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Hochzeit und Scheidung (Sabine Fuchs)

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Eheschließung und Scheidung im 18. und 19. Jahrhundert

Die gesetzlichen Regelungen zur Eheschließung und zur Scheidung haben im Verlauf der Geschichte zahlreiche Änderungen erfahren. Obwohl es seit der Regierung Josephs II. immer wieder Versuche zu einer Reform der Ehegesetze gab, war das kanonische (also kirchlich-katholische) Eherecht für lange Zeit die bestimmende gesetzliche Regelung.

Durch das kanonische Recht war eine Scheidung ausgeschlossen, es war lediglich eine Trennung von Tisch und Bett möglich. Dies galt bis zur Säkularisierung Salzburgs für alle, später nur für katholische Bürger. Zudem war eine Heiratsbewilligung der Obrigkeit für die Eheschließung notwendig. Diese Bewilligungen wurden im 18. und 19. Jahrhundert nur sehr eingeschränkt ausgestellt, weil man glaubte, mit einer Senkung der Zahl der Ehen auch eine Senkung der Kinderzahl zu bewirken und so Massenarmut zu verhindern.

Tatsächlich kam es zu einer Erhöhung der Zahl unehelich geborener Kinder. Im Gegensatz zur bürgerlichen städtischen Gesellschaft war das in ländlichen Regionen nicht mit einem Ehrverlust für Frau und Kind verbunden, solange sie in einer monogamen Beziehung mit einem Partner lebte.

Vereinheitlichung und Modernisierung des Eherechts

Nach dem Ende der Monarchie wurden die Widersprüche zwischen kanonischem Eherecht und dem ABGB[64] diskutiert. Eine rein zivile Eheschließung war für Katholiken nach wie vor nicht möglich. Forderungen, ein einheitliches ziviles Eherecht mit einer von der Religion unabhängigen Scheidungsmöglichkeit einzuführen, scheiterte am Einspruch der Katholischen Kirche und an der politischen Blockierung durch die Christlichsoziale Partei. Der sozialistische Landeshauptmann von Niederösterreich und Wien, Albert Sever, machte unter Ausnutzung einer Gesetzeslücke geschiedenen KatholikInnen die Wiederverheiratung möglich.

Erst mit der Einführung des deutschen Ehegesetzes unter den Nationalsozialisten wurde das Eherecht vereinheitlicht und modernisiert. Allerdings griffen nun die Nürnberger Rassengesetze in den Bereich der Partnerwahl ein. Ehen zwischen so genannten „arischen“ und „nichtarischen“ Personen waren verboten.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kam es zu einem auffallenden Anstieg der Scheidungsrate. Dies war auf überhastet geschlossene Kriegsehen und auf eine neue Selbständigkeit der Frauen durch die lange Abwesenheit der Männer zurückzuführen.

Eherechtsreformen: Von den 1950er-Jahren bis heute

Die große Anzahl der Ehescheidungen nach dem Zweiten Weltkrieg ging erst 1956 wieder zurück. Die Kleinfamilie mit dem Mann als Familienernährer und der Frau als Hausfrau und Mutter galt in den 50er- und 60er-Jahren als Ideal aller sozialen Schichten.

Erst die 1968er Studentenbewegung löste eine langsame Änderung des gesellschaftlichen Bewusstseins aus. Eine Folge war das Sinken der Zahl der Eheschließungen in den 70er-Jahren. Auch das Ehegesetz von 1978 und die Scheidungsreform trugen dem neuen gesellschaftlichen Bewusstsein Rechnung. Wesentliche Änderungen waren die Einführung des Zerrüttungsprinzips anstelle der Schuldzuweisung an einen Partner und die Möglichkeit der einvernehmlichen Scheidung. Das Zusammenleben unverheirateter Paare wurde ebenfalls in den 70er-Jahren zu einem wichtigen gesellschaftlichen Modell.

1999 wurde das Eherecht im Sinne einer weiteren Anpassung an die geänderte gesellschaftliche Situation erneut reformiert. Die Neuordnung der Geschlechterverhältnisse in der Gesellschaft und frauenpolitische Anliegen wurden in die Reform einbezogen. Das neue Eherecht soll insbesondere einer partnerschaftlichen Auffassung der Ehe Rechnung tragen.



[64] Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch: Abkürzung ABGB, das seit 1812 in Österreich geltende Zivilgesetzbuch; durch Teilnovellen (1914/16) und Sondergesetze mehrfach geändert und ergänzt. Nach kurzer Einleitung regelt der erste Teil Personen- und Familienrecht, der zweite Teil Sachen-, Erb- und Schuldrecht, der dritte Teil gemeinschaftliche Bestimmungen der Personen- und Sachenrechte.

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