Um die musikalische Minderheitensituation in Salzburg verständlich zu machen, ist es sinnvoll, sie zur Minderheitensituation in Österreich in Beziehung zu setzen. Deshalb beschäftigt sich dieses einleitende Kapitel mit grundlegenden Begriffen, historischen Voraussetzungen und einem kurzen Überblick über die Musik von Minderheiten in Österreich. Die Salzburger Situation weist in vielen Punkten Übereinstimmungen auf, zeigt aber auch einige Besonderheiten. Als Hauptquelle für dieses Kapitel „Minderheiten und ihre Musik in Österreich“ dient das Werk „Mosaik der Klänge – Die Musik von ethnischen und religiösen Minderheiten in Österreich“.[4346]
Minderheit ist ein vielfältig definierbarer Begriff. Grundsätzlich lassen sich in der Wissenschaft einerseits ethnisch-territoriale und andererseits politisch-soziologische Definitionen finden. Gemeint sind damit immer Gruppen von Menschen, die sich aufgrund eines „Merkmals“ von der Mehrheit unterscheiden. Minderheit muss nicht unbedingt eine Gruppe geringerer Zahl heißen, sondern meist eine Gruppe minderer Macht. Das hegemoniale Verhältnis der Mehrheit zur Minderheit definiert also die Minderheit. Die Unterlegenheit äußert sich in verschiedenen Formen zum Beispiel in sozialer Ausgrenzung, begrenzten Chancen am Arbeitsmarkt, weniger politischen Rechten, rechtlicher Ungleichstellung. Es werden bei den einzelnen Gruppen ganz verschiedene Formen der Diskriminierung wirksam.
In Österreich unterscheiden wir ethnische/religiöse und soziale Minderheiten. Zu den sozialen Minderheiten zählen zum Beispiel die Gruppe der Menschen mit Behinderung oder Lesben und Schwule. Zu den ethnischen Minderheiten rechnet man die Volksgruppen und die Zuwanderer und Flüchtlinge. Die Unterscheidung richtet sich nach dem rechtlichen Status sowie nach der Dauer des Aufenthaltes in Österreich. Religiöse Minderheiten sind in Österreich zum Beispiel die Juden oder die Aleviten. Die Abgrenzung zu ethnischen Minderheiten ist hier nicht immer ganz klar. Siehe auch www.initiative.minderheiten.at.
Primär erweist es sich als sinnvoll, die Minderheitenkulturen nach der Dauer des Aufenthalts der Gruppe sowie nach dem Lebensraum – urbane Zentren, ländlicher Raum – einzuteilen. Beide Kriterien sind wesentlich für die kulturelle Entwicklung. Je länger eine Minderheit in einer bestimmten Umgebung lebt, desto stärker sind die Akkulturations- oder Transkulturationsmechanismen, wobei selbstverständlich ökonomische und rechtliche Faktoren auch ausschlaggebend sind. Die kulturelle Entwicklung von Minderheiten in urbanen Zentren erfolgt nach anderen Mechanismen als im ländlichen Raum, was mit der Art des Lebensraumes Großstadt an sich zu tun hat. Ich spreche hier von Großstädten wie Wien, die ihre Größe der Zuwanderung an sich verdanken, also von vornherein multikulturell angelegt sind. Es gibt also autochthone ethnische/religiöse Minderheiten im ländlichen Raum sowie autochthone ethnische/religiöse Minderheiten in urbanen Zentren.
Bei den MigrantInnen und Flüchtlingen, den so genannten „neuen Minderheiten“, ist eine Aufzählung der einzelnen Gruppen nicht möglich, da insbesondere in Wien fast alle Kulturen der Welt zu finden sind. Aus den Ergebnissen der letzten Volkszählung (2001) seien die größten Zuwanderergruppen genannt.
Tabelle 24. „Alte“ Minderheiten:
Autochthone im ländlichen Raum: | Autochthone im urbanen Raum: |
Burgenländische Kroaten | Tschechen und Slowaken |
Kärntner Slowenen | Ungarn |
Steirische Slowenen | Juden |
Burgenlandroma | Roma |
Burgenländische Ungarn | |
Italiener in Vorarlberg | |
Jenische | |
Tabelle 25. „Neue“ Minderheiten:
Österreichische Bevölkerung gesamt: 8.065.465 | Davon AusländerInnen: |
Jugoslawien | 155.800 |
Türkei | 130.100 |
Bosnien und Herzegowina | 96.000 |
Deutschland | 74.400 |
Kroatien | 57.600 |
Polen | 22.600 |
Rumänien | 18.400 |
Ungarn | 13.000 |
Mazedonien | 12.400 |
Italien | 10.700 |
Die weiteren Gruppen liegen unter | 10.000 |
Solche Tabellen sind aber nur bedingt aussagekräftig, weil es dabei nur nach dem Reisepass geht. Zum Beispiel werden Roma aus dem ehemaligen Jugoslawien nicht explizit genannt, ebenso wie die Aleviten, eine religiöse Minderheit aus der Türkei, nicht in der Statistik aufscheinen. Jedenfalls ist festzuhalten, dass die größten Gruppen aus dem ehemaligen Jugoslawien und aus der Türkei stammen, eben jene Länder, in denen ab 1964 Arbeitskräfte für Österreich angeworben wurden, die so genannten „Gastarbeiter“.
In der Geschichte liegen die Gründe dafür, warum wir in Österreich eine so große Vielfalt von Minderheitengruppen finden. Die äußeren Rahmenbedingungen für die Entstehung von ethnischen Minderheiten lassen sich in folgende Bereiche einteilen, die allerdings eng miteinander zusammenhängen:
Entstehung von Nationalstaaten, aufgrund verschiedenster Voraussetzungen, mit allen Konsequenzen
Umstrukturierung und Gebietsveränderungen von Nationalstaaten
Migration/Fluchtbewegungen aus wirtschaftlichen, politischen oder religiösen Gründen
Ethnisierung und Stigmatisierung von bestimmten Gruppen aus machtpolitischen Gründen
Alle diese Rahmenbedingungen lassen sich für Minderheiten in Österreich anwenden.
Drei der genannten autochthonen Gruppen sind so genannte „Grenzminderheiten“, d. h. sie wurden durch den Zerfall eines größeren politischen Gebildes, nämlich der österreichisch-ungarischen Monarchie und durch die Entstehung von neuen Nationalstaaten zu Minderheiten: die Kärntner Slowenen (nach 1918, Volksabstimmung 1920), die Steirischen Slowenen (nach 1918) und die Burgenländischen Ungarn (1921, als das Burgenland Österreich zugesprochen wurde).
Die Burgenländischen Kroaten sind das Produkt einer Fluchtbewegung und Arbeitsmigration des 16. Jahrhunderts, die Tschechen und Slowaken ArbeitsmigrantInnen vom Ende des 19. Jahrhunderts in die Reichshauptstadt Wien; die Italiener in Vorarlberg sind ArbeitsmigrantInnen aus der Mitte der 19. Jahrhunderts aus dem Trentin. Roma, Jenische und Juden sind die Leidtragenden von Ethnisierung und vor allem Stigmatisierung von bestimmten Gruppen.
Nach 1945 sind folgende größere Migrations- und Fluchtbewegungen nach Österreich festzuhalten: Nach 1945 etwa 400.000 so genannte „Volksdeutsche“ aus den damals kommunistischen Staaten; 1956 etwa 120.000 Flüchtlinge aus Ungarn, von denen nur ein geringer Teil in Österreich verblieb. Ab 1964 setzte die Arbeitsmigration vor allem aus dem ehemaligen Jugoslawien sowie aus der Türkei ein, aufgrund von Anwerbeabkommen, da Österreich dringend Arbeitskräfte brauchte. Die Niederschlagung des „Prager Frühlings“ 1968 sowie der Verhängung des Kriegsrechtes in Polen 1981 hatten ebenfalls Fluchtbewegungen nach Österreich zur Folge. Zuletzt nahm Österreich ab 1992 75.000 bosnische Flüchtlinge auf.[4347]
Die gesellschaftspolitische Situation der „alten“ und der „neuen“ Minderheiten ist grundsätzlich verschieden. Sechs der genannten autochthonen Gruppen sind in Österreich als „Volksgruppe“ anerkannt: die Burgenlandkroaten, die Kärntner Slowenen, die burgenländischen und die Wiener Ungarn, die Tschechen und die Slowaken in Wien und die Roma im gesamten Bundesgebiet. Der Begriff „Volksgruppe“ ist in Österreich eine politische Kategorie, die einer Gruppe von Menschen bestimmte Rechte zubilligt. Ursprünglich war der Artikel 7 des österreichischen Staatsvertrages die Grundlage für den Schutz von drei verschiedenen Minderheiten in Österreich: der Kroaten im Burgenland und der Slowenen in Kärnten und in der Steiermark. Er garantiert den genannten Gruppen unter anderem das Recht auf Unterricht in der Muttersprache, auf höhere Schulen und zweisprachige topografische Aufschriften. Diese garantierten Rechte mussten aber immer von den Vertretern der Minderheiten erkämpft werden und sind zum Teil bis heute nicht umgesetzt. Nachdem die Kärntner Slowenen 1972 zweisprachige Ortstafeln aufstellen wollten, kam es zum so genannten „Kärntner Ortstafelsturm“: Der Kärntner Heimatdienst und andere deutsch-nationale Vereinigungen rissen die aufgestellten Ortstafeln nieder, wogegen sich die slowenischen Kärntner wehrten. Die Situation wäre beinahe eskaliert. Man versuchte in der Folge, neue gesetzliche Regelungen zu finden und das Volksgruppengesetz von 1976 war das Resultat. Es gibt Quoten vor, um bestimmte Rechte zu erlangen – wie zum Beispiel zweisprachige Ortstafeln –, es ermöglicht aber auch die Anerkennung weiterer „Volksgruppen“. Die Volksgruppe bildet einen Beirat, der beratende Funktion im Bundeskanzleramt hat. Es gibt derzeit sechs anerkannte Volksgruppen, die Beiräte gebildet haben. De facto haben diese jedoch in der Politik kaum Gewicht, ihnen obliegt vor allem die Verteilung der vom Bundeskanzleramt jährlich zur Verfügung gestellten Förderungen.
Die Vereine der Volksgruppe beschicken den Beirat. Da es in Österreich keine ethnischen Parteien gibt, somit auch keine gewählten Vertreter nach dem österreichischen Wahlrecht, sind die Vereine und deren Funktionäre die einzigen Vertreter der Volksgruppe. Inwieweit sie politisch legitimiert sind, ist zwar immer wieder in Diskussion, Tatsache jedoch ist, dass die Vereine und ihre Funktionäre die Volksgruppe politisch und kulturell vertreten. Ihnen kommt umso größere Bedeutung zu, als der Staat sich jedes Zugeständnis nur unter massivem Druck abringen lässt, auch wenn es um Rechte geht, die Teil des Staatsvertrages von 1955 sind. Als Beispiel seien nur die zweisprachigen Ortstafeln im Burgenland genannt, die erst im Jahr 2000 aufgestellt wurden und um die 45 Jahre gekämpft werden musste. Es wird wohl kein Zufall sein, dass diese Aktion gerade in die Zeit der EU-Sanktionen fiel, somit der Druck von außen verstärkt war.
Volksgruppenangehörige sind österreichische Staatsbürger und genießen somit alle staatsbürgerlichen Rechte. Sie können zum Beispiel für politische Parteien kandidieren und ein nicht geringer Teil zum Beispiel des burgenländischen Landtages besteht aus burgenländischen Kroaten. Es können von Volksgruppenangehörigen also auch andere Wege der politischen Einflussnahme beschritten werden. Sogar ein österreichischer Bundeskanzler war Kroate, nämlich Fred Sinowatz. Aber ein kroatischer Name bedeutet nicht, dass sich der Träger desselben auch als Kroate fühlt. In 500 Jahren ist die Assimilation weit fortgeschritten. Der Kampf gegen die Assimilation ist der Motor der politischen und kulturellen Aktivitäten der Vereine. Die Sprache und die Kultur zu erhalten, nicht zu „verschwinden“, ist das wichtigste Ziel.
Eine Ausnahme bilden die Roma. Sie sind zwar als Volksgruppe anerkannt und es geht auch hier zum Teil um die Erhaltung von Sprache und Kultur. Die Roma sind aber eine sehr heterogene Volksgruppe, sie leben auch im gesamten Bundesgebiet verstreut und gehören sowohl den „alten“ als auch den „neuen“ Minderheiten an. Ihre Geschichte ist eine der Ausgrenzung, Verfolgung bis hin zur fast vollständigen Vernichtung in nationalsozialistischer Zeit. Die Vorurteile, die Ausgrenzung sowie der Hass gegenüber Roma sind bis heute nicht verschwunden – unter anderem wieder manifestiert durch das Attentat von Oberwart 1995 (vier Roma wurden durch eine Rohrbombe getötet, das größte politische Attentat der Zweiten Republik). Deshalb ist einer der Hauptansatzpunkte der politischen, sozialen und kulturellen Tätigkeit der Romavereine in Österreich der Abbau von Vorurteilen, die Weitergabe von fundierter Information und der Kampf um Maßnahmen zur Integration.
Ähnlich ist die Problemlage bei den „neuen“ Minderheiten. Auch hier ist die Integration das vorrangige Ziel und Assimilation wird oft als Voraussetzung dafür gesehen. Anders als Volksgruppenangehörige haben Ausländer in Österreich keine politischen Rechte. Die Diskriminierungen sind teils struktureller Natur, teils im Bereich des Alltagsrassismus zu finden. Gesetzlich sind MigrantInnen von politischer Mitbestimmung ausgeschlossen, sofern sie nicht aus EU-Ländern stammen und damit das Wahlrecht auf lokaler Ebene haben. Die Benachteiligung am Wohnungsmarkt – Zeitungsinserate, die den Vermerk „keine Ausländer“ tragen, sind häufig – und die Ansiedlung im unteren Segment des Arbeitsmarktes sowie die ständige Bedrohung durch eine immer restriktivere Gesetzeslage bewirken das Gegenteil von Integration und fördern eine Ghettobildung.
Um der Diskriminierung entgegenzuwirken, wird seit mehreren Jahren von NGOs ein Antidiskriminierungsgesetz gefordert. Aber nur durch den Druck der EU ist eine solche Handhabe in Aussicht: die Antirassismus-Richtlinie sowie die Rahmen-Richtlinie sind in Umsetzung begriffen. Die Form, die Österreich dabei gewählt hat, wird von Experten als „möglichst formalistisch-minimaler Umsetzungsversuch“ bewertet.[4348]
Den Vereinen der MigrantInnen kommt eine relativ große Bedeutung zu. Fast jegliche Selbstorganisation von Gruppen in der Gesellschaft funktioniert in Österreich als Verein. Die MigrantInnenvereine sind deshalb äußerst vielfältig und haben eine große Bandbreite von inhaltlichen Schwerpunkten: religiöse Vereine; Fußballvereine; Sportvereine; Schachvereine; Heimat-Clubs; Folklorevereine; politische Ableger der Parteien im Heimatland; humanitäre Vereine; Freie Radios; Vereine, die den Kulturaustausch mit dem Heimatland fördern, aber auch solche, die sich um die politischen Rechte der Zuwanderer bemühen. Neben diesen sind natürlich auch die Botschaften oder Konsulate der jeweiligen Länder Ansprechpartner. Das Verhältnis der MigrantInnen zu ihren Botschaften ist oft nicht ungetrübt. Kurdische Flüchtlinge aus der Türkei zum Beispiel pflegen möglichst große Distanz zur türkischen Botschaft und Roma aus Serbien fühlen sich kaum von der serbischen Botschaft vertreten. Sehr oft fungieren die Vereine als zweite „Heimat“, wo man mit Landsleuten in der Muttersprache kommunizieren kann, wo man die „eigene“ Musik hören und über die alte Heimat sprechen kann. Aus den Vereinen kommen auch die politischen Aktivisten der MigrantInnenszene, die dann für andere NGOs, aber auch für Regierungsstellen (zum Beispiel „Österreichischer Integrationsfonds“ die Ansprechpartner sind. Die Ausländerbeiräte, die Integrationsbeiräte, die Ausländerberatungsstellen sind oft mit MigrantInnen besetzt, die in Vereinen politisch sozialisiert wurden. Aktuelle Informationen zu „alten“ und „neuen“ Minderheiten sind auf dieser Homepage zu finden.
Da das Zentrum der Zuwanderung in Österreich der urbane Raum ist, finden sich solche Vereine auch gehäuft in den größeren Städten. Sie tragen auf vielen Ebenen zur Integration von MigrantInnen bei. Dass in Salzburg eine solche Szene fast völlig fehlt, hat selbstverständlich Auswirkungen.
Was für eine Rolle spielt nun die Musik in diesem Szenario? Die traditionelle Musik wird von Minderheiten neben der Muttersprache als wichtigster Identifikationsfaktor gesehen. Sie hat die Qualität, die Gefühlsebene direkt anzusprechen und auch über Sprachgrenzen hinweg verstanden zu werden. Das heißt einerseits, man kann sich in ihr „zu Hause“ fühlen und andererseits, man kann damit Brücken zur Mehrheit bauen. Außerdem ist sie im Assimilationsprozess ein stabileres Element als zum Beispiel die Sprache. Ich habe des Öfteren erlebt, dass Minderheitenangehörige ihre Sprache nicht mehr sprechen, sehr wohl aber in dieser Sprache singen können.
Es stellt sich die Frage, welche Musik nun für die jeweilige Minderheit die „eigene“ ist. Grundsätzlich gehe ich davon aus, mit welchem Musikstil sich die jeweiligen Gewährspersonen identifizieren. Die stilistische Bandbreite ist groß und reicht von lokalen Stilen, zum Beispiel traditionellen Brauchliedern aus Kozluk, bis zu globalen Stilen des Ethno-Pop. Die Art der ethnischen Konnotation kann ganz unterschiedlich sein, zum Beispiel die Sprache, die Melodielinie, die Musikinstrumente und vieles andere mehr.
Natürlich ist zu bedenken, dass auch Minderheitenangehörige Menschen mit Mehrfachidentitäten sind und die ethnische oder religiöse Zugehörigkeit nur ein Merkmal ihrer Identitätspalette ist (zu diesem differenzierten Problem, wie auch zum Problemkreis Assimilation und Akkulturation, sowie Multikulturalität verweise ich auf den Anhang). Allerdings habe ich trotzdem festgestellt, dass das eine Merkmal, das die Differenz zur Mehrheit ausmacht, nämlich die ethnische oder religiöse Zugehörigkeit, oft im Vordergrund steht, nämlich vor allem deshalb, weil sie der Anlass für Diskriminierung ist und in der Bewertung von außen dominiert. Deshalb ist sie oft auch der Grund für politische oder kulturelle Aktionen. Und dabei spielt die Musik in der Praxis eine große Rolle.
Es werden im Folgenden Beispiele gebracht, die in der Salzburger Feldforschung nicht vorkommen und die dazu dienen sollen, insgesamt ein vollständigeres Bild der musikalischen Minderheitensituation in Österreich zu vermitteln.
Bei den autochthonen Minderheiten sind die Musikstile von Akkulturation geprägt. Im jahrhundertelangen Zusammenleben haben sich kulturelle Berührungen ereignet, die sich in regionalen Musiktraditionen manifestieren, die aus einem Miteinander entstanden sind. Ganz deutlich wird dieses Phänomen bei der Musik der burgenländischen Kroaten oder der Kärntner Slowenen.
1. Povi mi rožica (Sag mir, Mädchen)
wer hat denn das gemacht
da ne morem zaspat (dass ich nicht einschlafen kann)
die ganze liabe Nacht.
2. A kad meru zaspat (Wenn ich einschlafe)
so tramts ma glei von dir
a kad se prebudim (und wenn ich aufstehe)
du bist ja net bei mir
3. Zrebro ino zlato (Silber oder Gold)
des ist ma net so liab
kušujem te zato (deshalb umarme ich dich)
o du mei liabes Kind.
4. A kad gremo od tebe (Wenn ich von dir weggehe)
wünsch i dir guate Nacht
i te preporuam (und ich empfehle dich)
zu unsern liabn Gott.
Ein offensichtlich zweisprachiges Lied, kroatisch/deutsch, ein Liebeslied, in einer im Burgenland sehr vertrauten austerzenden Zweistimmigkeit, das gerne bei der Hochzeit gesungen wird.
Wie kommt es zu so einem Stück traditioneller Musik? Die burgenländischen Kroaten leben seit mehr als 450 Jahren in ihrem jetzigen Siedlungsgebiet, vormals Westungarn, jetzt Österreich. Sie wurden zum Teil damals umgesiedelt, um verödetes Land zu bebauen und ihnen Schutz zu gewähren vor einer sehr unsicheren Lebenssituation an der Türkengrenze in Kroatien. Die Musik der burgenländischen Kroaten ist primär eine Vokalkultur, der Einfluss der umgebenden Kulturen im Burgenland ist deutlich. Deshalb auch die Herausbildung einer typischen Regionalkultur, die all diese Elemente integriert, ohne deshalb die Eigenständigkeit zu verlieren. Es gibt viele Beispiele, in denen der ungarische Einfluss deutlich ist, ebenso slowakische Elemente oder solche aus der Romakultur. Akkulturation/Transkulturation ist ein wesentliches Merkmal; es hat ein kreativer Prozess des Gebens und Nehmens stattgefunden, der eine eigenständige burgenländisch-kroatische Kultur hervorgebracht hat, die bis heute sichtbar und hörbar ist.
Es würde zu weit führen, die gesamte Geschichte der Roma jetzt hier auszubreiten, nur soviel: Sie stammen aus Indien und werden in Europa erstmalig im 12. Jahrhundert urkundlich genannt. Die Geschichte der Wanderung ist gleichzeitig eine der Verfolgung über die Jahrhunderte. Die Romakultur wurde bis vor kurzem schriftlos tradiert. Aufgrund der Wanderungsgeschichte ist eine große Gruppenvielfalt entstanden. In Österreich finden wir folgende Gruppen:
Tabelle 26.
Sinti | Bgld.-Roma | Lovara | Kalderaš | Arlije | |
Emigrationsland | S-Deutschland, Tschechien | Ungarn | Ungarn, Slowakei | Serbien | Mazedonien, Kosovo |
Immigrationszeit | um 1900 | ab 15. Jhdt | 2. Hälfte 19. Jhdt, 1956 | ab 1960er | ab 1960er |
Siedlungsraum | primär Städte | Burgenland (oöst. Städte) | primär Raum Wien | Raum Wien | Raum Wien |
So unterschiedlich wie die Gruppen sind auch die Musikstile. Es gibt nicht die Romamusik, sondern viele davon. Es gibt aber ein Lied, mit dem sich sehr viele Romagruppen identifizieren, weil es nämlich die Romahymne ist, 1971 in London offiziell als solche anerkannt. Diese Romahymne existiert allerdings in sehr, sehr vielen Varianten. Sie basiert auf einer traditionellen Romamelodie aus dem ehemaligen Jugoslawien. Konstant bleiben immer die Melodie des ersten Teils, nicht die rhythmische Realisierung, sowie die erste Strophe.
Was kann dieses Lied alles über die Kultur aussagen? Lassen Sie mich nur zwei Aspekte herausgreifen: Dass zum Selbstverständnis dieser Nation – und als solche definieren sich die Roma – nicht ein Territorium gehört, sondern vor allem die Geschichte und dass die Gemeinschaft wesentlich zur Sozialstruktur gehört – „ich habe Roma getroffen“. Das sind Werte, die die Roma wesentlich von anderen Völkern unterscheiden und diese Unterschiede haben in der Geschichte wesentlich zur Identitätskonstruktion beigetragen. Das Weltbild einer Abgrenzung, ausgedrückt durch die Bezeichnungen in Romanes: hier Roma (was sowohl Zigeuner als auch Ehemann heißt) und dort Gaže (das sind alle Nichtroma, egal in welchem Land), zeigt dies auch deutlich. Das heißt nicht, dass Roma sich nicht akkulturiert hätten. Sowohl die Sprache als auch die Musik zeigen die Einflüsse der jeweils umgebenden Mehrheitskultur ganz deutlich. Trotzdem zeigt die Identitätskonstruktion oft die Abgrenzung im Sinne von Eigenart. Diese muss, gerade bei einer Hymne, stärker betont werden, da die sonst üblichen Voraussetzungen zur Nationenbildung bei den Roma fehlen.
Đelem, đelem lungone dromeja,
maladilem šukare Romeja
Đelem, đelem lungone dromeja,
maladilem šukare Romeja
Haj Romale, haj čavale (2 x)
Übersetzung
1. Ich bin einen weiten Weg gegangen
und ich habe einen schönen Rom getroffen.
Ref: Oh, ihr Roma, oh, ihr Burschen.
Dass dieses Lied im ehemaligen Jugoslawien auch über Romakreise hinaus große Popularität erlangt hat, zeigte sich unter anderem auch bei der Salzburger Feldforschung. Die Gruppe „Danica“ hat es in ihrem Repertoire, obwohl keiner der Musiker Rom ist.
Die Musik von Minderheiten spielt sich sowohl im internen Kreis der communities sozusagen im „Verborgenen“ als auch im öffentlichen Raum ab. Was auf Bühnen präsentiert wird, läuft oft unter dem Schlagwort „Multi-Kulti“. Die Bandbreite dessen, was man darunter versteht, ist groß (siehe Anhang). Es handelt sich oft um „ethnische“ Musik im weitesten Sinne und solche Events dienen der „Völkerverständigung“. Trotz mancher dilettantisch gemachter Veranstaltungen, die hauptsächlich Klischees bedienen, hat sich eine höchst professionelle Musikerszene herausgebildet, die diesem Segment zuzuordnen ist. In Wien existiert eine unglaubliche Vielzahl von Ensembles, die zunehmend die verschiedensten Bühnen erobern. Zum Teil sind es ethnisch gemischte Ensembles und auch die Musikstile werden immer mehr von Fusions geprägt. Als Wiener Markenzeichen dieser Szene gilt vor allem ein Ensemble, nämlich die 1990 gegründete „Wiener Tschuschenkapelle“. Sie spielen nach eigener Aussage „Tschuschenmusik“ und meinen damit traditionelle Musik aus dem gesamten ehemaligen Jugoslawien, der Türkei, aus Griechenland, aus der Romakultur, aus Ungarn und sogar Russland. Die positive Umdeutung des pejorativen Wortes Tschusch ist eine politische Botschaft und in manchen Liedern wird diese Botschaft vermittelt. So auch im hier angeführten: einer Wienerliedmelodie wird ein politisch aktueller Text unterlegt.
„A Bosnier, a Füchtling halt, a illegaler Maun,
der wird von an Gendarm darwischt, wia a durchkräult untan Zaun,
der Richter sagt, jetzt habn ma Sie scho dreimal abschubiert,
Sie kommen immer wieder her ganz frech und ungeniert.
Bitt her Kommissär, mi zigahts halt alleweil her:
Ref: Der was in Wean net war, und Linz net kennt,
der was in Graz no net spazieren is gwen, der Salzburg net erkennt, des Paradies,
hat kan Begriff davon, was Österreich is“.
Diese Multi-Kulti-Szene ist in Salzburg kaum ausgeprägt, mit Ausnahme von einigen wenigen Ensembles (Danica, Claudia Lehmert, Klezmer Connection. Das mag daran liegen, dass es wenig Auftrittsmöglichkeiten gibt, was wieder mit dem Fehlen der Vereinsszene, der Selbstorganisation von Minderheiten, zu tun hat.
Es ist dem Institut für Volksmusikforschung und Ethnomusikologie an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien im Rahmen des Minderheitenschwerpunktes ein Anliegen, wenigstens einige der Forschungslücken zu schließen, die beim Thema Musik von Minderheiten in Österreich bestehen. Der methodisch wichtigste Ansatz der Ethnomusikologie ist die Feldforschung und auch in der musikalischen Minderheitenforschung wird damit gearbeitet. Nachdem wir festgestellt hatten, dass in Salzburg noch nie die Musik von Minderheiten ethnomusikologisch untersucht worden war, dass also so gut wie keine Primärquellen vorhanden waren, entschlossen wir uns, gemeinsam mit einigen Partnern, erstmalig eine solche Feldforschung durchzuführen. Sie fand von 17. bis 22. Mai 2003 im Raum Stadt Salzburg inklusive Hallein statt und einige der Ergebnisse werden im Folgenden skizziert. Es ist zu betonen, dass es sich um eine erste Erhebung handelt, dass also die Ergebnisse und Schlussfolgerungen keine endgültigen sein können, sondern vielleicht nur einen ersten oberflächlichen Einblick geben. Wenn man allerdings die Ergebnisse aus Salzburg in Beziehung zu bereits vorhandenen Fakten aus der musikalischen Minderheitenforschung setzt, ergibt sich doch ein stimmiges Bild. Die Feldforschung war von erstaunlich großem Erfolg insofern, als sich eine unglaubliche musikalische Vielfalt erschlossen hat, die im Verborgenen blüht, weil vonseiten der Mehrheit bis jetzt noch nicht viel Interesse gezeigt wurde. Außerdem haben wir eine solch warme Gastfreundschaft, Offenheit und Begeisterung der dokumentierten Sänger und Musikanten erfahren, die uns gezeigt hat, dass solche Feldforschungen ganz wesentlich zum gegenseitigen kulturellen Verständnis zwischen Minderheiten und Mehrheit beitragen können.
Eine Feldforschung beginnt normalerweise damit, dass man Personen oder Institutionen kontaktiert, die eine Multiplikatoren- oder Vertreterfunktion im jeweiligen Interessensbereich haben. Das wären im MigrantInnenbereich Kulturvereine der entsprechenden Gruppen, politische Vertretungen – wie zum Beispiel ein Ausländerbeirat – oder Fachinstitutionen aus dem ethnomusikologischen und volkskulturellen Bereich. Auch Redakteure der verschiedenen Medienformate können hilfreich sein. In Salzburg gestaltete sich die Kontaktaufnahme ungewöhnlich schwierig und wir mussten sehr viel auf persönliche, auch private Kontakte zurückgreifen und auf der informellen Ebene arbeiten.
Von Anfang an stand uns das Salzburger Landesinstitut für Volkskunde mit Rat und Tat zur Seite, nur hatte auch diese Institution wenige Kontakte im MigrantInnenbereich. Sehr hilfreich war Mario Jandroković, der auf Basis eines Freien Dienstvertrages an diesem Institut beschäftigt war und der uns einige wichtige Musiker nennen konnte. Wirklich aktive Vereine von MigrantInnen selbst kann man in Salzburg an einer Hand abzählen, ein Ausländerbeirat existiert nicht, die ORF-Redaktion von „Heimat fremde Heimat“, sonst meist äußerst gut informiert, hat keinen Redakteur, der auf Salzburg spezialisiert ist und das Salzburger Beratungszentrum für MigrantInnen befasst sich wenig mit Kultur. Wissenschaftliche Literatur zum Thema Musik von MigrantInnen in Salzburg existierte nicht, außer einem Aufsatz, der zu Beginn unserer Recherchen noch nicht publiziert war. Dieser Aufsatz von Albert Lichtblau, den wir freundlicherweise als Manuskript in die Hand bekamen, war dann allerdings ein wichtiger Anhaltspunkt, da darin einige Musikerpersönlichkeiten vorkamen, und außerdem die „Radiofabrik“, das freie Radio in Salzburg, erwähnt wurde.
Die Radiofabrik verfügt über ein muttersprachliches Programm in mehreren Schienen, das in den angesprochenen MigrantInnen-Communities sehr viel gehört wird. Die Redakteure selbst erwiesen sich als Experten und wichtige Kontaktpersonen, die zum Teil selbst musikalisch tätig sind oder die wichtigsten Musiker und Sänger ihrer jeweiligen Szene kennen. Durch das Fehlen von Vereinen in Salzburg erfüllen die muttersprachlichen Sendungen in Serbokroatisch, Türkisch und Spanisch mehrere wichtige Funktionen, wie zum Beispiel Informationsaustausch, Schaffung von „Heimat“ insbesondere über Sprache und Musik, politische Meinungsbildung und eine Art von Zusammengehörigkeitsgefühl. Einige Sendungen sind musikalische Wunschkonzerte und die Hörer können live anrufen. Diese Möglichkeit wird intensiv genützt und so sind die Sendungsmacher in direktem Kontakt mit ihren Hörern. „Radio Arija“ ist auch weit über den Sendebetrieb hinaus aktiv. Es werden Kinderfaschingsbälle, Livemusik-Events oder Kochwettbewerbe veranstaltet. Die Zielgruppe dabei sind vor allem die Zuwanderer aus dem ehemaligen Jugoslawien.
Die muttersprachlichen Redakteure unterstützten uns auch teilweise mit Aufrufen an ihre Hörer, dass Sänger und Musiker sich doch melden sollten für unsere Feldforschung. Das tat in dieser direkten Form zwar niemand, aber durch meine Einbindung in zwei Live-Sendungen von Radio Arija waren eine Menge Leute bereits vorinformiert, es wurde über das Projekt positiv gesprochen und es schlug uns eine Welle der Sympathie entgegen.
Eine weitere Quelle war eine befreundete Fachärztin im Landeskrankenhaus, die begann, bei ihren Patienten musikalisch zu recherchieren und sie wurde auch in einigen Fällen fündig.
Außerdem existiert in begrenztem Rahmen doch so etwas wie eine „Multi-Kulti-Szene“ in Salzburg. Ein örtliches Zentrum stellt die ARGEkultur Gelände Salzburg dar. In diesem Zentrum sind mehrere Initiativen angesiedelt, unter anderem auch die Radiofabrik. Musiker nützen die Räumlichkeiten auch für Proben (zum Beispiel The Klezmer Connection). Seit mehreren Jahren wird nun schon das Festival „ostHÖRweiterung“ durchgeführt. Das ist meist eine mehrtägige Veranstaltung, die sowohl musikalische Events als auch Podiumsdiskussionen, Workshops und Vorträge präsentiert. Im Jahr 2003 stand das Festival unter dem Motto „Turkiye“, es ging also um türkische Musik. Im Programm stand zu lesen: „Im Zentrum steht die Musik – im Spannungsfeld zwischen traditionellen Stilen und neuen urbanen Hybridformen.“ Deshalb traten auch sehr unterschiedliche Formationen aus dem In- und Ausland auf. Die beinahe Zeitgleichheit mit unserer Feldforschung brachte einige Synergieeffekte in der Recherche, natürlich insbesondere, was die Zuwanderer aus der Türkei betrifft. Studierende des Mozarteums konnten, angeregt durch eine Lehrveranstaltung zur Musik von Minderheiten, einige Kontakte herstellen, wie zum Beispiel zur Klezmer Connection und zur Halleiner türkischen community.
Um möglicherweise einige potenzielle Gewährspersonen direkt anzusprechen und auch um unsere Projektpartner in Salzburg vor zu informieren, wurde ich im März von der Salzburger Volkskultur und vom Salzburger Landesinstitut für Volkskunde zu einem öffentlichen Vortrag eingeladen, in dem es um die musikalische Minderheitenforschung und das Feldforschungsprojekt in Salzburg ging. Im Publikum saßen damals wirklich einige der wichtigen späteren Gewährspersonen und es konnten so persönlich Kontakte geschlossen werden.
Aber auch die beteiligten Lehrenden und Studierenden waren zum Teil erfolgreich in der informellen Recherche. (Beteiligt waren fünf Lehrende der Musikuniversitäten Wien und Salzburg und acht Studierende beider Universitäten). Da beide Universitäten im Ausland einen guten Ruf genießen, gibt es viele ausländische Studierende. Dieses Potenzial versuchten wir zu nützen, indem wir einige Teilnehmer der Lehrveranstaltung baten, in ihrem muttersprachlichen Milieu zu recherchieren. Dies brachte uns Kontakte zu taiwanesischen Studierenden des Mozarteums, zu einem columbianischen Kulturaktivisten und zu einigen türkischen Musikern und Sängern. Aber auch ohne spezifische Sprachkenntnisse funktionierte die Kontaktaufnahme. Ein wunderschönes Beispiel dafür ist eine Südtiroler Studentin des Mozarteums, die, durch die Vorbereitung auf die Feldforschung hellhörig geworden, eines Abends aus einem Salzburger Wohnhaus Akkordeonmusik hörte, die ihr irgendwie „ausländisch“ erschien. Sie wartete vor dem Haus, bis sich in der betreffenden Wohnung jemand am Balkon zeigte und fragte dann nach, ob hier live gespielt würde und ob wir das dokumentieren dürften. Sie wurde sehr freundlich aufgenommen, man freute sich über das Interesse und der Akkordeon-Spieler stellte sich als professioneller Gebrauchsmusiker bei Hochzeiten, Taufen und sonstigen Festen der community aus dem ehemaligen Jugoslawien heraus.
Ich habe die Zugangsmodalitäten dieser Feldforschung deshalb so ausführlich dargestellt, weil sich daran exemplarisch zeigen lässt, dass auch im urbanen Raum und bei Fehlen von öffentlich wahrnehmbaren Netzwerken ethnomusikologisch interessante Gesprächspartner gefunden werden können und dass die der Mehrheit im Allgemeinen als „verborgen“ erscheinende kulturelle Welt der Minderheiten doch zugänglich ist.
Wenn man die Salzburger Minderheitensituation in Beziehung zum bereits einführend Gesagten setzt, so sind einige Besonderheiten und Charakteristika auszumachen, die zum Teil in der Zuwanderungsgeschichte der letzten Jahrhunderte zu finden sind.
Im 18. Jahrhundert nahm die Bevölkerung kontinuierlich ab. Das hat verschiedene Gründe, ein wesentlicher ist jedoch die erzwungene Auswanderung der Evangelischen 1731/1732, die 22.000 Personen betraf. Die verlassenen Höfe wurden teilweise von Zuwanderern aus Bayern, dem Allgäu, Breisgau und Schwarzwald, vor allem aber Tirol erworben. Ab 1816 gehörte Salzburg zur österreichisch-ungarischen Monarchie, was eine Binnenwanderung aus den anderen Ländern der Monarchie ermöglichte und es begann ein Jahrhundert mit kontinuierlicher Bevölkerungszunahme. Bis zum Ersten Weltkrieg war Salzburg Zuwanderungsland. Allerdings waren die Zuwanderer, anders als im östlichen Teil des heutigen Österreich, überwiegend deutschsprachig. Dies liegt natürlich auch an der geografischen Lage, denn Salzburg war ausschließlich von deutschsprachigen Nachbarn umgeben. Kleinere Gruppen von ArbeitsmigrantInnen aus anderen Teilen der Monarchie, die im Zuge des Eisenbahnbaues nach Salzburg kamen, bilden eher die Ausnahme. „Im Pongau beginnt 1870 der Bahnbau, der im Wesentlichen 1875 mit der Eröffnung der Strecke Salzburg–Bischofshofen–Selzthal und Salzburg–Bischofshofen über Zell am See nach Tirol abgeschlossen ist“.[4350] Ab 1867 mit dem Staatsgrundgesetz, das die Gleichheit aller Bürger vorschrieb, durften sich auch Juden in Salzburg ansiedeln. Von dieser Möglichkeit wurde aber nur vereinzelt Gebrauch gemacht.
Die Wanderungsbilanz blieb auch nach dem Ersten Weltkrieg positiv. „1934 war, ähnlich wie 1910, ein knappes Viertel der Salzburger Bevölkerung (24,1 Prozent) außerhalb der Landesgrenzen geboren. 18,5 Prozent waren bis zu diesem Zeitpunkt aus einem anderen Bundesland zugezogen (davon mehr als die Hälfte aus Oberösterreich), der Rest aus dem Ausland (meist aus dem Deutschen Reich oder der Tschechoslowakei)“.[4351]
Während des Zweiten Weltkriegs nahm die Bevölkerung durch Südtiroler Umsiedler, Zuzug aus dem Deutschen Reich und ausländische Arbeiter stark zu. Als Teil der US-Besatzungszone 1945–1955 war Salzburg ein für Vertriebene, Flüchtlinge und Displaced Persons besonders attraktiver Raum. Einerseits waren das die schutzsuchenden Juden und Salzburg wurde damals sogar „New Palestine“ genannt. Andererseits handelte es sich um „Volksdeutsche“ – Angehörige der deutschsprachigen Minderheiten in der Tschechoslowakei, dem Banat und Siebenbürgen –, die nach 1945 vertrieben wurden oder flüchteten. „Am 1. Jänner 1948 befanden sich 56.064 versetzte Personen und Flüchtlinge im Lande (davon 22.625 in Lagern), am 1. Juni 1951 waren es noch 36.046 (davon 9.138 in Lagern)“.[4352] Ihre Zahl sank nach 1951 stark durch Einbürgerungen und Abwanderung.
Ab 1964 begann die Arbeitsmigration aus dem ehemaligen Jugoslawien und der Türkei, wie im übrigen Österreich auch. Desgleichen fanden die folgenden Flüchtlingsbewegungen ihren Niederschlag in Salzburg: Ungarn 1956 (allerdings sehr wenige in Salzburg), Tschechen und Slowaken 1968, Polen 1981 (sehr wenige) und Bosnier 1992.
Tabelle 27. Ausländeranteil in %[a]
1951 | 8 % |
1961 | 2,3 % |
1971 | 4,3 % |
1981 | 5 % |
1991 | 8 % |
2001 | 11,8 % |
[a] (Quelle: Vortrag von Albert Lichtblau im Rahmen der Feldforschung) |
Das Land Salzburg hat nach der Volkszählung von 2001 also einen Ausländeranteil von 11,8 %. Das ist, verglichen mit anderen Bundesländern, relativ hoch, ausgenommen natürlich die Großstadt Wien, wo der Ausländeranteil 18 % beträgt. Dies hat damit zu tun, dass vor allem im Gastgewerbe ausländische Arbeitskräfte gebraucht werden und der Tourismus in Salzburgs Wirtschaft eine große Rolle spielt.
Tabelle 28. Größte Gruppen von Ausländern:
Bosnien und Herzegowina | 13.839 |
Serbien und Montenegro | 10.841 |
Türkei | 8.800 |
Deutschland | 8.582 |
Kroatien | 5.729 |
60.530
von
515.327
Es liegen auch Zahlen der Eingebürgerten[4353] vor, d. h. das Geburtsland ist ein anders als Österreich. Es ergibt sich dabei ein ähnliches Verhältnis wie bei den Ausländern:
Tabelle 29.
Bosnien und Herzegowina | 5.739 |
Serbien und Montenegro | 4.462 |
Deutschland | 3.479 |
Kroatien | 2.099 |
Türkei | 3.306 |
Soweit die Fakten, die als Voraussetzung zur Erhebung der musikalischen Situation natürlich wesentlich sind. Wichtig ist aber zusätzlich, wie die Mehrheit in Salzburg mit ihrer offensichtlichen Multikulturalität umgeht, wie das Klima gegenüber Ausländern ist, wie sich die Politik dazu stellt. Die vollständige Beantwortung dieser Fragen würde natürlich eine eigene Studie in einem anderen Fach erfordern. Ich möchte hier nur das wiedergeben, was wir im Zuge unserer Feldforschung erfahren konnten.
Der oben (siehe Ausgangslage und Zugang) angesprochene offensichtliche Mangel an Selbstorganisation, an Kulturvereinen und Vertreterorganisationen von Ausländern ist auffällig. Auch das fast vollkommene Fehlen einer lebendigen „Multi-Kulti-Szene“ im kulturellen Bereich, von Organisationen, die sich um ein Miteinander von MigrantInnen und Inländern bemühen, ist erstaunlich. Natürlich gibt es vereinzelte Ansätze, aber im Vergleich mit anderen Städten Österreichs findet man in Salzburg verhältnismäßig wenig. Auch in meiner Vorrecherche konnte ich feststellen, dass Experten im Minderheitenbereich, die eine Menge Ansprechpartner in ganz Österreich kennen, bei Salzburg passen mussten. Eine zentrale Persönlichkeit der „Szene“ war der Politikwissenschaftler Eugene Sensenig, der aber seit einiger Zeit nicht mehr in Salzburg lebt. Er wurde mir immer wieder genannt, besonders im Zusammenhang mit seinen gescheiterten Bemühungen, in Salzburg einen Ausländerbeirat einzurichten. Er war zwar Migrant, aber aus den USA, also nicht unbedingt ein Betroffener, wenn es um benachteiligte Gruppen von Zuwanderern geht.
Angesichts dieser Fakten stellt sich die Frage, warum das so ist. Wir konnten im Zuge unserer Feldforschung feststellen, dass es zwar Vereine von MigrantInnen gibt, diese aber in der Öffentlichkeit kaum auftreten. Und wenn sie das tun wollen wie der Verein der Aleviten, der sich um die alevitische Kultur bemüht, Saz-Kurse für Jugendliche anbot, also kontinuierliche Kulturarbeit macht, so scheitert es oft an den fehlenden Subventionen. Auch der Verein Danica (siehe unten), ein Kulturverein, der ein Musikensemble mit relativ großer Breitenwirkung unterhält, kämpft mit großen finanziellen Problemen. Es gibt keine Stelle in Land oder Stadt, die speziell für multikulturelle Angelegenheiten zuständig ist, infolge dessen auch keinen dafür vorgesehenen Budgettopf.
Die Ausländerberatungsstelle, eine Einrichtung des AMS, die Zuwanderer, Asylanten und Flüchtlinge berät und in den Arbeitsprozess eingliedern soll, kann nur bedingt weiterhelfen und beklagt, dass einerseits die Vereine der MigrantInnen fehlen, mit denen man zusammenarbeiten könnte, andererseits eine Stelle in Salzburg fehlt, die eine Anlaufstelle für Integration wäre (nach dem Modell des „Wiener Integrationsfonds“). Natürlich ist die derzeitige restriktive Ausländergesetzgebung des Bundes auch nicht gerade förderlich.
Die Wohnsituation begünstigt eine Ghettobildung, es gibt gewisse Stadtteile, in denen überdurchschnittlich viele Ausländer wohnen. Wir konnten das auch anhand der Adressen unserer Gewährspersonen feststellen. Das ist nicht integrationsfördernd und ruft oft negative Reaktionen der Einheimischen hervor, die sich zurückgedrängt fühlen.
Die Lokale, die als „Ausländertreffpunkte“ gelten, werden meist ausschließlich von der eigenen community besucht. Dort wird die „eigene“ Kultur gelebt, meist in Form von Gebrauchsmusik, aber auch die Discos sind ein wichtiger Treffpunkt der Migrantenjugendlichen. Von Österreichern werden diese Lokale jedoch nicht betreten, mit ganz wenigen Ausnahmen, sondern eher als Störfaktor wahrgenommen.
Was das Thema Ausländerfeindlichkeit betrifft, so konnten wir unterschiedliche Bewertungen feststellen. Die Klienten der Ausländerberatungsstellen beklagen keine derartigen Vorfälle, unsere Gesprächspartner reagierten differenziert auf dieses Thema. Viele bosnische Flüchtlinge empfinden große Dankbarkeit, dass sie hier aufgenommen wurden. Andererseits spüren sie aber ein großes Desinteresse vonseiten der Mehrheit, was sie enttäuscht, denn schließlich haben sie aus ihrer Heimat auch ihre Kultur mitgebracht. Die Aussage einer Gewährsfrau aus Bosnien macht betroffen. Sie hat früher viel gesungen, vor allem im häuslichen Rahmen, bei der Arbeit, für sich und für ihre Kinder. Seit sie in Österreich lebt, hat sie damit aufgehört, denn sie hat die Reaktionen der Leute bemerkt und die waren negativ. Sie will nun nicht mehr durch ihre Lieder darauf aufmerksam machen, dass sie Ausländerin ist und hat sich so das Singen abgewöhnt, das ein wichtiger Teil ihres Lebens war. Das Aufgeben dessen, was Ausdruck der eigenen Kultur ist und zwar deshalb, weil es von der umgebenden Kultur negativ bewertet wird, ist eine mögliche Strategie, um in der Mehrheitsgesellschaft akzeptiert zu werden. Bosnische Lieder können aber auch als aktive Integrationsstrategie dienen, was in mehreren Forschungsprojekten am Institut für Volksmusikforschung und Ethnomusikologie erhoben wurde.[4354] Allerdings betreffen diese Ergebnisse vor allem Wien, eine Großstadt, die betreffende Gewährsfrau lebt jedoch in einer kleinen Gemeinde in der Umgebung von Salzburg.
Das Bild, das Salzburg von sich selbst den Touristen präsentiert, hat wohl auch damit zu tun, wie MigrantInnen hier leben. Es wird eine Scheinwelt erzeugt, geprägt von einem „Sound of Music-Image“, in der MigrantInnen zwar als Arbeitskräfte aufscheinen, aber nicht als kulturelle Akteure teilhaben. Während Wien und der Osten Österreichs in seiner touristischen Präsentation durchaus auf Klischees aus der multikulturellen Geschichte der Monarchie zurückgreifen – man denke nur an die Operettenseligkeit oder die Puszta-Romantik mit „Zigeunermusik“ –, so fehlt in Salzburg dieser historische Bezug zu Osteuropa, auf dem man ein Außenbild aufbauen könnte.
Die ausführlichste Darstellung bezieht sich auf die Zuwanderer aus dem ehemaligen Jugoslawien. Diese bilden in Salzburg, wie auch in Österreich generell, die größte Gruppe. Aber nicht nur aus diesem Grund werden sie am ausführlichsten behandelt. Die anderen Gruppen würden eine ähnlich genaue Darstellung verdienen. Das ist erstens aufgrund der Forschungslage noch nicht möglich und zweitens würde das den Rahmen dieser Publikation sprengen. Das Feldforschungsmaterial steht jedoch für weitere wissenschaftliche Untersuchungen zur Verfügung.
All jene im vorigen Kapitel „Historisches und Sozio-Politisches“ genannten Voraussetzungen wirken sich auf die Musikpraxis von Minderheiten aus. Ohne die politischen, historischen und soziologischen Rahmenbedingungen zu kennen, wird man musikalische Phänomene möglicherweise falsch interpretieren, denn Musik findet nicht im luftleeren Raum statt. Sowohl die Menschen selbst, die Musik produzieren, als auch jene, die sie konsumieren, werden von ihrer Lebenssituation geprägt. Die Musik selbst hat außerdem je nach politischem Umfeld bestimmte Bedeutungen und Konnotationen, die sich ändern können. Letzteres trifft insbesondere auf die Musik der MigrantInnen aus dem ehemaligen Jugoslawien zu. Die Bosnier, Serben und Kroaten, die in Salzburg leben, sind zum Teil ArbeitsmigrantInnen aus den 60er- und 70er-Jahren und zum Teil Flüchtlinge von 1992.
Die erste Generation der ArbeitsmigrantInnen kommt aus einem Jugoslawien, das sozialistisch regiert wurde und in dem „Brüderlichkeit und Einheit“ („brastvo-jedinstvo“) die Devise politischen und kulturellen Handelns nach 1945 war. Tito versuchte, einen gemeinsamen Staat aus verschiedenen ethnischen Identitäten zu bauen. Die Strategie war, alles, was zu ethnisch-national (im Sinne von kroatisch, serbisch, bosniakisch, makedonisch, slowenisch) war, zu eliminieren. Das bekamen natürlich auch die Ethnologen und Ethnomusikologen zu spüren. Es wurden die Forschungen zwar nicht so massiv beeinflusst, wie das in anderen kommunistischen Ländern geschah, jedoch gab es gewisse Regeln, die befolgt werden mussten. Dunja Rihtman-Auguštin bringt aus kroatischer Sicht ein Beispiel: „Bis in die 70er-Jahre war seitens der offiziellen Staats- bzw. Parteipropaganda der Gebrauch des Adjektivs ‚kroatisch‘ verboten. Statt also beispielsweise von einer ‚kroatischen Kultur‘ hatte man von der ‚Kultur Kroatiens‘, statt von ‚kroatischen Bräuchen‘ von ‚Bräuchen Kroatiens‘ zu sprechen und zu schreiben“.[4355]
Die traditionelle Musik in all ihrer Vielfalt, von der slowenischen Polka über die dalmatinische Mehrstimmigkeit bis zum Davul- und Zurna-Stil in Makedonien war aber vorhanden und ließ sich nicht wegleugnen. Sie war definitiv Ausdruck der ethnischen Vielfalt und auch ein großer Reichtum. Man akzeptierte dieses Faktum und machte Gebrauch davon, im Sinne der brastvo-jedinstvo-Ideologie: In jedem Winkel des Landes wurden so genannte KUD-Ensembles gegründet, „Kulturno umjetničko društvo“. Die Hauptaktivität lag im Folklorebereich. Es wurden traditionelle Tänze und Lieder einstudiert, aber nicht etwa aus dem lokalen Umfeld der Mitglieder, sondern aus den verschiedenen Regionen des gesamten Jugoslawiens. Die meist jungen Mitglieder sollten die Vielfalt ihres Landes auf diesem Weg erfahren. Auch die großen staatlichen Folkloreensembles, wie zum Beispiel „Lado“, zeigten derartige Programme in jeweils wechselnden Trachten. In der Bezeichnung der einzelnen Musikstücke wurde die ethnische Konnotation vermieden. So wurde nicht ein „serbischer“ Kolo, sondern der Kolo aus Užice – eine Ortschaft in Serbien – gezeigt, es wurde also eine lokale Bezeichnung gewählt. Die ethnisch-nationale Konnotation ist trotzdem latent vorhanden gewesen, sie wurde aber offiziell verschwiegen.
Diesen Umgang mit Volkskultur haben auch die Flüchtlinge von 1992 noch miterlebt. Sie haben aber auch das Trauma vom Zerbrechen dieser Einheit durch einen bestialischen Krieg, dessen Schrecken sie hautnah am eigenen Leib erfahren haben, zu verarbeiten.
Durch die Neugründung der Staaten Slowenien, Kroatien, Bosnien und Herzegowina, Serbien und Montenegro und Makedonien änderte sich dieser Umgang mit Volkskultur grundlegend. Traditionelle Musik wurde nunmehr zum Ausdruck des „Nationalen“, das teilweise erst konstruiert werden musste, da ja alle Teilrepubliken multiethnisch gewesen waren und sich manche Musikstile nicht eindimensional zuordnen lassen. Die Politik nimmt allerdings auf wissenschaftliche Ergebnisse nicht Rücksicht und in der nationalen Propaganda gilt die Tamburica inzwischen als rein kroatisch, das Akkordeon als serbisch und die Sevdalinke, eine bosnische urbane Liedgattung mit stark melismatischer Melodik werden als muslimisch betrachtet.
Diese Nationalisierungstendenz im Herkunftsland hat auch Auswirkungen auf die MigrantInnen-Communities in Österreich, sowohl musikalisch als auch politisch. Während des Krieges konnte man in Wien beobachten, dass zunächst alle „gesamtjugoslawischen“ Vereine sich nur mehr als serbisch definierten und die Kroaten und Bosnier ihre eigenen Vereine gründeten. Man hatte nichts mehr miteinander zu tun, obwohl man vorher befreundet gewesen war, zusammengearbeitet und eine gemeinsame Identität entwickelt hatte. Diese Trennung wurde offiziell auch auf der musikalischen Ebene vollzogen. Gewisse Melodien und Tänze bekamen nationalen Symbolcharakter und wurden von der jeweils anderen Ethnie nunmehr abgelehnt. Auf der inoffiziellen Ebene der Gebrauchsmusik wurden diese Trennungen allerdings nur bedingt mitgemacht.[4356]
Diese Hintergrundinformation ist notwendig, um zu verstehen, warum die Salzburger Situation so außergewöhnlich ist. Während des Krieges wurden auch hier die gesamtjugoslawischen Vereine aufgelöst, es wurden allerdings kaum neue, nationale, gegründet (eine Ausnahme bilden die religiösen Gemeinschaften, zum Beispiel die katholisch kroatische Kirche, die sehr wohl nationale und desintegrative Tendenzen zeigt, wobei diesem Phänomen in der besprochenen Feldforschung nicht nachgegangen wurde, es aber sicher ein Forschungsdesideratum darstellt). Wie schon erwähnt, liegen identitätsstiftende Aktivitäten in anderen Bereichen, wie zum Beispiel bei den muttersprachlichen Radios, man musiziert und singt in Clubs und Gaststätten. Ohne den national-politischen offiziellen Rahmen ist der Umgang mit traditioneller Musik offenbar wesentlich entspannter. Unsere Gewährspersonen aus dem ehemaligen Jugoslawien verfügten alle (!) über ein ausgesprochen gesamtjugoslawisches Repertoire und waren auch bereit, es uns zu präsentieren. Natürlich hängt das mit den jeweiligen Lebensgeschichten und Erfahrungen zusammen, sowie mit der Art der musikalischen Tätigkeit (siehe unten), aber es ist meiner Erfahrung nach wirklich außergewöhnlich, dass musikalisch die gesamtjugoslawische Identität weit über die ethnische gestellt wird, ja sogar letztere als völlig unwichtig gesehen wird. Ich beziehe mich hier auf Forschungen in Wien, wo ich seit 1992 eine starke Ethnisierung oft erlebt habe, die sich auch musikalisch auswirkt, nämlich dass zum Beispiel Kroaten sich weigern, „serbische“ Lieder zu singen, oder umgekehrt, obwohl diese Lieder kurz davor noch Teil ihrer musikalischen Ausdruckspalette waren. Die Salzburger Resistenz gegen Ethnisierungstendenzen spiegelt sich im von uns dokumentierten Repertoire, das sich von makedonischen Liedern über serbische Kolos und bosnische Sevdalinke bis zu dalmatinischen Liedern in großer Vielfalt präsentiert und zwar im jeweiligen persönlichen Repertoire von einzelnen Sängern und Musikern.[4357]
Tatjana Bijelić stammt aus Tuzla, aus einer ethnisch gemischten Familie, lebte dann in Sarajevo, arbeitete als Journalistin und kam 1992 zu ihrer Schwester nach Salzburg auf Besuch. Zu dieser Zeit brach der Krieg aus und ihr Chef empfahl ihr, zu bleiben. Sie dachte, der Krieg würde bald vorbei sein, aber die Realität war anders. Sie arbeitete in verschiedenen Jobs, sehr viel Zeit und Energie verwendete sie auf Flüchtlingshilfe. Ihre Aktivitäten reichten von psychologischer Betreuung von traumatisierten Opfern bis zu Auftritten als Sängerin bei humanitären Konzerten. Sie war bereits in Sarajevo in Folkloreensembles eingebunden, sowohl als Sängerin als auch als Tänzerin. Deshalb verfügt sie über ein umfangreiches Repertoire. Sie sagt, dass ihr die Musik immer psychischen Halt gegeben hat. Nach dem Krieg wollte sie eigentlich zurückkehren, aber ihre Tochter wollte in Österreich bleiben und hier studieren. Deshalb lebt Tatjana Bijelić weiterhin in Salzburg, hat eine Anstellung in einem Kunsthandwerksbetrieb und engagiert sich weiterhin vielfältig in der Kulturszene. Sie ist auch Redakteurin beim bereits genannten „Radio Arija“.
Sie ist eine sehr beeindruckende Sängerin und lässt in den Stunden, die wir bei ihr verbringen, die musikalische Vielfalt des ehemaligen Jugoslawien an uns vorüberziehen. Jeglicher Nationalismus, insbesondere in der Musik, ist ihr ein Gräuel und sie lässt sich ihre vielfältigen musikalischen Ausdrucksformen nicht durch neu gezogene Grenzen wegnehmen.
Zoran Šijaković ist der Gründer und Leiter dieses Ensembles. Er wurde in Novi Sad geboren, wo er am Nationaltheater beschäftigt war und lebt heute in Braunau/Inn. Er verließ seine Heimat aufgrund einer Liebesbeziehung, die ihn nach Braunau führte. Schon als Kind begann er zu singen und wuchs praktisch in einem Kulturverein auf, wo er vor allem als Tänzer agierte. Tamburica lernte er erst mit 26 Jahren. Er verdiente sich sein Studium in Salzburg mit Singen in Gaststätten, jenen die von „Gastarbeitern“ frequentiert wurden und hat deshalb ein sehr großes Repertoire. Er leitete auch ein Tanzensemble in Salzburg, das aus Geldmangel aufgelöst wurde. Das Ensemble Danica war erneut ein Weg auf die Bühne und konnte nur funktionieren, weil er Gleichgesinnte in folgenden Personen fand: Kristijan Knežević – bosnischer Kroate: Gitarre und Gesang, Sladjana Curović: Violine, Nikola Jeremić – Kompositionsstudent: Akkordeon und Arrangements, Vladimir Marković: Viola und Vladimir Gurbaj: Klarinette (der allerdings bei unserer Aufnahme nicht anwesend war, aber auf der CD des Ensembles zu hören ist).
Sie spielen traditionelle Musik aus dem ehemaligen Jugoslawien mit dem Anspruch, „authentische“ Volksmusik zu präsentieren. Bei unserer längeren Diskussion darüber, was mit authentisch gemeint ist, kommt heraus, dass es jene Musik ist, die sie alle aus ihrer Kindheit in Erinnerung haben. Es soll so klingen „wie früher“. Dazu werden die entsprechenden Instrumente eingesetzt und es wird auf jegliche Elektronik verzichtet.
Das Repertoire bezieht das gesamte ehemalige Jugoslawien ein und ist ebenso ethnisch gemischt wie die Gruppe selbst. Zoran Šijaković sieht sein Publikum vorwiegend in der Mehrheit, nicht bei den Zuwanderern. Diese, sagt er, wollen das „Gasthausrepertoire“ und damit sind volkstümliche, populäre Lieder gemeint. Und Danica will sich von diesem musikalischen Segment deutlich abheben.
Die Familie Muhić lebt nicht erst seit dem Krieg in Salzburg. Sakiba Muhić kam schon 1976 nach Österreich, lernte ihren Mann Mujo hier kennen, sie heirateten und blieben. Sakibas Eltern sind bosnische Muslime, sie wuchs in Zvornik auf und begann schon als Kind zu singen. Als sie nach Österreich kam, fand sie hier ein großes Betätigungsfeld als Sängerin, sie trat in Clubs und Vereinen in ganz Österreich und auch in Deutschland auf und hatte fixe Engagements in verschiedenen Ensembles. Durch den Krieg haben sich die Erwartungen des Publikums geändert, sie wird auf bosnische Lieder festgelegt, was ihr aber eigentlich nicht entspricht. Ihre große Liebe gilt den Sevdalinke, die sie nicht als „bosnische“, sondern als überregionale Gattung sieht.
Singen bedeutet ihr sehr viel, denn „Lieder nähren die Seele“. In letzter Zeit hat sie sich aufgrund ihrer familiären Verpflichtungen von den Bühnen zurückgezogen. Ihr Mann Mujo ist ebenfalls ein beeindruckender Sänger und viele Auftritte absolvierten sie gemeinsam.
In Großgmain treffen wir Nezira Jorkić und Hanka Zukić im Pfarrheim und die beiden erklären sich freundlicherweise bereit, für uns zu singen und uns aus ihrem Leben zu erzählen. Nezira Jorkić hat das typische bosnische Flüchtlingsschicksal erlebt. Allerdings ist sie jetzt in Großgmain recht zufrieden, wo sie mit ihrer Familie lebt und in der Sparkasse angestellt ist. Nur mit dem Singen hat sie aufgehört, weil die Umgebung negativ darauf reagiert. Für uns jedoch singen beide Frauen nach längerem Zureden einige Lieder. Das Repertoire ist gemischt und wir hören Lieder aus der ländlichen bosnischen Tradition ebenso wie städtische Lieder, Sevdalinke. Frau Jorkić war nie in einem Folkloreensemble und stand auch nie auf der Bühne. Sie hat nur für ihr Wohlbefinden, bei der Hausarbeit, für ihre Kinder gesungen. Sie ist eine eifrige Hörerin der muttersprachlichen Sendungen der Radiofabrik und hat schon öfter angerufen, um sich Lieder zu wünschen. Und dann singt sie immer eifrig mit.
Jede Gemeinschaft braucht Rituale. Diese wiederum brauchen Musik. Natürlich trifft das auch auf die Zuwanderergemeinschaften zu. Der wichtigste Brauchanlass, bei dem Musik eine entscheidende Rolle spielt, ist die Hochzeit. Hochzeiten der Zuwanderer aus dem ehemaligen Jugoslawien werden meist in Österreich gefeiert und bilden einen Höhepunkt im Leben. Es ist wichtig zu repräsentieren, was durch die Anzahl der Gäste, die Menge des Essens und die Qualität der Musik geschieht. Dafür werden Musiker gebraucht, die solchen Anlässen gerecht werden können. Die übliche Besetzung besteht aus ein bis zwei Keyboards, Violine, Akkordeon, Gesang. Wir konnten keiner solchen Hochzeit beiwohnen, sie also nicht in actu dokumentieren, allerdings haben wir Musiker einzeln aufgesucht, in explorativer Feldforschungssituation, die alle bei Hochzeiten und sonstigen Feiern Gebrauchsmusik für die Zuwanderer aus dem ehemaligen Jugoslawien spielen oder spielten. Die Familie Kostić (Keyboard), den Akkordeonisten Pawlow und den Geiger Stanojević, der aufgrund seines Alters nicht mehr als Hochzeitsmusiker aktiv ist. Allerdings spielt er jeden Tag Geige, weil er das braucht, um sich wohl zu fühlen. Der Stil, der bei Hochzeiten vorzugsweise verwendet wird, ist die so genannte „nova komponovana muzika“, eine Art volkstümlicher Ethno-Pop aus dem ehemaligen Jugoslawien, der sich größter Beliebtheit erfreut. Aber auch ältere traditionelle Melodien spielen eine Rolle.
Eine besonders wichtige Hochzeitsmelodie spielt uns Herr Pawlow auf dem Akkordeon vor:
Text:
Treptlika, trepetala
puna bisera
ovi naši beli dvori
puni veselja.
Übersetzung:
Eine Kette, geschüttelt
voll von Perlen
dieses unser weißes Haus
voll von Freude.
Die Musiker erzählen, dass sich durch den Krieg die musikalischen Erwartungen der Hochzeitsgäste geändert haben. Man muss wissen, was man für wen spielt. Allerdings können diese Musiker jede der ethnischen Gemeinschaften bedienen, weil sie das gesamtjugoslawische Repertoire beherrschen.
Die türkisch/alevitische Szene scheint etwas anders strukturiert zu sein, als die bosnisch-kroatisch-serbische. Sie besteht aus Türken, die Sunniten sind, aus Türken, die Aleviten sind und aus Kurden. Dies deckt sich durchaus mit dem gesamtösterreichischen Bild. Die Gesprächspartner während der Feldforschung repräsentierten ebenfalls diese Zusammensetzung, obwohl die Aleviten in der Überzahl waren. Die Religion der Aleviten ist eine Glaubensrichtung innerhalb des Islam, die sich durch besondere Offenheit und Toleranz auszeichnet und in der Musik auch im Gottesdienst eine ganz besondere Rolle spielt. Die Saz (türkische Langhalslaute) gilt als zu verehrendes Instrument und Lieder zur Saz (in türkischer Sprache) sind wesentlich.
Der Einfluss des Herkunftslandes Türkei zeigt sich nicht nur in den volksmusikalischen Traditionen, die aus der Heimat mitgebracht wurden, sondern auch in der Gebrauchsmusik bei Hochzeiten und Beschneidungsfeiern und in der Kunstmusik. Die Musik der türkischen Zuwanderer in Salzburg ist also stilistisch äußerst vielfältig: die alevitische Tradition, regionale Volksmusikstile, populäre Gebrauchsmusik und Kunstmusik.
Ali Oymak ist in der Ausländerberatungsstelle tätig und Vorstandsmitglied des alevitischen Kulturvereins. Außerdem ist er Redakteur und Moderator einer muttersprachlichen Sendung der Radiowerkstatt. Er kam 1979 nach Österreich, sein Vater bereits 1973 als Gastarbeiter. Das Instrument Saz lernte er schon in der Türkei, allerdings nur die Anfänge. In Salzburg lernte er weiter und heute unterrichtet er selbst, im Rahmen des Vereins. Er spielt traditionelle türkische Musik und alevitische religiöse Lieder. Es werden in Salzburg regelmäßig Cems (das ist der alevitische Gottesdienst) abgehalten. Auch der religiöse Tanz, der Semah, wird gepflegt. Es ist ihm wichtig, dass Traditionen an die Jugend weitergegeben werden, was im Verein auch geschieht. Die finanzielle Situation ist derzeit sehr schlecht, das Interesse der Jugend nimmt ab. Die Blütezeit des Vereins war 1994/95, als er über hundert Mitglieder hatte.
Derviş Baran kam 1990 nach Salzburg und lebt seit kurzer Zeit in Vöcklabruck, wo er eine Pizzeria betreibt. Er ist ein sehr bewusster Kurde und Alevit. Seine musikalische Tätigkeit ist vielfältig, er spielt Saz in verschiedenen Ensembles und singt. Auch in der Türkei war er als Berufsmusiker tätig. Das Ensemble wird viel zu Hochzeiten eingeladen, allerdings nicht zu türkischen. Er sieht große Unterschiede zwischen der türkischen und der kurdischen Musik, abgesehen von der Sprache. Die Modernisierungstendenzen, insbesondere der „Arabesk-Stil“, ist ihm ein Dorn im Auge, wie übrigens Ali Oymak auch. Dies ist ein populärer Stil, der von der Jugend gern gehört wird. Beide betonen, wie „pessimistisch“ diese Lieder doch seien. Trotzdem spielt er als Gebrauchsmusiker das, was von ihm erwartet wird und das kann bis zu „Sierra Madre“ (Zillertaler Schürzenjäger) reichen.
Mustafa Durgut ist Gebrauchsmusiker und sein Repertoire besteht hauptsächlich aus der bereits erwähnten Arabesk-Musik, die die gefragteste Gattung ist. Nach eigener Aussage spielt er alles, was gewünscht wird. Seine Instrumente sind die Saz und die Darabukka, außerdem singt er und verfügt über ein unglaublich großes Repertoire. Er hat keine Berührungsängste mit anderen Musikstilen, auch Jazz hat er schon gespielt. Mit seiner Gruppe tritt er bei Hochzeiten und Beschneidungsfeiern auf. Mustafa Durgut besitzt eine komplette technische Ausrüstung, die er auch selbst betreut und bei Auftritten aufbaut.
Die Musik hat einen sehr hohen Stellenwert in seinem Leben, in seiner persönlichen Wertung kommt zuerst die Musik, dann die Familie und dann Gott. Er erklärt im Interview viele musikalische Details, wie auch zum Beispiel das Makam-System. Die türkische traditionelle Musik ist ihm vertraut, er stellt jedoch die Schwierigkeit fest, dass es aufgrund der großen regionalen Vielfalt der türkischen Volksmusik schwer ist, alle Wünsche des Publikums zu erfüllen. Aufgrund seines vielfältigen Repertoires lassen sich auch interkulturelle Verbindungen feststellen, wie zum Beispiel bei dem Lied „Üsküdara gider iken“, ein städtisches Lied aus Istanbul, das in Bosnien unter dem Namen „Ruse kose curo imaš“ als Sevdalinka bekannt ist. Mustafa Durgut ist mit Sicherheit kein Traditionalist, sondern ein Musiker, der offen ist für sein gesamtes musikalisches Umfeld und der das, was seinem Publikum gefällt, übernimmt.
Fatih Kutlu wurde in der Nähe von Ankara geboren und kam vor 12 Jahren durch seinen Vater nach Salzburg. Er arbeitet bei der Post, spielt aber auch mit seiner Band auf Hochzeiten und Verlobungen der türkischen community. Ansonsten finden sich keine Anlässe, um türkische Musik live zu spielen, sagt er. Er selbst spielt Darabukka und Saz und singt. Das Keyboard spielt bei Auftritten eine wichtige Rolle, weil damit alle traditionellen Instrumente, wie zum Beispiel Davul und Zurna, simuliert werden. Die in Wien durchaus übliche Praxis, dass extra Davul- und Zurna-Spieler eingeladen werden, um besonders wichtige Teile der Hochzeit zu untermalen – wie zum Beispiel die Ankunft von Braut und Bräutigam –, scheint in Salzburg nicht üblich zu sein. Fatih Kutlu unterrichtet Darabukka und hat 7 Schüler. Das Interesse an diesem Instrument ist in Salzburg mit dem Bauchtanz verbunden.
Metin Can kommt aus Adana in der Türkei, ist seit 1988 in Österreich und bezeichnet sich als den einzigen Oud-Spieler Salzburgs. Er hat es in Adana auf dem Konservatorium gelernt. Dieses Instrument hat allerdings in der türkischen community in Salzburg keinen großen Stellenwert. Außerdem spielt er Saxophon und kommt mit diesem Instrument häufiger zum Einsatz. Die europäische Musik ist ihm ebenso geläufig wie die türkische, die er „im Blut hat“, wie er es formuliert. Die türkische Volksmusik eignet sich nicht für die Oud, sondern man kann darauf viel besser türkische Kunstmusik spielen. Metin Can vertritt also als einziger unserer Gesprächspartner das Segment türkische Kunstmusik. Er ist unglücklich über das Desinteresse seiner Landsleute und der österreichischen Öffentlichkeit und überlegt deshalb, nach Berlin zu gehen, wo es ein Konservatorium für türkische Kunstmusik gibt.
Serdar Kurtoğlu wurde in Ankara geboren und stammt ursprünglich aus Sivas. Er ist als Dolmetscher und Unternehmer tätig und hat einen Universitätsabschluss. Er verkörpert ein anderes Segment der türkischen community als die anderen Gesprächspartner. Er ist zwar auch als Musiker aktiv, ist aber vor allem Beobachter der Szene, zu der er eine kritische Distanz entwickelt hat. Als Alevit war er längere Zeit Mitglied im alevitschen Verein, zog sich aber dann aus politischen Gründen zurück. Seine Reflexion der Lage der Ausländer, der Türken in Österreich, ist sehr differenziert und kundig, seine Analyse der Situation der türkischen community in Salzburg äußerst informativ. Er spricht von den „Moschee-Vereinen“ in Salzburg, die nicht zur Integration beitragen und von der Heterogenität der türkischen Szene in Salzburg. Er äußert sich auch kritisch zu den türkischen Programmen der Radiofabrik, weil sie – seiner Meinung nach – zu sehr von Aleviten geprägt sind, die nur einen kleinen Teil der türkischen Zuwanderer ausmachen. Trotzdem ist er als Aktivist der Szene einzustufen: beim Türkei-Festival 2003 im ARGEkultur Gelände Salzburg ist er als Mitorganisator aktiv und es ist ihm offensichtlich ein Anliegen, die türkische community in Österreich zu integrieren und auch politisch zu vertreten.
Abschließend sollte man vielleicht das gängige Vorurteil hinterfragen, das da lautet: Die Türken sind nicht zu integrieren, weil sie „so anders“ und weil sie Muslime sind. Wir hatten den Eindruck, dass die türkischen Gewährspersonen ganz genauso wie Angehörige anderer Kulturen reagierten. Nach einer gewissen anfänglichen Skepsis, die aus dem erstmaligen Erleben einer Feldforschungssituation resultiert, waren ein großes Entgegenkommen und eine große Bereitschaft zu bemerken. Das Erstaunen, dass sich Österreicher für die türkische Kultur interessieren, war groß, denn normalerweise erleben die türkischen Zuwanderer ein solches Interesse oder diese Form der Annäherung nicht. Sie werden in ihrer eigenen Welt allein gelassen. Die Religion, sei es nun die alevitische oder die sunnitische, spielt nach unserem Eindruck weder eine integrative noch eine desintegrative Rolle. Wir haben allerdings auch nicht bei den „Moschee-Vereinen“ recherchiert, weil uns da keine musikalischen Ansprechpartner genannt wurden.
Wie wir aus vielen Studien wissen, hat die Ghettoisierung von Zuwanderern mit ihrer schwierigen Lebenssituation und mit der Ausgrenzung – der strukturellen und alltäglichen Diskriminierung – vonseiten der Mehrheit zu tun. Die Musik scheint jedenfalls ein ideales Mittel zu sein, einander näher zu kommen.
Dies sei nur als Beispiel für einen Bereich erwähnt, dem wir uns nicht ausführlich widmen konnten, obwohl dies wohl eine lohnende Aufgabe wäre. Das Salzburger Mozarteum hat genauso wie die Universität für Musik und darstellende Kunst Wien eine große Zahl ausländischer Studierender. Diese jungen Musiker kommen aus ihren Heimatländern nach Europa, um westeuropäische klassische Musik zu studieren. Diese musikalische Orientierung geht manchmal einher mit einem Ablegen der eigenen musikalischen Wurzeln, die manchmal vom westeuropäischen Musiksystem verschieden sind. Mit Ausnahme jener Studierenden, die mit unserem Institut in nähere Berührung kommen, werden die Studierenden im universitären Zusammenhang nie auf ihre Heimattraditionen angesprochen. Dies liegt natürlich am Studienplan und Ausbildungssystem, zum Teil auch an den Studierenden selbst, die ausschließlich in der Welt der westeuropäischen Kunstmusik erfolgreich sein wollen. Es liegt aber auch am Desinteresse des Umfeldes und ich denke, dass es durchaus möglich und zum großen Vorteil unserer Ausbildungsstätten wäre, wenn man dieses multikulturelle Potenzial verstärkt nützen würde.
Durch eine Wiener Studentin aus Taiwan konnten wir über eine ihrer Freundinnen ein Treffen mit sieben Salzburger Studierenden aus Taiwan und China arrangieren. Es stellte sich heraus, dass ihnen die taiwanesische Musiktradition nicht sehr vertraut ist, trotzdem können sie natürlich Lieder aus ihrer Heimat und singen diese auch. Wir konnten Volkslieder und Kinderlieder dokumentieren. Im Laufe ihrer Ausbildung in ihrer Heimat mussten alle auch wenigstens ein chinesisches Instrument erlernen. Das heißt, es wäre ein gewisses musikalisches Grundpotenzial vorhanden, nur haben die Gewährspersonen das Gefühl, dass sie zu wenig Experten sind. Durch das Fehlen einer chinesischen/taiwanesischen community sind in Salzburg die geselligen Anlässe, zu denen diese Musik gebraucht würde, nicht vorhanden. Dass den Befragten die musikalische Herkunftstradition trotzdem sehr wichtig ist, lässt sich daran ablesen, dass alle Befragten angegeben haben, sie wollten sie ihren Kindern weitergeben. Ob das Interesse an ihren Traditionen, mit dem sie erstmalig durch unsere Feldforschung konfrontiert waren, möglicherweise einen Entwicklungsprozess auslöst, wird zu beobachten sein.
Die Fluchtbewegung aus der ehemaligen Tschechoslowakei 1968 brachte einige Flüchtlinge auch nach Salzburg, unter ihnen Lidmilia Angerer, Mädchenname Vsetickova. Sie flüchtete 1968 und heiratete einen Salzburger. Sie ist Mitglied des Tschechischen Clubs in Salzburg, den sie aber als eher inaktiv beschreibt. Er ist dominiert von „tschechophilen“ Österreichern. Man kann also nur bedingt von einer tschechischen community in Salzburg sprechen.
Frau Angerer ist eine jener Gewährspersonen, die ihr Leben anhand von Liedern erzählen können. Sie hat nie professionell gesungen, aber Lieder haben ihr Leben begleitet. Dieses Leben war äußerst bewegt. Sie hat in Prag drei Regime erlebt, da sie 1942 geboren wurde: zuerst die Nazis, dann die Kommunisten, dann den Prager Frühling (1968) bis zum Einmarsch der Russen. Ihr Repertoire ist reichhaltig und besteht aus Kinderliedern, Brauchliedern, religiösen Liedern. Immer wieder werden wichtige Stationen ihres Lebens von Musik begleitet. Sie lässt uns in ihrer wunderbaren Erzählung teilhaben an ihrem Leben und spricht besonders über ein Lied, das wesentliche Wendepunkte in ihrem Leben markiert hat: die Hymne des Heiligen Wenzel.
Die Familie Vereno hat zwar keine tschechischen Wurzeln, jedoch gilt die Liebe des gesamten und äußerst vielfältigen musikalischen Tuns vor allem der tschechischen Musik. Der Dudelsack war hier der Auslöser, weil der Sohn Michael nämlich bereits im Alter von drei Jahren verkündete, er würde Dudelsack-Spieler werden. Er blieb sehr konsequent bei seiner Vorliebe, die von der Mutter, Dr. Helga Vereno, sehr gefördert wurde. Der oberösterreichische Dudelsackspezialist Rudi Lughofer öffnete ihnen den Weg in die österreichische Bordun-Szene. Die beiden musizieren viel gemeinsam auf unterschiedlichsten Instrumenten und ihr Repertoire beinhaltet eine Menge tschechischer Lieder. Auch in der grenzüberschreitenden musikalischen Zusammenarbeit mit der Tschechischen Republik ist Helga Vereno sehr aktiv.
Wie bereits gesagt, ist diese Szene in Salzbug nicht sehr ausgeprägt, obwohl wir doch eine Reihe von Ensembles kontaktierten, die durchaus hier eingeordnet werden könnten, wie zum Beispiel auch das oben angeführte Ensemble Danica oder die Familie Vereno. Außerdem lernten wir noch Claudia Lehmert, die griechische Musik macht, und die Klezmer Connection kennen.
Die Straßenmusikszene, die im Rahmen der Feldforschung kurz dokumentiert wurde, wie auch der columbianische Aktivist Dr. Duarte Herrera, der einen lateinamerikanischen Kulturverein leitet und Salsa-Abende veranstaltet, gehören auch in dieses Segment. Mit Multi-Kulti-Szene ist hier gemeint, dass ethnische Musik oder Worldmusic in der Öffentlichkeit präsentiert wird und zwar einer Öffentlichkeit, die nicht ausschließlich aus der eigenen community besteht. (Diskussion des Begriffes Multikulturalität siehe Anhang).
Die Salzburgerin Claudia Lehmert – Künstlername „Athena“ – ist eine Sängerin und Musikerin, die sich der griechischen Musik verschrieben hat. Sie hat die Sprache gelernt und beschäftigt sich intensiv mit griechischer Musik. Eine gewisse Barriere, die durch ihre Outsider-Position vorhanden ist, überwindet sie so gut, dass sie bereits mehrmals in Griechenland äußerst erfolgreich konzertiert hat. Sie gilt inzwischen als Insiderin. Claudia Lehmert ist in verschiedenen Ensembles tätig, auch über die Grenzen Österreichs hinaus. Die griechische community in Salzburg ist zu klein und Auftrittsmöglichkeiten so dünn gesät, dass sie oft im Ausland konzertiert, insbesondere in Deutschland. Ihr Repertoire ist vielfältig und reicht von verschiedenen Volksmusikstilen über den Rebetiko bis zu Mikis Theodorakis.
Die „Klezmer Connection“ besteht aus Marion Ellmer, Peter Aradi, Bernie Rothauer, Georg Winkler und Hubert Kellerer. Die Besetzung ist Gesang, Gitarre, Klarinette, Akkordeon und Perkussion – also eine Besetzung wie sie in der Tradition der Klezmorim, der jüdischen Gebrauchsmusikanten Osteuropas, durchaus zu finden ist. Jüdischer Herkunft ist allerdings keiner der Musikanten. Das Projekt wurde wesentlich beeinflusst durch eine wissenschaftliche Arbeit, die Georg Winkler am Mozarteum über Klezmer schrieb. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung und das praktische Tun ergänzten sich. Die Musiker, fast alle Profis, spielen auf hohem Niveau. Dass sie gerade Klezmer ausgewählt haben, entspricht durchaus einem Trend, der auch in anderen Teilen Österreichs festzustellen ist. Es hat wahrscheinlich auch damit zu tun, dass Klezmer so vielfältig ist und so viele Stile mit einschließt, dass Musikern eine große Freiheit der künstlerischen Entfaltung offen steht.
Es gibt eine große Menge von sehr unterschiedlichen Identitätsdefinitionen, die vom jeweiligen Standpunkt und auch vom wissenschaftlichen Fach abhängen. Es liegt mir fern, einen Gesamtüberblick geben zu wollen. Jedoch kommt man beim Thema Musik von Minderheiten nicht umhin, sich damit auseinanderzusetzen und eine Definition zu wählen, die dem Forschungsgegenstand entspricht. Immer hat sie mit Ein- und Ausgrenzung zu tun.
Dietmar Larcher, ein Bildungswissenschaftler, der seit vielen Jahren mit der Minderheitenproblematik befasst ist, definiert Identität, in Anlehnung an Habermas (1976) wie folgt:
„Identität ist die umgangssprachliche Bezeichnung für die Fähigkeit, sich selbst trotz unterschiedlichster Rollen, die man zu spielen gezwungen ist, und trotz lebensgeschichtlicher Brüche und Wendepunkte als einheitliches, ganzes Wesen zu verstehen“.[4359]
Er unterscheidet im Laufe der Lebensgeschichte eines Menschen drei Stadien:
Natürliche Identität
Soziale Identität
Ich-Identität
Während die natürliche Identität jene ist, die dem Individuum gewissermaßen nach der Auflösung der symbiotischen Phase der frühesten Kindheit zuwächst und die Ich-Identität als letzte Entwicklungsstufe als relativ seltener Luxus gesehen wird – „sie entsteht erst, wenn ich Distanz zu mir selbst als Mitglied einer Gruppe gewinne“ –, ist die soziale als kollektive Identität die häufigste. „Sie besteht in der Übernahme fundamentaler Rollen der Familie, Übernahme der Normen und Rollen erweiterter Gruppen, mit denen man sich identifiziert“.[4360]
Da der Großteil der Menschen mit kollektiven Identitäten lebt, interessieren uns auch im Zusammenhang mit Minderheiten gerade jene Selbst-Definitionen über Zugehörigkeiten zu Gruppen. Diese Gruppen können verschiedenste Identitätsaufhänger haben: Soziale Schicht, Geschlecht, Gruppe der Gleichaltrigen, Beruf, regionale Zugehörigkeit, Ethnie, Nation, Religion, Hobby und andere.
In der Regel gehört man mehreren Gruppen zugleich an und ist daher in der Lage, seine Identität mehrfach zu leben.
Anton Pelinka (1995)[4361] spricht von „Identitätsfundamentalismus“, wenn diese Mehrfachidentität reduziert wird auf eine ganz bestimmte Gruppenzugehörigkeit, zum Beispiel die Religion oder die Ethnie. „Gesellschaften, die sich auf ethnisch-nationale Identität einschwören, die ihr eigenes Selbstverständnis auf Konstrukte von verdinglichter ethnischer Identität stützen, verfallen einem Manichäismus, der die Welt in das Eigene und das Fremde einteilt, um das Eigene als gut zu preisen, das Fremde als schlecht zu verteufeln, ohne zu merken, daß das Eigene und das Fremde in einer unauflösbaren Dialektik zueinander stehen“.[4362]
Und nun kommen wieder Machtfaktoren zum Tragen. Ist diese Gesellschaft, die sich ethnisch-national definiert, die auf ethnischer, völkischer, nationaler Identität insistiert, die Mehrheit, so kommt es zu Diskriminierungen der „anderen“. „Denn das Konzept der Identität bedeutet seinem Wesen nach Einschließung und Ausschließung zugleich. Die täglichen Nadelstiche, die eine auf ethnische Identität fixierte Gesellschaft all jenen Menschen verpaßt, deren Identitätsmerkmale nicht mit jenen der Mehrheit übereinstimmen, reichen aus, um jene in den Würgegriff zu nehmen, die in keine der approbierten Schubladen passen, weil sie die falsche Sprache sprechen, weil sie den falschen Gott mit den falschen Ritualen verehren, weil sie die falschen Kleidungsstücke tragen, weil sie ihre Speisen anders würzen, weil sie die falschen sexuellen Präferenzen haben, weil sie die falschen Lieder singen ...“.[4363]
Durch die ganz bestimmte Art der Außendefinition ist bei allen Minderheitengruppen ein wesentliches Merkmal eben jenes, das sie – in den Augen der Mehrheit – zur Minderheit macht. Aufgrund dieses einen Merkmals erfahren sie Diskriminierung. Nun ist es natürlich in höchstem Maße reduzierend und diskriminierend, die Angehörigen der einzelnen Gruppen allein auf dieses Merkmal festzulegen. Denn all diese Menschen haben Mehrfachidentitäten. Sie haben ein Geschlecht, einen sozialen Status, einen Beruf, einen regionalen Lebensraum, verschiedenste Hobbys und viele Lebenszusammenhänge mehr. Alles Teilbereiche, mit denen sie sich identifizieren können, also Teilbereiche ihrer multiplen Identität. Aufgrund von Lebenssituation und Alltagserfahrungen finden wir bei Minderheitenangehörigen jedoch auch in der Eigendefinition oft an erster Stelle genau jene Teilidentität, die den Minderheitenstatus bedingt.
Auch wird gerade das „Minderheiten-Merkmal“ zum Motor für politische Aktivitäten. Die burgenländischen Kroaten gründen Kulturvereine zur Erhaltung ihrer Sprache und ihrer kroatischen Traditionen, die Türken gründen Vereine als Türken und die Juden haben eine Jüdische Kultusgemeinde.
Sie alle wollen nur in Ruhe das sein dürfen, was sie auch sind, nämlich Kroaten, Türken oder Juden – natürlich nicht ausschließlich –, ohne dafür diskriminiert zu werden, ohne dass ihnen die Existenz erschwert wird. Und dafür setzen sie politische Aktionen unter Betonung eben jener kollektiven Teil-Identität, die zur Diskriminierung führt.
Bei den autochthonen ethnischen Gruppen, insbesondere bei den burgenländischen Kroaten und bei den Kärntner Slowenen, spielt die Musik als Ausdruck dieser ethnischen Teil-Identität eine tragende Rolle. Die traditionelle Musik ermöglicht es dem Individuum, sich dem Kollektiv zugehörig zu fühlen; sie ist gleichsam gemeinsame Ausdrucksform aller burgenländischen Kroaten, Kärntner Slowenen usw. Allerdings bestehen innerhalb der Gruppe unterschiedliche regionale musikalische Identitäten sowie auch Altersunterschiede, Schichtunterschiede usw. Die traditionelle Musik applaniert nur bis zu einem gewissen Grad diese internen Grenzen.
Die multiplen kollektiven Identitäten der Minderheiten werden im Singen und Musizieren offenbar: teils durch das Repertoire, teils durch musikalische oder textliche Parameter.
Ebenso wie der Begriff Identität werden Akkulturation und Assimilation sehr oft, aber auch sehr unterschiedlich, gebraucht. Die beiden genannten Begriffe haben für alteingesessene Minderheiten eine gänzlich andere Bedeutung als für Zuwanderer.
Unter Assimilation ist im landläufigen Sinn gemeint, dass kulturelle Traditionen aufgegeben werden, sozusagen verschwinden und durch andere ersetzt werden. Bei diesem Prozess ist meist zu beobachten, dass eine Minderheit sich an eine Mehrheit anpasst, sich assimiliert. Bei ethnischen Minderheiten wird als Zeichen der Assimilation meist der Sprachverlust gesehen. Eng in Verbindung damit steht die Vokalmusik, wobei zu beobachten ist, dass die gesungene Sprache meist länger erhalten bleibt als die gesprochene.[4364]
Die Bewertung dieses Prozesses kann gänzlich unterschiedlich sein: „‚Assimilationisten‘ sehen ethnische Identität als Überbleibsel aus einer traditionalen und als Hindernis auf dem Weg zu einer rationaleren/gerechteren/moderneren Gesellschaftsstruktur, von Verteidigern ethnischer Identität wird Assimilation als eine Form struktureller Gewalt und Zerstörung von Lebensperspektiven begriffen. ... Assimilation wird entweder mit ‚Fortschritt‘ oder mit ‚Verrat‘ assoziiert“.[4365]
Wenn Benjamin Netanyahu (damals Präsident Israels) anlässlich eines Wien-Besuches im Jahre 1997 sagt: „Durch die Assimilation haben wir mehr Juden verloren, als durch den Holocaust“, so ist seine Aussage am extremen Rand der einen Position anzusiedeln (außerdem ist sie meiner Meinung nach ethisch nicht vertretbar). Er setzt Assimilation nicht nur mit „Verrat“, sondern mit „Tod“ gleich. Es fragt sich, was ihm ein Arthur Schnitzler oder ein Sigmund Freud, als Beispiele assimilierter Wiener Juden, geantwortet hätten.
In konservativen Volksgruppenkreisen Österreichs ist es durchaus üblich, Volksgruppenangehörige, die sich aus verschiedensten Gründen von ihrer Volksgruppe distanzieren, mit ihren Kindern nicht mehr die Volksgruppensprache sprechen, sie nicht in die entsprechende Schule schicken, ihre ethnische Identität in den Hintergrund stellen, sich davon distanzieren, sich also „assimilieren“, als „Verräter“ zu sehen und dementsprechend unter Druck zu setzen. Assimilation wird mit „Aussterben“ der Volksgruppe gleichgesetzt.
„Assimilation ist der Prozeß der Angleichung einer Gruppe an eine andere; ethnische Assimilation ist also Angleichung einer ethnischen Einheit an eine andere, in der sie im idealtypischen Fall völlig aufgehen kann. Das Phänomen umfaßt den Verlust der ursprünglichen nationalen Eigenart und den zunächst rein sprachlichen, dann aber auch gefühlsmäßigen Übergang in ein anderes Volkstum und das ideologische Bekenntnis zu der anderen Nation“.[4366]
Bernhard Perchinig sieht diese Definition für heutige Begriffe als zu eng, da sie wohl zu sehr in der Tradition des 19. Jahrhunderts steht, welches Identitäten nur national denken konnte. Er führt weiter aus und differenziert:
„Assimilation wird als eine Art black box konzipiert, die nur in eine Richtung, sowohl individuell wie transgenerational durchlaufen werden kann. Nachdem sie durchlaufen wurde, existiert ethnische Identität nicht mehr ... Da in der heutigen österreichischen Situation Assimilation tatsächlich nur einseitig verläuft und wer sie verweigert, massiven Vorurteilen ausgesetzt ist und mit einer ganzen Reihe von Nachteilen zu rechnen hat, scheint dieses einfache Modell die reale Situation aufs erste tatsächlich zu erfassen. Bei genauerer Betrachtung ist dieses Bild zu einfach. Für Assimilation gibt es ein Motivbündel und der Begriff ist zu grob, um die Vielschichtigkeit des Konkreten zu erfassen. Auch kommt es unter ähnlichen Bedingungen nicht immer zu Assimilation, es kann sich auch periphere Identität entwickeln, die sich ihrer selbst bewußt ist und sich nicht bedingungslos der vereinheitlichenden Macht des Zentrums unterordnen will“.[4367]
Die von Perchinig genannte Möglichkeit der „peripheren Identität“ beruht im Grunde auf ähnlichen Bedingungen und zeigt ähnliche Charakteristika wie die weiter unten angesprochene „additive Assimilation“, nur auf zwei verschiedenen Daseinsebenen. Perchinig sieht die periphere Identität als Mittel des Sich-Entziehens einer zentralen Machtstruktur und sie ist auf der Bewusstseinsebene angesiedelt. Die additive Assimilation ist die handlungsmäßige Umsetzung dieses Bewusstseins.
Generell lässt sich für Österreich festhalten, dass die so genannten „alten Minderheiten“ (als Gruppe) Assimilation als ein rotes Tuch sehen. Die Triebfeder des politischen, kulturellen und sozialen Handelns ist der Kampf gegen diese.
All diese Gruppen, wie burgenländische Kroaten oder Kärntner Slowenen, haben jedoch bereits einen langen Akkulturationsprozess durchlaufen. „Akkulturation definiert die Auf- und Übernahme fremder kultureller Werte und Güter, die jedoch auch möglich ist, ohne daß die übernehmende Gruppe das Bewußtsein der Gruppeneigenart verliert“.[4368]
Dieses Phänomen lässt sich besonders bei ethnischen Minderheiten im ländlichen Raum feststellen. Es ist kein einseitiger Vorgang, denn die verschiedenen Gruppen einer Region beeinflussen einander. Es ist auch kein Vorgang, der primär auf Machtverhältnissen basiert. Letztlich ist Akkulturation der Integration förderlich. Integration ist das Gegenteil von Segregation, wobei ich das nicht unbedingt räumlich, sondern auch kulturell verstehe. Die Volksgruppen (mit Ausnahme der Roma) sind in Österreich vollkommen integriert, in dem Sinn, als Integration als „der zur Marginalität komplementäre Begriff verstanden wird und den Zugang und die Partizipationsmöglichkeiten eines Akteurs an gesellschaftlichen Statusdimensionen (zentralen Werten und Gütern innerhalb des aufnehmenden Gesellschaftssystems), das sind zum Beispiel Berufsposition, Einkommensverhältnisse, Schulbildung, Wohnqualität, Wohnumfeldqualität, Wahlrecht usw. kennzeichnet“.[4369] Kurz gesagt wäre Integration als die Herstellung von Chancengleichheit zu sehen, die bei den meisten Volksgruppenangehörigen gegeben ist. Volksgruppenangehörige erfahren Diskriminierung nur insofern, als sie Ausdrucksformen der „eigenen“ Kultur gefährdet sehen, die nicht als gleichwertig anerkannt werden. Weil aber nicht um Integration gekämpft werden muss, sind im politischen, kulturellen und sozialen Handeln Kapazitäten frei für Werte wie die Erhaltung der eigenen Sprache, der Kultur usw.
Die Zuwanderer in Österreich, die „neuen Minderheiten“, sind nur zu einem geringen Teil integriert; ihre Situation entspricht eher der „Marginalisierung“.
Deshalb stellt sich die Ausgangssituation auch völlig anders dar. Der Politikwissenschaftler Rainer Bauböck ortet im Zusammenhang mit den „neuen“ Minderheiten drei widersprüchliche Positionen in Hinblick auf deren mögliche Integration: die der Kulturnationalisten, der Republikaner und der Multikulturalisten. „Die ersten meinen, daß sich ImmigrantInnen nicht assimilieren können, weil ihre Kultur mit jener der aufnehmenden Nation unvereinbar sei. Die zweiten glauben, daß Einwanderer keine neuen Minderheiten bilden können, weil sie sich in diese Nation assimilieren müssen. Die dritten halten solche Assimilation jedoch für erzwungen, weil sie eine multikulturelle Nation von Minderheiten anstreben“.[4370]
Für die Politik ergeben sich aus diesen Standpunkten folgende Probleme: Kultureller Nationalismus empfiehlt eine Politik der Segregation von Einwanderern, Republikanimus rechtfertigt Assimilationsdruck und Multikulturalismus verordnet den Betroffenen ein Selbstverständnis als Minderheit.
Assimilation sieht Bauböck als vor allem durch die Mehrheit gesteuert und vor allem im gesellschaftspolitischen Zusammenhang:
„Unter Assimilation verstehe ich nicht nur die Übernahme neuer kultureller Praktiken, Werte oder Glaubensvorstellungen, sondern einen damit verbundenen Wechsel von Zugehörigkeiten. Das setzt voraus, daß man auch tatsächlich in eine andere Gruppe aufgenommen wird. Ich kann mich nicht selbst als Angehöriger einer kulturellen Gruppe begreifen, wenn ich von dieser nicht als solcher akzeptiert werde. Die Möglichkeit und der Erfolg von Assimilation werden daher nicht von denen bestimmt, die sich assimilieren, sondern von der aufnehmenden Kultur. Assimilation ist nicht eine Frage der subjektiven Aneignung einer anderen Kultur, sondern vor allem eine Frage der Anerkennung durch deren Mitglieder“.[4371]
Es ist also die Frage, inwieweit Zuwanderern Assimilation überhaupt möglich gemacht wird und andererseits ob sie freiwillig erfolgt.
„Segregation ist erzwungen, wenn einer Gruppe die Fähigkeit abgesprochen wird, sich in eine andere zu assimilieren. Assimilation ist erzwungen, wenn die Aufgabe einer bisherigen kulturellen Zugehörigkeit zur Bedingung für gleiche Rechte oder soziale Chancen wird. Es gibt ein Paradox des modernen Rassismus, welches beides verknüpft. Es lautet: Um in dieser Gesellschaft gleichberechtigt zu sein, müßt ihr sein wie wir. Aber ihr seid so anders, daß ihr gar nicht so werden könnt, wie wir“.[4372]
In Bezug auf MigrantInnen ist diese extreme Position in Österreichs politischer Landschaft durchaus auch zu finden.
Aber auch die republikanische Position, die die vollkommene Assimilation propagiert, ist problematisch, weil die Voraussetzungen im Sinne von Akzeptanz vonseiten der Mehrheit nicht gegeben sind.
Die multikulturalistische Position wiederum erlegt den Minderheiten den Zwang auf, ihre Kultur zu leben. Dies kann auch in die Segregation führen, denn wenn man zum Beispiel von Roma erwartet, ihre Traditionen zu leben, so würde das implizieren, dass Roma in bestimmten Wohngebieten zusammengefasst werden. Ohne die gegenseitige ständige soziale Kontrolle und Interaktion ist die traditionelle Romakultur nämlich nicht lebbar. Dies würde in manchen Fällen ein Ghetto bedeuten, was wieder Wasser auf den Mühlen jener wäre, die die Roma für „nicht integrierbar“ halten.
Sind es bei Perchinig die peripheren Identitäten, die einen Ausweg zeigen, so sieht Bauböck den gesellschaftspolitischen Ausweg aus dem Dilemma in einer Anerkennung „multipler Identitäten“. Der Assimilationsprozess könnte additiv und nicht substitutiv verstanden werden, er „impliziert nicht Dissimilation, die Verleugnung einer Herkunft und das Ablegen aller mit ihr verbundenen Werte, Praktiken, Überzeugungen und Mitgliedschaften“.[4373] Diese ist nun weniger auf die Gruppe als vielmehr auf das Individuum bezogen:
„Auch wenn fast alle Menschen mit einer bestimmten Muttersprache aufwachsen, so haben sie doch die Fähigkeit, mehrere Sprachen zu lernen. Selbst Mitglieder einer doktrinären Religionsgemeinschaft können unterschiedlichste private Überzeugungen entwickeln. Wer sich politisch als Amerikaner fühlt, kann trotzdem auf seine ethnische Herkunft als Ire, Chinese oder Mexikaner stolz sein“.[4374]
Dieser Ansatz des „additiven Assimilationsprozesses“ entspricht weitgehend der oben angesprochenen Definition von Akkulturation. Die Betonung der regionalen Identität vor der ethnischen ist dabei hilfreich, denn die ethnische Komponente stellt das trennende Element zur umgebenden Mehrheit dar, während die regionale verbindet. Die Geschichte zeigt, dass die Herausbildung regionaler Identität im Zuge der Akkulturation von Minderheiten im ländlichen Raum öfter vorkommt als im urbanen. Die Gründe dafür hängen wesentlich mit der Sozialstruktur und den Arbeitsbedingungen zusammen. Wenn eine Minderheit im Wesentlichen dieselben Arbeitsbedingungen vorfindet wie die Mehrheit und in denselben Arbeitsmarktsegmenten tätig ist, so ergeben sich logischerweise Parallelen, die sowohl den kulturellen Austausch als auch gemeinsame soziale Identitätskonstrukte ermöglichen. Das war zum Beispiel bei den burgenländischen Kroaten der Fall, die im Wesentlichen die wirtschaftliche Geschichte des Burgendlandes unter denselben Bedingungen erlebten wie die deutschsprachigen Burgenländer oder die Ungarn. Sie waren in der Landwirtschaft tätig, partizipierten an der Auswanderung in die USA, waren Saisonarbeiter, wurden Pendler wie die Deutschen. Die landwirtschaftliche Produktion bedingte bestimmte Bräuche und deren Termine. Außerdem gehörten sie derselben Religion an wie die deutschsprachigen Burgenländer. Der Ablauf des katholischen Kirchenjahres verbindet. Deshalb war eine „additive Assimilation“ oder Akkulturation möglich. Burgenlandkroaten können sich als Österreicher und Burgenländer fühlen, ohne darauf verzichten zu müssen, sich gleichzeitig „kroatisch“ zu definieren.
Völlig anders liegt der Fall bei einer anderen burgenländischen Minderheit, den Burgenlandroma. Die Lebensweise der Nicht-Sesshaftigkeit stand in krassem Gegensatz zur Umgebung wie auch der Broterwerb. Nun versuchte bereits Maria Theresia, die Roma sesshaft und zu Bauern zu machen, was aber fehlschlug. Diese Zwangsassimilation wurde mit so krassen Mitteln versucht, dass sie scheitern musste. Es wurde den Roma verboten, untereinander zu heiraten, es war ihnen verboten, ihre Sprache zu sprechen und man nahm ihnen die Kinder weg, um sie dem familiären Einfluss und somit den Traditionen zu entziehen. Die Burgenlandroma entwickelten in der Folge eine Lebensform, die einen Kompromiss darstellte. Sie bezogen im Winter feste Quartiere und nutzten den Sommer, um ihrem fahrenden Lebenserwerb als Scherenschleifer, Rastelbinder, Musiker nachzugehen.
Sie assimilierten sich in der Folge, so gut es ging. Es ging aber nicht wirklich, denn die Mehrheit ließ es nicht zu. „Zigeunersiedlungen“ im Burgenland finden sich immer außerhalb der Ortschaft, Roma durften sich nicht im Ort ansiedeln. Das Beispiel Oberwart zeigt, dass es fallweise bis heute so ist. Sie blieben in den Augen der Mehrheit immer Außenseiter. Der Ausweg für viele war, in der Anonymität größerer Ortschaften ihre Herkunft zu verbergen. Wenn es in den Augen der Mehrheit ein Stigma ist, „Zigeuner“ zu sein, wenn es bedeutet, keinen Job und keine Wohnung zu bekommen, so wird eine additive Assimilation unendlich erschwert und es ist opportun, kein „Zigeuner“ mehr zu sein. Ein Hindernis dabei können äußerliche Merkmale sein. Ich erinnere mich an Erzählungen von Karl Stojka, eines Rom aus der Gruppe der Lovara, der versuchte, nach seiner Rückkehr aus dem KZ als Teppichhändler in Wien Fuß zu fassen. Sein „fremdländisches“ Aussehen erklärte er damals mit allen möglichen Nationalitäten, die auch dem Berufsimage zuträglich waren: Perser, Türke usw., denn „mit einem Zigeuner hätte keiner Geschäfte gemacht“. Für Karl Stojka hat sich mit dem Anerkennungsprozess der Roma vieles geändert. Er publiziert inzwischen Bücher, hat sich als „Romamaler“ einen Namen gemacht und wurde 1999 durch den Berufstitel Professor ausgezeichnet. Durch seine wirtschaftlichen Ressourcen war ihm dies möglich. Für die Burgenlandroma ist die Situation noch immer nicht dazu angetan, sich als Roma zu bekennen. Das Arbeitsamt zum Beispiel führt immer noch die Kategorie „Zigeuner“ (Auskunft des Vereins Roma in Oberwart), was für die Betroffenen als Arbeitssuchende in den meisten Fällen eine Anstellung unmöglich macht.
Beispiele für Assimilation als Möglichkeit des sozialen Aufstiegs finden wir bei ArbeitsmigrantInnen im städtischen Bereich. Es finden sich Parallelen zwischen Zuwanderern des 19. Jahrhunderts und den „Gastarbeitern“ der 60er-Jahre des 20. Jahrhunderts.
Ebenso wie die „Gastarbeiter“ waren die tschechischen ArbeitsmigrantInnen des 19. Jahrhunderts einem ganz bestimmten Arbeitsmarktsegment zugeordnet und zwar dem unteren. Der Arbeitskräftemangel in eben diesen unteren Segmenten hatte die Zuwanderung wirtschaftlich erforderlich gemacht. Aber die Bindung an dieses untere Segment bedingte und bedingt einen ganz bestimmten sozialen Status. Damals wie heute kam und kommt dazu die schwierige und schlechte Wohnsituation der Zuwanderer. In der Beurteilung durch die Mehrheit wird „Gastarbeiter“ mit unterem sozialen Status verbunden, genauso wie es damals die „Ziegelböhm" waren. Diese Fremdwahrnehmung hat in Verbindung mit behördlichen Schikanen, der Gesetzeslage und Alltagsrassismen Einfluss auf die Eigenwahrnehmung. Sie erschwert eine „additive Assimilation“, denn ethnische Identität wird stark mit der sozialen verbunden. Und sozialer Aufstieg wird mit Assimilation assoziiert. Bei den Wiener Tschechen ist diese Strategie gut zu beobachten. Sie sind zum Großteil in der Mehrheit aufgegangen. Bei den Gastarbeitern wird diese Tendenz durch die derzeitige politische Lage sehr erschwert. Der Zugang zur österreichischen Staatsbürgerschaft, als ein erster Schritt zur Integration, der ein großes Bündel an Problemen erst einmal löst (drohende Abschiebung, Arbeitsbewilligung, Visum, Wohnprobleme – Zugang zu Gemeindewohnungen), ist mit großen Hürden versehen worden.
Wenn man sie endlich hat, ist damit die Aufgabe der Staatsbürgerschaft des Herkunftslandes verbunden, denn Österreich akzeptiert weder mit den Staaten des ehemaligen Jugoslawiens noch mit der Türkei eine Doppelstaatsbürgerschaft. „Additive Assimilation“ ist dadurch schon auf der rein formalen Ebene erschwert.
Der erste Schritt zur Assimilation ist meist, dass man beginnt, mit den Kindern deutsch zu sprechen, die österreichischen Feste zu feiern, sukzessive die Traditionen des Herkunftslandes aufzugeben und durch neue zu ersetzen. Am längsten hält sich dabei meist die Musiktradition, insbesondere dann, wenn sie in der Mehrheitsgesellschaft Akzeptanz findet und möglicherweise in die regionalen Traditionen der Mehrheit einfließt (siehe Wiener Tschechen) und ein musikalischer Akkulturationsprozess einsetzt. Die Musik der Roma hält Oskar Elschek in diesem Zusammenhang für ein ganz typisches Beispiel und er führt einige Länder Europas an, in denen ein von den Roma wesentlich geprägter Musikstil zum nationalen Symbol, zum repräsentativen Musikstil wurde. Neben der schon erwähnten ungarischen Zigeunermusik betrifft das auch den Flamenco in Spanien.[4375]
Akkulturationsprozesse sind natürlich eine Frage der Zeit. In den seltensten Fällen findet eine musikalische Akkulturation in der ersten Zuwanderergeneration statt. Aber gerade die Musik ist für diese Prozesse des gegenseitigen Gebens und Nehmens im weiteren Verlauf der Entwicklung prädestiniert.
Ich möchte diese Überlegungen zu Akkulturation und Assimilation mit einem aktuellen Beispiel aus einer Zuwandererfamilie schließen, die aufgrund ihrer relativ privilegierten sozialen Stellung die Möglichkeiten der Akkulturation im sozialen (nicht im musikalischen) Zusammenhang wahrnimmt.
Zijah Sokolović ist muslimischer Bosnier und war im ehemaligen Jugoslawien ein äußerst beliebter und bekannter Schauspieler, quasi eine Institution. Lydia Stanković ist Serbin, von Beruf Pianistin, Professorin an der Belgrader Musikhochschule. Zijah Sokolović hat zwei Töchter aus erster Ehe. Das Paar flüchtete 1992 mit den beiden Töchtern bei Ausbruch des Krieges nach Österreich und heiratete in Wien. Die beiden Töchter besuchen das Gymnasium und lernten in kurzer Zeit perfekt deutsch. Zijah Sokolović hatte Probleme, als Schauspieler – an die Sprache gebunden – in Österreich Fuß zu fassen. Er begann sich auf die pädagogische Arbeit zu konzentrieren und Regie zu führen, entwickelte seine Schauspielerkarriere aber vor allem in Slowenien weiter, wo es kein Problem darstellt, dass er muslimischer Bosnier und mit einer Serbin verheiratet ist (in Bosnien ist das sehr wohl ein Problem). Lydia Stanković pendelte bis vor kurzem zwischen Serbien und Österreich. Sie hat am 23. Jänner 1999 eine österreichische Staatsbürgerin zur Welt gebracht, denn seit Kurzem haben alle Familienmitglieder die österreichische Staatsbürgerschaft, was die Lebensumstände wesentlich erleichtert. Umgangssprache in der Familie ist serbokroatisch, mit der Umwelt wird auf Deutsch oder Englisch kommuniziert. Wie geht nun diese Familie mit ihren Traditionen um?
Sie feiern alle Feste, die es zu feiern gibt. Von Zijah Sokolović her gilt es den muslimischen Bajram zweimal im Jahr zu feiern, was die gesamte Familie tut. Von Lydia her sind es die serbisch-orthodoxen Feste, die anfallen. Durch die Kalenderverschiebung sind alle katholischen Feste um 13 Tage verschoben. Die Kinder nun wiederum möchten jene Feste nicht missen, die alle ihre SchulkollegInnen auch feiern: das katholische Weihnachten, Ostern usw., also jene Feiertage, die sich ja auch durch die Schulferien manifestieren. Um Neujahr herum kulminiert die Festlichkeit: am 24. Dezember wird das katholische Weihnachten gefeiert, mit allen notwendigen Attributen, wie Christbaum, Geschenken usw., am 31. Dezember Neujahr, am 6. Jänner das serbische Weihnachten, sowie am 13. Jänner das serbische Neujahr. Es folgt am 20. Jänner (im Jahr 1998) der Bajram. Die Familie Sokolović-Stanković ist auf dem besten Wege, sich im wahrsten Sinne des Wortes „additiv“ zu assimilieren.
Das Wort „Multikulti“, das sich im Sprachgebrauch eingebürgert hat, kommt von Multikulturalität oder Multikulturalismus. „Multi“ stammt aus dem Lateinischen und steht in verschiedenen Wortzusammensetzungen für „viel, vielerlei“. Es geht also offensichtlich um „viele Kulturen“. Das wäre an sich noch relativ wertfrei, denn dass auf der Welt viele Kulturen existieren, wird wohl niemand leugnen. Es geht aber um diese vielen Kulturen im eigenen Land. Und in diesem Zusammenhang wird das Wort nicht mehr wertfrei gebraucht. Es wird für politische Zwecke instrumentalisiert und zwar von allen Seiten unterschiedlich. Auch im wissenschaftlichen Diskurs finden wir sehr unterschiedliche Konnotationen, Interpretationen und Bewertungen.
Im politischen Diskurs Österreichs trat das Wort etwa Ende der 80er-Jahre gehäuft auf. Es stand dafür, dass verschiedene Kulturen in diesem Land nebeneinander existieren können sollten, ohne Assimilationsdruck vonseiten der Mehrheit. Es wurde zum Reizwort, sogar zum Schimpfwort für jene politische Richtung, die vor der „Umvolkung“ warnt. Inzwischen haben aber genau diese politischen Kreise eine Tendenz entwickelt, die dem Wort eigentlich entspricht: Sie propagieren zwar ein Nebeneinander, aber kein Miteinander der verschiedenen Kulturen, denn letzteres würde zu eine „Vermischung“ führen. Erkennend, dass Multikulturalität eigentlich nicht der Intention des Miteinanders entspricht, hat die andere Seite sich nun auf „interkulturell“ spezialisiert. Es gibt das „interkulturelle Lernen“, „interkulturelle“ Dialoge, Projekte, usw. In der Musik hat sich „multikulturell“ gehalten, wobei die Praxis der musikalischen Multikulturalität noch zu hinterfragen sein wird.
In der Wissenschaft finden wir zwei Grundhaltungen, die sich zum Teil mit den Haltungen zur Assimilationsdebatte decken. Rudolf Burger (1996)[4376] bringt das Problem auf den Punkt:
„Als hermeneutisches und pädagogisches Unternehmen zum besseren kognitiven Verständnis und zur wechselseitigen praktischen Anerkennung der sich nach welchen Kriterien auch immer definierenden kulturellen (ethnischen oder religiösen) Gemeinschaften ist Multikulturalismus in höchstem Maße notwendig und wünschenswert; ein solches Programm entpathetisiert die kulturellen Identitäten und läßt sie tendenziell aufgehen in einer gemeinsamen zivilisatorischen Basis. Multikulturalismus als Politik der Differenz jedoch, welche die Unterschiede begrüßt, forciert und festschreibt, ist in ebenso hohem Maße bedenklich und gefährlich, insbesondere dann, wenn es sich um Differenzen innerhalb einer staatlich verfaßten Gesellschaftsform handelt; eine solche Politik unterminiert mit der zivilisatorischen Basis die Voraussetzung des gesellschaftlichen Zusammenlebens selber, die in der Aufrechterhaltung von Mindeststandards der Homogenität von ‚Weltbildern‘ liegt“.[4377]
Es geht Rudolf Burger um die gemeinsame zivilisatorische Basis, die erreicht werden soll durch Überwindung, nicht Betonung von Differenzen. Dass sich die Betroffenen selbst, die Minderheiten, aber damit in einem unlösbaren Dilemma befinden, sieht auch er: „Denn wie protestiert man gegen eine gesellschaftlich aufgezwungene Kategorie, wenn nicht, indem man sich um diese herum organisiert?“.[4378] Oder anders: „... wie definiert sich ein agnostischer Jude, wenn nicht über die Geschichte seiner Verfolgung, das heißt letztlich dadurch, daß er die Kategorien seines Feindes, des Antisemiten übernimmt? Die abgewiesene Assimilation zwingt ihn in eine Rolle, gegen deren soziale Folgen er sich nur wehren kann, wenn er sie mit anderen solidarisch übernimmt. Er macht sich kulturell zum Juden, um als Mensch zu überleben. Damit aber unterwirft er sich der Definitionsgewalt des Antisemiten“.[4379] Die Lösung sieht Burger in der permanenten Hinterfragung und Dekonstruktion kultureller Differenzen und der Schaffung eines interkulturellen Klimas wechselseitiger Anerkennung.
Auch der Politikwissenschaftler Oberndörfer sieht das ähnlich: „Multikulturalismus ist im internationalen Sprachgebrauch eine Doktrin kultureller Gleichheit und des Schutzes kultureller Kollektive vor Vermischung“.[4380] Das bedingt eine gegenseitige Abschottung. Problematisch ist vor allem, wer die „Kollektive“ inhaltlich definiert und ob sie als solche geschützt werden sollen. „Ethnische und sprachliche Minderheiten werden im Idealtypus des republikanischen Verfassungsstaates durch die individuellen Grundrechte geschützt. Im Verfassungsstaat bedarf es keiner Definition und keines Schutzes kollektiver Werte“.[4381] Aber auch Oberndörfer räumt ein, dass die Realität leider anders aussieht, es deshalb solcher Regelungen in einzelnen Fällen sehr wohl bedarf. Allerdings hebt er eine sehr wesentliche Komponente hervor, nämlich das Prinzip der freiwilligen Zugehörigkeit zu einer Gruppe, das gewahrt bleiben müsse.
Natürlich haben beide Autoren Recht. Die Betonung kultureller Differenzen, die Zuweisung kultureller Identitäten und damit die Reduzierung auf bestimmte Merkmale ist letztlich diskriminierend und gefährlich. Ich möchte diesem Ansatz nun Thesen gegenüberstellen, die primär auf der Realität einer heterogenen Gesellschaft (kulturell und sozial) aufbauen, wie sie sich bei Leggewie (1993)[4382] und Schöning-Kalender (1993)[4383] finden.
Für den Politikwissenschaftler Klaus Leggewie ist Multikulturalität einfach ein Faktum, auf Deutschland bezogen, mit dem er die Realität einer Einwanderungsgesellschaft benennt: „Multikulturalismus ist nichts, woran man glauben könnte oder gar müßte, auch nichts, was man zum Verschwinden bringt, indem man die Augen verschließt. Die multikulturelle Gesellschaft ist einfach da. Nun kommt es darauf an, wie wir sie haben wollen: als Schlachtfeld oder als halbwegs erträgliche Lebensform“.[4384] Er versteht Multikulturalität als eine Form, miteinander umgehen zu müssen und teilt dabei nicht das Unbehagen mit der kulturellen Differenz, das in der obigen Argumentationslinie angeklungen ist. Auch nicht die Angst, „daß mit der Anerkennung kulturellen Pluralismus’ das Einfallstor für die Ethnisierung der europäischen Gesellschaft weiter geöffnet würde“.[4385] Er unterscheidet drei Modelle des Multikulturalismus:
Die kulturelle Apartheid in der Bekräftigung von Differenz als modernen Rassismus.
Die universalistische Assimilation, ausgeführt im republikanisch-egalitären Projekt einer politisch homogenen Gesellschaft, als das in Europa gängige Muster.
Die Gesellschaft ohne kulturelles Zentrum und ohne hegemoniale Mehrheit. „In einer solchen Gesellschaft verschwindet nicht nur der traditionelle Raum des ‚Einheimischen‘, es löst sich auch die für die Moderne typische, zweistellige Opposition des ‚Eigenen‘ und des ‚Anderen‘ auf“.[4386]
Leggewie sieht letzteres Modell nicht als Utopie, sondern bereits in multikulturellen Metropolen oder zum Beispiel in Kalifornien ansatzweise verwirklicht, wo ein mosaikartiger Charakter von Gesellschaft zu finden ist.
Wie auch immer der Umgang damit ist, Multikulturalität ist kein utopisches Fantasieprodukt für das dritte Jahrtausend sondern ein Topos der realen Welt. Die Herausforderung liegt darin, mit Unterschieden umgehen zu können. Dazu muss man sie allerdings wahrnehmen lernen, aus einer eigenen, gefestigten Position heraus. Das Modell zur Wahrnehmung der Differenzen sollte folgendermaßen aussehen: „Die Unterschiede zwischen Rassen, Nationen und Kulturen und ihren unterschiedlichen Geschichten sind zumindest ebenso dauerhaft, wie die Ähnlichkeiten. Diese Unterschiede sind keine Abweichungen von einer Norm, sondern Strukturen, deren Kenntnis um ihrer selbst willen außerordentlich wünschenswert ist“.[4387]
Die empirische Kulturwissenschaftlerin (Soziologin) Claudia Schöning-Kalender (1993) versucht, der Realität der multikulturellen Gesellschaft mit anderen Strategien und Erklärungsmustern beizukommen. Sie unterscheidet verschiedene Ebenen in der Wahrnehmung von Multikulturalität. Da wäre zunächst der „Konsum-Multikulturalismus“. „Oft genug wird in politischen Reden auf die Bereicherung unserer Alltagskultur durch griechische Kneipen, türkische Döner und italienische Pizza hingewiesen: kulinarische Vielfalt, sei es auf den Märkten oder in der Auswahl an Spezialitätenrestaurants, Vielfalt in der Freizeitkultur, Ethnolook, Ethnopop und Ethnotanz“.[4388] Dies ist nach Schönig-Kalender weniger eine Multikulturalität, die an die tatsächliche Einwanderungsrealität geknüpft ist, sondern viel stärker an die Internationalisierung des Warenverkehrs.
Dieser „kulinarischen Multikulturalität“ stellt sie auf einer zweiten Ebene das „Postulat der Multikulturalität als einer notwendigen Folge von Einwanderung“ gegenüber, was einen anderen, nicht nur „kulinarischen“ Umgang mit Differenzen erfordert. Diese Wahrnehmung der deutschen (oder österreichischen) Gesellschaft als einer multikulturellen hat sich noch nicht durchgesetzt, zum Teil besteht eine erzwungene Absonderung, Ghettoisierung durch die gesetzliche und wirtschaftliche Ebene. Andererseits schaffen sich MigrantInnengemeinschaften selbst segregierte „sozial relevante Räume“. Damit ist Folgendes gemeint: „Menschen bringen kulturelles Gepäck mit, das sie je nach vorgefundenen Möglichkeiten auch ‚auspacken‘. So sind beispielsweise bestimmte Entwicklungen innerhalb der türkischen Bevölkerung in Deutschland, etwa die der ethnischen Koloniebildung, nur zum Teil auf sozial und strukturell erzwungene Absonderung, zum Beispiel auf dem Wohnungsmarkt zurückzuführen. Die Hochzeits- und Beschneidungsfeste etwa, zu denen bestimmte Herkunftsgruppen zum Beispiel aus ganz Europa zusammenkommen, sind damit nicht zu erklären“.[4389] Dieses Konzept des sozial relevanten Raumes stammt von Heckmann (1981)[4390], korrespondiert mit der „Territorialität des Menschen“ von Ina Maria Greverus (1972)[4391] und es ist vielfach empirisch belegbar.
Nach Burger wäre diese Strategie des Überlebens nur eine Notlösung, durch Zwang hervorgerufen und abzulehnen, weil sie gefährlich in die Nähe von Nationalismus und Fundamentalismus führen kann. Problematisch daran ist tatsächlich, dass die Grenzziehung entlang ethnischer Linien verläuft. Andererseits kann es als Postulat einer multikulturellen Gesellschaft gesehen werden, dieses Stück kultureller Autonomie den Einwanderungsgruppen zu gewähren, nicht zuletzt als eine mögliche Quelle von Einfluss und Macht in einer sich verändernden Gesellschaft.
Man könnte diesen Diskurs lange fortsetzen, ich wollte nur einige der Positionen zur „Multikulturalitätsdebatte“ herausgreifen und nun die Konsequenz für meinen Forschungsgegenstand, die Musik von Minderheiten in Österreich, ableiten.
Ich habe die musikalische Welt der MigrantInnen in zwei Wirkungsbereiche eingeteilt, jenen nach außen, in der Öffentlichkeit wirksamen – er gehört zur so genannten „Multi-Kulti-Szene“ – und den nach innen wirkenden, innerhalb der Gruppe praktizierten – den „Ghetto“-Bereich. Beide sind musikalische Realitäten als Teil der Multikulturalität Österreichs. Die beiden von Schöning-Kalender angesprochenen Bereiche sind bei näherer Betrachtung teilweise auf die Musikszene übertragbar. Die Wahrnehmung eines Ensembles wie der „Wiener Tschuschenkapelle“ durch die Mehrheit etwa trägt durchaus „kulinarische“ Züge, trotz der politischen Botschaft, die die Tschuschenkapelle auch vermitteln will. Bei vielen Auftritten wird ihre Musik als exotischer Konsumartikel bewertet, man bewegt sich vielleicht sogar zum Rhythmus, nimmt also „aktiv“ teil, die Musik wäre aber austauschbar, wenn nur der 2/4-Takt stimmt.
Wer kennt nicht die typischen „Multi-Kulti-Feste“, oft dilettantisch organisiert und konzipiert, nach dem Strickmuster: eine kurdische Kindertanzgruppe in bunten Trachten, eine Romasängerin – feurig, afrikanische Perkussionisten – möglichst mit nacktem Oberkörper usw. auf einer riesigen Bühne mit einer miserablen Tonanlage, dazu Khebab und Ćevapčići. Diese Art von Präsentation bewirkt natürlich gar nichts im Sinne der Veranstalter, die mit diesen Festen meist eine politische Zielrichtung verfolgen: Abbau von Vorurteilen, Kampf dem Rassismus usw. Vielmehr handelt es sich um ein Konsumieren von Exotismen. Musik wird zwar als Symbol für eine politische Haltung gegenüber dem „Fremden“ verwendet und signalisiert eine positive Haltung, soll dem gegenseitigen Verstehen dienen. Trotzdem funktioniert dieses Miteinander nicht, was nicht an der Musik liegt, sondern an der Präsentationsform. In diesem Zusammenhang wäre die musikalische Multikulturalität nichts weiter als die Erweiterung der Angebotspalette einer Konsumgesellschaft.
Dies könnte aber auch genauso losgelöst von der Zuwanderungsrealität geschehen, was de facto auch der Fall ist. Ich erinnere an das Beispiel der griechischen Musiker Marios und Julie, die sich ständig mit den Urlaubserinnerungen und den dabei vermittelten Griechenlandklischees auseinander setzen müssen. Nicht die Griechen in Wien, sondern die Erinnerungen an den Urlaub in Griechenland stehen im Vordergrund. Auch die Digeridoos zum Beispiel, die derzeit einen unglaublichen Boom erleben, sind in keiner Weise mit der Einwanderung von australischen Ureinwohnern nach Österreich verknüpft.
Die andere Seite der Musikausübung von Zuwanderern ist nicht primär für eine österreichische Öffentlichkeit bestimmt. Es ist der Ghettobereich als selbst gewollte musikalische Realität, die interne Musikpraxis. Das ist nun tatsächlich jenes „kulturelle Gepäck“, das mitgebracht und ausgepackt wird. Es ist eine sehr reale Konsequenz von Einwanderung.
Oft greifen öffentliche und interne Praxis ineinander, was ich anhand der beschriebenen Musikerpersönlichkeiten im Kapitel „Zuwanderer aus dem ehemaligen Jugoslawien“ zu zeigen versuche. Einige von ihnen sind in beiden Bereichen tätig, aber alle schöpfen für ihre künstlerische Tätigkeit aus ihrer eigenen ethnischen Tradition. Für einige hat diese musikalische Tradition überhaupt erst im Ausland Bedeutung bekommen, für einige ist der Stellenwert der Musik in ihrem Leben größer geworden.
Die Grundfrage, die sich mir im Zusammenhang mit der Multikulturalitätsdebatte nun stellt, ist, ob diese „back to the roots“-Tendenz nun tatsächlich etwas mit Ethnisierung und Nationalismus zu tun hat, inwieweit kulturelle, in diesem Fall musikalische Ausdrucksformen ethnischer Traditionen wirklich segregierende Tendenzen haben müssen.
Ich möchte in diesem Zusammenhang die Aussage eines deutschen Schriftstellers türkischer Herkunft, Feridun Zaimoĝlu, entgegenhalten: die beste Möglichkeit im Kampf um Anerkennung „der Kanaken“ ist die Sichtbarmachung unter Nutzung der Möglichkeiten der Kultur: im Film, in der Literatur, in der Musik. Sichtbar machen möchte er seine Identität, die – und das scheint mir wesentlich – er selbst bestimmt. Er lässt sich nicht von außen diktieren, welchem Klischee er entsprechen soll. Etwa dem des messerstechenden Türken, der seine Frau unterdrückt? Das Thema seiner Bücher ist trotzdem „Türken in Deutschland“. Aber er vermittelt keine fremdbestimmte Sichtweise.
Letzteres ist, glaube ich, das Problem im Umgang mit der Kultur in der Multikulturalitätsdebatte. Auch wohlmeinende Menschen assoziieren mit Minderheiten oft ganz bestimmte ethnische Attribute, die sie im Kopf haben: Die Kärntner Slowenen können singen, Schwarzafrikaner können alle trommeln, Zigeunern liegt die Musik im Blut und Türkinnen tragen Kopftücher.
Ein Beispiel: Eine Studentin schreibt in ihrer Diplomarbeit zum Thema Schwarzafrikaner: „Als ich einmal bei einem Spitalsaufenthalt von einem Mitglied der zairischen Botschaft in Anzug und Krawatte besucht wurde, baten ihn die österreichischen Patientinnen im Zimmer spontan, ob er ihnen nicht etwas vortrommeln könnte“.[4392]
Die wohlmeinenden, gebildeten Mehrheitsangehörigen, die die Ausländer unbedingt positiv sehen wollen, die wünschen sich durch die Minderheiten eine „Bereicherung“. Gemeint ist hier nicht die materielle, die zweifelsohne auch gegeben ist, sondern die „kulturelle Bereicherung“. Sie wissen schon Bescheid über die tatsächlichen kulturellen Ausdrucksformen der verschiedenen Gruppen und sie erwarten nun auch diesen kulturellen Ausdruck von allen Angehörigen der Gruppe. 1990 hat ein burgenländischer Ungar anlässlich einer Diskussion zu diesem Thema treffend bemerkt: „Ich habe es satt, jeden Tag aufzuwachen und eine Bereicherung sein zu müssen“!
Oder es wird zumindest „Betroffenheit“ erwartet. Wenn diese armen Menschen schon solche Probleme haben, so sollen diejenigen, die Künstler sind, sie auch artikulieren. Viele tun das und es sind großartige Arbeiten darunter. Aber jene, die sich weigern, haben es deshalb schwerer, weil sie nicht diesen Erwartungen entsprechen, so wie Ercüment Aytac, ein türkischer Schriftsteller, der in Wien lebt und in Deutsch schreibt. Er sagt: „Ich schreibe nicht aus Betroffenheit sondern aus Spaß an der Arbeit mit der Sprache“.
Die Sichtbarmachung der „eigenen“ Kultur kann letztlich nicht das Problem sein, solange das Individuum selbst bestimmt, was sichtbar gemacht wird und sich nicht an den Erwartungshaltungen der Mehrheit zu orientieren hat. Das, was nicht sichtbar gemacht werden will, was intern praktiziert wird, soll auch dort verbleiben dürfen. Um es der Mehrheit verständlich zu machen, im Sinne eines interkulturellen Lernprozesses, ist das Modell des „Multi-Kulti-Festes“ sicher nicht geeignet. Grundsätzlich liegen die Möglichkeiten dafür in pädagogischen Zusammenhängen und nur in ganz bestimmten Rahmenbedingungen, in denen diese Musik erfahren wird, wenn man sich nämlich intensiv und aktiv mit der anderen Kultur auseinander setzt und diese auch unter Einsatz pädagogischer Mittel authentisch vermittelt wird. Durch die Bereitschaft, sich aktiv mit dem scheinbar „Fremden“ auseinander zu setzen, ist bereits eine Grenze überschritten. Durch die Bereitschaft, auch das „Eigene“, nämlich die eigenen Fähigkeiten und Talente einzubringen, wird ein weiterer Schritt zueinander möglich in diesem Prozess des aktiven Lehrens und Lernens. In diesem Miteinander werden tatsächlich Grenzen überwunden. Es ist aber meist ein kleinräumiges Miteinander und es können nur wenige Menschen beteiligt sein.
Insofern hat die Musik nun doch die viel gepriesene Möglichkeit „Grenzen zu überwinden“. Mir scheint, dass diese Möglichkeiten der Musik im interkulturellen Dialog als Strategie im Umgang mit der Realität der Multikulturalität viel zu wenig genutzt werden. Die Anerkennung von Differenzen ist eine Voraussetzung, die Akzeptanz dieser Differenzen kann wesentlich durch musikalische Strategien erleichtert werden.
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Bajrektarević, Sofija; Ursula Hemetek: Sevdah in Wien, u Beću, in Vienna. CD mit wissenschaftlichem Kommentar. (= Tondokumente zur Volksmusik in Österreich, vol. 5). Wien 1996.
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[4346] Hemetek, Ursula: Mosaik der Klänge. Die Musik von ethnischen und religiösen Minderheiten in Österreich. (= Schriften zur Volksmusik, Bd. 20). Wien: Böhlau 2001.
[4347] Genauere historische Daten siehe zum Beispiel: John, Michael; Albert Lichtblau: Schmelztiegel Wien. Einst und jetzt. Zur Geschichte und Gegenwart von Zuwanderung und Minderheiten. 1. Auflage. Wien 1990; 2. Auflage. Wien 1993. – Faßmann, Heinz; Rainer Münz: Einwanderungsland Österreich? Gastarbeiter – Flüchtlinge – Immigranten. Wien 1992. – Bauböck, Rainer: „Nach Rasse und Sprache verschieden“. Migrationspolitik in Österreich von der Monarchie bis heute. (= Reihe Politikwissenschaft, Nr. 31). Wien 1996.
[4348] Näheres zu Antidiskriminierung in Österreich siehe: Stimme von und für Minderheiten. Zeitschrift der Initiative Minderheiten. „Antidiskriminierung in Österreich?“, Nr. 48/Herbst 2003.
[4349] Halwachs, Dieter W: Romani in Österreich. In: Halwachs, Dieter W.; Florian Menz (Hg.): Die Sprache der Roma. Klagenfurt 1999, S. 112–147.
[4350] Deutsch, Walter; Ursula Hemetek: Georg Windhofer. Sein Leben – Sein Wirken – Seine Zeit. (= Schriften zur Volksmusik, Bd. 14). Wien 1990, S. 32.
[4351] Klein, Kurt: Bevölkerung und Siedlung. In: Dopsch, Heinz; Hans Spatzenegger (Hg.): Geschichte Salzburgs. Stadt und Land. Bd. II, Teil 2. Salzburg 1988, S. 1289–1360, bes. S. 1324f.
[4352] Klein, Kurt: Bevölkerung und Siedlung. In: Dopsch, Heinz; Hans Spatzenegger (Hg.): Geschichte Salzburgs. Stadt und Land. Bd. II, Teil 2. Salzburg 1988, S. 1289–1360, bes. S. 1327.
[4353] (Quelle: Statistisches Zentralamt)
[4354] Bajrektarević, Sofija; Ursula Hemetek: Sevdah in Wien, u Beu, in Vienna. CD mit wissenschaftlichem Kommentar. (= Tondokumente zur Volksmusik in Österreich, vol. 5). Wien 1996. – Hemetek, Ursula; Sofija Bajrektarević: Bosnische Musik in Österreich. (= klanglese 1). Wien 2000.
[4355] Rihtman-Auguštin, Dunja: Volkskunde im Sozialismus und danach. In: Kroatische Volkskunde/Ethnologie in den Neunzigern. (= Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Ethnologie der Universität Wien, Bd. 22). Wien 2001, S. 145–157, bes S. 157.
[4356] Näheres dazu siehe: Hemetek, Ursula; Sofija Bajrektarević: Bosnische Musik in Österreich. (= klanglese 1). Wien 2000.
[4357] Für Musikbeispiele aus der Feldforschung der Gewährspersonen (Tatjana Bijelić, Ensemble Danica, Skaiba und Mujo Muhić, Mirko Pawlow, Ali Oymak, Mustafa Durgut, Fatih Kutlu, Lidmila Angerer) siehe Kurztext.
[4358] Hemetek, Ursula; Sofija Bajrektarević: Bosnische Musik in Österreich. (= klanglese 1). Wien 2000, S. 100.
[4359] Larcher, Dietmar: Kunstreiten auf dem Lipizzaner der Identität. Bettelheim, Peter; Thomas Fritz; Elfie Pennauer (Hg.): In: Kunstreiten auf dem Lipizzaner der Identität. Klagenfurt 1998, S. 16–35.
[4360] Larcher, Dietmar: Kunstreiten auf dem Lipizzaner der Identität. In: Bettelheim, Peter; Thomas Fritz; Elfie Pennauer (Hg.): Kunstreiten auf dem Lipizzaner der Identität. Klagenfurt 1998, S. 16–35, bes. S. 20.
[4361] Pelinka, Anton: Statement im Rahmen der Podiumsdiskussion „Filosofia della differenza o filosofia dell’ugualianza?“ in Bozen. Februar 1995.
[4362] Larcher, Dietmar: Kunstreiten auf dem Lipizzaner der Identität. In: Bettelheim, Peter; Thomas Fritz; Elfie Pennauer (Hg.): Kunstreiten auf dem Lipizzaner der Identität. Klagenfurt 1998, S. 16–35, bes. S. 19f.
[4363] Larcher, Dietmar: Kunstreiten auf dem Lipizzaner der Identität. In: Bettelheim, Peter; Thomas Fritz; Elfie Pennauer (Hg.): Kunstreiten auf dem Lipizzaner der Identität. Klagenfurt 1998, S. 16–35, bes. S. 17.
[4364] Bezić, Jerko: Research on Musical Tradition of Ethnic Groups/Minorities as a Touchstone of International Ethnomusicologica Cooperation. In: Bezić, Jerko (Hg.): Traditional Music of Ethnic Groups/Minorities, Proceedings of a Meeting of Ethnomusicologists. Zagreb 1985, S. 6–9. – Strajnar, Julian: The Role of Folk Music of Slovenians Living Outside of Their Mother Country. In: Bezić, Jerko (Hg.): Traditional Music of Ethnic Groups/Minorities, Proceedings of a Meeting of Ethnomusicologists. Zagreb 1985, S. 126–133.
[4365] Perchinig, Bernhard. Ethnizität, Minderheit, Assimilation: Einige kritische Anmerkungen. In: Bauböck, Rainer; Gerhard Baumgartner; Bernhard Perchinig; Karin Pintér (Hg.): ... raus bist du! Ethnische Minderheiten in der Politik. Wien 1988, S. 129–142, bes. S. 129.
[4366] John, Michael; Albert Lichtblau: Schmelztiegel Wien. Einst und jetzt. Zur Geschichte und Gegenwart von Zuwanderung und Minderheiten. Wien 1990, S. 382.
[4367] Perchinig, Bernhard: Ethnizität, Minderheit, Assimilation: Einige kritische Anmerkungen. In: Bauböck, Rainer; Gerhard Baumgartner; Bernhard Perchinig; Karin Pintér (Hg.): ... raus bist du! Ethnische Minderheiten in der Politik. Wien 1988, S. 129–142, bes. S. 129.
[4368] John, Michael; Albert Lichtblau: Schmelztiegel Wien. Einst und jetzt. Zur Geschichte und Gegenwart von Zuwanderung und Minderheiten. Wien 1990, S. 382.
[4369] Leitner, Helga: Gastarbeiter in der städtischen Gesellschaft. Segregation, Integration und Assimilation von Arbeitsmigranten. Am Beispiel jugoslawischer Gastarbeiter in Wien. Frankfurt/New York 1983, S. 114.
[4370] Bauböck, Rainer: Minderheiten im Übergang. Zur Assimilation von Einwanderern. In: Stimme von und für Minderheiten, Nr. 27/II, 1998, S. 14–16, hier S. 14.
[4371] Bauböck, Rainer: Minderheiten im Übergang. Zur Assimilation von Einwanderern. In: Stimme von und für Minderheiten, Nr. 27/II, 1998, S. 14–16, hier S. 15.
[4372] Bauböck, Rainer: Minderheiten im Übergang. Zur Assimilation von Einwanderern. In: Stimme von und für Minderheiten, Nr. 27/II, 1998, S. 14–16, hier S. 15.
[4373] Bauböck, Rainer: Minderheiten im Übergang. Zur Assimilation von Einwanderern. In: Stimme von und für Minderheiten, Nr. 27/II, 1998, S. 14–16, hier S. 16.
[4374] Bauböck, Rainer: Minderheiten im Übergang. Zur Assimilation von Einwanderern. In: Stimme von und für Minderheiten, Nr. 27/II, 1998, S. 14–16, hier S. 16.
[4375] Elschek, Oskár: Die Musik der Roma und Sinti in der Mehrheitsgesellschaft. Funktionen, Stile und Chancen. In: Baumann, Max Peter (Hg.): Music, Language and Literature of the Roma and Sinti. (= Intercultural Music Studies, Nr. 11). Berlin 2000, S. 179–197, bes. S. 192ff.
[4376] Burger, Rudolf: Multikulturalismus im säkularen Rechtsstaat. In: Lektüre. Ein Wespennest-Reader. Wien 1999, S. 38–45. (Erstveröffentlichung in Wespennest 105/1996).
[4377] Burger, Rudolf: Multikulturalismus im säkularen Rechtsstaat. In: Lektüre. Ein Wespennest-Reader. Wien 1999, S. 38–45, bes. S. 40. (Erstveröffentlichung in Wespennest 105/1996).
[4378] Burger, Rudolf: Multikulturalismus im säkularen Rechtsstaat. In: Lektüre. Ein Wespennest-Reader. Wien 1999, S. 38–45, bes. S. 40. (Erstveröffentlichung in Wespennest 105/1996).
[4379] Burger, Rudolf: Multikulturalismus im säkularen Rechtsstaat. In: Lektüre. Ein Wespennest-Reader. Wien 1999, S. 38–45, bes. S. 41. (Erstveröffentlichung in Wespennest 105/1996).
[4380] Oberndörfer, Dieter: Kultur und Nation im Verfassungsstaat. In: Stimme von und für Minderheiten Nr. 29/IV. 1998, S. 6–10, bes. S. 8.
[4381] Oberndörfer, Dieter: Kultur und Nation im Verfassungsstaat. In: Stimme von und für Minderheiten Nr. 29/IV. 1998, S. 6–10, bes. S. 8.
[4382] Leggewie, Klaus: Multi kulti. Spielregeln für die Vielvölkerrepublik. 3. Auflage. Berlin 1993.
[4383] chöning-Kalender, Claudia: Multikulturalität – Versuch über Dimensionen von Differenzen. In: WIDEE [Wissenschafterinnen in der Europäischen Ethnologie] (Hg.): Nahe Fremde – fremde Nähe. Frauen forschen zu Ethnos, Kultur, Geschlecht. (= Reihe Frauenforschung, Bd. 24). Wien 1993, S. 57–73.
[4384] Leggewie, Klaus: Multi kulti. Spielregeln für die Vielvölkerrepublik. 3. Auflage. Berlin 1993, I.
[4385] Leggewie, Klaus: Multi kulti. Spielregeln für die Vielvölkerrepublik. 3. Auflage. Berlin 1993, X.
[4386] Leggewie, Klaus: Multi kulti. Spielregeln für die Vielvölkerrepublik. 3. Auflage. Berlin 1993, XIII.
[4387] Leggewie, Klaus: Multi kulti. Spielregeln für die Vielvölkerrepublik. 3. Auflage. Berlin 1993, XVf.
[4388] Schöning-Kalender, Claudia: Multikulturalität – Versuch über Dimensionen von Differenzen. In: WIDEE [Wissenschafterinnen in der Europäischen Ethnologie] (Hg.): Nahe Fremde – fremde Nähe. Frauen forschen zu Ethnos, Kultur, Geschlecht. (= Reihe Frauenforschung, Bd. 24). Wien 1993, S. 57–73, bes. S. 58f.
[4389] Schöning-Kalender, Claudia: Multikulturalität – Versuch über Dimensionen von Differenzen. In: WIDEE [Wissenschafterinnen in der Europäischen Ethnologie] (Hg.): Nahe Fremde – fremde Nähe. Frauen forschen zu Ethnos, Kultur, Geschlecht. (= Reihe Frauenforschung, Bd. 24). Wien 1993, S. 57–73, bes. S. 63.
[4390] Heckmann, Friedrich: Deutschland – ein Einwanderungsland? Stuttgart 1981.
[4391] Greverus, Ina-Maria: Der territoriale Mensch. Ein literatur-anthropologischer Versuch zum Heimatphänomen. Frankfurt/Main 1972.
[4392] Steinhauser, Eva: Die Musik der Zentralafrikaner in Wien. Diplomarbeit an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst Wien. 1996, S. 16.