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Nach alter Auffassung der Kirche galt das irdische Leben als Vorbereitung zum ewigen Sein, dessen Erfüllung der Mensch sich durch gute Taten und Gebete im Irdischen erwerben könne. Die Pforte zu diesem jenseitigen Leben war der Tod, dessen Eintritt, so gesehen, mit Freuden zu begegnen war.
Fürstliche Begräbnisse dienten vordringlich der Zurschaustellung der Taten und Tugenden des Verstorbenen und wurden zum Zwecke der Verbreitung oft schriftlich und/oder bildlich festgehalten. Mit der Wiederentdeckung der Antike im Zusammenhang stehen die aufwändigen Feiern des 16. Jahrhunderts, deren Zeremoniell und Funeralkunst bis tief ins 18. Jahrhundert hinein als Vorbilder wirkten. Im Mittelpunkt der Feierlichkeiten stand das prächtig gestaltete Trauergerüst (Castrum doloris).[78]
Den Auftakt der Festlichkeiten bildete ein prächtiger Leichenzug, der sich vom Ort der Aufbahrung zur Hauptkirche bewegte. Begleitet wurde die fürstliche Persönlichkeit von einem prächtig gewandeten, wohl geordneten Zug. Auch die mitgeführte Leichenbahre war mit kostbarem Tuch geschmückt. Wer sich von der Einwohnerschaft nicht anschloss, da ihm kein Platz in der Kirche zustand, bildete Spalier für den Zug. Die Bevölkerung war in die barocke Festgestaltung fest eingebunden (Herstellung der Festarchitektur, Trauerkleidung etc.), wobei die Teilnahme der Bürger nicht immer ohne Nachdruck der Obrigkeit erfolgte. Ein Anziehungspunkt in der Teilnahme lag in der Entlohnung mit Trauerkleidung und der Verteilung von Wachskerzen: eine (karitative) Randerscheinung fürstlich absolutistischer Repräsentation.
Im „Rituale Romanum“ wurden die kirchlichen Riten des Totengeleits erstmals 1614 rubriziert. Sie betrafen Aufbahrung, Prozession, kirchliche Feier und Grablegung. Die Aufbahrung, für die zumeist das Sterbezimmer diente, sollte die Zeit bis zur Leichenfeier überbrücken. Je aufwändiger eine Leichenfeier sein sollte, desto längerer Vorbereitungszeiten bedurfte es. Da für Entwurf und Ausführung selbstverständlich ein gewisser Aufwand nötig war, ergab sich zwischen Aufbahrung und Begräbnisfeierlichkeiten vor allem dann, wenn der „hohe Trauerfall“ überraschend eingetreten war, ein größerer Zeitabstand, den man mit der Aufbahrung der Leiche auf einem so genannten Paradebette im Sterbezimmer überbrückte. Dieses Totenbett wurde gewöhnlich im Bild verewigt.
Während der Aufbahrung wurden bereits Totenmessen für den Verstorbenen gelesen, für hoch gestellte Persönlichkeiten an mehreren Kirchen gleichzeitig Gottesdienste gehalten. Erst wenn der Leichenkondukt (Leichenzug) die Kathedrale erreichte, wurde das Totenoffizium gefeiert. Der Tote lag dann aufgebahrt auf einem Katafalk, einem mehrstöckigen, von Kerzen und Insignien umgebenen Sargaufbau, über den ein so genanntes „Castrum doloris“ (Trauergerüst) errichtet wurde. Um das Plündern des Trauergerüsts zu unterbinden, wurden in Salzburg Almosen verteilt.
Der Leichenkondukt hat sich im Laufe der Zeit zur Allkunst ausgeweitet, die allen die Herrschaft in Zeichen und Symbolen vor Augen führte. Personenabfolge im Leichenzug und Sitzordnung bei der kirchlichen Trauerfeier zählten genauso zum Bereich des barocken Zeremoniells wie Anzahl und Größe der Kerzen. Dem visuellen Trauerprunk stand der musikalisch-liturgische in keiner Weise nach (Begräbnisfeier, Gedenkmessen am 7. und am 30. Tag nach dem Tod).[80]
Der Übergang von den Sterbe- zu den Beerdigungsritualen ist fließend. Durch den Versehgang wurde der Sterbende mit allen Tröstungen der Kirche versehen: mit der Absolution in der Beichte, mit der Wegzehrung in der Kommunion und mit der Letzten Ölung in der Krankensalbung. Eine Versehgarnitur, wie am Sterbebett unerlässlich, bestand aus Standkreuz, zwei Leuchtern und Weihwasserkessel. Im Haus des Todkranken sollte ein Versehtischchen, mit sauberer weißer Leinwand bedeckt, vorhanden sein. Versehtücher dienten dazu, den Hausaltar zu bedecken, der zum Empfang der Sterbesakramente am Bett hergerichtet wurde.
Nach dem Eintritt des Todes wurde der Leichnam für das Begräbnis hergerichtet. Die Klagweiber, im Protestantischen auch „Seelnonnen“ genannt, übernahmen die Aufgaben, die mit der Herrichtung der Leiche und dem Begräbnis in Zusammenhang standen. Es waren dies durchaus ärmere Frauen, die mit Gebeten den Verstorbenen vom Sterbebett bis zum Grab begleiteten, wohin sie bis zum „Dreißigsten“ kamen, um zu beten und zu klagen. Für die Arbeiten wurden sie mit Stoffen, seltener mit Geld entlohnt.
Als Trauerfarben galten traditionell Schwarz und Weiß, für die Geräte das mit der Farbe Weiß gleichgesetzte Silber. Der schwarze „Klagmantel“, der auch sonstige Kleiderzier verbarg, wurde von Männern und Frauen getragen. Zu den großen Trauerfeiern erschien der gesamte Trauerzug, ausgenommen die Mitglieder bestimmter Bruderschaften, schwarz gekleidet, Sterberaum, Leichenwagen und Kirche waren schwarz ausgeschlagen. Andererseits schränkten Kleiderordnungen den Trauerprunk (reichliche Verwendung schwarzer Tücher und Stoffe) ein, er galt als Vorrecht der höheren Stände.
Über Jahrhunderte disziplinierte die im Mittelalter entwickelte Angst vor dem Fegefeuer die Lebensweise der katholischen Welt. Ins Fegefeuer kämen jene Seelen, die zwar in der Gnade Gottes starben, aber nicht frei von lässlichen Sünden waren, für die zeitliche Sündenstrafen stehen. Der Erwerb von Ablässen diente zu deren Verkürzung. Erlösungshilfe boten die Stiftung von Jahrtagmessen oder die Gebete der Bruderschaftsmitglieder für die armen Seelen verstorbener Brüder und Schwestern. Der Abkürzung der Leidenszeit diente auch, möglichst viele Almosen nach dem Tod austeilen zu lassen.
Das Konzil von Trient gewährte jenem Katholiken Vergebung der Sünden, der einmal im Jahr sowie in Todesgefahr seine Sünden reumütig einem Priester beichte. Wenn er von den Sünden losgesprochen wird, werden ihm diese Sünden erlassen, jedoch nicht die Sündenstrafen. Diese habe er im Fegefeuer abzubüßen. Die einzige Möglichkeit, die Schrecken im Fegefeuer abzukürzen, bestand in der Erlangung des so genannten vollkommenen Ablasses, der in der Sterbestunde nur Bruderschaftsmitgliedern zustand. Dies war wohl der Grund, dass das Volk so zahlreich in eine der Bruderschaften eintrat.
Die nach-tridentinischen Bruderschaften waren nicht mehr zünftische Organisationen, die Mitglieder waren nun unterschiedlicher Herkunft. Neben sozialen Aufgaben spielten Leichenbestattung der Mitbrüder und Fürbitte für die Verstorbenen eine wichtige Rolle. Die jedem verstorbenen Mitglied zustehenden Seelenmessen und Gebete sind in den Statuten jeweils vermerkt. Der Bruderschaftsbote hatte bei einem Todesfall eines Mitglieds die Todesmitteilung und die Aufforderung zur Teilnahme am Begräbnis zu überbringen. Bruderschaften befassten sich nicht unmittelbar mit dem Leichnam. Sie leisteten aber den Mitgliedern wichtige Hilfestellung im Umgang mit dem Tod.
[77] Kurzfassung von Melanie Lanterdinger
[78] Die Komposition der Elemente eines solchen Trauergerüsts war nicht Aufgabe des/der am Ort ansässigen Baumeister bzw. Architekten, denen allein die Aufsicht über die handwerkliche Ausfertigung verblieb. Als Material für eine solche ephemere Konstruktion kamen in der Hauptsache Holz und Leinwand, seltener Stuck zur Verwendung, die dann bemalt wurden. Das Verlangen nach illustrierend-narrativen Teilen wurde bald zu einem festen Bestandteil der perspektivisch gemalten, illusionistischen Kulissenaufbauten (in theatralischer Manier). Ein Teil des Funeraldekors für Kirche und Trauergerüst konnte allerdings dem Kirchenschatz entnommen werden. Es waren dies kostbare Leuchter, Kreuze und anderes Kirchengerät, auch Gemälde aus dem Kirchenraum. Der Trauerpomp griff aber immer über den Katafalk hinaus: Auch Portal und Kircheninneres waren auf den feierlichen Anlass bezogen dekoriert. Das groß dimensionierte „Castrum doloris“ musste rasch entfernbar sein, da der Kirchenraum nicht allzu lange beansprucht werden sollte. Mit dem Ende der Exequien war seine Funktion erfüllt. Der entfaltete Glanz währte kurz, die Kosten eines solchen Aufwands waren hoch. Den Mittelpunkt des Castrum doloris (in der Hauptkirche) bildete der Sargaufbau. Es war aber auch üblich, dass solche aufwändigen Ehrenstätten gleichzeitig an mehreren Orten gestaltet wurden. Vordringlich diente das Trauergerüst als Träger von Lichtspendern, von Kerzen, Lampen und Torzen (= Wachsfackeln). Da ihre Menge Auskunft über Rang und Stellung des Verstorbenen gab, wurde ihre Art und Zahl in den Beschreibungen genau aufgeführt.
[79] Teile der liturgischen Feier wurden, je nach gesellschaftlicher Stellung des Verstorbenen, als eigene, für das betreffende Begängnis geschaffene Komposition und nicht nur gesprochen oder choraliter ausgeführt. Hierzu gehören mehrstimmige Vertonungen der Psalmen „De profundis“ und „Miserere“, aber vor allem die Requiem-Vertonungen.
[80] Dass in Verbindung mit dem Begräbnis die Feier einer Totenmesse abgehalten wurde, ist altkirchliche Übung. Die Begräbnismesse hatte in den Sakramentarien ihre eigene, lokal divergierende Formulierung erhalten und wurde mit dem Aufkommen der Dreierreihe I., VII. und XXX. (Gedenktag) als „Missa in die depositionis I“ diesen vorangestellt. Sie charakterisiert besondere Feierlichkeit. Der ursprüngliche „Dritte“ wurde bald durch den „Ersten“ (= Sterbe- bzw. Begräbnistag) verdrängt. Diese Gedenktage gehen auf frühchristliche Tradition zurück, wurzeln vielleicht in römischem und/oder jüdischem Leichenkult, werden später jedoch aus der Schrift begründet. Der „Dreißigste“ markiert jedenfalls den Endtermin der Trauerzeit. Das vereinheitlichte Missale von 1570 unter Papst Pius V. (1566–1572) reihte die „Missae pro defunctis“ an den Schluss der Votivmessen. Seelenmessen sind Votivmessen, um den armen Seelen im Fegefeuer Beistand zu leisten. Der Tod eines Regierenden wurde öffentlich verkündet und die Abhaltung der Exequien angeordnet.