und Vermittlung nicht nur der professionellen Verkäuferschulung zugeschrieben werden, sondern zu einem neuen Berufsbild führen, steht inzwischen fest.
Auch in Europa, wo die Mängel staatlicher Gerichtsverfahren zwar nicht so gravierend sind wie in den USA, aber ebenfalls unübersehbar, hat sich eine Bewegung zur „Alternativen Konfliktforschung“ (AKB) entwickelt. Die Chance der Mediation bei der Konfliktregelung ist die Eigenverantwortlichkeit, die Freiwilligkeit und die Anonymität des Verfahrens, um Wege und Ziele zu erarbeiten, die allen Beteiligten befriedigende Vereinbarungen ermöglichen.[528] Benützt das Gericht als alleinige Entscheidungsgrundlage das Recht, so kann die Mediation auf eine größere Bandbreite von Methoden zurückgreifen. Anwälte stützen sich in ihren Entscheidungen und Beratungen auf Vorhersagen, wie das Gericht entscheiden würde. Diese Strategie entspricht oft nicht den Vorstellungen der Konfliktparteien, Unzufriedenheit auf beiden Seiten ist die Folge. Mediation hingegen ist primär nicht am Ergebnis alleine interessiert, sondern am Prozess, der auf ein Machtgleichgewicht zielt, das nicht direkt vom Vermittler (MediatorIn), sondern von den Parteien in einem kontradiktorischen Vorgehen entschieden wird.
Zum besseren Verständnis stellt man sich zwei Parteien vor, die einen Konflikt haben. Das sind z. B. Nachbarn, die sich über einen Baum streiten, der den einen erfreut und dem anderen das Licht nimmt. Und jetzt stellt man sich vor, die Betroffenen setzen sich zusammen und verhandeln über ihren Konflikt. Dann wird immer Folgendes passieren: Die Beteiligten werden nicht den Konflikt selbst erzählen, sondern sie werden die Geschichte ihres Konflikts erzählen. Beide Personen nehmen Positionen ein und werden feststellen, dass ihre Vorgaben unvereinbar und festgefahren sind. Sind einmal feste Positionen erreicht, dann gibt es drei Möglichkeiten, um weiterzukommen.
Sie brauchen einen Dritten, der ihren Konflikt entscheidet. Das ist der Richter, er wird Recht sprechen, wobei es Sieger und Verlierer geben wird.
Die Beteiligten setzen Machtmittel ein. Sie üben Druck aus. Sie versuchen, den jeweils Anderen durch Anwendung von Drohungen und Gewalt zu beeinflussen.
Die dritte Methode ist das Verhandeln, das einem Feilschen im Basar gleichkommt. Das Prinzip funktioniert denkbar einfach, die Wirkung ist groß, kann das Verfahren doch komplexe Probleme so auflösen, dass beide als Sieger agieren. Der eine gesteht ein wenig ein, der andere erwidert das Zugeständnis mit einem entsprechenden Gegengeständnis, darauf kommt wieder ein Geständnis usw. Die Parteien führen etwas auf, was die Amerikaner den Verhandlungstanz („Negotiation Dance“) nennen. Sie kommen in unserem Fall zu der Lösung.
Mediation als Konfliktlösungsstrategie wird in den Bereichen Familie, Nachbarschaft, Erbschaft, Schule, Wirtschaft, Umwelt und Friedenspolitik mit Erfolg in Österreich eingesetzt.
In Österreich nahm die Mediation als Alternative zu Gerichtsverfahren ihren Anfang im Jugendstrafrecht. 1985 startete der Außergerichtliche Tatausgleich (ATA) als Modellversuch im Jugendstrafrecht, der 1989 nach Auswertung der Ergebnisse im Jugendgerichtsgesetz verankert wurde. 1992 lief ein ähnlicher Modellversuch im Allgemeinen Strafrecht für Erwachsene. Seit 1. Jänner 2000 gibt es die Möglichkeit der Diversion in Österreich. Erste praktische Erfahrungen in der Familienmediation konnten die Gerichte bei dem im Jahr 1995 startenden Modellprojekt an den Gerichten Floridsdorf und Salzburg sammeln, das auf Betreiben der Bundesministerin für Justiz und für Umwelt, Jugend und Familie durchgeführt wurde. Es beinhaltet drei Bereiche: Partner- und Familienberatung bei Gericht, Mediation und Kinderbegleitung und Scheidung. Das Besondere an diesem Modellprojekt bestand darin, dass jeweils ein/e JuristIn und ein/e PsychologIn gemeinsam als Co-Mediatoren fungieren. Das Projekt wurde wissenschaftlich begleitet und nach Auswertung der Ergebnisse auf alle Wiener Bezirksgerichte ausgeweitet. Seit 1999 ist Mediation im EheRÄG 1999 verankert.
Mediation ist mittlerweile als Verfahren gesetzlich verankert. Die Entwicklung der Mediation lässt die Forderung nach Professionalität laut werden. Die Gründung des „Österreichischen Bundesverbandes der Mediatoren“ im Jahr 1994 und der „Plattform Mediation“ 1997 spiegeln die Bemühungen, der Mediation in Österreich ein professionelles Gesicht zu geben, wider. Auf der anderen Seite ist die Gründung des „forum wirtschaftsmediation“ ein Hinweis dafür, dass die Mediation auch in Bereiche wie Wirtschaft, Umwelt und Politik vorgedrungen ist. Auch im Rahmen der aktuellen schulpolitischen Diskussion wird an Mediation gedacht. In Schulen, Kindergärten und Jugendeinrichtungen werden LehrerInnen, ErzieherInnen und SchülerInnen (Peermediation) zu StreitschlichterInnen ausgebildet. Mediation soll PädagogInnen aber auch SchülerInnen helfen, Konflikte früher zu erkennen, um anschließend sozial-integrative und deeskalierende Lösungen zu finden. Es stellt sich die Frage, wer Mediation ausüben darf und welche Fähigkeiten dazu erforderlich sind. Diverse Ausbildungskonzepte für MediatorInnen liegen vor. Im Rahmen des Jusstudiums an der Universität Wien wird das Wahlfach Mediation seit WS 99/2000 angeboten.[529] In Salzburg bietet seit 1999 die VHS im Rahmen von Zertifikations-Lehrgängen Mediationsausbildungen an. Schulmediation wird am Pädagogischen Institut Salzburg für LehrerInnen aller Schulformen angeboten. Erwähnenswert ist auch der Universitätslehrgang „Mediation“ an der Universität Klagenfurt. Die Akademie der Immobilien-Mediatoren bietet seit 2003 in Kooperation mit den Fachgruppen der Immobilien- und Vermögenstreuhänder der Wirtschaftskammer eine berufsbegleitende Fachausbildung zum Immobilien-Mediator an.
Literatur
[Anderson 1985] Anderson, John: Kognitive Psychologie. Eine Einführung. Heidelberg 1985.
[Dorsch 1987] Dorsch, Friedrich: Psychologisches Wörterbuch. 11. Auflage. Bern, Stuttgart, Toronto 1987.
[Dulabaum 2001] Dulabaum, Nina L.: Mediation: Das ABC. Weinheim und Basel 2001.
[Friedman 1993] Friedman, Gary J.: Die Scheidungsmediation. Anleitung zu einer fairen Scheidung. Hamburg 1993.
[Gamsjäger 1994] Gamsjäger, Erich: Burnout bei Lehrern. Universität Salzburg 1994.
[Haynes 1993] Haynes, John M.: Scheidung ohne Verlierer. Ein neues Verfahren sich einvernehmlich zu trennen. München 1993.
[Kleindienst-Passweg/Wiedermann 2000] Kleindienst-Passweg, Susanne; Wiedermann, Eva (Hg.): Handbuch der Mediation. Wien 2000.
[Kriz 1990] Kriz, Jürgen; Lück, Helmut E.; Heidbrink, Horst: Wissenschafts- und Erkenntnistheorie. Hagen 1990.
[Schulz von Thun 1990] Schulz von Thun, Friedemann: Miteinander Reden. Störungen und Klärungen. Allgemeine Psychologie der Kommunikation. Hamburg 1990.
[Walker 2001] Walker, Jamie (Hg.): Mediation in der Schule. Konflikte lösen. Berlin 2001.
[521] [Haynes 1993], S. 12.
[522] Vgl. [Dulabaum 2001].
[523] Siehe: [Gamsjäger 1994].
[524] Siehe: [Walker 2001].
[525] [Dorsch 1987], S. 346.
[528] Vgl. [Haynes 1993].