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Das Bild „des Bauern“ (Ulrike Kammerhofer-Aggermann)[283]

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Das Bild des Bauern

„Der Bauer“ findet sich heute in den Medien als Vertreter eines Standes in vielfältigen Stereotypen und Klischees dargestellt. Die Bandbreite ist groß und reicht vom „Schützer wahrer Werte“ bis zum „rückständigen Relikt“ vergangener Zeit.

Zwischen diesen beiden realitätsfernen Extremen finden sich weit seltener jene Darstellungen des Bauernstandes, die wohl am nächsten an die Realität herankommen. Nämlich der Bauern und Bäurinnen als kreative Unternehmer*innen, die mit einem zeitgemäßen Maschinenpark und bester Ausbildung Unternehmen führen und planen, die mit „Nahrungsmittelproduktion“ allein nicht mehr umschrieben werden können.

Quer durch die Jahrhunderte gibt es sehr wechselhafte „Bilder des Bauern“. Aus den Klischees jeder Epoche lassen sich wichtige Aussagen für die Bedeutung der Bauernschaft für die jeweilige Zeit ableiten. Mit der Bewertung "des Bauern" als Stereotyp entsteht dessen gesellschaftliche Stellung, politische Bedeutung und das Wechselspiel zwischen Stadt und Land wird verknüpft. Weiters findet sich darin die Wertung von Natur und Landschaft, sowie jene Kulturtheorien, die deren Verhältnis angeben.

Vom „unkultivierten Menschen“ zum „Naturkind“

Bis ins frühe Mittelalter unterschieden sich die Sachgüter und Lebensformen der verschiedenen Standesgruppen nur geringfügig. Mit dem vermehrten Aufkommen der Städte differenzierten sich die Stände immer mehr. Rasch entstand eine deutliche Kluft zwischen städtischer und ländlicher Lebensweise. Die Stadt garantierte Bürgerrechte und Sicherheit. Im frühen 16. Jahrhundert galt bereits die Bezeichnung „bäurisch“ – gleichbedeutend mit veraltet, kunstlos, unkultiviert – als Gegensatz zu städtisch und bürgerlich.

Im 14. Jahrhundert durchzog die Pest ganz Europa und man hielt sie für die Folge gefährlicher Erdausdünstungen. Die Natur erschien plötzlich als gefährlich und der Bauer, der mit ihr leben musste, erschien als ebenso rau und wild. Im Geiste der Renaissance wurde alles nicht vom Menschen Durchgestaltete und Überhöhte zum Inbegriff des Üblen. So wurde auch der Bauer im Klischee zum „unkultivierten starken Wilden“.

Mit dem großen Bauernkrieg von 1525 entwickelte sich das Bild des „gegen die Obrigkeit mit dem Dreschflegel rebellierenden Landser“. Zur gleichen Zeit gab es aber auch das Bild des „armen Bauern“, der machtlos erschien und durch Abgaben ausgepresst wurde („deutscher Michel“, „Tölpel“). Im 18. Jahrhundert entstand der neue Leitsatz „zurück zur Natur“ (Rousseau), der das Bauernbild des „unverbildeten Naturkindes“ und „Älplers“ erzeugte, das weithin noch in der heutigen Tourismus- und Produktwerbung weiterlebt und nun auch das weibliche Pendant erhielt.

Vom „reformbedürftigen Bauern“ zum „erfolgreichen Wirtschaftsbetrieb“

Im Zuge der Aufklärung entwickelte sich ein neues Bauernbild, das zwischen fremder stadtferner Idylle und reformbedürftigen Missständen auf dem Lande lag. Zur selben Zeit begannen die ersten Abwanderungen von Bauern in die Städte und Industriezentren. Für Salzburg gilt dies erst für das 19. Jahrhundert. Im Zuge der Industrialisierung spaltete sich das Bauernbild vielfältig auf. Für die städtischen Oberschichten galt die ländliche Idylle, für die städtischen Unterschichten und für die selbst vom Land abgewanderten Arbeiter wurde der Bauer zum „weltfremden Schollenhocker“.

Mit zunehmend schlechten Wohn- und Arbeitsbedingungen sowie sozialen Missständen in den Städten begann bewusst die gesellschaftliche Herausbildung eines neuen Bauernbildes. Auf der bürgerlichen Idyllisierung des Landlebens aufbauend und schließlich mit nationalen und nationalsozialistischen Ideologien angereichert, entstand die Sicht des Bauern als „Erhalter kulturellen Erbes und überlieferter Werte“. „Der Bauer“ wurde zum Träger biologistischer und nationalistischer Traditionen stilisiert.

Im späten 19. Jahrhundert, im Zusammenwirken nationaler Ideen und der aus der bürgerlichen Frauenbewegung resultierenden Frauenausbildung entstand erstmalig ein „Bild der Bäuerin“, nämlich das der „umfassend erfahrenen Hauswirtschafterin“. Erstmals wurde die Bäuerin nun in der Öffentlichkeit bedeutsam – sie wurde zum Angelpunkt des bäuerlichen Wirtschaftsunternehmens. Zur selben Zeit entstand – aus den USA kommend – das Bild des Bauernhofes als selbstständigem, gewinnbringendem Wirtschaftsbetrieb, das in unserem Land erst im 20. Jahrhundert Eingang fand.

Konkrete Schicksale: Der Vorderbrandstätthof und Johann Oblasser

Liselotte Eltz-Hoffmann[284] bietet mit den Schicksalen der Besitzer des Vorderbrandstätthofes bei Taxenbach im Pinzgau Einblicke in tatsächliche Bauernschicksale im Lande Salzburg. Fernab aller Idylle zeigt sie die kargen und harten Lebens- und Arbeitsbedingungen auf, die auch die Menschen hart und unbeugsam gemacht hatten. Nicht die menschlichen Bedürfnisse und Wünsche zählten, sondern nur das materielle Überleben.

Die in Salzburg vielfach schon im 16. Jahrhundert von der Reformationsbewegung erfasste Bauernschaft hielt trotz vieler Verbote geheim an der Lutherischen Lehre fest. So war es zur Zeit der Bauernkriege um 1525 und 1565 und blieb so bis zur großen Protestantenausweisung im Jahre 1732. Auch der Besitzer des Vorderbrandstätthofes wurde 1732 enteignet und musste mit etwa 25.000 des Landes Verwiesenen nach Königsberg auswandern.

Aber auch die NS-Zeit brachte den Bauern großes Leid. Die wehrfähigen Männer wurden eingezogen, vielfach kamen gefangene „Fremdarbeiter*innen“ auf die Höfe. Der damalige Besitzer des Vorderbrandstätthofes, Johann Oblasser, war 1944 wegen „Unterschlupfgewährung an Partisanen“ von der SS ins Konzentrationslager Dachau und danach nach Buchenwald gebracht worden. Sein Überleben verdankte er der Geistesgegenwart und Güte eines Mithäftlings. In Zusammenarbeit der Historikerin und einer Tochter von Johann Oblasser entstand eine berührende Hof- und Personengeschichte, die menschliche Schicksale, bäuerlichen Arbeitsalltag mit brisanter Zeitgeschichte verbindet.



[283] Kurzfassung von Ilona Holzbauer und Ulrike Kammerhofer-Aggermann

[284] Eltz-Hoffmann, Lieselotte von: Vom Vorderbrandstätthof und dem Schicksal des Pinzgauer Bergbauern Johann Oblasser. Salzburg 2004. Maschinschrift, 44 Seiten, zahlreiche Bilder und 16 Abb., 6 S. Dokumentation.

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