HIER gelangen Sie zur Langtext-Version dieses Beitrags.
Die Salzburger Blasmusikkapellen beteiligen sich an kirchlichen und weltlichen Fixterminen im Jahreslauf und wirken an Taufen, Hochzeiten, Begräbnissen, festlichen Empfängen, Ständchen, Einweihungen und sonstigen Veranstaltungen im Rahmen der Dorfgemeinschaft mit. Rund um den Dreikönigstag sind im Salzburger Land Sternbläser („Dreikönigsspielen“, „Dreikönigsblasen“) unterwegs. Die Perchtenläufe werden von der örtlichen Musikkapelle begleitet. An den Faschingsumzügen beteiligen sich die Kapellen mit „närrischer Musik“. Die Prangtage, das Erntedankfest, der Allerheiligentag und die Advent- und Weihnachtszeit werden von Musikkapellen untermalt. Die Musikkapellen sind bedeutende Träger des kulturellen dörflichen Geschehens im Jahreslauf und tragen maßgeblich zur aktiven Kulturarbeit im Lande Salzburg bei. Die gebotene Musik hat eine große Bandbreite und unterliegt durch gesellschaftlich-ökonomische Bedingungen einer ständigen Veränderung.
Der 1954 unter Kuno Brandauer eingeführte Jahrtag des Salzburger Blasmusikverbandes wird jährlich an einem Wochenende im März abgehalten. Die Vertreter aller Salzburger Blasmusikkapellen sowie der Bezirksverbände mit dem Landesverbandsausschuss treffen sich zu einem Jahresrückblick über die Aktivitäten der Salzburger Blasmusik. Am Tag der Blasmusik rücken alle Salzburger Musikkapellen aus und entbieten unter dem Ehrenschutz des Landeshauptmannes in Standkonzerten sowie örtlichen Festveranstaltungen der heimischen Bevölkerung und den Gästen ihren musikalischen Gruß. Die 150 Salzburger Blasmusikkapellen unterstehen dem im Jahr 1993 gegründeten Dachverband „Landesverband Salzburger Volkskultur“ (seit 2011 „Forum Salzburger Volkskultur“). Das im Jahr 2000 gegründete Salzburger Landesblasorchester unter der Leitung von Landeskapellmeister Hans Ebner (bis 2012) bildet derzeit das musikalische Aushängeschild für die Salzburger Blasmusik.
Während der närrischen Faschingstage sind die Blasmusikkapellen in Stadt und Land Salzburg im Einsatz. Die Bürgermusik Tamsweg beteiligt sich an der „Vereinigten-Oktav“, die im Lungau den Höhepunkt des Faschingstreibens darstellt. Die Bürger der Stadt Salzburg haben jahrhundertelang am Faschingssonntag einen lustigen Umzug abgehalten. Dieser Brauch ist erst im 19. Jahrhundert erloschen; man versucht seit einigen Jahren, ihn wieder einzuführen. Daneben werden auch in den Landgemeinden, teilweise seit vielen Jahrzehnten, Faschingsumzüge veranstaltet, die fast durchwegs von den örtlichen Musikkapellen in närrischen Verkleidungen und mit spezifischer „Narrenmusik“ begleitet werden. In manchen Orten des Pongaus finden hin und wieder sogenannte „Bettlerhochzeiten“ statt.[166] Den Höhepunkt dieser auch „Faschingshochzeit“ genannten Veranstaltungen bildet zumeist ein Brautzug durch den Ort, der von jämmerlicher Musik begleitet wird.
Am Vorabend des 19. März, dem Fest des heiligen Josef Nährvater, werden in manchen Orten die prominenteren Dorfbewohner, die den Vornamen Josef tragen (in Werfen werden auch Frauen mit dem Vornamen Josefine geehrt), von der örtlichen Musikkapelle mit einem Ständchen zum bevorstehenden Namenstag beglückwünscht.
Bei Gründungsjubiläen sowie sonstigen Festlichkeiten von Musikkapellen scheint die Gefahr für Zwischenfälle aller Art besonders groß zu sein. Zumeist spielen dabei kleine Ursachen mit großer Wirkung eine entscheidende Rolle. So findet sich im „Saalbach-Hinterglemmer Kulturspiegel“ vom Februar 1982 (auch Faschingszeitung genannt) unter der Überschrift „Musikfestsplitter“ nachstehender Kurzbericht vom Verlauf des Gründungsjubiläums der Trachtenmusikkapelle Saalbach-Hinterglemm:
„Sehr in Frage gestellt war heuer der musikalische Ablauf des Festkonzertes beim Unterwirt anläßlich der 100-Jahr-Feier der Musikkapelle. Trotz intensiver Suche der gesamten Festteilnehmer konnte der Trommelschlägel der großen Trommel nicht gefunden werden. Erst nachdem ein Ersatzgerät gebracht wurde, konnte die Feier beginnen. Wie groß war gegen Ende der Veranstaltung die Freude aller, als der Schlägel leicht deformiert doch noch gefunden wurde, und zwar war es eine gewisse Frau Anna von Eib. Ing. (Ortsbäuerin und Musikantenenthusiastin), die es sich auf besagtem Stück gemütlich gemacht hatte. Daß hier eine gewisse Absicht dahintersteckt, müssen wir mit Entrüstung verneinen.“[167]
Der allgemeine wirtschaftliche Aufschwung der 1950er-Jahre und im Besonderen die rasante Aufwärtsentwicklung des Salzburger Fremdenverkehrs bewirkten unter den Musikkapellen eine zunehmende Reisetätigkeit in Form von Konzert- und Werbefahrten. Ein Großteil dieser Reisen führte ins benachbarte Ausland. Die Musikkapellen traten und treten dabei vorwiegend als musikalische Boten Österreichs und Salzburgs auf. Gerade in den ersten Nachkriegsjahren veranlasste die mangelnde Versorgung des heimischen Marktes mit allen Arten von Konsum- und Luxusgütern die reisenden Musikanten gerne zum Kauf günstiger Waren im Ausland.
Im Jahre 1956 unternahm die Musikkapelle Flachau eine viertägige Reise zu einem Jubiläumsfest nach Heidelberg. Bei dieser Gelegenheit erwarb ein Teil der Musikanten zahlreiche „Stragularollen“ für die Erneuerung der hauseigenen Bodenbeläge. Der offensichtlich überaus günstige Einkauf fand jedoch auf der Heimreise bei einer strengen Zollkontrolle am Grenzübergang Fernpass-Reutte ein unerwartet raues Ende für alle vermeintlich glücklichen Stragulabesitzer. Sämtliche Rollen wurden von den Zollbehörden beschlagnahmt und die betroffenen Schmugglermusikanten später zur Bezahlung von Verwaltungsstrafen verurteilt. Die Trachtenmusikkapelle Flachau wurde lange Zeit nach diesem Vorfall allgemein die „Stragula-Musi“ genannt.[168]
Mit dem Pfingstfest beginnt in vielen Orten die Zeit der Prangtage (Fronleichnam, der darauf folgende Sonntag sowie der Sonntag um den Tag des heiligen Jakob), die unter Beteiligung der Dorfgemeinschaft einschließlich der örtlichen Vereine und der Musikkapelle gefeiert werden.
Der am Pfingstmontag mit einem feierlichen Feldgottesdienst samt anschließender Prozession begangene „Goiser Prangtag“ wird von der Musikkapelle Wals begleitet. Die Musikkapelle Rauris beteiligt sich an den Prangtagen, am Fronleichnamstag, dem darauf folgenden Sonntag sowie am 24. Juni, dem Fest des heiligen Johannes des Täufers. Der Fronleichnamstag ist für die Halleiner Bürgergarde zugleich der korpseigene Jahrtag; es finden an diesem Tag insbesondere die Angelobung der neu aufgenommenen Gardisten und Musikanten sowie die Ehrung verdienter Mitglieder statt. In Hüttschlag im oberen Großarltal spielt die Musikkapelle sowohl am Vorabend als auch am Morgen des Prangtages einen „Zapfenstreich“. Zum „Anspielen“ rückt die Steinhauermusikkapelle Adnet am Vorabend des Fronleichnamsfestes aus und ersucht um Geldspenden.
Im Lungau ist die festliche Begehung des Prangtages weit verbreitet, so wirkt die Bürgermusikkapelle Tamsweg an drei Prangtagen der Pfarrgemeinde mit. Am Vorabend des ersten Prangtages wird ein Zapfenstreich geblasen; anschließend marschiert die Musik mit klingendem Spiel durch den Markt. Nach dem am Fronleichnamstag frühmorgens erfolgten Weckruf nimmt die Kapelle an einer Schützenmesse teil, später an der feierlichen Prozession durch das Tamsweger Ortszentrum. Der zweite Prangtag wird als Bruderschaftssonntag mit einer Prozession zur Wallfahrtskirche St. Leonhard begangen; am Nachmittag findet ein Samsonumzug statt.
In anschaulicher Weise berichtet uns der erste Lungauer Chronist, der Reiterbauer Andrä Kocher aus Tamsweg, über den Ablauf des Prangtages am Bruderschaftsfest gegen Ende des 18. Jahrhunderts: „28. Gehen die Musikanten, ist auch eine ganze Schar. Diesen tragen sie zwei Höpauken und eine kleine Orgel, und halt mit der ganzen Musik und musizieren unter währender Prang auf das allerschönste wie auch beim Evangelium.“[169]
Getrennt von den kirchlichen Umzügen finden in den Lungauer Orten Mauterndorf, St. Michael, Muhr, Tamsweg, Ramingstein, Lessach, Mariapfarr und Unternberg Samsonumzüge statt. Diese alljährlichen Samsonumzüge, bei denen unter Musikbegleitung die Riesen im Ort herumgetragen werden, bilden wahrscheinlich den Rest alter prunkvoller Prangaufzüge, wie man sie besonders in der Barockzeit liebte.
An der Stelle der im 1. Jahrhundert n. Chr. angelegten und im 5. Jahrhundert verfallenen römischen Stadt Juvavum gründete um 700 der heilige Rupert bei einer erhaltenen Restsiedlung, die 739 Bischofssitz wurde, die Klöster St. Peter und Nonnberg als frühmittelalterlichen Stadtkern von Salzburg. Mit der Erhebung zum Erzbistum im Jahr 798 wurde Salzburg Sitz eines Metropoliten über die altbaierischen Bistümer und nach dem Sieg über die Awaren Zentrum der Missionierung des Alpen- und Donauraumes bis hinein nach Westungarn. Die musikalischen Zentren der damaligen Zeit bildeten die Kirchen und Klöster, wo das musikalisch-liturgische Leben zunächst nach dem Vorbild der benediktinischen Ordensregeln gestaltet wurde und nach dem Zeugnis der „Salzburger Statuten“ bereits 799 der Volksgesang in der Kirche zugelassen war.
Bis zum 13. Jahrhundert war Salzburg eine große geistliche Grundherrschaft mit Immunität, Königsschutz und Gerichtshoheit. Durch zahlreiche Schenkungen entwickelte sich im 14. Jahrhundert eine eigene Landeshoheit als selbstständiges fürsterzbischöfliches Hochstift Salzburg bis zu seiner Säkularisierung im Jahr 1803. Musik und Musikpflege standen einerseits im Zusammenhang mit liturgischen Vorgängen, andererseits auch zunehmend mit weltlichen Anlässen, wie dies etwa an der erzbischöflichen Förderung der musikalischen Aktivitäten zum Ausdruck kam (beispielsweise in den Lieddichtungen des Mönchs von Salzburg im 14. Jahrhundert mit instrumentalen und szenischen Aufführungen, Orgelbauten, Fest- und Tafelmusik am erzbischöflichen Hof sowie militärischen Spielleuten und instrumentaler Volksmusik).
Am Beginn früher Bläsermusik in Salzburg standen einfache Signalhörner in den ländlichen Gebieten, vor allem den Gebirgsgauen, von Hirten und Jägern geblasen; später im Hochmittelalter in den entstehenden urbanen Siedlungen wie Laufen, Hallein oder Radstadt sowie den Märkten Tamsweg, Zell am See und Mittersill als unentbehrliches Instrument der Nachtwächter beziehungsweise Türmer.
Das Signalhorn entwickelte sich in der Folge zum leistungsfähigen Musikinstrument und der Frühform Salzburger Bläsermusik, jahrhundertelang nachwirkend in der Jagd und im Postwesen. Findet sich die urkundlich erste Erwähnung des Signalhorns beim Mönch von Salzburg, so stammt die früheste Darstellung von Jagdsignalinstrumenten auf Salzburger Boden aus dem beginnenden 12. Jahrhundert, abgebildet als Fresko in der Kirche St. Rupert im Weißpriachtal im Lungau. Der Gebrauch des Horns für Signale im Post- und Verkehrswesen reicht weit in die Vergangenheit zurück, wie etwa ein Urbar aus Mittersill von 1495 belegt. Seit dem 15. Jahrhundert ist für Salzburg eine reguläre Post mit Signaltätigkeit der Postillione nachweisbar.
Die Entwicklung der Bläser- und Blasmusik im ländlichen Raum begann im Spätmittelalter durch Schalmei und Dudelsack (vgl. etwa den Stich von Christian Lederwasch aus 1682 im Museum Carolino Augusteum, heute Salzburg Museum), gespielt von Hirten und Dorfmusikanten bei bäuerlichen Festen und Tanzveranstaltungen; seit dem 15. Jahrhundert unter der Aufsicht des erzbischöflichen Spielgrafenamtes, ausgeübt vom Stadtpfeifer, später von Salzburger Hoftrompetern. Parallel dazu dürften sich bereits während des Mittelalters auch Trommel und Seitenpfeife oder Schwegel als ländliche Instrumentenkombination entwickelt haben, wie aus Neumarkt am Wallersee für das Fronleichnamsfest 1656 belegt ist oder gegen Ende des 18. Jahrhunderts bei Tanz und Hochzeiten. Dieses sogenannte „Spiel“ war jahrhundertelang bis heute von größter Bedeutung bei allen Anlässen, die mit dem Schützenwesen zusammenhängen.
Eine besondere Musizierform entstand mit den Salzburger Turnern, die als Turmwächter einerseits wirtschaftliche Sicherheitsaufgaben für die Stadtgemeinschaft wahrzunehmen hatten, andererseits musikalische Tätigkeiten für Signale und Ankündigungen, aber auch zunehmend repräsentative und andere offizielle Aufgaben für die städtische Bürgerschaft vor allem in Salzburg und Hallein erfüllten. Die dazu verwendeten Instrumente waren zunächst Posaunen und Zugtrompeten, ab dem 16. Jahrhundert der Zink, ein hölzernes Grifflochhorn, sowie Fagott, Waldhorn, Schalmei, Seitenpfeife und Trommel. Ein aufschlussreiches Dokument zum Turnermeisteramt ist etwa die „Halleiner Turnerverordnung“ von 1601.
Im Zuge der Salzburger Landesentwicklung von der frühmittelalterlichen kirchlichen Grundherrschaft zum hochfürstlichen Erzstift als geschlossenes Territorium entstand auch eine eigene Salzburger Landesverteidigung, gestützt auf ein Söldnertum ab dem 14. Jahrhundert und ergänzt durch bürgerliche Truppen der Städte und Märkte als sogenannte „Landfahne“. Die berittene Truppe wurde durch akustische Signale der Kavallerietrompeter zusammengehalten, die Fußtruppen vom militärischen Spiel, bestehend aus Seitenpfeife und kleiner Trommel.
Eine besondere Stellung als Offiziere im festen Sold hatten die Salzburger Hoftrompeter, erstmals erwähnt beim Mönch von Salzburg im 14. Jahrhundert. Neben militärischen Signaleinsätzen und Reisebegleitung des Fürsterzbischofs war Hauptaufgabe der Hoftrompeter, den Auftritten des Landesherrn Glanz zu verleihen und den erzbischöflichen Hof musikalisch zu beleben, wie etwa dem Stich von Christian Lederwasch aus dem Jahr 1682 zu entnehmen ist.
Das 18. Jahrhundert führte auch in Salzburg zur Verbindung beziehungsweise Verschmelzung der „Harmoniemusik“ (besetzt mit Oboen, Fagotten, Waldhörnern und Klarinetten) mit dem Instrumentarium der „türkischen Musik“ (große Trommel, Tschinelle und Schellenbaum). Ergänzt wurde die Ausstattung der Alt-Salzburger Militärmusik um 1800 durch Pauken, Trompeten, Posaunen, Serpent, Piccolo, Zinken, Flöten und Tambourin. Damit war die Besetzung der heutigen Blasmusik weitgehend vollendet sowohl für zivile als auch militärische Musizierformen.
Nicht zuletzt diese Besetzungsvielfalt bläserischer Klangfarben dürfte auch die Salzburger Komponisten jener Zeit – Michael Haydn (1737–1806) sowie Leopold (1719–1787) und Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791) – veranlasst haben, neben kammermusikalischen Bläserstücken sowie – hier vor allem Wolfgang Amadeus Mozart – Konzerten für Flöte, Klarinette, Oboe, Fagott und Horn auch spezifische blasmusikalische Werke zu schaffen, wie etwa die „Musikalische Schlittenfahrt“ und das „Divertimento Militare“ von Leopold Mozart aus 1755 beziehungsweise 1756, der „Türkische Marsch“ von Michael Haydn aus 1795 und von Wolfgang Amadeus Mozart die Posthornserenade (KV 320) und Originalkompositionen für Harmoniemusik.
Um 1800 gab es in der Stadt Salzburg die türkische Musik des bischöflichen Berufsmilitärs, die Musik der bürgerlichen Truppen, die Bläser der Hofmusik sowie fallweise eine Harmoniemusik der Salzburger Studentenschaft. In den umliegenden Landgemeinden bestanden Blasmusikkapellen in Laufen-Oberndorf, Hallein, Lofer, Flachau, Rauris, Lessach, Mauterndorf und Tamsweg. In den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts kam es zur Entstehung weiterer Musikkapellen wie etwa in Mittersill (1823) und St. Michael im Lungau (1830). In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde auch das kulturelle Leben des damaligen Kronlandes Salzburg maßgeblich von der sogenannten „Gründerzeit“ mitgeprägt.
Die staatspolitischen Reformen in der Monarchie seit 1848 brachten unter anderem Rechtsgrundlagen für die freie Entfaltung jeglicher kultureller Betätigung. Insbesondere die 1852 und 1867 erlassenen Vereinsgesetze schufen eine günstige Grundlage für die weitere Neubildung für Musikkapellen und -vereine. Besonders förderlich war die 1867 eingeführte Versammlungsfreiheit, die öffentliche Belustigungen, Hochzeitszüge, Volksfeste und religiöse Veranstaltungen von den sonst relativ strengen Gesetzesbestimmungen ausnahm. Damit waren letzte Schranken gefallen, die dem Auftreten von Musikkapellen in der Öffentlichkeit bislang hinderlich gewesen waren.
In der Gründerzeit befand sich das gesamte Salzburger Kulturleben, darunter auch die Blasmusik, in einer dynamischen Entwicklung. Ab 1850 waren neben den bereits bestehenden Musikkapellen zahlreiche Neugründungen in Stadt und Land Salzburg erfolgt. Begünstigt wurde diese Entwicklung nicht nur von politischen Veränderungen, sondern auch von den Entwicklungen im instrumental-technischen Bereich der Bläsermusik. In den Jahrzehnten um 1800 war es einerseits zur Integration der Schlaginstrumente in die Harmoniemusiken gekommen, andererseits hatte die technische Vervollkommnung der Holzblasinstrumente sowie die Erweiterung der Blechblasinstrumente zur Chromatik durch die Einführung von Klappen und Ventilen geführt.
Kirchliche und weltliche Singgemeinschaften, Tanz- und Volksmusikanten, musikalisch gebildete Schullehrer sowie ehemalige Regimentsmusiker förderten den Zusammenschluss der örtlich vorhandenen Musiker zu spielfähigen Gruppen und Kapellen. Oftmals kam es zu einem engen Zusammenwirken von Musikkapellen und Schützenvereinen. Eine bedeutende Rolle bei der Entstehung zahlreicher Musikkapellen im 19. Jahrhundert spielte die instrumentale Volksmusik und hier wiederum die Tanzmusik. Der allmähliche Wandel von der ursprünglichen volksmusikalischen zur blasmusikalischen Besetzung bildete vielfach den Ursprung für die Entstehung örtlicher Musikkapellen.
Von erheblicher Bedeutung für das zivile Salzburger Blasmusikwesen war der wirtschaftliche Aufschwung (Bergbau, Eisenbahnwesen) am Ende des 19. Jahrhunderts. Um 1890 entstanden in Stadt und Land Salzburg 22 neue Musikkapellen. Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges kam es durch ortsansässige Bauern sowie musikalisch vorgebildete Lehrer und Organisten zu weiteren zahlreichen Neugründungen von Musikkapellen in allen Landesteilen. Der Erste Weltkrieg bedeutete für das Salzburger Blasmusikwesen einen entscheidenden Einschnitt. So brachte die Rekrutierung der wehrfähigen Männer zur Armee die meisten Kapellen praktisch zur Auflösung. Die Zwischenkriegszeit führte in zahlreichen Musikkapellen nach Überwindung der Kriegsfolgen zu einer Periode musikalischer Blüte. Dies zeigte sich nach außen hin in zahlreichen Gründungsjubiläen von Musikkapellen sowie in regionalen und landesweiten Musik- und Trachtenfesten.
Während des Zweiten Weltkrieges wurden die wehrfähigen Mitglieder der Salzburger Musikkapellen zum Frontdienst eingezogen. Im Zuge der Kulturpolitik der Nationalsozialisten wurden Trachten gegen Parteiuniformen ausgetauscht (z. B. Neumarkt), Umbenennungen in Reichskapellen vorgenommen (Maxglan, Hallein, Bischofshofen) und Musikinstrumente beschlagnahmt (z. B. Oberalm, Rußbach). Die Nachkriegsjahre brachten einen relativ raschen Wiederaufschwung des Salzburger Blasmusikwesens. Am 4. April 1954 schlossen sich alle bestehenden 124 (2003: 150) Musikkapellen in Stadt und Land Salzburg zum Salzburger Blasmusikverband zusammen. Dessen wichtigstes Arbeitsziel war und ist die Schaffung von Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten für Musiker/innen und Kapellmeister/innen durch bekannte Solistinnen und Solisten, Musiklehrer/innen sowie Komponistinnen und Komponisten.
Das Infanterie-Regiment Nr. 59 war im Jahre 1682 als „Regiment zu Fuß“ errichtet worden. 1852 wurde Erzherzog Rainer von Österreich Oberstinhaber dieser Einheit. Bei seiner Aufstellung im Jahre 1682 gehörten zum Stand jeder Kompanie auch vier Spielleute (Tambours und Pfeifer).[170] Das Instrumentarium der Musik der Regimentsmusik setzte sich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts neben den Spielleuten in der Regel aus je zwei Oboen, Klarinetten, Hörnern und Fagotten zusammen.
Die Militärmusik des Kaisertums Österreich-Ungarn erlangte aufgrund ihrer künstlerischen Aktivitäten unter der Leitung von Musikern wie Carl Michael Ziehrer, Philipp Fahrbach, Julius Fučik, Karl Komzák und Franz Lehár Weltruf. Die Militärkapellen führten neben Märschen auch klassische und zeitgenössische Konzertstücke in ihrem umfangreichen Repertoire und waren durch vielfältige außerdienstliche Ausrückungen auch weitgehend in das zivile Musikleben integriert. Auch die Kapelle des Infanterie-Regiments Nr. 59 war in führender Weise an der Gestaltung des kulturellen Geschehens der Stadt Salzburg beteiligt. Die musikalische Blütezeit der Kapelle wurde durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges jäh beendet. Mit Ende des Ersten Weltkrieges und dem Zusammenbruch der Donau-Monarchie wurden alle Militärmusikkapellen der k. u. k. Armee aufgelöst. Bei der Aufstellung der neuen Regimenter des Bundesheeres der Ersten Republik erhielt auch das Salzburger Alpenjägerbataillon 3, das im Jahre 1934 in Salzburger Infanterieregiment 12 umbenannt wurde, einen Musikzug mit 35 Mann. Der Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich führte beim Salzburger Hausregiment zur Umbenennung in Gebirgsjägerregiment 137.
Mit der Wiedererlangung der staatlichen Unabhängigkeit Österreichs im Jahre 1955 und der Neuaufstellung eines eigenen Bundesheeres kam es auch zur Bildung von Musikzügen bei den Militärkommanden. In Salzburg wurde die bis heute bestehende Militärmusik als direkte Nachfolgerin der Rainermusik bis 1975 von Prof. Leo Ertl geleitet. Seine Nachfolger, Armeekapellmeister Oberst Josef Spirk, Hauptmann Hannes Apfolterer und Major Ernst Herzog, garantier(t)en den erfolgreichen Weiterbestand alter Salzburger Militärmusiktradition.
Literatur
[Birsak/König 1983] Birsak, Kurt; König, Manfred: Das große Salzburger Blasmusikbuch. Mit Ehrentafel der Salzburger Blasmusikkapellen. 1. Aufl. Wien 1983.
[DopschH/Spatzenegger 1981] Dopsch, Heinz; Spatzenegger, Hans (Hg.): Geschichte Salzburgs. Stadt und Land. 2 Bde. Salzburg 1981–1988.
[166] [Zinnburg 1972], S. 96 f. – [Adrian 1924], S. 93.
[167] Vgl. Archiv der Trachtenmusikkapelle Saalbach-Hinterglemm.
[168] [Birsak/König 1983], S. 160.
[169] [Hatheyer 1955], S. 194.
[170] Im Laufe der Zeit traten noch Trompeten, große und kleine Flöte, Kontrafagott, Posaunen, Serpente sowie große und kleine Trommeln, Tschinellen und Triangel hinzu.