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Verbergen, verhüllen, vermummen ... – durch eine Maskierung zu jemand anderem werden. Dies zählt zu den psychischen Grundhaltungen des Menschen, seitdem sich dieser „maskiert“ der Jagdbeute nähert. Heute kann diese Neigung besonders in der Zeit des Karnevals durch beliebige Maskierung und Vermummung ausgelebt werden, doch auch im Alltag haben sich Formen erhalten, die diesen Urtrieb widerspiegeln. Ein ganzer Stand – der des Schauspielers – macht das Hineinschlüpfen in andere Rollen unter dementsprechender Veränderung des Äußeren zum wichtigen Bestandteil der darstellenden Künste.
Das Verwandeln und Verkleiden ist auch an der menschlichen Daseinsbewältigung beteiligt. Das reicht vom Make-up der körperbewussten Frau bis zum Polizeischarfschützen, dem die Maske zum Schutz dient. Ebenso kann eine Maske spirituelle Bedeutung haben oder als Hilfsmittel für Gesetzesübertreter (z. B.: Wildschützen, Schmuggler usw.) fungieren.
Maskierung oder Vermummung kann auch Teil der Kultur und Tradition sein. Dies zeigt die Verhüllung des weiblichen Körpers im Islam oder die Verschleierung der trauernden Frauen des mittleren Bürgertums, die bis Mitte des 20. Jahrhunderts im mitteleuropäischen Raum üblich war.
Weltweit kann man heute verschiedenste Formen eines Jahresfestkreises, der seiner Herkunft nach im christlichen Kirchenjahr verankert ist, beobachten. Der Karneval stellt eine Gegenwelt zur nachfolgenden Fastenzeit und zum Osterfest dar.
Fasching, Karneval und Fasnacht – die Winter- und Vorfrühlingsfestzeit – stammen u. a. aus dem menschlichen und sozialen Bedürfnis nach Aufhebung von Standesschranken und aus dem Wunsch nach ekstatischem (rauschhaftem) Erleben. Dabei mischt sich antike Feierkultur mit mittelalterlichen Klosterschulbräuchen und der Magie im biologischen Erwachen der Natur in dieser Jahreszeit. Der Karneval ist die einzige Jahreszeit, die sich neben den Kirchenfesten bis heute vollständig emanzipiert hat.
Bestimmend für den Charakter des weltlichen Festkreises ist die Verwandlung des Mitwirkenden in einen anderen Menschen. Er bedient sich dabei verschiedenster Hilfsmittel materieller und immaterieller Art. Das wichtigste Mittel, um seine Identität zu verändern, ist die Unkenntlichmachung des Gesichtes. Dazu genügt intensive Bemalung, doch besonders im volkstümlichen Maskenbrauch stellt die Maske meist einen besonderen Typ dar und wird in Verbindung mit einer Kostümierung getragen.
Der venezianische Karneval war zu seiner historischen Glanzzeit eine europäische Attraktion. Diese jahreszeitlich begrenzte Zeit bot schrankenloses Vergnügen an. Es hatte sich eingebürgert, sich auch ohne Anlass des Karnevals zu allen möglichen Gelegenheiten zu maskieren, so dauerte die Maskenzeit unter Umständen nahezu ein halbes Jahr.
1268 verbot die venezianische Obrigkeit den Maskierten, mit Farben und Duftstoffen gefüllte Eier zu werfen. 1339 wurden die Raufereien zwischen Maskierten unterbunden, und 1458 verbot ein Gesetz den Männern, sich als Frauen zu maskieren und in dieser Verkleidung in Nonnenklöster einzudringen.
Mit dem Edikt vom 13. August 1608 wurden enorme Strafandrohungen ausgesprochen, wenn das Gebot, dass Masken nur mehr im Karneval getragen werden dürfen, nicht eingehalten werden sollte. Erneuerungen und Erweiterungen dieses Verbotes von 1699 und 1718 zeugten von anhaltender Wirkungslosigkeit desselben. Als nach dem Frieden von Campo Formio zwischen Frankreich und den Habsburger Erblanden 1797 Venedig als selbstständige Republik zu existieren aufgehört hatte, war auch das Ende des Karnevals gekommen. Er wurde erst 1980 zu neuem und überraschendem Leben erweckt.
Die alpenländischen Maskenverbote[6] wurden erst im 17. und 18. Jahrhundert spürbar. Einerseits ging es vor allem darum, „Missbräuche“ abzustellen, andererseits äußerte sich „Fortschritt“ damals auch darin, dass man im Sinne der Aufklärung urtümliche Bräuche vonseiten der Obrigkeit zu unterbinden versuchte.
Die ältesten archivarisch zu belegenden Verbote von Faschingsbräuchen in Salzburg gehen bis in die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts zurück. Es handelt sich dabei um Faschingsläufe, also um Bräuche in der Öffentlichkeit, wobei eine größere Anzahl von Akteuren teilnahm. Oft kam es dabei zu unkontrolliertem und unkontrollierbarem Verhalten, was der Obrigkeit von vornherein verdächtig erscheinen musste.
In einer Tanzmusikverordnung von 1741 wurde „das Masquiren, Verclaiden und Berchten gehen“ verboten, und damit wurde auch erstmals die Brauchgestalt des „Berchten“ genannt. Die ausgesprochenen Verbote richteten sich immer wieder auch gegen andere Unzukömmlichkeiten. 1680 und 1704 wurde das wechselseitige Verkleiden ins jeweils andere Geschlecht und 1681 das öffentliche Aufspielen und Tanzen nach 9 Uhr abends verboten. In einem Salzburger Verbotsmandat von 1773 werden Fakten dieser Art noch deutlicher gemacht und Ratschläge zur Aufdeckung von Gesetzesübertretern gegeben.
Venedig ist aufgrund der guten literarischen und urkundlichen Quellenlage ein Ort, an dem man die professionelle Fertigkeit des Maskenmachens sehr früh studieren kann. Schon im Mittelalter gab es darauf spezialisierte Werkstätten, die „botteghe die mascareri“, deren Meister damals mit anderen Kunsthandwerkern der Malerzunft abgeschlossen waren. Unter dem Dogen Foscari (Doge von Venedig 1423–1457) werden sie 1436 als für die Stadt wirtschaftswichtig bezeichnet.
Im historischen Karneval des 18. Jahrhunderts, der bildlich und literarisch am besten belegt ist, treten zahlreiche Masken und Kostüme auf, die u. a. verschiedenste Volkstypen oder auch Personen der Commedia dell’Arte verkörpern. Das typische Maskenkostüm war das relativ einfache Kostüm der Baùta, das aus schwarzem Seidenmantel („mantello“ oder „tabarro“), Spitzenumhang („rocchetto“), Halbmaske („volto“ oder „larva“) und Dreispitz („tricorno“) bestand.
Eine Besonderheit stellt die Maske des Pestarztes, des „dottor della peste“, dar. Typisch für dieses Kostüm ist der lange Schnabel der Gesichtsmaske („naso a rosto“). Einst wie heute hat auch die Gestalt des Teufels Platz in der Typenvielfalt der „travestimenti“, der sich in der Gegenwart noch Vampire wie Dracula, Zombies und andere Schreckgestalten hinzugesellen.
Der venezianische Karneval ist heute zu einem unverzichtbaren Bestandteil der italienischen Fremdenverkehrswirtschaft geworden. Nachdem der Karneval durch die Verbote der französischen und dann der österreichischen Besatzungsmacht abgestorben war, wurde er erst 1980 zu neuem Leben erweckt. Dazu haben eine geschickte Tourismusstrategie, der Konsens der Kommunalpolitik, die Mitwirkung gestaltender Künstler und Ästheten und ein allgemein aufbrechendes Nostalgiegefühl im Sinne des Zeitgeistes maßgeblich beigetragen.
Das Maskentreiben hat am letzten Wochenende vor dem Faschingsdienstag seinen Höhepunkt. Am letzten Tag gibt es eine Maskenprämierung durch das Karnevalskomitee – die Masken sind jedoch in keine Aufzüge, Umzüge oder Bälle eingebunden. Sie erscheinen zu Fuß oder per Gondel und Vaporetto, promenieren über die Piazza San Marco (Markusplatz), die Piazzetta und die Riva degli Schiavoni und lassen sich dabei bewundern und fotografieren.
Neben Fantasiekostümen sind klassische Gestalten der Baùta, des „dottor della peste“, der Zanni und andere Figuren der Commedia dell’arte zu sehen. Ihnen folgen die maskierten und unmaskierten historischen Gestalten wie Doge und Dogaressa, Kaiser und König, Prinzen und Prinzessinnen. Was ursprünglich aus dem ästhetischen und kreativen Potenzial der Venezianer selbst kam, wurde im Laufe der Jahre seit 1980 mehr und mehr auch von Deutschen, Österreichern und Franzosen beeinflusst, sodass man heute sagen kann, dass die gestaltenden Persönlichkeiten innerhalb der Maskenträger internationaler Herkunft sind.
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Der Wiener Opernball mit seinen Traditionen und Variationen ist ein typischer Brauch der Großstadt und gilt als „Ball der Bälle“. Seit 1956 geht er am Donnerstag der letzten Faschingswoche in der Wiener Staatsoper über die Bühne. Traditionell geben sich hier die Reichen und Schönen ein Stelldichein. Der Opernball bringt 15 Millionen Euro an Umwegrentabilität. Zu den großen Gewinnern zählen Hotels, Handel und Dienstleister wie Friseure oder Kostümverleiher. Schon bei der Ausschreibung für den Bau der Hofoper (1860) stand fest, dass das Haus „auch zur Abhaltung von Opernbällen bestimmt“ sein solle. Die Direktion veranstaltete ab 1778 eine Opernredoute. Nach langer Unterbrechung fand 1924 wieder eine solche statt. Den ersten „echten“ Opernball gab es 1935. Zum letzten Mal vor dem Zweiten Weltkrieg tanzten die Wiener im Februar 1939. 1956, nur drei Monate nach der Wiedereröffnung der im März 1945 zerstörten Oper, fand wieder ein Opernball statt.
Die Wiener Straßenzeitung „Augustin“ veranstaltet als Gegenveranstaltung zum Opernball den Opferball als „sinnlichste und wienerischste Negation des elitären Events in der Staatsoper“ und knüpft dabei an das alte Motiv der „verkehrten Welt“ an. So heißt es in der Presseaussendung 2003, als der Ball nach einjähriger Zwangspause (Brand der Sophiensäle) in der Stadthalle stattfand: „Der Wiener Fasching gehört traditionellerweise den Schlawinern, Strizzis und StrawanzerInnen. Mit dem Opferball erobern sich die Ausgegrenzten den Gipfel des Faschings zurück. [...] Verkehrte Welt: Der vergessene Sinn des Faschings wird wieder erlebbar. Die MusikerInnen des Opferballs nehmen teil an diesem Spiel und verzichten auf Gagen. Sinnliche Umverteilung: Wer Geld hat, sorgt mit seinem Eintritt dafür, dass die, die nichts haben, keinen Eintritt zahlen.“ Dieser betrug 15 Euro bzw. 13 Euro (Vorverkauf), für Obdachlose 0 Euro. An die 700 Gäste kamen.
Die charakteristische Wiener Ballkultur hat ihre Wurzeln in der Angst der Obrigkeiten. Weil der Hof Konspirationen und Gewalttaten im Schutz der Maske fürchtete, blieb die Narrenfreiheit der privilegierten Oberschicht vorbehalten. Vorläufer der Kostümbälle waren die barocken „Wirtschaften“. Kaiser und Kaiserin verkleideten sich als „Wirtsleute vom Schwarzen Adler“ und ihre Gäste als Bauern. Die Ballarena des Adels waren die Redoutensäle in der Hofburg. Joseph II. (1741–1790) ließ Bürger teilnehmen, doch durften Masken nur im Saal getragen werden und die Kostüme mussten „ehrbar“ sein.
Im Biedermeier baute man alte Einkehrgasthöfe zu luxuriös ausgestatteten Ballsälen um, errichtete neue Etablissements und verwandelte sogar Hallenbäder in ein Tanzparkett. „In der Frühzeit der Großstadt Wien feierte der Großstadtrand seine eigenen Feste, die einige Jahrzehnte hindurch für das Wiener gesellschaftliche Leben von großer Bedeutung waren, die Fiaker- und Wäscherbälle. Bis heute sind sie in der wienerischen Literatur und auf der Bühne lebendig.“[8]
Im Fasching ist alles erlaubt, was sonst verboten ist: Geschlechterwechsel, sexuelle Freizügigkeit, Protest und Parodie, Umkehrung der Herrschaftsverhältnisse, derbe Scherze. Mit der Narrenfreiheit fällt die Grenze zwischen Wildheit und Zivilisation. Gesetze und Verbote konnten das Narrentreiben nur bedingt unterbinden.
Phänomene wie der Fasching fordern psychologische, philosophische, ethnologische, soziologische, religiöse Erklärungen heraus. So gilt auch für den Fasching, was Sigmund Freud (1856–1939) ganz allgemein über das Fest schreibt: „Ein Fest ist ein gestatteter, vielmehr ein gebotener Exzess, ein feierlicher Durchbruch eines Verbotes. Nicht weil die Menschen infolge irgendeiner Vorschrift froh gestimmt sind, begehen sie Ausschreitungen, sondern der Exzess liegt im Wesen des Festes; die festliche Stimmung wird durch die Freigebung des sonst Verbotenen erzeugt.“[9]
Karnevalsfeiern in der heutigen Form sind keine 200 Jahre alt. Hierzulande haben sich die Gruppen 1962 zum „Bund Österreichischer Faschingsgilden“ (BÖF) zusammengeschlossen. Zielsetzungen des Bundes sind nach eigenen Angaben: eine Vertiefung der intensiven Zusammenarbeit der Gesellschaften, Austausch von Ideen unter den Gilden, Hilfe bei der Durchführung des Faschings, Organisation gegenseitiger Besuche innerhalb Europas, Koordinierung der Hauptveranstaltungen und „somit eine gegenseitige Befruchtung und Weiterentwicklung des Faschings im eigenen Ort und eine Bereicherung der eigenen Veranstaltungen durch andere Freunde und ausländische Gäste.“[10]
Die Faschingsgilden haben eigene Symbole: Eine große Rolle spielt die „Narrenzahl“ Elf, eine Primzahl, die sich von den „christlichen“ Zahlen der Zehn Gebote oder der zwölf Apostel deutlich abhebt. Kirchlicherseits auch als Sündensymbol gedeutet, wird die Zahl Elf von den Faschingsgesellschaften als „Glückszahl der Narren“ interpretiert. Jede Gilde pflegt ihren Gruß, z. B. „Lei-Lei“ (Villacher Faschingsgilde), „Mö-Mö“ (Mödlinger Faschingsgilde), „Ring-Ring-Wahring“ (Faschingsgilde Wien-Währing) oder „DÖ-DÖ-Bling-Bling“ (Faschingsgilde Wien-Döbling). Der Gruß der 1. großen Salzburger Faschingsgilde lautet „Salzburg HE-MU“ (Heiterkeit und Muße).
Der Fasching hat als Festzeit seine spezielle Speise: die Krapfen. Aus Germteig geformt, meist mit Marmelade gefüllt und in Fett herausgebacken, sorgen sie vor der Fastenzeit noch kräftig für Kalorienzufuhr. Erfunden haben soll das Germgebäck eine Frau namens Cäcilia (Cäcilie) Krapf(en) im Jahr 1615, „[...] welches kostbare Gebäck alsogleich auch ihren Namen erhalten, von vielen Leuten aber auch Cilly-Kugeln benannt wurde“.
Im Josephinischen Zeitalter gab es im Inseratenteil der „Wiener Zeitung“ eine eigene Rubrik für die Krapfenbäckerinnen. Man konnte gefüllte und ungefüllte Faschingskrapfen zum Preis von einem bis drei Kreuzer bestellen oder frisch kaufen. Qualität und Preise stiegen in den folgenden Jahren sprunghaft an. Um 1800 kostete ein „extrafeiner“ so viel wie ein ganzes Mittagessen.
Aus der Zeit Kaiser Karls VI. ist von einem „Krapfenschießen“ bei Hof die Rede. Studenten maßen sich im Wettessen und sollen es auf 30 Stück gebracht haben. Wirte lockten Gäste mit Gratiskrapfen in ihre Häuser. Im Fasching 1815 sollen in Wien zehn Millionen Krapfen gebacken worden sein. Im Laufe der Zeit ist die fette Mehlspeise zum „Allerweltsgebäck“ geworden.
Die Kirche gab im Mittelalter den Anstoß zu einem Brauch, der sich in der Folge zu seiner Parodie entwickelte: das Faschingbegraben. Die Bestattung des Hallelujas stammt aus der Ostkirche. Die Zeremonie im Rahmen eines Requiems sollte den Ernst der kommenden Zeit veranschaulichen.
Das Faschingbegraben war 1842 u. a. in Wien-Gaudenzdorf üblich: „Ein langer Zug von allerlei tollen Gestalten, unter welchen sich ein zahnloser uralter und pfahldürrer Ulane, auf einem der elendigsten Rosse reitend, besonders auszeichnete, führte den Popanz, der verbrannt werden sollte. Auf einem großen Leiterwagen, zum Eintragen des Getreides bestimmt, war eine Tanz- und Wirtstenne errichtet, auf welcher es sehr lustig herging. Ein zweiter Karren führte das beinahe bis zum Gräßlichen maskierte Faschingsgesindel. Auch ein ganz kleiner Schlitten war da, auf dem das armselige Bett des nun zugrunde gegangenen Faschings geschleift wurde. Ritter, Husaren und einige Trompeter füllten die Lücken des Zuges, der sich, lärmend genug, nach Meidling bewegte. Auch zu Simmering ist es Sitte, den Fasching zu begraben, wie auch in den hiesigen Militärkasernen dieses Spiel stattfand.“ [11]
Ein Ort, an dem der Fasching zur Tradition geworden ist, ist St. Gilgen. Das Faschingsgeschehen hält hier die Faschingsgilde „Schwarze Hand“ fest in ihrem Griff. Dass es schon seit Längerem Faschingsveranstaltungen gegeben hat, kann z. B. in der Festschrift zur Feier von 3 x 11 Jahren Faschingsgilde St. Gilgen in der Faschingszeitung aus dem Jahr 1988 nachgelesen werden.
Im Archiv des Heimatkundlichen Museums St. Gilgen im Wetzlhäusl findet sich als älteste noch vorhandene Zeitung aus St. Gilgen jene des Jahres 1949. Auch das Foto einer Faschingsgesellschaft aus dem Jahr 1910, das eine gespielte Narrenhochzeit zeigt, sowie die Fotografie einer Faschingsveranstaltung der Liedertafel von 1911 und ein Foto mit einer Faschingsdarstellung – einer Seilbahn aus dem Jahr 1925 – werden im Museumsarchiv aufbewahrt.
In Salzburg fand die früheste belegte „Narrenhochzeit“ 1614 im Rathaus statt, und 1776 inszenierten die Bürger eine „Bauernhochzeit“[13]
Den wohl ältesten Hinweis zum Thema Fasching im Wolfgangseegebiet liefert ein Gerichtsprotokoll aus dem Jahr 1703, aus dem hervorgeht, dass der Fasching auch als Datumsangabe gedient hat.
Bartholomäus Strobl zog gegen Sebastian Loiz im April des Jahres 1703 vor das Pfleggericht Hüttenstein wegen der Bezahlung eines Vergleiches über 40 Gulden, eingeräumt im letzten Fasching. Der Vergleich war wegen eines nicht eingelösten Eheversprechens zustande gekommen. Dieser Akt wurde erst 1721 während der Amtszeit des Großvaters von Wolfgang Amadeus Mozart, des Pflegskommissärs Wolfgang Nikolaus Pertl (1667–1724), geschlossen.
Das Original dieses Gerichtsaktes befindet sich im Archiv des Heimatkundlichen Museums St. Gilgen im Wetzlhäusl. Im Zuge des geschilderten Streites meinte damals der Geistliche von St. Wolfgang zum Kläger, dass sich dieser nur mit gescheiten Leuten und nicht mit Narren etwas anfangen solle.
Für das Land Salzburg datiert der älteste Bericht zu einem Faschingsfest vom 20. Februar 1557, als „ein großer Mummenschanz bei Hof“ stattfand. Für das 17. Jahrhundert sind die Zeugnisse zahlreich, u. a. führten am 11. Februar 1614 die Hofämter und Dienste einen „schönen Aufzug“ mit Schlitten und einem Narrenkönig durch. Am 10. Februar 1655 etwa hatten auch die Bürger einen großen Mummenschanz im Rathaus.[14]
Besonderen Anstoß zur Gründung einer Faschingsgilde in St. Gilgen gab der gelungene Faschingsdienstag des Jahres 1954. Über dieses Ereignis, den vorweggenommenen Staatsvertrag, konnte man im „Salzburger Volksblatt“ vom 3. März 1954 lesen:
„Ein Volk hilft sich selbst
Staatsvertrag in St. Gilgen unterzeichnet – Großartiger Festakt am Hauptplatz
Es ist nicht zu glauben! Was in neunjährigem Ringen nicht gelang, in St. Gilgen wurde es gestern [am Faschingsdienstag, den 3. März 1954] historische Tatsache. Die vier Außenminister unterzeichneten im Beisein unseres hochverdienten Außenministers den Staatsvertrag. [...]
Freilich waren ausgesuchte Diplomaten am Werk, mit viel Geist im Kopf und im Magen, voll des guten Willens und Weines. Molotow (privat der unverwüstliche Tapezierermeister Köstler) konnte gar nicht anders, als unter der Einwirkung edlen Branntweines und der Überredungskunst des Vertreters der USA (verkörpert durch den Postwirt Ramsauer) und des Scharmes unseres gewesenen Bundeskanzlers (frech kopiert durch Architekt Meindl) zu unterschreiben. Schließlich waren auch der edle Brite Beutelhauser sowie der Vertreter Frankreichs unermüdlich im Dienste des Friedens tätig. Hoch vom Himmel schwebte mit silbrigen Schneeschuhen, rougiertem Mund und prächtigen Gänseflügeln der Friedensengel (irdisch tätig als Installateur) und gab seinen Segen.“[15] Bei jedem „njet“ zog sich der Engel wieder ein Stück zurück nach oben, segnete aber schließlich doch die Handlung.
Bis 1968 gab es für den öffentlichen Gildenabend am Faschingsdienstag immer ein Motto, das wiederholt die Bundes- und Landespolitik streifte, wie: „Die Salzburger – St. Gilgener Festspiele“, „Der Marsch nach Wien“ (vor Einstellung der Lokalbahn im September 1957), „Der Jedermann“ etc.
Nach einer sehr erfolgreichen Darstellung einer Staatsvertragsgesellschaft am Faschingsdienstag des Jahres 1954 kam es 1955 in St. Gilgen zur Gründung der „Schwarzen Hand“.
Die Namensgebung führt auf den Umstand zurück, dass während der Gründungssitzung der Wirt und Fleischer Josef Kendler von seiner Frau zum Kalben gerufen wurde. Diese legte ihm ihre Hand, die in schwarzen Handschuhen steckte, auf die Schulter und drängte vehement zum Heimgehen. Frau Kendler wurde die spätere Fahnenmutter und war die einzige Frau im Umkreis der männlichen Faschingsgilde. Nach Josef Kendler war „der gute Geist“, die Sekretärin beim 1954 dargestellten Staatsvertrag, „natürlich auch eine Dame“.
In der St. Gilgener Faschingsgilde besteht die Garde nur aus jungen Männern. Das wichtigste Utensil dieser Garde ist die Hellebarde, die es von Anfang an gab, während sich die Uniform bereits mehrmals geändert hat. Die Momentane erinnert an Husaren. Die Gilde hat jeweils drei Präsidenten. Als Gründungspräsidenten zeichneten 1955 die Herren Josef Kendler, Sepp Meindl und Alfred Pfeffer. Als Organisationschef wurde Otto Fischer in die Gilde gewählt. Es gab auch einen Volksvertreter, Matthias Binder, und einen Ehrennarren, Sepp Beutlhauser. Als Zeremonienmeister fungierte Ernst Klaushofer, der sehr redegewandte Straßenkehrer des Ortes. Das Gründungsprotokoll mit den alten Statuten in einem roten Buch ist leider verschwunden; seit 1990 gibt es eine Neufassung. Der Ruf der Faschingsgilde lautet „Gilli-Gilli“.
Es ist in St. Gilgen üblich, einen öffentlichen Gildenabend abzuhalten. Dieser findet jeweils um die Mitte des Faschings statt und beinhaltet auch die Ausfolgung des Schlüssels für die Gemeindekasse durch den Bürgermeister. Die Rückgabe dieses Schlüssels erfolgt am Aschermittwoch in kleinem Kreis. Neben Rügen erheitern alte und neue Gruppen die Besucher/innen im jeweils zum Bersten vollen Saal des Gasthaus Kendler.
Zu jenen Gruppen, die diesen Gildenabend bestimmen, gehören die „Saubachlerchen“, die „Dilletantos“, „Bäng Bängs“, die Schoßleitnergruppe sowie die Schwarzenbrunner. Es finden sich immer wieder neue Gruppen, die gerne bereit sind, das Programm mit zu bestreiten. Seit ihrer Gründung im Jahr 1955 organisiert die „Schwarze Hand“ den Faschingsdienstag. Als man einmal die Aktivitäten auf den Faschingssamstag verlegte, verlor sich schnell das Interesse der Leute. Man kehrte deshalb wieder zum Faschingsdienstag und seinem Treiben am Mozartplatz in St. Gilgen – vor dem Hotel Post – zurück.
Auch in der Stadt Salzburg findet der Fasching hauptsächlich im Saal statt. Die beiden Faschingsgilden und ein jährlich regierendes Prinzenpaar sind vor allem Insidern bekannt. 1955 bis 1958 (weiters 1963 und 1964) veranstaltete die 1. große Salzburger Faschingsgilde (gegr. 1948 in Fuschl) große Faschingszüge, an denen auch Gruppen aus Freilassing, Traunstein, Grödig und Henndorf teilnahmen. Die Beteiligung der Bevölkerung entsprach aber nicht den Erwartungen. Neben dem Krönungsball findet im Müllner Bräustübl (früher Zistelalm) am Faschingsdienstag eine „Prinzenverbrennung“ statt. Der 1966 gegründete „Salzburger Narrensenat“ verleiht jährlich den „Salzburger Stier“ an Personen der Öffentlichkeit.
Zur Überraschung aller marschierte 1971 in St. Gilgen, wo das Faschingsgeschehen ausschließlich in männlicher Hand ist, beim Gildenabend eine Gruppe Frauen als Garde ein. In weiterer Folge mischten sie auch beim Faschingsrummel am Faschingsdienstag mit. Sie erklärten St. Gilgen zum Sperrbezirk. Mit großer Heiterkeit wurde von der Bevölkerung aufgenommen, dass man in den Ort weder hinein noch herauskam, ohne seinen Obolus (inkl. Schnaps) in die Faschingskasse entrichtet zu haben. Da kam nicht einmal die Exekutive an den Sperren vorbei.
Trotz des finanziellen Erfolges dieser Aktion fürchtete die Männergilde, dass die Frauen (unter Theresia Franz und Marianne Bachofner) ihnen den Rang ablaufen könnten. Nach unschönem Drängen der „Männerwelt“ beschloss die Damengruppe ihren Rückzug und fügte sich der sozialen Kritik. So sind auch weiterhin ausschließlich Männer für den Fasching in St. Gilgen zuständig. Am Gildenabend 2003 wurde der Einbruch von 1971 als Diavortrag in Erinnerung gebracht und anschließend von Männern nachempfunden. „Ähnlichkeiten waren nicht zu übersehen!“ Der Erfolg dieser Darbietung war natürlich groß.
Sozialkritik war in historischen Faschingszügen vielfach Hauptteil der Belustigungen. In Faschingsbriefen wurden etwa im Halleiner Faschingszug des 19. Jahrhunderts, dem Maxglaner Hexenzug (Zeugnisse zwischen 1819 und 1852) oder im Salzburger Faschingszug von 1874 die „lächerlichen Ereignisse“ oder Personen gerügt. 1880 wurde das Verlesen des Faschingsbriefes durch die „Faschingszeitung“ ersetzt.[16]
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Am 18. März 1612 wurde Marcus Sitticus zum Erzbischof und Landesfürsten erwählt. Es war dies der zweite Sonntag in der Fastenzeit. Die Gestaltung einer Fasnacht im Sinne des jüngst gekürten Landesherrn konnte somit sich erst im nächsten Jahr voll entfalten. Vorrangig galt den „christlich eifrigen Potentaten und Oberkeiten“, die „heidnischen und abergläubischen, uralten Bräuche und schandwürdigen Gewohnheiten“, gegen die allenthalben die Prediger von den Kanzeln herab „schrieen und tobten, gänzlich auszureuten und zu vertilgen“ und an deren Stelle „ehrliche, christgebührende Freudenfeste“ zuzulassen.
In der erzbischöflichen Hauptstadt war die Situation nicht anders: Auch hier veranstalteten die Bürger „von unerdenklichen Zeiten hero“ zu Tag- und Nachtzeit, aus der Sicht des Fürsten, nichts anderes als Mummereien, die gewöhnlich mit Hin- und Herlaufen begannen und dann in Fressen und Saufen, Spielen oder gar in heimlichen Unanständigkeiten, somit in „Sünde, Schand und Laster“ endeten. Was die Herrschenden vor allem bei diesem Vermummen fürchteten, war die Anonymität der Person durch die Maskierung.
Die Eingriffe der Obrigkeit in althergebrachte Gewohnheiten erzielten keine Langzeitwirkung: Die von Marcus Sitticus (1612–1619) kreierte Fasnachtgestaltung war am Ende des 17. Jahrhunderts wieder in ein „Fraß- und Sauf-Fest“ gemündet, „zum viehischen Bauch- und Götzen-Fest, zum lästerlichen Lumpen- und Venus-Fest, zum verfluchten Teufel-Fest, das Unsere liebe Mutter, die katholische Kirch, hat als Plunder-Fest allzeit verflucht und verbannisiert“, verkommen. Dies entnehmen wir jedenfalls einer Klage des Salzburger Stadtkaplans von 1696.
Viele Elemente der Salzburger Fasnacht finden sich in Festen an anderen (mitteleuropäischen und italienischen) Höfen vorgebildet. Von der frühen Neuzeit an waren an den europäischen Höfen bei familiären oder politischen Ereignissen prachtvoll ausgestattete Spiele veranstaltet worden. Sie verbanden festliche Selbstdarstellung mit der Beschwörung standesgemäßer Tugenden und dokumentierten zugleich die Bedeutung und den Anspruch des jeweiligen Herrschers bzw. seines Hauses.
Die Spiele wurden später durch aufwendige Kostümierungen, durch Verkleidung in allegorische Figuren und Einbeziehung von Tieren bereichert, Personifikationen umrahmen das Turniergeschehen, Gestalten der Mythologie in vielfältigem Kostüm- und Maskenprunk. Das lebende Bild war im Italien des 16. Jahrhunderts zu einem wichtigen Element des höfischen Festes geworden. Es ist für die Turniere und Feste der Renaissance bezeichnend, dass die höfische Gesellschaft gleichzeitig Zuschauer und Akteure bildete.
Anders als an den weltlichen Höfen nahm in Salzburg der (geistliche) Fürst Marcus Sitticus nie aktiv an einem Umzug teil, er ließ sich durch seinen Neffen vertreten, den er sozusagen an Sohnes statt an den Salzburger Hof geholt hatte.
Fest und Theater haben in der Familie des Fürsterzbischofes Marcus Sitticus Tradition: Erinnert sei an die prunkvolle Festgestaltung anlässlich der Hochzeit des Jakob Hannibal I. von Hohenems (1530–1587), dem Neffen des damals regierenden Papstes Pius IV., mit Hortensia Borromeo (1551–1578) im Fasching 1565 zu Rom. In dem etwa seit 1580 bestehenden „Teatro Goldoni“ im Palazzo Altemps hat 1607 und im Karneval 1611 Gian Angelo (1586–1620), Enkel nach Kardinal d’Altemps (1533–1595), dem Onkel von Marcus Sitticus, Theateraufführungen veranstaltet, wie Rechnungen für Theaterkostüme und -ausstattung erweisen.
Durch den Einbezug der Bürger als Darsteller ihrer schon früher geübten Bräuche, jetzt zwar beaufsichtigt durch die fürstliche Programmgestaltung, baute Marcus Sitticus die Brücke zwischen Volksbelustigung und fürstlicher Festkultur und machte diese Fasnacht zum einmaligen Ereignis in seiner Zeit.
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Die Feldforschung wurde von Mag. Maria Katharina Aschaber mit Lehrerinnen und Lehrern sowie Schülerinnen und Schülern der Hauptschule Abtenau und der Volksschule Bischofshofen-Markt im Auftrag von Dr. Lucia Luidold im Schuljahr 2002/03 durchgeführt. Anonym abgegebene, nicht verbesserte Aufsätze von Schülerinnen und Schülern zwischen acht und 15 Jahren bilden die Grundlage der Analyse, wie der Fasching „von den Kids subjektiv erlebt“ wird.
Kinder schreiben in der Überzahl: „Leider weiß ich nichts über den Fasching“, weil „Fasching eigentlich kein Brauch ist[,] darum wird es bei uns auch nicht gefeiert“. Der kleine Rest findet, dass man in dieser Zeit, besonders am Faschingsdienstag, „immer zu Späßen aufgelegt ist“. „Auf gut abdanauerisch: ‚A voi a Gaudi!‘“
Kids wissen, dass die Faschingszeit „am 11.11. um 11:11 Uhr“ beginnt, jedoch wird „erst im Februar mit dem Feiern begonnen“, mit „vielen Maskenbällen“, maskiertem Skifahren, Kinderveranstaltungen mit Spielen zu Hause und in Gasthäusern sowie Faschingspartys und TV-Faschingsbelustigungen. Also: „Der Fasching ist ein lustiges Fest, das vor Ostern ist.“
Mag. Maria Katharina Aschaber hat mit Lehrerinnen und Lehrern sowie Schülerinnen und Schülern der Hauptschule Abtenau und der Volksschule Bischofshofen-Markt im Schuljahr 2002/03 eine Studie zum Thema „Fasching“ durchgeführt. Der Faschingsumzug am Faschingssamstag bzw. -sonntag gehört zum Fixprogramm, gerne schauen die teilweise „maskierten Kinder“ zu, wenn die Erwachsenen dann „etwas Schönes am Marktplatz vorführen“, „verschiedene Wagen mit schrägen Gestalten“ oder „die Abtenauer Musikkapelle im Indianerwagen kommt“; allerdings bemerken sie auch, dass sich „die Erwachsenen“ „rauschig saufen“. Nicht alle verkleideten Kinder sehen nur zu: „Dann gehen wir auf den Marktplatz und toben uns dort aus.“
Auch von tradierten Bräuchen erzählen sie: z. B., dass am 6. Jänner mit dem Perchtenlauf das Verkleiden mit den Schön-, Schiachperchten und Hexen beginne, dabei gehe es um Gut, Böse und Segen. Abtenauer Kinder gehen z. B. „singend von Haus zu Haus“, um „Süßigkeiten und Geld zu bekommen“. Sie verkleiden sich nicht mehr als Tiere, sondern als „Fernsehstar aus einem Film oder als Cowboy, Hexe, Prinzessin [...]“. Am Faschingsmontag gibt es bei einzelnen Abtenauer Familien zu Mittag eine „Bretzensuppe“, andere „essen Faschingskrapfen mit Milch“. Am Rosenmontag gehen sie „verkleidet zur Eisstockschießfeier“ oder zur „Weiberroas“. „Über versteckte Scherzartikel“, „bunte Faschingsdekoration zu Hause“ mit „Papierschlangen und Konfetti“ freuen sich die Bischofshofener Kinder, und sie „lieben das Verkleiden“, sie wollen „schön sein“, „lustig sein“, „stark sein“.
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Jugendliche befragten Eltern, Groß-, Urgroßeltern und Bewohner/innen von Seniorenheimen zu ihren Faschingserinnerungen. Die Feldforschung wurde von Mag. Maria Katharina Aschaber mit Lehrerinnen und Lehrern der Hauptschule Abtenau und Volksschule Bischofshofen-Markt im Auftrag von Dr. Lucia Luidold im Schuljahr 2002/03 durchgeführt. Anonym abgegebene, nicht verbesserte Aufsätze von Schülerinnen und Schülern zwischen acht und 15 Jahren bilden die Grundlage der Analyse des von den Alten Erzählten und den Jungen Aufgeschriebenen.
Lustig gings her – die Gelegenheiten, Feste mit Tanz zu feiern, wurden genützt –, allerdings nicht wochenlang. In der Urgroßelterngeneration eröffnete auf den Bauernhöfen der Stephanitag den Tanz. Begleitet von Mundharmonika, Ziehharmonika und selbst gebranntem Schnaps wurde viel getanzt und gesungen; zu Mariä Lichtmess (2. Februar) wurde ausbezahlt; weiter gings am Faschingssamstag: Holzknechte verkleideten sich bei der „Brautfuhr“ (der meist letzten Holzfuhr der Saison); am Abend oder am Faschingssonntag „staberten“ sie dann. Dabei wurde ausbezahlt, gut geschmaust, mit der „Knopferlharmonika“ zum Tanz aufgespielt (Bairische, Steirische, Walzer, Polka) – hoch gings her. Der Höhepunkt war wohl die Aufforderung „Steh’ ma zom und sing ma Oan“. Still wurde es, wenn die rauen Männer Jodler und alte Weisen „mit der Kopfstimme“ sangen. Mit „Gstanzln“ wurde geprahlt, Witze und Geschichten aus dem Leben wurden erzählt. Die Kinder lauschten mit offenem Mund. Im Fasching bot sich die seltene Gelegenheit, einer/einem (ahnungslosen) Liebsten einen Wink durch einen „scherzvollen Brief zu schreiben“.
Am Faschingssonntag verkleideten sich Kinder als Tiere, gingen von Haus zu Haus und bekamen dafür ein paar Groschen. Die Männer vergnügten sich beim „Schafi auswatten“. Abends ging die Jugend zum Lumpenball ins Gasthaus mit Kostümen aus alten Kleidern und Stoffen. Höhepunkt war der Faschingsbrief – alle (auch geheime) Peinlichkeiten wurden offengelegt. Die Lebensfreude stand im Vordergrund, es wurde viel gelacht, getanzt, gescherzt – sich zu verkleiden, spielte damals keine Rolle.
Später kam der „Er“- und „Sie“-Lauf dazu. „Komisch verkleidet“, waren bei verschiedenen Stationen für den Wintersport ungewöhnliche Probleme zu lösen – „die Zuschauer lachten um die Wette“. Im Dorf wurden Maskenbälle (man verkleidete sich als Kaiserin Elisabeth, Sepp Bradl, Lumpenweib oder junger Bub mit „Untergatti“ und kurzer Lederhose) und der Feuerwehrball veranstaltet, eine Besonderheit waren die Faschingskrapfen. Beim Faschingskehraus oder Faschingsumzug am Faschingsdienstag wurde eine Fetzenpuppe als Fasching eingegraben.
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Die Entdeckung der Naturvölker und fremder Kulturen weckte das Interesse an der Exotik der heimischen Kultur. Besonders die Maskensammlungen, die Forscher von Expeditionen bzw. Mitglieder des Herrscherhauses von ihren Weltreisen aus Übersee mitgebracht hatten, ließen den Wunsch nach Vergleichsmaterial aus den eigenen Regionen wach werden.
Der Sprachwissenschaftler Wilhelm Hein (1861–1903) interessierte sich besonders für „Österreichische Ethnologie“ und war für die Maskenforschung von großer Bedeutung. Innerhalb der Anthropologie folgte man damit einem Trend, der sich in den letzten Jahrzehnten verstärkt abgezeichnet und in anderen europäischen Ländern zur Gründung ethnografischer Museen geführt hatte.
1893 unternahm Wilhelm Hein eine Reise durch Salzburg und Tirol, um hölzerne Gesichtslarven für historische Volkstänze und Volksschauspiele zu erforschen. Eine seiner wichtigsten Erkenntnisse war, dass viele der Masken, die unter dem Begriff „Perchtenmasken“ in den Sammlungen der Museen verwahrt wurden – z. B. im Salzburger Museum Carolino Augusteum/SMCA (seit Mai 2007 Salzburg Museum) – ursprünglich Schauspielmasken waren. In Zusammenarbeit mit Michael Haberlandt (1860–1940) gründete Wilhelm Hein 1894 den Verein für Volkskunde und im Jahr darauf das heutige Österreichische Museum für Volkskunde. Die erste Dauerausstellung (1897) im Börsengebäude in Wien zeigte 3.866 Schaustücke.
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Selten ist über Ursprünge und Bedeutungen von Bräuchen so ausgiebig spekuliert worden wie in den Fällen, bei denen Masken im Spiel sind. Fruchtbarkeits- und Totenkulte wurden vermutet ebenso die Vertreibung von Winter und Dämonen. Ungeachtet allen aufgewendeten Scharfsinns konnten schlüssige Beweise für die eine oder andere These nicht geboten werden. Es empfiehlt sich also, sich an möglichst harte und belegbare Fakten zu halten, deren Zahl glücklicherweise hoch ist.
Unter Masken werden Verhüllungen unterschiedlichster Art verstanden, die Personen unkenntlich machen, Gesichter verdecken. Solche Verhüllungen erlauben – neben dem Spaß am Verkleiden – den Ausbruch aus den Zwängen des Alltags in alternative Wirklichkeiten und die Aufrichtung von temporären Gegenwelten. Eine Gegenwelt jedoch ist ohne Welt nicht zu denken, und deshalb ist sie Teil und Spiegel des Realen und Normalen.
Masken finden sich im europäischen Raum an den verschiedensten Terminen: In den angelsächsischen Ländern, neuerdings sehr verstärkt auch in Mitteleuropa, wird das Halloween-Fest (31. Oktober) begangen, gefolgt vom Martinstag (11. November) mit dem südwestdeutschen Pelzmärte, gehüllt in alte Kleider und Pelze. Am 5. oder 6. Dezember tritt der heilige Nikolaus auf, den häufig unterschiedliche wilde Maskenfiguren begleiten, in Belgien etwa der „Zwarte Piet“. Santa Lucia (13. Dezember) ist in Schweden ebenso zu nennen wie Christkind-Masken am Heiligen Abend im deutschen Südwesten, die Perchten in Bayern und Österreich, die Silvesterkläuse im schweizerischen Urnäsch und, von wachsender Bedeutung, die Heiligen Drei Könige. Nach der fastnachtlichen Maskenfülle finden sich Masken – etwa an Lätare (dritter Sonntag vor Ostern bzw. vierter Fastensonntag in der Passionszeit, nach Jes 66,10 „Freut euch mit Jerusalem!“ benannt) in der Pfalz, an Pfingsten in Süddeutschland. Mit ihnen wird die Maskensaison gleichsam beschlossen, sieht man etwa von den irischen „Strawboys“ ab, die an Hochzeiten auftreten.
Auch die Maskenformen und -materialien sind außerordentlich vielfältig. Kunstvoll gestaltete Schminkmasken, wie oft im Kölner Karneval, und einfache Techniken – das Schwärzen mit Ruß oder das Färben des Gesichts mit Mehl – finden sich neben Larven aus vergänglichen Materialien wie Textilien, Fellen, Pelzen oder Leder; bekannt sind die kunstvollen Schauspielmasken der Commedia dell’Arte. Singulär erhalten sind Ton-, selten Metallformen. Häufiger finden sich solche aus Drahtgaze, belegt beispielsweise im österreichischen Telfs. Verbreitet waren und sind – etwa auch heute bei Guggenmusiken – Larven aus Papier und Papiermaschee. Schließlich sind die geschnitzten Holzmasken zu nennen; sie sind für viele europäische Länder bezeugt.
Schon im Wort ist es angedeutet, und es ist auch die heute vorherrschende Meinung: Bei der Fastnacht handelt es sich um ein christliches Vorfastenfest, belegt zuerst im „Parzival“ des Wolfram von Eschenbach Anfang des 13. Jahrhunderts. Frühe Belege erwähnen das reichliche, wohl auch häufig übermäßige Essen und Trinken vor der Fastenzeit mit ihren überaus harten Regeln. Auch Belege für Maskierungen tauchen auf, wenn auch nur in Umschreibungen. So hüllte sich der Ritter Ulrich von Liechtenstein 1227 als Venus in Samt und Seide und „verbant“ sich mit einer „rise“, einer Art Schleier. Ähnliche Verkleidungsspiele sind auch für das 14. Jahrhundert an den europäischen Höfen vielfach bezeugt. Konkrete Angaben zu Gesichtsverhüllungen sind dabei eher selten. So ist aus dem Jahre 1348 eine Garderobenrechnung vom Hofe des englischen Königs Edward III. (1327–1377) erhalten, in welcher neben prunkvollen Kleidern auch 42 Frauen- und Männermasken sowie Engelsköpfe erwähnt werden.
Derartige Formen strahlten bald auf das Bürgertum in den aufblühenden Städten aus; in Venedig sind Maskenaufzüge bereits für 1268 und 1339 belegt. Zu denken ist im 14. Jahrhundert an einfache Tuchmaskierungen – das lassen auch die Quellen vermuten: In Frankfurt wird das „virbindin“ untersagt, in Augsburg heißt es, „daz nieman sin antliz verdek zu vasnacht“, 1452 wird in Regensburg das „verpunden geen“ verboten.
Neben dem höfischen Einfluss muss jener der kirchlichen Maskenbräuche erwähnt werden. Spiele um die Wahl des Knabenbischofs sind für Regensburg 1249, für Hamburg 1336 bezeugt. Und in den geistlichen Schauspielen verwendete man unter anderem Dämonen- und Teufelsmasken.
Im späten Mittelalter werden die Zeugnisse für Maskierungen zahlreicher und detaillierter. Nun finden sich Maskenbelege aus allen Teilen Europas, von Rom bis Amsterdam: das Angesicht verdecken, verkehren, verstellen, wird erwähnt, oft begegnet „verbutzen“, das Gesicht ist „bestoppt“ (Köln 1596); Larven sind 1546 in Rottweil, Schemen 1535 in Konstanz, das „Vermaschgern“ 1588 in Tirol verboten. Häufig findet sich der „Schembart“, besonders bekannt durch die Nürnberger Schembartläufe.
So zahlreich die Belege für Masken sind, so wenig ist doch über ihr tatsächliches Aussehen bekannt. Schleier, seidene Stoffmasken und Drahtgitter-Larven sind durch konkrete Belege und Bilder gesichert; Holzmasken müssen vermutet werden. So zeigen die Bilder der Nürnberger Schembartläufer Larven mit doppelt gezeichneten Rändern, die sich unschwer als Andeutungen der Holzstärke lesen lassen. Doch Belege für Maskenschnitzer fehlen, nur die Tätigkeit von Malern ist mehrfach belegt: „zalt ich dem maister Sebolt [...] maler [...] für ein schempart facit summa 35 den“, heißt es 1497 beispielsweise in Nürnberg. Auf Holzmasken verweist ein Münchner Beleg von 1596, in dem „42 vnausgemachte vnd vngemalte Moreschghen Schönpärth“ erwähnt werden.
Larven aus Papier und Papiermaschee finden sich seit dem Beginn des 17. Jahrhunderts häufiger belegt. Eine gewisse Indizienkette weist hier auf Venedig, im 16. Jahrhundert eine Hochburg des europäischen Karnevals; hier findet sich erstmalig der Beruf der „mascareri“.
Zwei konfessions- und geistesgeschichtliche Umbrüche haben die Entwicklung des Maskenwesens in dieser Zeit geprägt: Zunächst veränderte die Reformation die Topografie der fastnächtlichen Maskenwelt, auch wenn sich eine Festabstinenz in evangelischen Gebieten wohl erst nach dem Dreißigjährigen Krieg durchsetzte. Weitere Veränderungen brachte die Aufklärung beispielsweise in Bayern, mehr vielleicht noch in Österreich. Zur Zeit des aufgeklärten Absolutismus von Kaiser Joseph I. (1705–1711) und Joseph II. (1765–1790) kam es zu vielen Verboten.
Allerdings scheinen diese Bemühungen – und deren Erfolge – von sehr unterschiedlicher Intensität gewesen zu sein. Das Schemenlaufen in Tirol beispielsweise – heute noch in Imst, Telfs und Nassereith zu erleben – wurde erfolgreich verboten, wie ein Schemenprozess in Pfunds im Inntal im Jahre 1775 beweist; hier sind erstmals auch „holzerne Larfen“ erwähnt. Holzmasken, die denen der Nürnberger Schembartläufer in verblüffender Weise ähneln, sind zu dieser Zeit auch in Südwestdeutschland belegt und erhalten, so in Rottweil und Villingen; in beiden Städten fruchteten Verbote wenig. Diese Städte können als Ausgangspunkte der späteren Maskenlandschaft der schwäbisch-alemannischen Fastnacht gelten.
Auch in Köln – später Zentrum des rheinischen Karnevals – fehlte es nicht an Maskenverboten; auch hier waren sie nur in begrenztem Maße durchsetzbar. Umzüge und Maskenbälle sind belegt, sehr groß war wohl der Einfluss des venezianischen Karnevals. Dort, im Zentrum der damaligen karnevalistischen Welt, wurden allein im Jahre 1701 etwa 30.000 Fremde in der Stadt gezählt; hier war die Maske nicht ver-, sondern „geboten“.
Geburtsort des bürgerlichen Karnevals war Köln. Seine Initiatoren, aus den geistigen und wirtschaftlichen Oberschichten der Stadt stammend, hatten die Idee, das närrische Straßentreiben, welches sie wohl als ein wenig zügellos empfanden, durch einen wohlgeordneten Umzug zu ersetzen. Dieser lief 1823 erstmals durch die Stadt, im Mittelpunkt „Held Carneval“ auf einem Prunkwagen. Für die Organisation war ein Komitee sowie ein großer und kleiner Rat verantwortlich; aus ihren allwöchentlichen Generalversammlungen wurden später die Karnevalssitzungen, wie wir sie heute kennen. Masken wurden übrigens nicht getragen – das mag auf die aufgeklärte Bildung der Beteiligten zurückzuführen sein. Über großbürgerlich-nationalliberale Eliten erfuhr die neue Festform eine ungemeine Ausbreitung und wurde in Koblenz, Bonn, Düsseldorf, Aachen, Mainz und vielen anderen Städten übernommen. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eroberte der Karneval auch deutsche Städte im Norden, z. B. 1872 Hamburg. 1874 hatte er in Salzburg seinen Auftritt, er erreichte die Schweiz, die Niederlande, die USA und Kanada.
Der Karneval drang auch in Regionen mit andersartigen Maskentraditionen im deutschen Südwesten ein, 1884 hielt er Einzug in Villingen, 1888 wurde eine „Carnevalsgesellschaft Narrhalla“ in Rottweil gegründet. Dieser Beliebtheit entsprach nicht selten eine Abwertung lokaler Festformen. Das änderte sich um die Jahrhundertwende: Die alten Holzmasken und kunstvollen Gewänder wurden wieder modern; Narrenzünfte wurden gegründet. 1924 entstand die Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte e. V. (VSAN).
Die organisatorische Formierung von Karneval und Fastnacht setzte sich nach dem Zweiten Weltkrieg fort; beide Formen, die rheinische wie die südwestdeutsche, expandierten – fast könnte man von einer Explosion sprechen. So gehörten dem Bund Deutscher Karneval e. V. (BDK), 1953 wieder gegründet, Mitte der 1970er-Jahre 1.400 Gesellschaften an; nach der deutschen Wiedervereinigung von 1990 waren es knapp 4.000. Dazu kamen Vereine beispielsweise in Österreich, wo 1962 der Bund Österreichischer Faschingsgilden (BÖF) gegründet wurde, in Frankreich, den Niederlanden, USA, Kanada, Südafrika und Australien; auch der berühmte Karneval in Nizza und in Rio de Janeiro dürfen nicht unerwähnt bleiben.
Eindrucksvoll sind auch die Zahlen zur südwestdeutschen Fastnacht. 1950 gab es 79 Zünfte in zwei Verbänden, für 1998 werden 511 überörtlich organisierte und 600 freie Zünfte in elf Verbänden geschätzt. Nun begannen die Holzmasken über die traditionellen historischen territorialen und konfessionellen Grenzen hinweg beliebt zu werden; allgemein geschätzt sind heute grotesk gestaltete Exemplare, vor allem Hexen.
Über die Gründe für solche Konjunkturen lässt sich nur spekulieren. Die wachsenden Budgets an Geld und Zeit mögen von Bedeutung sein, außerdem kommen die modernen Maskenfeste den Bedürfnissen der Erlebnisgesellschaft entgegen. Die aber kann Fixierungen auf Regionen und Termine nicht länger hinnehmen, und so erfasst der Blick der Interessierten karnevaleske Züge und Elemente an den verschiedensten Begehungen: das Bundesligaspiel, der Mittelalter-Markt, der Christopher Street Day (CSD), die Halloween-Party, die Loveparade – sind sie nicht zum guten Teil Maskenfeste?
[6] Anm. der Redaktion: Siehe zu den Maskenverboten den Beitrag von Ulrike Kammerhofer-Aggermann und Gerda Dohle in Folge 1, [Kammerhofer-Aggermann/Dohle 2002].
[8] [SchmidtL 1940].
[9] [Freud 1956].
[10] [Gugitz 1949], Bd. 1, S. 27–33.
[11] [Gugitz 1949], Bd. 1, S. 86–92.
[12] Diese Beschreibung des St. Gilgener Faschingsgeschehens ist ausschließlich der genauen Dokumentation und Erinnerung von Herrn Josef Kendler sen. sowie der Mithilfe des Kustos des Museums St. Gilgen, Augustin Kloiber, zu verdanken.
[13] [Zwickler 1973]. – [BauerGG 1998], S. 135 f.
[14] [Zwickler 1973]. – [Anonymus 1885].
[15] [Salzburger Volksblatt] Jg. 77/51 (1954), S. 5.
[16] [Zwickler 1973]. – [Adrian 1924]. – [Zillner 1889], S. 441 f.